Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«De Telegraaf»: Republikanische Partei sollte sich schämen

AMSTERDAM: Zur Weigerung von US-Präsident Donald Trump, den Wahlsieg von Joe Biden anzuerkennen, heißt es am Samstag in der niederländischen Zeitung «De Telegraaf»:

«Natürlich kann Trump mit allen gesetzlichen Mitteln versuchen, Recht zu bekommen. Dass er es jedoch dabei nicht beläßt, ist absolut verwerflich. Jedes Urteil gegen ihn wird mit einem wütenden Tweet benutzt, um seine Anhänger davon zu überzeugen, dass die Sache immer noch stinkt. Parteimitglieder, die die Abstimmungen überwacht haben, werden unter Druck gesetzt und sogar ins Weiße Haus gerufen, um ihr Urteil zu korrigieren. (...) Die Republikanische Partei sollte sich schämen, weil sie Trump nicht wenigstens vor sich selbst schützt. Nur wenige wagen es, sich gegen ihn zu erheben.

Hilary Clinton hatte bereits einen Tag nach ihrer Wahlniederlage, die sie kaum ertragen konnte, Trump angerufen, um ihm zu gratulieren. Zu ihren Anhängern sagte sie: «Donald Trump wird unser Präsident sein. Wir schulden ihm eine offene Geisteshaltung und eine Chance zur Führung». Diese Chance hat Trump verpasst.»


«The Times»: Äthiopiens Ministerpräsident verspielt seine Reputation

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Samstag das militärische Vorgehen des äthiopischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträgers Abiy Ahmed gegen die abtrünnige Region Tigray:

«Dieses Blutvergießen ist ein gefährlicher Vorbote dessen, was als nächstes kommen könnte, wenn Abiy weder seine idealistische nationale Vision verwirklichen noch die verfassungsmäßige Befugnis der verschiedenen Staaten respektieren kann, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Abiy mag zwar nicht der erste Nobelpreisträger sein, der seine Reputation durch die Anwendung von Gewalt verspielt, aber er ist derjenige, der das am schnellsten macht. Es bleibt ihm nur noch wenig Zeit, seinen Ruf und sein Land zu retten und die Panzer zurückzubeordern.»


«La Repubblica»: USA könnten Impfstoff-Rennen gegen China gewinnen

ROM: Zu den jüngsten Fortschritten der US-Firmen Pfizer und Moderna bei der Corona-Impfstoff-Entwicklung und dem Wettlauf mit China schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Samstag:

«Es gibt einen Gegensatz zwischen der Euphorie, die durch die jüngsten US-Ankündigungen erzeugt wurde, und den Siegeserklärungen aus Peking. Tatsächlich wird in China seit einiger Zeit eine Massenimpfung durchgeführt. Mit dem von der staatlichen Firma Sinopharm hergestellten Impfstoff wurde bereits eine Million Chinesen geimpft. Das Rennen zwischen Amerika und China um den Anti-Covid-Impfstoff wurde mit dem Wettlauf um die Eroberung des Weltraums zwischen den USA und der UdSSR verglichen. (...) Wenn die USA kurz davor stehen, das Impf-Rennen gegen China zu gewinnen, hat das auch mit einer Transparenzlücke zu tun.

Die beiden Impfstoffe von Pfizer und Moderna (von denen der erste von einem deutschen Labor entwickelt wurde) erzielen weltweit mehr Aufmerksamkeit als die in China hergestellten Impfstoffe, die von den börsennotierten Unternehmen Sinovac und Sinopharm hergestellt werden. Dies beschwört einen noch größeren Wettlauf zwischen den beiden Supermächten und ihren politisch-institutionellen Systemen herauf. (...) Derzeit hält die Wissenschaft das Immunschutzniveau der chinesischen Impfstoffe für geringer. Eine genannte Erklärung ist die unterschiedliche Struktur: Westliche Impfstoffe verwenden Gentechnologie, während chinesische Impfstoffe «deaktivierte» Viren verwenden.»


«The Irish Times»: EU muss notfalls Regeln zur Einstimmigkeit umgehen

DUBLIN: Zum Streit mit Polen und Ungarn in der EU meint die in Dublin erscheinende «Irish Times» am Samstag:

«Polen und Ungarn, inzwischen mit Unterstützung Sloweniens, blockieren die Verabschiedung des mit den Europaabgeordneten vereinbarten Pakets, um einen «Mechanismus für Rechtsstaatlichkeit» zu verhindern, der die Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung europäischer Werte bindet. (...) Staats- und Regierungschefs der EU dürfen in dieser Grundsatzfrage nicht nachgeben. Die Finanzen der Union dürfen nicht als Geisel benutzt werden. Notfalls müssen sie Regelungen zur Einstimmigkeit umgehen, indem sie Mechanismen entwickeln, Geld außerhalb der Strukturen der EU-Institutionen zu beschaffen und auszugeben. Oder sie müssen von Vertragsbestimmungen zur «verstärkten Zusammenarbeit» Gebrauch machen, die es der Eurozone und dem Schengen-Raum erlauben, eine Politik für bestimmte Koalitionen von Mitgliedstaaten zu entwickeln und anzuwenden.»


«Tages-Anzeiger»: Vom Geld aus Brüssel profitiert ein ganzes System

ZÜRICH: Der Zürcher «Tages-Anzeiger» schreibt am Samstag zum Veto von Polen und Ungarn gegen den EU-Haushalt:

«Auf der Suche nach einer Einigung mit Brüssel ist die (nationalkonservative Regierungspartei) PiS vielleicht noch zu erreichen, weil die Öffentlichkeit in Polen aufmüpfiger, die Opposition stärker ist. In Ungarn aber hat die Fidesz-(Partei) das Wahlrecht in zehn Jahren so umgebaut und Orbans Leute in so vielen zentralen Stellen untergebracht, dass eine Abwahl der Regierung fast unmöglich scheint. Bis zur Wahl 2022 wird sich das noch verstärken. Die Korruption ist endemisch und nicht an einzelne Verfahren oder Ausschreibungen gebunden. Ein ganzes System profitiert vom Geldfluss aus Brüssel.

Der Rechtsstaatsmechanismus soll den Verstoß gegen Grundwerte wie die Unabhängigkeit der Justiz ahnden. Aber selbst das würde nicht reichen. Die in den Augen ihrer Gegner allmächtige EU hat versucht, einen Prozess umzudrehen, der weit fortgeschritten ist. Das Veto zeigt auch: Sie kommt wahrscheinlich zu spät.»


«Magyar Nemzet»: Rechtsstaatsbegriff als Knüppel gegen die Rechte

BUDAPEST: Zu der von Ungarn abgelehnten Verknüpfung von EU-Auszahlungen mit dem Respekt vor dem Rechtsstaat meint die regierungsnahe Budapester Tageszeitung «Magyar Nemzet» am Samstag:

«Die Rechtsstaatlichkeit ist der Union zufolge irgendein nicht fassbarer, abstrakter Begriff, eine Art Knüppel, ähnlich wie die nirgendwo niedergeschriebenen, ständig sich ändernden Gemeinschaftsrichtlinien bei Facebook. Es ist eine Waffe, die man zur Reglementierung der Rechten erfunden hat und die man ausschließlich zur Mundtotmachung und Bestrafung rechts-konservativ eingestellter Menschen verwendet.

Es wird immer deutlicher, dass in den Augen der linken Unionspolitiker heutzutage der Rechtsstaat nur dort ist, wo die LGBTI-Rechte (von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und intergeschlechtlichen Menschen) ausgeweitet, wo Migranten unbegrenzt aufgenommen, wo für die aus Schwarzafrika und dem Nahen Osten kommenden Eroberer und Glücksritter legale Migrationswege eingerichtet werden. Das war aber nicht immer so. Als wir der EU (im Jahr 2004) beitraten, waren die Definitionen des Rechtsstaates bestimmt ganz andere.»

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