Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«La Vanguardia»: Madrid wegen Corona unter Zwangsverwaltung stellen

BARCELONA: Die in Barcelona erscheinende Zeitung «La Vanguardia» kommentiert am Samstag Vorschläge, die von Konservativen regierte Hauptstadt Madrid wegen der als unzureichend erachteten Corona-Maßnahmen unter Zwangsverwaltung der linken Zentralregierung zu stellen, so wie dies mit Katalonien nach dem illegalen Unabhängigkeitsreferendum 2017 gemacht worden war:

«Madrid ist heute nicht nur ein Grund zur Besorgnis Spaniens, sondern ganz Europas. (...) Madrid weist die bei weitem höchsten Infektionszahlen aller europäischen Hauptstädte auf (doppelt so hoch wie in Prag, das in der Rangliste an zweiter Stelle steht). Nach dem Treffen am vergangenen Montag mit dem Foto (des linken Chefs der Zentralregierung) Pedro Sánchez und (der konservativen Regionalpräsidentin Madrids) Isabel Díaz Ayuso schien es, als ob die Richtung der Entwicklung korrigiert werden könnte. Aber es kam anders.

Das gestrige Bild zwei gleichzeitig abgehaltener Pressekonferenzen mit dem Gesundheitsminister der Zentralregierung einerseits und dem der Regionalregierung andererseits vermittelt der Bevölkerung eine sehr besorgniserregende Botschaft. (Spaniens Gesundheitsminister) Salvador Illa betonte, dass die von Ayuso angeordneten Maßnahmen unzureichend seien und sprach sich für eine Abriegelung der ganzen Hauptstadt und aller betroffenen Gebiete mit einer Inzidenz von mehr als 500 Fällen (binnen 14 Tagen je 100.000 Einwohner) aus. Wenn sich die Situation nicht verbessert, (...) sollte die Zentralregierung nicht abwarten. Sie verfügt über Möglichkeiten wie das Dekret über den Corona-Alarmzustand (vom Frühjahr) oder die Anwendung des berühmten Artikels 155 der Verfassung (Zwangsverwaltung), um in die Regionalregierung einzugreifen.»


«De Telegraaf»: Eine Frage der Zeit und der Dollars

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «De Telegraaf» beschäftigt sich am Samstag mit einer möglichen Annäherung zwischen Israel und dem Sudan:

«Das Land, das jahrelang Osama bin Laden ein Versteck bot und dem Terrornetzwerk Al-Kaida bei Anschlägen auf westliche Ziele half, steht nun vor der Normalisierung der Beziehungen mit Israel. Der Sudan führt eifrig Gespräche mit den USA über Voraussetzungen für diesen historischen Schritt, den es nach dem Vorbild der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains gehen würde. Verhandlungen zwischen amerikanischen und sudanesischen Regierungsbeamten in Abu Dhabi führten in dieser Woche zwar noch nicht zu einer Vereinbarung, aber das scheint nur eine Frage der Zeit zu sein. Und der Dollars. Khartum erwartet von den USA Milliarden an Hilfsgeldern. (...)

Ein solcher Schritt wäre auch aus noch einem anderen Grund von Bedeutung: Es war in Khartum, wo die arabische Welt 1967 nach dem Sechstagekrieg schwor, niemals Beziehungen mit Israel aufzunehmen. Die Gebiete, die Israel damals eroberte und zum großen Teil immer noch besetzt hält, stellen im Jahr 2020 für eine Reihe arabischer Staaten kein Hindernis für die Aufnahme von Beziehungen mit Israel dar. Die Angst vor dem Iran, wirtschaftliche Chancen in Israel sowie Geld und Waffen aus den USA wiegen schwerer als die Solidarität mit den Palästinensern.»

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260926 Sep 20


«Nepszava»: Keine Geschlossenheit unter den Visegrad-Vier

BUDAPEST: Über Risse in der Front der sogenannten Visegrad-Staaten (Ungarn, Tschechien, Slowakei, Polen) schreibt die oppositionelle Budapester Tageszeitung «Nepszava» am Samstag:

«Den jüngsten Reformvorschlag der Europäischen Kommission für eine neue Asylpolitik der EU hat (Ungarns Ministerpräsident) Viktor Orban zusammen mit seinem tschechischen und seinem polnischen Amtskollegen abglehnt, obwohl das Dokument keine verpflichtenden Quoten (für die Aufnahme von Asylbewerbern) mehr vorsieht. Warum? Weil der ungarische Feldherr keine Lösungen will, sondern Kampf. In der Flüchtlingsfrage hat die Slowakei immer schon aus der Reihe getanzt, zum Teil tut es auch Tschechien. Auch in der Frage der Rechtsstaatlichkeit verläuft an dieser Stelle eine Bruchlinie. Im Verhältnis zu Russland und zu den (von Russland ausgelösten) Krisen in der Ukraine und in Belarus steht der (Moskau-freundliche) ungarische Feldherr wiederum völlig isoliert da. Denn die anderen Visegrad-Staaten folgen ihm nicht auf dem Weg, der zum Kreml führt.»


«The Times»: Großbritannien muss ein guter Weltbürger sein

LONDON: Kriminelle nutzen britische Firmen für die Geldwäsche. Dazu meint die Londoner «Times» am Samstag:

«Der Hauptgrund für Großbritanniens Status als eine der Geldwäsche-Hauptorte der Welt ist die Leichtigkeit, mit der Kriminelle britische Unternehmen für Finanzstraftaten missbrauchen können. (...) Wie der Geheimdienst- und Sicherheitsausschuss des Parlaments in seinem jüngsten Russland-Bericht warnte, ist die Finanzkriminalität zu einer Frage der nationalen Sicherheit geworden. In London gewaschene illegale Vermögen werden benutzt, um in westliche Demokratien einzugreifen und die Rechtsstaatlichkeit zu untergraben.

Die Regierung muss die in der vergangenen Woche angekündigte Überholung des Companies House (der Behörde zur Verwaltung des Handelsregisters) beschleunigen. Sie sollte sogar weitergehen und verlangen, dass mindestens ein Direktor einer Firma ein namentlich bekannter Einwohner Großbritanniens sein muss. Zudem sollte sie ein geplantes Gesetz vorantreiben, das den Besitz von Eigentum in Großbritannien durch anonyme Unternehmen in geheimgehaltenen Gerichtsbarkeiten verbietet. (...) Wenn das globale Großbritannien gedeihen soll, muss es ein guter Weltbürger sein.»


«de Volkskrant»: Bevölkerung von strengerem Corona-Regime überzeugen

AMSTERDAM: Zum Umgang der niederländischen Regierung mit steigenden Corona-Infektionszahlen meint die Amsterdamer Zeitung «de Volkskrant» am Samstag:

«Anfangs kam Ministerpräsident Mark Rutte noch mit der (begründeten) Feststellung davon, dass «100 Prozent der Entscheidungen mit 50 Prozent des Wissens getroffen werden müssen». Doch inzwischen musste die Regierung so oft auf Prognosen - besonders bei der Testkapazität - zurückgreifen, dass sie nun mit einem ernsthaften Glaubwürdigkeitsproblem kämpft. (...)

Mark Rutte genießt noch immer großes Vertrauen, das er sich in den zehn Jahren seiner Amtszeit als Premierminister aufgebaut hat. Er hat genügend Autorität, um Fehler einzugestehen und das Gefühl der Dringlichkeit wiederherzustellen, das in den vergangenen Monaten verlorengegangen ist. Aber nicht, indem man die Fußballfans zum «Mundhalten» ermahnt, sondern indem man die Niederländer von der Unvermeidbarkeit eines strengeren Regimes überzeugt.»


«Tages-Anzeiger»: Überpolitisierte Richterwahl muss reformiert werden

ZÜRICH: Die Republikaner wollen den wichtigen Posten am Obersten Gericht noch vor der Präsidentenwahl besetzen. Dazu schreibt der Zürcher «Tages-Anzeiger» am Samstag:

«Die Republikaner fiebern nun dem ersehnten Erfolg entgegen: Mit dem Supreme Court können sie das Land auch dann noch steuern, wenn sie Weißes Haus und Senatsmehrheit verlieren sollten. Der Supreme Court könnte zum Beispiel Barack Obamas Gesundheitsreform oder sogar das Abtreibungsurteil zerschlagen. Trump, der sich um Institutionen so wenig schert wie um die Wahrheit, dürfte das egal sein: Ihm geht es nur darum, zu gewinnen und sich für möglichen juristischen Streit nach der Präsidentenwahl zu rüsten. (...)

Erwartungsgemäss fordern nun immer mehr Demokraten Rache, etwa indem man neue Richterstellen am Supreme Court schafft und sie mit Linken besetzt. (...) Die Institution aber würde es unheilbar beschädigen. Letzte Instanz im Staat wäre dann die politische Partei, die gerade die besseren Tricks auf Lager hat. Und irgendwann würde sich eine US-Regierung dann schlicht weigern, sich den Urteilen des Supreme Court zu beugen. Eine Reform der überpolitisierten Richterwahl wäre also geboten.»

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