Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Le Monde»: EU-Länder haben Kriegsfolgen abgefangen

PARIS: Knapp ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine schreibt die linksliberale französische Zeitung «Le Monde» am Samstag über die wirtschaftliche Auswirkungen auf die EU:

«Deutschland setzt nun auf ein schleppendes Wachstum im ersten Quartal, während noch vor wenigen Wochen die meisten Ökonomen auf eine Rezession gesetzt hatten. Die Inflation beruhigt sich, Versorgungsschwierigkeiten werden reduziert, und die Industrie konnte sich an die Energiekrise anpassen. Der Rettungsschirm von 200 Milliarden Euro der Regierung von Olaf Scholz scheint heute überdimensioniert. Nach einer heiklen Phase steigender Gas- und Strompreise konnte sich Europa in Rekordzeit von russischen fossilen Brennstoffen unabhängig machen. Die Wirksamkeit der Sparmaßnahmen und die Diversifizierung haben dazu beigetragen, Spekulationen zu beruhigen und drohende Engpässe abzuwehren. Anfang 2023 liegen die Preise für Erdgas und Strom sogar noch im Bereich der Preise kurz vor Ausbruch des Konflikts. Auch der Arbeitsmarkt hat dem Schock standgehalten.

(...) Die europäische Wirtschaft wird weiterhin mit den Folgen zu kämpfen haben. Aber in der Zwischenzeit müssen wir uns darüber freuen, dass es der Europäischen Union gelungen ist, die Auswirkungen des Krieges auf ihre Wirtschaft einzudämmen.


«Guardian»: Britische Regierung trägt Verantwortung für Stillstand

LONDON: Die britische Zeitung «Guardian» kommentiert am Samstag die Rolle der konservativen Regierung in der anhaltenden Streikwelle in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes:

«Das Land steckt im Schlamassel, und alle außer den Ministern können es sehen. Es ist nicht pessimistisch, das so festzuhalten. Die Regierung trägt die Hauptverantwortung dafür, dass die Züge nicht fahren, die Schulen nicht offen sind und die Notaufnahmen nicht funktionieren. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben es satt, dass ihre Löhne hinter den Lebenshaltungskosten zurückbleiben.

Sie haben allen Grund, sauer zu sein. In der freien Wirtschaft werden Tarifkonflikte vernünftig beigelegt - mit Lohnabschlüssen, die über denen des öffentlichen Dienstes liegen. Doch die Regierung scheint sich nicht um die Beilegung der Arbeitskämpfe zu kümmern.»


«Magyar Nemzet»: Westen hat mit Panzern Rubikon überschritten

BUDAPEST: Zu den geplanten Panzerlieferungen aus Nato-Staaten an die Ukraine schreibt die ungarische Tageszeitung «Magyar Nemzet» am Samstag:

«Egal ob aus moralischen Gründen, wegen geschäflichen Profits oder um Russland zu schwächen - mit der Lieferung von Panzern haben die westlichen Länder den Rubikon überschritten, und bis zur Entsendung von Soldaten an die Front ist es nur noch ein Schritt. Als Decken, Schutzhelme und sogar Munition geliefert wurden, konnte man noch von moralischen Erwägungen sprechen, aber die Panzer bedeuten eindeutig ein Ultimatum.»


«NZZ»: Scholz setzt sich mit Panzer-Entscheidung zwischen alle Stühle

ZÜRICH: Zu den deutschen Panzer-Lieferungen an die Ukraine schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am Samstag:

«Scholz hilft Kiew gerade so viel, damit die Ukraine-Unterstützer halbwegs zufriedengestellt sind. Aber er öffnet nicht alle Arsenale, weil viele seiner Wähler robusten Antiamerikanismus mit unreflektiertem Pazifismus und einem verklärten Russland-Bild verbinden. In diesen Kreisen hat man sich in eine Panik wegen des angeblich bevorstehenden dritten Weltkriegs hineingesteigert. Der Hang Deutschlands zur politischen Romantik findet in der Angst vor dem Atomschlag zuverlässig seinen Kristallisationspunkt.

(...) Scholz glaubt, so seine Handlungsfreiheit zu behalten - und diese ist ihm das Wichtigste. Mögen Freund und Feind toben, das ist ihm gleichgültig. Er ist dort, wo er sich am wohlsten fühlt: zwischen allen Stühlen, in der selbstdefinierten Mitte der Gesellschaft.»

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