Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Süddeutsche Zeitung» zu politischen Weichenstellungen

Selten aber war so viel Augenblick, so viel Tagesimpuls, so viel Entscheidungsdruck wie in dieser Phase der Pandemie.

Sie fordert nicht nur Flexibilität, Kehrtwenden und Härte - sie erlaubt auch die Weitsicht nicht, die jetzt mit Blick auf die Bundestagswahl nötig wäre. Der nächste Kanzler, die nächste Kanzlerin wird ein Corona-Regierungschef sein, gezeugt im Moment der größten Konfusion. Wo alles fließt, gibt es nur noch wenige Gewissheiten. Zwei sind relevant: Gegen die Bundeskanzlerin und ihre Pandemiepolitik wird nach jetzigem Ermessen keine Kandidatur erfolgreich sein. Und: Die Mehrheit der Bevölkerung verlangt nach mehr Führung und Härte in der Corona-Politik, so wie sie Merkel durchzusetzen versucht.


«Le Figaro»: Verteidiger der Demokratie stehen in Myanmar alleine da

PARIS: Über die jüngsten Proteste gegen die Militärjunta in Myanmar schreibt die konservative Tageszeitung «Le Figaro» am Montag:

«Am Anfang glaubten die jungen Menschen noch, dass die internationale Gemeinschaft ihnen zu Hilfe eilen würde. «Rettet uns» hatten die Gegner des Militärputschs vom ersten Februar in Englisch auf ihre T-Shirts geschrieben. Zwei Monate und 550 Tote später haben die Verteidiger der Demokratie (...) verstanden, dass sie alleine dastehen. Der Westen schreit angesichts des Massakers an Zivilisten durch Soldaten, die wie beim Taubenschießen in die Menge zielen, entsetzt auf. Die Vereinigten Staaten und Europa haben verhaltene Sanktionen verhängt, ohne bisher dabei die Interessen von Großkonzernen wie Total in Frage zu stellen.»


«Nesawissimaja»: Russland bereitet sich auf möglichen Krieg vor

MOSKAU: Zu den Spannungen im Konfliktgebiet Ostukraine schreibt die russische Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» am Montag:

«In Russland betont man, dass ein Krieg mit der Ukraine derzeit offensichtlich unrentabel für Moskau wäre. «Russland ist nicht an einer Konfrontation mit der ukrainischen Seite interessiert, erst recht nicht an einer militärischen...», sagte beispielsweise neulich Vize-Außenminister Andrej Rudenko. Politologen machen darauf aufmerksam, dass im Falle eines offenen militärischen Konflikts härteste Sanktionen gegen Moskau folgen würden, was die sozial-ökonomische Krise im Land vertiefen würde.

Es ist trotzdem offensichtlich, dass sich Moskau auf einen möglichen Krieg oder einen bewaffneten Konflikt im Westen vorbereitet: Es wurde eine «offene» Verlegung russischer Truppen und großer Mengen Kriegstechnik auf die Krim und an die Grenzen des Donbass organisiert.»


«The Irish Times»: Laschet braucht für Kandidatur ein Osterwunder

DUBLIN: Zur Entscheidung über die Kanzlerkandidatur in der Union schreibt die in Dublin erscheinende «Irish Times» am Montag:

«Es wachsen die Spekulationen, dass (CDU-Chef Armin) Laschet, sofern kein Osterwunder geschieht, zur Seite treten und Bayerns CSU-Chef Markus Söder die Führung im Wahlkampf überlassen wird.

Alternative Optionen für Koalitionen erscheinen in Deutschland - sechs Monate vor der Wahl - von Tag zu Tag realistischer, wobei die Grünen und die Sozialdemokratische Partei (SPD) bemerkenswert gesund und munter aussehen.

Aber Schadenfreude unter Deutschlands Nachbarn ist fehl am Platz: Die Anstrengungen dieses Landes und seiner größten Partei, sich auf die Nach-Merkel-Ära einzustellen, werden bald auch in der pandemiegeschädigten Europäische Union spürbar sein.»


«The Times»: Umgang mit der Pandemie beeinflusst Wahlchancen

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Montag den Umgang mit der Corana-Pandemie in der EU:

«Die Entscheidung, Ressourcen und Forschung zu bündeln und die Verantwortung für die Beschaffung von Impfstoffen an die Europäische Kommission zu übertragen, schien zu jener Zeit sinnvoll zu sein. (...) Bei der Umsetzung allerdings waren die Bemühungen der Kommission katastrophal. EU-Beamte übernahmen Aufgaben in den Bereichen Gesundheit und Beschaffung, die eindeutig jenseits ihrer Erfahrung oder Fähigkeiten lagen. (...)

Deutschlands anfängliche, schnelle Reaktion auf die Pandemie wurde als Modell gepriesen, aber Impfversagen und wechselnde, regional unterschiedliche Reaktionen haben das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Umgang der Regierung mit der Krise erschüttert. Die Deutschen waren entsetzt, als sie feststellten, dass Länder, die sie als dysfunktional und rückständig ansahen, wie etwa Griechenland, ihnen den Rang abliefen. Der Umgang von Regierungschefs mit der Pandemie wird sich zwangsläufig auf ihre Wahlchancen auswirken, in Europa wie im Rest der Welt.»

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