Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«De Telegraaf»: Grundrechte können eingeschränkt werden

AMSTERDAM: Zur Diskussion über die Einführung einer Impfpflicht meint die niederländische Zeitung «De Telegraaf» am Samstag:

«Grundrechte wie die körperliche Unversehrtheit, die Religionsfreiheit und die Privatsphäre können per Gesetz eingeschränkt werden. Zu Beginn dieses Jahres entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass eine Impfpflicht für Kinder in der Tschechischen Republik zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist. In dem Fall ging es nicht um Corona, aber das Urteil wurde von den Befürwortern der Impfpflicht begrüßt.

Ein solcher Eingriff in die Grundrechte muss jedoch notwendig und verhältnismäßig sein. Dies ist offensichtlich in Österreich der Fall, wo der Bundeskanzler die Impfquote von 65 Prozent als «beschämend niedrig» bezeichnet hat.

Die Niederlande stehen in dieser Hinsicht besser da. Deshalb kann hier der Wahlfreiheit beim Impfen zu Recht ein höherer Stellenwert beigemessen werden.»


«The Times»: Brexit erschwert Rückführung von Flüchtlingen

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Samstag die steigende Zahl der über den Ärmelkanal nach Großbritannien kommenden Migranten:

«Die Regierung hat auch ein politisches Problem, weil sie wiederholt versprochen hat, diesen Kanalüberquerungen ein Ende zu setzen. Boris Johnson hatte tatsächlich behauptet, dass die Rückgewinnung der Kontrolle über die britischen Grenzen einer der Vorteile des Brexits sein würde. Laut Innenministerin Priti Patel sollte der Brexit die Abschiebung von illegal Eingereisten erleichtern und damit andere von solchen Versuchen abhalten. In Wirklichkeit hat sich das Gegenteil als wahr erwiesen. Außerhalb des Dubliner Übereinkommens der Europäischen Union, das Flüchtlinge dazu verpflichtete, im ersten sicheren EU-Land, das sie erreichen, Asyl zu beantragen, gibt es keine Rechtsgrundlage mehr, um illegal Eingereiste über den Ärmelkanal zurückzuschicken.»


«NZZ»: Eine Bankrotterklärung der Politik

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Samstag den erneuten Lockdown in Österreich:

«Selbstverständlich scheitern mit diesem Schritt alle Versuche, Ungeimpfte zu überzeugen, krachend. Die Regierung schlägt deshalb mit einer Impfpflicht ab Februar eine radikale Maßnahme als Ausweg vor. Das ist eine logische Konsequenz, weil ein Lockdown nur eine Atempause ist, aber keine Strategie. Doch wie der Zwang zur Vakzine umgesetzt werden soll und ob er verfassungsrechtlich hält, ist offen. Klar ist dagegen, dass er die Spaltung der Gesellschaft in gefährlicher Weise vertieft.

Der Lockdown ist eine Bankrotterklärung der österreichischen Politik. Diese hat in den vergangenen Monaten viele Fehler begangen - einige sind erst im Rückblick zu erkennen und deshalb erklärbar, andere unverständlich. Er ist aber auch Ausdruck der völligen Ratlosigkeit. Es ist im Gegensatz zu anderen Ländern nicht gelungen, einen genügend großen Teil der Bevölkerung von der Impfung zu überzeugen, sei es durch Appelle an die Eigenverantwortung, kreative Anreize oder frühe Erschwernisse für Ungeimpfte. Das ist ein krasses Versagen, das in der Schweiz und Deutschland ebenso festzustellen ist.»


«Die Presse»: Viele haben Schuld am Lockdown

WIEN: Den vierten Lockdown in Österreich kommentiert die Wiener Zeitung «Die Presse»:

«In Österreich ist die Strategie, genügend Menschen von einer Impfung zu überzeugen, fehlgeschlagen. Schuld daran haben viele, von einer teilweise apathisch agierenden Führung in Bund und Ländern bis zu einer FPÖ, die gegen jede Vernunft hetzt. Es mag auch zahlreiche, zum Teil historische Erklärungsversuche geben - das Resultat bleibt desaströs. Dies einfach hinzunehmen, nun wieder dem Staat zu erlauben, unsere Grundrechte einzuschränken sowie Hunderte Millionen mit dem Lockdown vernichten zu lassen, ist eigentlich kaum möglich. Der Zorn darüber darf nicht zu einem Kippen unserer Gesellschaft führen. Dass diese Gefahr besteht, ist deutlich spürbar.»

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