Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«de Volkskrant»: Trump sät Angst und Chaos

AMSTERDAM: Zu den Methoden, mit denen US-Präsident Donald Trump um seine Wiederwahl kämpft, heißt es am Samstag in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:

«Trumps Wahlkampf sät Angst und Chaos, die Trump-Regierung verstärkt diese Botschaft und die Trump-Republikaner lassen es geschehen. Auf diese Weise hofft US-Präsident Donald Trump, seine Wiederwahl Anfang November sichern zu können. In dieser Woche zeigte sich, wie das schematische Freund-Feind-Denken des US-Präsidenten nahtlos an die autoritäre Philosophie seines Justizministers William Barr anschließt. Trumps Wiederwahlkampagne wird nun ganz offen unterstützt durch eine immer aggressivere Regierungspolitik, an der offensichtlich der gesamte Beamtenapparat mitwirken muss. (...)

Es ist kein Geheimnis, dass Barr - ein erzkonservativer Katholik - sehr weitgehende Auffassungen über die Machtbefugnisse des Präsidenten hat: Er sieht die Regierung als einheitliches Ganzes. Dieser «Unitarismus» klingt zunächst harmlos akademisch, aber in dieser Woche sagte Barr, was das seiner Ansicht nach bedeutet. Nämlich dass der Polizei- und Justizapparat «ihm» (dem Präsidenten) gegenüber gehorsam sein muss. Wen das FBI jagt, gegen wen die Staatsanwaltschaft ermittelt, das hätten Trump und Barr zu entscheiden, findet er.»


«The Times»: Johnson sollte sich um eine Beziehung zu Biden bemühen

LONDON: Die Londoner «Times» beschäftigt sich am Samstag mit den Aussichten für die amerikanisch-britischen Beziehungen nach der US-Präsidentschaftswahl:

«Ungeachtet all der rhetorischen Unterstützung des US-Präsidenten für den Brexit und seiner angeblichen Freundschaft mit Boris Johnson hat diese Beziehung bislang nur wenig Nutzen erbracht. Das vielfach gepriesene Freihandelsabkommen (zwischen den USA und Großbritannien) scheint noch in weiter Ferne zu liegen. Nicht zuletzt, weil die britische Öffentlichkeit keine Lust hat, die Kompromisse auf Gebieten wie der Nahrungsmittelsicherheit einzugehen, die von den USA gefordert werden.

Zudem steht Donald Trumps Verachtung für multilaterale Institutionen und das auf Regeln beruhende System der internationalen Beziehungen im Widerspruch zu vielen grundlegenden Interessen Großbritanniens. In dieser Hinsicht könnte den transatlantischen Beziehungen durch eine Biden-Präsidentschaft besser gedient sein, die sich der Zusammenarbeit mit den Verbündeten verpflichtet fühlt. Ein Grund mehr für Johnson und die Tories sich um den Aufbau einer Beziehung zum Kandidaten der Demokraten zu bemühen.»


«Público»: Portugal folgt dem Weg Schwedens

LISSABON: Die portugiesische Zeitung «Público» sieht in einem Kommentar am Samstag Parallelen zwischen Portugal und Schweden bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie:

«Indem (Regierungschef Anónio) Costa die «Verantwortung» für die Bekämpfung der Krankheit in die Hände eines jeden Bürgers legt und sich weigert, die Gesellschaft wieder einzuschließen, folgt er einem Weg, der zunächst zweifelhaft erschien, aber im Vergleich zu anderen Ländern derzeit gute Ergebnisse erzielt - dem umstrittenen Weg Schwedens.

Die zweite Welle oder «zweite Phase» des Virus, die uns seit Monaten umtreibt, ist inzwischen da. Während der britische Gesundheitsminister gestern einen zweiten nationalen Lockdown nicht ausgeschlossen hat, war António Costa radikal: Das Mantra «zu Hause bleiben», um Covid zu bekämpfen, sei vorbei. (...)

Über Covid-19 ist leider nicht viel bekannt, außer dass Händewaschen und sozialer Abstand dazu beitragen, die Ausbreitung zu stoppen. Es ist jedoch bekannt, dass die Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie die Wirtschaft zerreißen, und es wird vermutet, dass sie auch die psychische Gesundheit schwer in Mitleidenschaft ziehen. Die Angst vor dem Coronavirus ist zutiefst menschlich, aber der Drang nach Leben, nach Leben in der Gesellschaft ist das, was letztendlich eine Heilung bewirken wird.»


«De Standaard»: Europa hat kollektiv versagt

BRÜSSEL: Zur europäischen Asylpolitik schreibt die belgische Zeitung «De Standaard» am Samstag:

«Was in Moria geschah und geschieht, ist kein lokales Drama und kann nicht als rein griechische Misswirtschaft abgetan werden. Es handelt sich um kollektives europäisches Versagen, in dessen Zentrum ausgerechnet der Inbegriff und das Wertvollste der Europäischen Union steht: die Achtung der universellen Menschenrechte. Auf Lesbos wurden sie jahrelang missachtet. Athen, Brüssel, Den Haag, Paris und Berlin kannten die Fakten, ließen sie aber zu. Selbst als Covid-19 drohte, Moria in eine Hölle zu verwandeln, wurde nichts unternommen. (...) Erst als das Feuer das gesamte Lager zerstörte und die schockierenden Bilder aus Moria in die Wohnzimmer brachte, begannen die bürokratischen Mühlen im europäischen Hauptquartier schneller zu mahlen.»


«Tages-Anzeiger»: In der Not knickt Deutschland ein und hilft

ZÜRICH: Zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland in Deutschland schreibt der Zürcher «Tages-Anzeiger» am Samstag:

«All jene Länder, die sowieso keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, sehen sich in ihrer Haltung bestätigt: In der Not knickt Deutschland ein und hilft. Die Migranten sind Deutschlands Problem, nicht das von Europa.

Haben Merkel und Seehofer mit ihrer Geste aber tatsächlich «Brandstifter belohnt und Nachahmer ermutigt», wie Zyniker jetzt überall in Europa behaupten? Schaut man sich genauer an, wen Deutschland aufnimmt, zeigt sich, dass die Glücklichen klug ausgewählt wurden: Es handelt sich um 410 Familien mit Kindern, die bereits in Griechenland als asylwürdig anerkannt wurden. Und sie stammen nicht nur von Lesbos, sondern auch von anderen griechischen Inseln. Die Brandstifter von Moria, falls Migranten für den Brand tatsächlich verantwortlich sein sollten, werden nicht darunter sein.»

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Leserkommentare

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