Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu Afghanistan

Nach der Machtübernahme der Taliban vor zwölf Monaten ist Afghanistan in einen Strudel geraten, der es endgültig in den Abgrund zu reißen droht.

Wenn die internationale Gemeinschaft ernsthaft am Schicksal der Menschen in Afghanistan interessiert ist und nicht will, dass das Land zu einem global bedrohlichen Sicherheitsrisiko wird, muss sie mit den Taliban verhandeln. Der Westen macht gute Geschäfte mit erzkonservativen Diktaturen wie Saudi-Arabien, setzt bei Afghanistan aber andere Maßstäbe an. Natürlich muss es Bedingungen geben: Es darf keine weiteren Einschränkungen von Menschen- insbesondere von Frauenrechten geben, auch muss Mädchen der Besuch weiterführender Schulen nicht nur erlaubt sein, sondern aktiv befördert werden. Noch ist Zeit. Aber das Zeitfenster schließt sich rasend schnell.


«Frankfurter Rundschau» zu bei Trump gefundenen geheimen Papieren

Je mehr über die Hausdurchsuchung von Donald Trumps Anwesen bekannt wird, desto deutlicher wird: Die Vorwürfe des ehemaligen US-Präsidenten, der Republikaner sowie Trumps aufgeputschten Fans sind nicht nur haltlos, sie sind irreführend.

US-Justizminister Merrick Garland hat keinen politischen Feldzug gegen den notorischen Lügner Trump geführt, um dessen erneute Präsidentschaftskandidatur zu torpedieren. Vielmehr haben die Beamtinnen und Beamten geheime Unterlagen in Mar-a-Lago gefunden. Dieser Punktsieg der Demokraten beruhigt die Republikaner nicht. Sie unterstützen schon zu lange Trump bedingungslos und heizen die ohnehin angespannte Stimmung lieber weiter auf, um mittels der fortgesetzten Radikalisierung wieder an die Macht zu kommen. Dafür schrecken sie vor nichts zurück und lenken auch nicht ein, wenn nach der Hausdurchsuchung ein FBI-Büro attackiert wird. Stattdessen halten weiter an der Verschwörungstheorie fest, wonach Trump der angebliche Wahlsieg gestohlen worden sei.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu den Warnungen von Anschlägen

In dem von Bundeskanzler Scholz beschworenen Bild des Zu-sammenstehens muss sich jede Gruppe wiederfinden.

Das gilt für die im Zuge des Ukrainekriegs ausgerufene Zeitenwen-de ebenso wie für die sich zuspitzende Klimakrise. Die nur scheinbar ferne Bedrohung von außen, die noch weitere nach sich ziehen und ganz andere Pflichten begründen kann, ist das eine. Das andere ist die Bedrohung von innen durch einen ju-venil daherkommenden Aktivismus, der schon jetzt nicht davor zurückschreckt, Kinder zu instrumentalisieren und Leben zu gefährden. Obwohl Aufmerksamkeit und Mobilisierung auch ohne Rechtsbruch leichter zu erreichen sind als früher, gelten An-schläge auf die Infrastruktur als Goldstandard eines im Ge-wande des Gemeinwohls daherkommenden Protests.


«Stuttgarter Zeitung« zur Haltung des Iran gegenüber Rushdie

Der 83-jährige Khamenei und sein 61-jähriger Schützling Raeissi sind entrückt von der Lebenswirklichkeit der meisten Iraner.

Die Hälfte der Bürger ist höchstens 32 Jahre alt und war noch nicht geboren, als Khomeini seinen Mordaufruf gegen Rushdie verkündete. Trotzdem klammert sich die Führung an Khomeinis Erlass, auch wenn sie damit die Verständigung mit dem Westen erschwert und das Ende der Sanktionen aufs Spiel setzt.


«NZZ am Sonntag»: Visa-Stopp für Russen wäre falsch

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag» kommentiert Forderungen nach einem Visa-Stopp für russische Touristen:

«Russen, die in der Hotelbar in Barcelona ausspannen und in Luxusboutiquen in Wien shoppen gehen, während die Soldaten des eigenen Landes gerade wieder auf Wohnhäuser in ukrainischen Städten feuern; Russen, die Ferien machen am Mittelmeer und zurück in Moskau dem Kriegsverbrecher-Regime von Wladimir Putin nichts entgegenzusetzen haben als ihr Schweigen. Aber Bürgermut lässt sich nicht einfach bestellen. Und kritisches Denken wird in der russischen Gesellschaft nicht befördert, indem man alle ihre Bürger aus Europa aussperrt. Reisen bildet. Wer nach Europa kommt, wird mit anderen Meinungen über den Krieg in der Ukraine konfrontiert als im gleichgeschalteten Russland. Für Putins Propagandisten gibt es bereits Einreiseverbote für die EU. Dieser Kreis ließe sich, sofern nötig, erweitern. Für Putins Kritiker aber müssen die Tore offen bleiben. Ein Visa-Stopp würde ihnen die Flucht nach Europa erschweren.»

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