Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Diena»: Moskau feiert Gagarin - und andere Sowjeterrungenschaften

RIGA: Der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin war vor 60 Jahren am 12. April 1961 als erster Mensch ins All geflogen. Dazu schreibt die lettische liberale Tageszeitung «Diena» am Montag:

«Die Sowjetunion hat damals nicht an Mitteln für Raumfahrtprogramme gespart und ihren Erfolg genutzt, um die Vorherrschaft der kommunistischen Ideologie zu bekräftigen. Auch jetzt in Russland, wo der Kreml besonderen Wert darauf legt, die in Sowjetzeiten erzielten Errungenschaften - sei es der Sieg im Zweiten Weltkriegs oder die Benennung des Corona-Impfstoff nach dem ersten sowjetischen Satelliten Sputnik - zu verherrlichen, wird nicht die Gelegenheit verpasst, mit Gagarins Flug zu prahlen und stolz darauf zu sein.»


«La Repubblica»: Laschet ist ein «ewig Unterschätzter»

ROM: Zum Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union zwischen CDU-Chef Armin Laschet und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Montag:

«Söder hat die Energie eines Titanen auf seiner Seite und ein Ego, das so groß ist wie die Burgen Ludwigs von Bayern. (...) Der CSU-Chef steigt in den Umfragen. Sogar in den nationalen. Und hier beginnen die Schmerzen bei der CDU und deren Chef Armin Laschet. In den letzten Jahren ist der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen wie ein Batterie-Teddybär auf seinem Weg weitergegangen und hat seine Rivalen trotz aller Widrigkeiten zur Seite geräumt. Laschet, ein Christdemokrat bis ins Mark und ein Merkel-Mann bis auf die Knochen, gewann die Wahlen in seiner Region und den Kampf um die Führung der Partei, als er in Umfragen schon wie besiegt aussah und seine Rivalen ihn mit einem Schmunzeln beobachteten. Nach der Eroberung der CDU-Spitze führte er eine Partei zusammen, die durch jahrelange interne Kämpfe zerrissen ist. Er ist ein ewig Unterschätzter, so wie (Angela) Merkel am Anfang.»


«Pravo»: Droht ein neuer Kalter Krieg im Weltall?

PRAG: Vor 60 Jahren, am 12. April 1961, flog der Russe Juri Gagarin als erster Mensch ins All. Dazu schreibt die linksgerichtete Zeitung «Pravo» aus Tschechien am Montag:

«Die Begeisterung war groß. Juri Gagarin wurde zu einer weltweiten Berühmtheit. Doch der Kalte Krieg war zu dieser Zeit in vollem Gange. Der erfolgreiche Weltraum-Flug war Teil des Wettbewerbs der Großmächte, der zwei Gesichter hatte: Einerseits trug er zur Entwicklung der Wissenschaft und der menschlichen Erkenntnis bei, andererseits machte er den Weltraum zu einem weiteren Schlachtfeld. Sowohl die USA als auch Russland verfügen bis heute über Weltraumstreitkräfte - und zu ihnen gesellt sich das ehrgeizige China, das 2003 seinen ersten Astronauten ins Weltall schickte. Ein neuer «Krieg der Sterne» könnte zur Realität werden. Sechzig Jahre nach Gagarins Flug bleibt daher die Frage aktuell, ob sich das gemeinsame Interesse der Menschheit an einer friedlichen Erforschung des Weltalls gegen die Militärinteressen durchsetzen kann. Vielleicht können dazu auch die gemeinsamen Erfahrungen in der Corona-Krise, welche die ganze Welt erfasst hat, beitragen?»


«Aftenposten»: Mutiger Steuervorschlag der USA

OSLO: Die konservative norwegische Tageszeitung «Aftenposten» (Oslo) kommentiert am Montag den Vorschlag von US-Finanzministerin Janet Yellen zu einem globalen Mindeststeuersatz für Unternehmen:

«Unternehmen wie Google, Apple und Amazon haben jahrelang Hunderte Milliarden Kronen ihrer Einnahmen in Steuerparadiese gebracht. Jetzt wollen die USA solche Schlupflöcher schließen. Für die internationale Wirtschaft wäre das ein Erdbeben. Die Mitgliedsländer der OECD haben seit 2013 versucht, das Problem anzugehen, frühere US-Regierungen waren aber kaum bereit, dabei zu helfen - teils, weil viele der betroffenen Unternehmen zu den größten und mächtigsten der USA zählen. Aber die USA verlieren große Einnahmen, wenn sie eine internationale Steuerreform verhindern. Das ist das, was Präsident Joe Biden nun erkennt. Es ist deshalb äußerst positiv, dass die Amerikaner endlich mitspielen. Mit den USA auf dem Fahrersitz ist es nicht ganz unmöglich, dass ein Abkommen im Laufe des Jahres steht. Langfristig würden davon die meisten Länder der Welt profitieren.»


«de Volkskrant»: Putin lässt die EU machtlos aussehen

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Montag die neue Eskalation im Konflikt um die Ostukraine:

«Mit dem großen russischen Truppenaufbau nahe der ukrainischen Grenze und auf der 2014 annektierten Krim, der Eskalation von Gefechten in der Ostukraine und einer zunehmenden Zahl von ukrainischen Opfern, lässt Russlands Präsident Wladimir Putin die Muskeln spielen. Seine möglichen Ziele: Einschüchterung und Schwächung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, dem eigenen Land demonstrieren, dass er nicht der senile «Opa im Bunker» ist, als den (der russische Oppositionspolitiker) Alexej Nawalny ihn darstellt, und dem Westen einmal mehr zu zeigen, wie machtlos er angesichts einer solchen Demonstration der Stärke ist. (...)

Selenskyj will eine Annäherung der Ukraine an die Nato. Für Berlin und Paris dürfte dies genauso inakzeptabel sein wie früher. Aber andere Instrumente, über die EU-Mitgliedstaaten verfügen (etwa die Gaspipeline Nord Stream oder das Vorgehen gegen russisches Korruptionsgeld in EU-Ländern) bleiben ungenutzt. Angesicht solcher Uneinigkeit und Schwäche wird Putin schneller in Versuchung geraten, Unruhe zu stiften - oder Schlimmeres.»


«Nesawissimaja»: Ukraine holt sich Unterstützung in der Türkei

MOSKAU: Zu den Spannungen im Ukraine-Konflikt und dem Besuch von Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Türkei schreibt die Moskauer Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» am Montag:

«Im Zuge der Konzentration russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seinem Besuch in der Türkei Unterstützung von Recep Tayyip Erdogan erhalten. Der türkische Präsident versuchte, Russland nicht direkt zu erwähnen, machte aber doch sehr deutlich, dass er bereit ist, im Fall der Fälle ein aktiver Player in ukrainischer Hinsicht zu werden.

Vor seinem Treffen mit Selenskyj telefonierte Erdogan mit Präsident Wladimir Putin. Kurz nach dem Gespräch tauchten in Russland Meldungen auf, dass die Zahl der Flüge in die Türkei eingeschränkt werden könnte. Wenn diese Pläne umgesetzt würden, dann wäre das für den in der Corona-Pandemie gebeutelten Tourismussektor in der Türkei ein harter Schlag. (...)

Gleichwohl gehen die Experten nicht davon aus, dass die Türkei und die Ukraine sich in Richtung eines vollwertigen engen politischen oder militärischen Bündnisses bewegen. Die Kontakte zwischen Kiew und Ankara sind bisher vor allem ein Teil im diplomatischen «großen Spiel» zwischen Russland und der Türkei.»


«The Times»: Prinz Philip hatte ein feines Gespühr für Angemessenheit

LONDON: Zu den Plänen für die Beisetzung von Prinz Philip meint die Londoner «Times» am Montag:

«Bei keiner Beerdigung in Großbritannien dürfen derzeit mehr als 30 Trauergäste anwesend sein, und vernünftigerweise hat die königliche Familie nicht um eine Ausnahme gebeten. (...) Prinz Philip hat einen Großteil seiner frühen Lebensjahre damit verbracht, die Symbolik und die Protokolle der Monarchie zu modernisieren und eine Botschaft auszusenden, die im Großbritannien der Nachkriegszeit Anklang fand. Im Tod ist es nicht anders. Man könnte ihn - mit der von ihm gewohnten Schroffheit - fast sagen hören: «Steckt mich einfach in eine Kiste und macht weiter.»

Der Prinz hatte, zusammen mit denjenigen, die mit der Gestaltung des Trauergottesdienstes in Windsor beauftragt waren, ein feines Gespür dafür, was heute angemessen ist. So viele Familien in Großbritannien haben ertragen müssen, sich aufgrund der Corona-Einschränkungen nicht angemessen von ihren Eltern, Großeltern und anderen geliebten Menschen verabschieden zu können. Sie können sich mit einer königlichen Familie identifizieren, die durch ähnliche Restriktionen eingeschränkt ist - auch wenn es solche sind, die der Prinz selbst seiner Familie und seinen Höflingen womöglich mit Vergnügen auferlegt hätte.»


«De Standaard»: Biden hat aus Obamas Fehlern gelernt

BRÜSSEL: Die belgische Zeitung «De Standaard» kommentiert am Montag den politischen Tatendrang von US-Präsident Joe Biden:

«Seine radikale und entschlossene Handlungsweise hat zweifellos mit den besonderen Umständen zu tun: den Schäden, die die Covid-19-Pandemie angerichtet hat, und dem Vermächtnis seines Vorgängers Donald Trump. Dies sind keine Zeiten, in denen man am Kern der Sache vorbeigehen kann. Besondere Umstände verlangen nach großen Plänen und Taten.

Dass er keine Zeit verliert, liegt auch daran, dass er Schlussfolgerungen aus den Fehlern gezogen hat, die Barack Obama machte. Lektionen, die Obama selbst gelernt hat und vor denen er Biden im Wahlkampf gewarnt hat: nicht zögern, sondern kraftvoll zur Sache kommen. Wenn Biden gründliche Reformen durchführen will, dann muss er es jetzt tun.»


«Washington Post»: Amtszeitbeschränkung für den Supreme Court nötig

WASHINGTON: Zur Debatte in den USA um mögliche Reformen des Obersten Gerichtshofs schreibt die «Washington Post» am Montag:

«Präsident Biden kündigte am Freitag die Einrichtung einer Kommission für mögliche Reformen des Obersten Gerichtshofs an und erfüllte damit ein Wahlkampfversprechen. (...)

Es ist ermutigend, dass das breite Mandat, das Biden der Kommission erteilt hat, es ihr erlaubt, einen sinnvollen Bereich für eine mögliche Reform des Obersten Gerichtshofs zu erkunden: die Anstellung auf Lebenszeit, die 1788 zu einer Zeit mit einer viel kürzeren Lebenserwartung eingeführt wurde, durch eine 18-jährige Amtszeit zu ersetzen.

Das würde der Politik rund um den Supreme Court ein wenig Schärfe entziehen, indem es beiden Parteien vorhersehbare und regelmäßige Gelegenheiten zur Nominierung von Richtern bietet - und damit den Druck bei jeder Vakanz senkt. Es würde Präsidenten erlauben, die bestqualifizierten Richter zu nominieren, anstatt nach den jüngsten plausiblen Kandidaten zu suchen. Amtszeitbeschränkungen sollten ganz oben auf der Agenda von Herrn Bidens Kommission stehen.»


«Rzeczpospolita»: Berlins bedeutsames Schweigen zur Ostukraine

WARSCHAU: Zur Eskalation im Konflikt um die Ostukraine schreibt die polnische Zeitung «Rzeczpospolita» am Montag:

«Die kürzlich abgehaltenen militärischen Beratungen zwischen den USA, Großbritannien, Kanada, Polen und Litauen zur russischen Eskalation des Ukraine-Konfliktes zeigen: Wenn es zu einer echten Bedrohung kommt, bleiben die Amerikaner und ihre ad hoc zusammengerufenen Verbündeten. Wieder einmal fällt auf, dass Deutschland und Frankreich abtauchen. Besonders bedeutsam ist das plötzliche Schweigen Berlins, das seit 2014 der Hauptverantwortliche für die gesamte Situation in Osteuropa ist. Wenn man das kombiniert mit der wachsenden Begeisterung deutscher Politiker für den russischen Impfstoff Sputnik V, den Verkauf der Aluminiumwerke in Rheinfelden an die Russen und die Entschlossenheit, den Bau von Nord Stream 2 zu vollenden, dann wird das Bild der deutschen Ostpolitik sehr klar.

Die Deutschen sind an Polen und unserer gesamten Region in erster Linie aus einem Grund interessiert: um die Euro-Zone zu erweitern. Das würde ihnen ermöglichen, das Gesamtvermögen aus 30 Jahren Transformation zum Aufbau von Vorräten für ein deutsches Europa zu konsumieren. Dieses «Angebot» ist allerdings mit keinerlei Sicherheitsgarantien verbunden. Denn dazu haben die Deutschen weder die Fähigkeiten noch den politischen Willen.»


«Tages-Anzeiger»: Kritik an Corona-Schutzmaßnahmen muss möglich sein

ZÜRICH: Der Zürcher «Tages-Anzeiger» mahnt am Montag einen sachlichen Umgang mit Kritikern der Corona-Schutzmaßnahmen an:

«Wenn Kritiker einfach deswegen als Feinde der Demokratie oder schlicht als Dummköpfe und Störer betrachtet werden, weil sie einzelne Massnahmen der Corona-Bekämpfung kritisieren, dann gefährdet das die Demokratie. Kritik kann, ja muss dafür sorgen, dass der Ausnahmezustand wirklich eine Ausnahme bleibt.

Ein hegemonialer Diskurs und ein Klima, in dem eine Gesellschaft den Regenmantel anzieht, an dem jeder Widerspruch abperlt, können dazu führen, dass Dissidenz deliriert und die Diktatur schon um die Ecke biegen sieht. Das tut sie nicht. Aber der Eifer und das Gefühl, gegen einen mächtigen Mainstream zu stehen, führen bisweilen zu gefährlichen und geschichtsblinden Vergleichen; das ist nicht gut und schadet dem Protest. (...)

Wer aber die Kritik an einzelnen Massnahmen als Störung, als Gefahr für einen angeblich gesunden Grundkonsens diffamiert, muss achtgeben, dass er nicht das tut, was er bei anderen Themen anprangert: die eigene Position als alternativlos darstellen. Nicht der Konformismus mit allen Regierungsmassnahmen stärkt die Gesellschaft in Krisenzeiten, sondern die kritische Auseinandersetzung damit.»


«NZZ»: Laschet hat mehr zu verlieren

ZÜRICH: Zum Ringen um die Kanzlerkandidatur der Union schreibt am Montag die «Neue Zürcher Zeitung»:

«Tatsächlich ist es eine Kampfkandidatur mit freundlichem Gesicht. Söder fällt es um einiges leichter, mit zähnefletschender Jovialität Großmut vorzutragen. Für ihn steht deutlich weniger auf dem Spiel als für Armin Laschet. «Mein Platz ist in Bayern, und da bleibe ich auch», das hatte er seit einem Jahr bei jeder sich bietenden Gelegenheit gesagt. Erst in den vergangenen Wochen kam ihm dieser Satz nicht mehr über die Lippen. Am Sonntag begründete er seinen Sinneswandel in der K-Frage mit den Bitten aus der Partei und der Bevölkerung. Klappt es für ihn nicht, ist noch immer Bayern da.

Für Laschet, der ein Jahr lang hart gegen Friedrich Merz und Norbert Röttgen um den CDU-Vorsitz kämpfen musste, ist die Kanzlerkandidatur gewissermassen mit dem eben übernommenen Amt verwoben. Ein starker Parteichef hat de facto automatisch das Erstzugriffsrecht auf den Spitzenjob. Erobert Laschet diesen nicht, wäre auch seine junge Obmannschaft in der CDU beschädigt, noch bevor sie so richtig begonnen hat. Und er würde auch als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen Autorität einbüssen.»


«Tiroler Tageszeitung»: Fragen zu Söders Kanzler-Chancen

INNSBRUCK: Den Kampf um die Kanzlerkandidatur zwischen dem CDU-Vorsitzenden Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder kommentiert die «Tiroler Tageszeitung» am Montag in Innsbruck:

«Mag sein, dass sich etliche Menschen in Deutschland ein wenig von der bayerischen Selbstherrlichkeit für sich und viel von Söders Entscheidungsfreude für die Politik wünschen. Doch jenen, die hinter die Kulissen blicken, geht sein zur Schau gestellter Aktionismus zunehmend auf die Nerven. Einige CDU-Länderchefs merkten zuletzt öffentlich an, dass Söders kraftvollen Ankündigungen oft wenig Tatkräftiges folge. Dass Lautstärke und Machtbewusstsein allein keinen Kanzler machen, erlebte die CSU schon zweimal. 1980 mit Franz-Josef Strauß. Und auch 2002, als sich Edmund Stoiber als Kanzlerkandidat gegen die damals unterschätzte CDU-Vorsitzende Angela Merkel durchsetzte. Der Ausgang ist bekannt: Gerhard Schröder (SPD) blieb Kanzler - bis 2005.»

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