Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«La Repubblica»: Impfskepsis weckt Erinnerung an frühere Zeiten

ROM: Zu Impfskepsis in vielen Ländern schreibt die italienische «La Repubblica» am Samstag:

«Die Einführung der Massenimpfung ist einer der größten Siege der modernen Medizin und des Gesundheitswesens. Die Technik der Impfung, vom englischen Arzt Edward Jenner Ende des 18. Jahrhunderts im Kampf gegen die Pocken entwickelt, war zunächst eine absolute Neuheit. Als solche fand sie starken Widerstand. Viele Eltern, vor allem, aber nicht ausschließlich die weniger Gebildeten, wehrten sich dagegen, ihre gesunden Kinder einer Impfung auszusetzen. Manchmal selbst wenn die Epidemie grassierte und die Ansteckungsgefahr offenbar war.

Der Sieg über die Pocken hat aber auch einen wenig angenehmen Aspekt: Bis heute handelt es sich nicht nur um die erste, sondern auch um die einzige Krankheit, die vom Menschen bewusst ausgerottet wurde. Covid-19 wird nicht verschwinden, und die Welt nach der Pandemie wird nicht dieselbe sein wie zuvor - aber sie wird ihr umso ähnlicher, je größer der Anteil der geimpften Bevölkerung ist.»


«De Telegraaf»: Verweigerungshaltung spricht gegen China

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «De Telegraaf» kommentiert am Samstag Chinas Haltung zu Forderungen nach weiteren Untersuchungen zum Ursprung des Corona-Virus:

«China verweigert die Mitwirkung an einer neuen Untersuchung zum Ursprung des Coronavirus. Diese Haltung weckt dringenden Argwohn, nachdem nun erneut die Möglichkeit ins Spiel gebracht wird, dass das Virus aus einem Laboratorium in Wuhan entsprungen sein könnte. (...) US-Präsident Joe Biden hat diese Woche die amerikanischen Geheimdienste mit neuen Ermittlungen beauftragt, wobei nachdrücklich das Szenario eines Laborlecks ins Bild kam. Der Auftrag erfolgte kurz nach der Enthüllung, dass drei Mitarbeiter des Labors Ende November 2019 ins Krankenhaus kamen - kurz vor dem Ausbruch. China spricht von Hetze durch die USA. Doch angesichts des enormen Schadens, den das Virus weltweit angerichtet hat, ist es vollkommen legitim, Aufklärung zu verlangen. Daran nicht mitzuwirken, spricht gegen China.»


«The Guardian»: Gespenst des Klimanotstands geht um

LONDON: Der Londoner «Guardian» kommentiert am Samstag das Urteil eines Gerichts in Den Haag, wonach der Ölkonzern Shell seine Kohlendioxid-Emissionen drastisch senken muss:

«Einigen geht das vielleicht einen Schritt zu weit, anderen geht es nicht weit genug. Aber Skeptiker müssen akzeptieren, dass die Welt sich immer weiter davon entfernt, die Ziele für die Reduzierung der Kohlenstoffemissionen zu erreichen. Das Gericht in Den Haag hat zu Recht nach einer Vision jenseits des «Business as usual» gefragt. Das Gespenst des Klimanotstands geht um auf dem Planeten. Vor dem UN-Klimagipfel COP26 im November (in Glasgow) sollen Staaten neue, ehrgeizigere Versprechen zur Reduzierung der Emissionen vorlegen.

Klimamodelle zeigen, dass zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau eine Senkung der Kohlendioxidemissionen um 25 Prozent bis 2030 erforderlich ist, verglichen mit dem Stand von 2010. Bislang liegen die Zusagen weit darunter. (...) Angesichts der Tatsache, dass die Zukunft des Planeten auf dem Spiel steht, ist es nicht unverhältnismäßig, wenn die Zivilgesellschaft alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt.»


«Tages-Anzeiger»: Biden strebt stabile Beziehung zu Russland an

ZÜRICH: Der Zürcher «Tages-Anzeiger» kommentiert am Samstag das in Genf geplante amerikanisch-russische Gipfeltreffen:

«Die Beziehungen zwischen den USA und Russland sind auf einem Tiefpunkt. Das wird auch der Händedruck in Genf kaum ändern. Allerdings ging man davon auch 1985 aus, als sich Michail Gorbatschow und Ronald Reagan trafen, ebenfalls im Hotel Intercontinental. Und dann begann mit einem Gespräch am Kaminfeuer der Anfang vom Ende des Kalten Kriegs. Ob auch Joe Biden und Wladimir Putin Geschichte schreiben werden, wird sich zeigen. Vorerst strebt der US-Präsident lediglich eine «berechenbare, stabile Beziehung» zu Russland an. Das wäre ein Anfang. Und müsste eigentlich auch im Interesse des Moskauer Störenfrieds liegen.»


«NZZ»: Steinmeier hat bisher im Amt wenig Akzente gesetzt

ZÜRICH: Zur Bewerbung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um eine zweite Amtszeit schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am Samstag:

«In Berlin waren in den vergangenen Wochen immer wieder Gerüchte herumgereicht worden, dass Laschet selbst das Amt anstreben könnte. Für den Fall, dass die Bundestagswahl spektakulär verloren ginge, hieß es, wolle der CDU-Vorsitzende versuchen, in der Bundesversammlung eine Mehrheit für sich zu organisieren. Zu hören war hinter vorgehaltener Hand auch, dass für den Fall einer schwarz-grünen Koalition bereits abgemacht sei, dass das Schloss Bellevue den Grünen zufallen solle. Die ehemalige Landwirtschaftsministerin Renate Künast sei als erste Frau im Amt des Bundespräsidenten vorgesehen.

Durch die öffentliche Bekanntgabe seiner persönlichen Ambitionen hat Steinmeier diesen Varianten nun eine durchaus realistische Alternative hinzugefügt. Der Westfale, der in seiner politischen Karriere zunächst als Maschinist der Macht unter Gerhard Schröder in Hannover und später in Berlin aufgestiegen war, hat als Bundespräsident bisher wenig Akzente gesetzt. Er hat keine großen Versöhnungsgesten gemacht wie Richard von Weizsäcker oder brillante Ruck-Reden gehalten wie Roman Herzog. Vielen gilt er als erster Langweiler im Staat - in bewegten Pandemiezeiten ist das möglicherweise sogar ein nicht zu unterschätzender Vorteil.»

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