Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zum Herzzentrum

Dass Neubauten teurer werden, ist fast keine Nachricht mehr.

Für eine Stadt wie Berlin ist die Entwicklung jedoch besonders fatal. Zumal gerade in letzter Zeit viele ambitionierte Neubauvorhaben hinzugekommen sind - vor allem für die Wissenschaft. Nicht alle diese Projekte sind so teuer wie das Deutsche Herzzentrum. Fast 400 Millionen Euro sollte der Prestigebau in Wedding kosten. Für das, was die Charité gerne haben würde, sind wohl mindestens 140 Millionen Euro mehr nötig. Nun genießt das Herzzentrum ein so hohes Ansehen in der Politik, dass das Projekt als gesetzt gilt. Aber Franziska Giffey & Co werden sich bald ehrlich machen müssen und sagen, welche der vielen Investitionsprojekte sich die Stadt noch wird leisten können. Oder die Koalition springt über ihren Schatten und bindet privates Geld mit ein.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Entschlossenheit der Bundesregierung

(.) Olaf Scholz hat mit seiner Regierungserklärung am 27.

Februar die Koalitionsfraktionen und auch die meisten Kabinettsmitglieder überrascht. (.) Die Sondersitzung war vielmehr der Ausgangspunkt für die Neuausrichtung der Außen- und Sicherheitspolitik. Dass drei Monate später in weiten Teilen dieses Landes und im Ausland der Eindruck entstanden ist, die vollmundigen Versprechen seien zerbröselt, ist aber keineswegs die zwingende Folge einer lebendigen Demokratie. Es hat auch nichts damit zu tun, dass die Erwartungen an Berlin hoch sind, denn das sind sie zu Recht. (.) Die deutsche Politik befasst sich derweil mit sich selbst. Regierung und Opposition werfen sich gegenseitig parteitaktisches Kalkül vor. Der Ton ist rau geworden, aber das liegt nicht an der Sache, es dient der Profilierung. (.).


«Handelsblatt» zu Klimageld/Hubertus Heil

Grundsätzlich ist das im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimageld eine richtige Idee.

Es soll den steigenden CO2-Preis abfedern und Anreize setzen, Energie zu sparen. Dabei einen sozialen Ausgleich zu schaffen ist sinnvoll, weil die Bekämpfung des Klimawandels mit Verteilungskämpfen einhergeht. Doch bei seinem neuen Vorschlag geht es Heil nicht ums Klima, sondern um Wähler-Beglückung. Durch die Hintertür etikettiert er das Klimageld in ein Entlastungspaket für Einkommen um, die unter den hohen Energiepreisen leiden. Die politische Motivation dahinter ist offensichtlich: Die SPD glaubt die Wahl in NRW verloren zu haben, weil sie die Inflation nicht ausreichend zum Thema gemacht hat. Deshalb wollen die Sozialdemokraten vor der Wahl in Niedersachsen schnell neue Beruhigungspillen verteilen.


«Frankfurter Rundschau» zur Machtübergabe in Hessen

Boris Rhein wird den Spagat hinbekommen müssen, mit den Grünen weiter verlässlich zu regieren, sich positiv von seinem Vorgänger abzuheben und zugleich politische Signale an die eigene Parteibasis und die eigene Wählerschaft zu senden.

Ein Drahtseilakt, zumal Rhein bis heute an seiner größten politischen Niederlage zu knabbern hat, der Wahlschlappe gegen den Sozialdemokraten Peter Feldmann bei der Oberbürgermeisterwahl 2012 in Frankfurt. Wenn er die Landtagswahl verliert, dürfte Rheins politische Karriere den nächsten tiefen Knick bekommen.


«The Observer»: Schlimmste Folgen des Klimawandels noch abwendbar

LONDON: Die britische Sonntagszeitung «The Observer» kommentiert die Bilanz der bisherigen internationalen Umweltschutz-Bemühungen:

«Zwei bemerkenswerte Jahrestage werden diese Woche von Politikern, Wissenschaftlern und Aktivisten begangen. Vor 50 Jahren wurde in Stockholm die Konferenz der Vereinten Nationen über die menschliche Umwelt eröffnet. Es war das erste weltweite Forum, das sich mit Fragen des Schutzes der Ozeane, des Bodens und der Wälder der Erde befasste und direkt zur Gründung des UN-Umweltprogramms (Unep) führte. 1992 verpflichtete die Umweltkonferenz von Rio de Janeiro die Nationen zu einem ökologisch verantwortungsvollen Wirtschaftswachstum. (...)

Aber wie viel wurde tatsächlich erreicht? Wie ist es unseren Wäldern im Laufe der Jahrzehnte ergangen? Wie weit sind wir bei der Eindämmung der globalen Erwärmung gekommen? Und wie steht es heute um die biologische Vielfalt der Erde? In jedem Fall haben wir schlecht abgeschnitten, trotz der deutlichen Warnungen, die auf diesen Gipfeln ausgesprochen wurden. (...) Rio und Stockholm haben vor der zunehmenden Krise gewarnt, mit der wir konfrontiert sind. Wenn wir uns diese Warnungen ins Gedächtnis rufen, können wir selbst in dieser späten Phase die schlimmsten Auswirkungen der globalen Katastrophe, die sich vor uns abzeichnet, abwenden.»


«NZZ am Sonntag»: Börsen mitverantwortlich für hohe Weizenpreise

ZÜRICH: Zum Ausfall ukrainischer Weizenexporte infolge der russischen Aggression meint die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag»:

«Der ukrainische Weizen ist ein Paradebeispiel dafür, wie willig man heutzutage die Apokalypse fürchtet. Dass dieser nun nicht mehr oder nur sehr schwer den Weltmarkt erreicht, werde eine beispiellose Hungerkrise auslösen, liest man allerorten. Fast könnte man denken, an den 8,5 Prozent Weltexport des ukrainischen Weizens hänge der Fortbestand der Menschheit.

Dabei beteuert das US-Agrarministerium, es stehe bis Jahresende weltweit genügend Weizen zur Verfügung, in den Armutsländern wohl bereits Ende des Sommers. Australien, die USA, EU-Länder und selbst Indien wollen einspringen, wo Russland und die Ukraine nicht mehr liefern. Ungeachtet dessen ist der Weizenpreis so durch die Decke geschossen, dass nun selbst das trockenste Brot für die Armen unbezahlbar ist.

Wenn also der kurzfristige Mangel zum langfristigen Problem wird, dann liegt das weniger am Ukraine-Weizen als daran, dass die Börsen pro 10 Prozent erwartetem Ausfall den Preis um 20 Prozent anhoben. (...) Gegen Mangel würde es helfen, die Landwirtschaft robuster zu gestalten, statt ständig neue Hungerteufel an die Wand zu malen.»

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Leserkommentare

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