Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu Bundeswehr braucht Führung, der sie vertraut

Das Bundesverteidigungsministerium ist der Schleudersitz im Regierungsjet.

Das haben schon viele Amtsinhaber spüren dürfen. Jetzt zieht Christine Lambrecht den Ausstiegshebel offenbar selbst. Sie hat gemerkt, dass es nicht ausreicht, wenn der Kanzler noch zu ihr steht. Denn niemand - außer Olaf Scholz - ist zufrieden mit ihrer Amtsführung. Das ist kein Wunder. Die Liste ihrer Fehlleistungen ist angesichts der Kürze der Amtszeit beeindruckend und es ist von Lambrecht konsequent, wenn sie das Trauerspiel selbst beendet. Es war ein Fehler von Olaf Scholz, Lambrecht dieses Amt überhaupt zu übertragen. Jeder in Berlin wusste, dass sie dort nicht hinwollte und als Juristin eine gute Besetzung für das Innenministerium gewesen wäre. Die nächste Berufung muss jetzt unbedingt sitzen.


«Pravo»: Wahlkampf-Feuerwerk blieb in Tschechien bisher aus

PRAG: Zur Präsidentschaftswahl in Tschechien schreibt die Zeitung «Pravo» aus Prag am Samstag:

«Wenn einer der Kandidaten für die Wahlkampf-Debatten eine sprichwörtliche Granate in der Tasche hatte, dann hat er sich deren Zündung für die Stichwahlrunde aufgehoben. Im Vergleich mit manchen Kampagnen vor Parlaments- oder auch früheren Präsidentenwahlen war dieses Wetteifern nur ein schwacher Abklatsch.

Die einzige Fernsehdebatte, an der auch Andrej Babis, einer der heißen Favoriten, teilnahm, erinnerte eher an eine Fragebogen-Runde. Der Moderator versuchte gar nicht erst, die Debatte in Gang zu bringen. (...) Als früherer Ministerpräsident, den man leicht in die Verantwortung für einige der Probleme in diesem Land nehmen könnte, war Babis nicht so vielen Angriffen ausgesetzt, wie es sich angeboten hätte. (...)

Dieser Wahlkampf war geprägt von Pragmatismus ohne große Visionen. Er war ungewöhnlich gewöhnlich.»


«The Independent»: Ukraine braucht Panzer zur Verteidigung

LONDON: Der Londoner «Independent» kommentiert am Samstag die Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine:

«Die Frage für die Nato ist, wie schnell sie ihre Unterstützung verstärken kann. Bei einigen, angeführt von Deutschland, gibt es ein gewisses Zögern, nicht nur defensive Rüstungsgüter wie Raketenabwehrsysteme oder gepanzerte Mannschaftstransporter zu schicken, sondern auch Kampfflugzeuge und Kampfpanzer, die üblicherweise von einer angreifenden Streitmacht eingesetzt werden.

In der Ukraine lässt sich das jedoch kaum unterscheiden, denn alles, was sie unternimmt, um den Angreifer zurückzuschlagen, einschließlich strategischer Offensiven, dient in diesem Sinne der Verteidigung ihres Territoriums. Zudem wird die Ukraine, wenn sie keinen Zugang zu den besten und modernsten westlichen Ausrüstungen erhält, weniger in der Lage sein, Russlands zahlenmäßiger Überlegenheit zu widerstehen.

Das Ergebnis wäre, dass sich der Krieg und das Leid verlängern und die Wahrscheinlichkeit eines russischen Sieges oder einer dauerhaften Besetzung ukrainischer Gebiete zunimmt. (...) Bei einigen Persönlichkeiten des Nato-Bündnisses, allen voran Bundeskanzler Olaf Scholz, scheint es fast so, als wollten sie die russischen Streitkräfte nicht wirklich besiegen (und damit Wladimir Putin von der Macht vertreiben, was sicherlich die Folge wäre).»


«De Telegraaf»: Ukraine braucht Kampfpanzer

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «De Telegraaf» kommentiert am Samstag Forderungen nach der Lieferung deutscher Panzer an die Ukraine:

«Bundeskanzler Olaf Scholz gerät zunehmend unter Druck, der Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine zuzustimmen. Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges fordert die Ukraine schweres und modernes Gerät, darunter Panzer, um sich zu verteidigen. (...)

Nun scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis auch westliche Panzer zum Einsatz kommen. Die Briten erwägen die Entsendung von Challenger-2-Panzern. Und sowohl Polen als auch Finnland zeigen sich bereit, Leopard-2-Panzer zu liefern, sofern andere Länder ebenfalls mitmachen.

Viele Länder haben deutsche Panzer, aber Exporte sind nur mit Zustimmung Berlins möglich. Scholz zögert offenbar noch, aber es ist klar, dass die Ukraine die Leoparden dringend braucht. Zusammen mit anderen gepanzerten Fahrzeugen aus dem Westen können diese Panzer den entscheidenden Unterschied auf dem Schlachtfeld ausmachen. Da sich der russische Aggressor auf eine Frühjahrsoffensive vorbereitet, ist Eile geboten.»


«Tages-Anzeiger»: Weltwirtschaftsforum löst keine Probleme

ZÜRICH: Zur Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos meint der Schweizer «Tages-Anzeiger» am Samstag:

«Noch immer gibt es kaum ein größeres Problem auf dieser Welt, das das WEF nicht auf seiner Agenda hätte: Klimawandel und Herkunftsnachweise für Batterien, Plastikmüll und Metaverse - kein trendiges Thema fehlt. Es wird viel geredet, Appelle und wohlklingende Absichtserklärungen gibt es im Überfluss. (...)

Aber von oben herab werden keine Probleme gelöst. In Demokratien wählen die Bürgerinnen und Bürger Parlamente und Regierungen, die sich um das Gemeinwohl zu kümmern haben. Diese sind ihnen rechenschaftspflichtig. Die Manager und NGOs am WEF dagegen sind nicht gewählt und nur ihren Aktionären oder Spendern Rechenschaft schuldig. Die Wirtschaft braucht gute Rahmenbedingungen für Innovation und Anreize zur Langfristorientierung. Aber die Politik zur Lösung unserer drängendsten Probleme ist Sache der gewählten Regierungen und Parlamente. Die «Davos Men» und «Davos Women» sind so ziemlich die Letzten, denen man die Verbesserung der Welt überlassen möchte.»


«NZZ»: Rücksicht auf Putin wird keinen Frieden bringen

ZÜRICH: Zur Debatte über die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Samstag:

«Nun richten sich alle Augen nach Berlin, das die Zustimmung zur Lieferung deutscher Panzer durch ausländische Regierungen geben muss. Und auch hier ist viel Bewegung zu erkennen. (...) Nur die SPD bewegt sich nicht und mit ihr deren Bundeskanzler Olaf Scholz. Träge und rückwärtsgewandt führen die Sozialdemokraten die alten Debatten um Eskalationsgefahr, Rücksichtnahme auf russische Interessen und den Willen, im westlichen Bündnis nur ja nicht vorzupreschen. Dabei kann von all dem keine Rede mehr sein.

Die Eskalation ist längst da, täglich werden ukrainische Ortschaften von den Russen zerschossen, Menschen zu Dutzenden und Hunderten getötet und Kriegsverbrechen begangen. Rücksicht auf Putin wird keinen Frieden bringen; nur die Gefahr einer schweren militärischen Niederlage in der Ukraine wird ihn genügend unter Druck setzen, dass er sich an einen Tisch setzt. Und ein deutsches Vorpreschen ist nun wirklich nicht mehr möglich. Das haben die europäischen Vorreiter Polen und Großbritannien diese Woche mit ihren Plänen klargemacht: Sollte sich Deutschland hinter europäische Panzerlieferungen stellen, stünde es keinesfalls alleine da.»

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