Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Dennik N»: Kriegsdienstverweigerer sind keine Kriegsflüchtlinge

BRATISLAVA: Die liberale slowakische Tageszeitung «Dennik N» schreibt am Samstag über Kriegsdienstverweigerer, die Russland verlassen:

«Fluchtbewegungen gab es in der Geschichte gewöhnlich vor den unmittelbaren Auswirkungen von Kriegen. In anderen Worten gesagt, flohen die Menschen, weil ihr Land angegriffen wurde. Sie flohen also vor einer Aggression. Jetzt sehen wir etwas anderes. Bürger der Russischen Föderation laufen massenweise davon, nachdem (Präsident Wladimir) Putins Regime die Teilmobilisierung ausgerufen hat. Sie fliehen vor der Verpflichtung, sich an dieser Aggression zu beteiligen. (...) Während das Baltikum seine Tore vor diesen russischen Bürgern verschließt, ist Deutschland bereit, "russische Deserteure" aufzunhemen.

Für beide Haltungen gibt es gute Gründe. Die Deutschen (...) lehnen das Prinzip einer Kollektivschuld ab. Die postsowjetischen Republiken (...) haben dafür zu viel an eigenen Erfahrungen mit dem russischen Imperialismus und seinen Ausgesandten. Auch wenn wir die genauen Motive der aktuellen Fluchtbewegung aus Russland nicht kennen, hält die These nicht, es handle sich überwiegend um Gegner des Putin-Regimes, die Unterstützung verdienen. Wenn es so wäre, hätten sie das Land schon vor dem 24. Februar verlassen oder ihre Ablehnung des Krieges auch unter dem Risiko von Repressalien ausdrücken können.»


«The Irish Times»: Meloni-Regierung wäre für Italien ein Rückschritt

DUBLIN: Die Rechtspopulistin Giorgia Meloni könnte Italiens erste Ministerpräsidentin werden. Dazu meint die «Irish Times» am Samstag:

«Meloni und ihre Partei werden am häufigsten als «postfaschistisch» bezeichnet. Ein Begriff, der darauf hindeutet, dass sie zwar nicht die Demokratie abschaffen oder den Faschismus wieder einführen wollen, aber auch nicht davor zurückschrecken, eine aufhetzende Sprache zu verwenden oder um die Unterstützung derjenigen zu werben, die Vielfalt ablehnen oder behaupten, dass «nicht alles, was Mussolini tat, schlecht war». (...)

Melonis Aufschwung in den Umfragen hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass sie nie von einer Regierungsbeteiligung «befleckt» wurde. Dieser Mangel an Erfahrung, der für Wähler offenbar ein Pluspunkt ist, wird anderswo als Minuspunkt gesehen; und Meloni versucht eifrig, ihre europäischen Partner davon zu überzeugen, dass sie zum Regieren fähig ist. Die Bedenken beschränken sich aber nicht auf den wirtschaftlichen Bereich. Es wird auch befürchtet, dass ein Sieg Melonis aggressive Elemente ermutigen könnte, Gewalt gegen Einwanderer und andere schutzbedürftige Minderheiten zu verüben. Eine «postfaschistische» Regierung wäre ein Rückschritt für Italien - und zwar ein gefährlicher.»


«NZZ»: Mobilmachung ist Putins Bankrotterklärung

ZÜRICH: Zur Mobilmachung in Russland meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Samstag:

«Für den einzelnen, zum Krieg eingezogenen Bürger geht es um Leben oder Tod. Dass Russland in seiner Existenz als souveräner, territorial intakter Staat durch die Handlungen des Westens bedroht sei, ist so sehr ein Hirngespinst wie die Mär von der von «Nazis» beherrschten Ukraine und einem faschistischen Europa, das sich gegen Russland verschworen haben soll. (...)

Die Entscheidung des Kremlchefs, das Volk direkt in seinen Krieg hineinzuziehen, ist von brutaler Konsequenz in einem Land, in dem seit Jahrhunderten das einzelne Menschenleben wenig zählt. Es ist aber auch Putins Bankrotterklärung. Mit der Entscheidung zum Angriff auf das Nachbarland am 24. Februar hat Putin eine Entwicklung angestoßen, die das Russland, für das er selbst zwei Jahrzehnte lang stand, zusammen mit dem Volk in den Abgrund reißt.»

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Leserkommentare

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