Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Dennik N»: Matovic hat als Premier dem ganzen Land geschadet

BRATISLAVA: Die liberale slowakische Tageszeitung «Dennik N» kommentiert am Montag, dass der Regierungschef des EU-Landes am Sonntagabend seinen Rücktritt verkündete:

«Igor Matovic ist als Premier gescheitert. Er wird nie mehr so tun können, als könne er die Regierung und das Land lenken. Den ganzen März haben wir mit Koalitionsstreitigkeiten verloren. Das Ergebnis sind Ermüdung, Ekel und Zweifel der Bevölkerung. Die Menschen, die weniger auf die Politik vertrauen, sind um Tausende mehr geworden. Tausende, die dem Staat weniger vertrauen als vor einem Jahr, als sie noch Hoffnung hatten, dass die damals neu angetretene Regierung den mafiösen Stil des Regierens und die uferlose Korruption der Vorgänger beenden werde. (...)

Wenn der scheidende Premier nun sagte, «Alles wird gut», ist das nur sein frommer Wunsch. Ihn nehmen nur mehr seine fanatischsten Anhänger ernst, die ihm noch verblieben sind. Trotzdem ist es sinnvoll, dass die Koalition einen Neubeginn versucht. Abgesehen vom Reparieren der Fehler, die Matovic gemacht hat, muss sie das Vertrauen der Menschen in den Staat erneuern und rasch zeigen, dass sie besser arbeiten wird als bisher. Sie muss überzeugen, dass sie dazugelernt hat. (...) Schließlich wütet noch immer die Corona-Pandemie. Matovic hat sie nicht bewältigt, wir hingegen müssen das schaffen.»


«de Volkskrant»: EU-Angebot an die Türkei wirft Fragen auf

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Montag des Verhältnis der EU zur Türkei:

«Seit dem Flüchtlingsabkommen von 2016 haben sich die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei dramatisch verschlechtert. Vor allem aufgrund der waghalsigen außenpolitischen Abenteuer von Präsident Recep Tayyip Erdogan, seiner Menschenrechtsverletzungen und der Beschneidung politischer Freiheiten im eigenen Land. Dennoch haben die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder in der vorigen Wochen plötzlich eine Pirouette gedreht. Sie boten Erdogan verbesserte Beziehungen, die Aussicht auf (noch) größeren Zugang zum EU-Binnenmarkt und einen neuen Sack voller Geld an, damit er weiterhin für syrische Flüchtlinge in der Türkei sorgt. (...)

Man könnte argumentieren, dass eine solche Methode von Zuckerbrot und Peitsche die diplomatische Kraft der Union beweist. Doch Zeitpunkt und Inhalt dieses Angebots werfen die Frage auf, ob die EU - immerhin der größte Handelspartner der Türkei - sich nicht zu schwach aufstellt. Das Timing ist sehr unglücklich, wo Erdogan doch gerade erst eine wichtige Konvention für den Schutz von Frauen verlassen hat und einer kurdische Oppositionspartei ein Verbot droht.»


«El Periódico»: Aus Unfall im Suezkanal muss man Lehren ziehen

MADRID: Zur tagelangen Blockade des im Suezkanal auf Grund gelaufenen Containerschiffs «Ever Given» schreibt die spanische Zeitung «El Periódico» am Montag:

«Ziemlich häufig wird auf die Schwäche der Industriestruktur in Sektoren hingewiesen, die kaum Vorräte ansammeln und über ein wenig diversifiziertes Zulieferernetz verfügen. Die Verlagerung der europäischen Produktion in Länder mit sehr niedrigen Lohnkosten hat dazu beigetragen. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass der unmittelbare Nutzen ins Negative umschlagen kann, sobald ein unvorhersehbares Ereignis den Weg der industriellen Planung kreuzt. Der Fall der «Ever Given» fällt in diese Kategorie.

Man sollte weltweit einige Lehren aus diesem Zwischenfall ziehen. Es reicht wirklich nicht aus, sich auf die Ermittlung der Verantwortlichen und auf die Entschädigung der Geschädigten durch die Versicherungen zu beschränken. Es stehen einfach zu viele Interessen auf dem Spiel. Man sollte deshalb alles Mögliche tun, um zu verhindern, dass die Bilder vom Kanal sich dort und an anderen gefährdeten Punkten der großen Handelsrouten wiederholen.»


«Corriere della Sera»: China und USA nicht bereit für Kompromiss

ROM: Mit Blick auf die Beziehung zwischen den USA und China schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» aus Mailand am Montag:

«Es gibt keine andere Lösung als die eines Kompromisses, der beide zufrieden stellt. Aber im Moment scheinen weder Peking noch Washington bereit zu sein, Zeichen des Friedens auszusenden. Wir wissen nicht, was ihre jeweiligen Strategien sind, aber es gibt mindestens drei Knoten, die sie im Moment nicht lösen wollen. Der erste ist Hongkong (...). Die Einwohner möchten die liberal-demokratische Gesetzgebung der britischen Regierung beibehalten, während Peking sie nicht anders als seine Untertanen behandeln will. (...)

Der zweite Knoten ist Taiwan, eine unabhängige Republik vor der Südküste, die die Portugiesen Formosa nannten. China beansprucht sie als Eigentum (...), während ein Gesetz des amerikanischen Kongresses die Regierung von Washington verpflichtet, Taiwan mit Waffen zu verteidigen (...). Der dritte Knoten ist der der Uiguren, einer turksprachigen Bevölkerung muslimischen Glaubens, die in Xinjiang lebt und die Peking sehr hart behandelt. Unter diesen Umständen scheint eine Verhandlung unmöglich.»


«L'Alsace»: In Frankreich könnte es erneut zur Triage kommen

MÜLHAUSEN: In Frankreich steigt die Anzahl der Corona-Intensivpatienten weiter und Mediziner bereiten sich auf eine Triage vor. Dazu schreibt die ostfranzösische Regionalzeitung «l'Alsace» am Montag:

«Nachdem bereits sehr viele Ärzte gewarnt hatten, sprechen nun auch die Notfallmediziner (einer Pariser Krankenhausvereinigung) einen Warnruf aus. Aktuell weigert sich die Exekutive, das zu berücksichtigen, und will die Ergebnisse ihrer Strategie des regional begrenzten Lockdowns light abwarten. Ende Januar war es zu früh und hätte wahrscheinlich keinen Sinn gehabt, vorzeitig einen Lockdown zu verhängen. Aber später wird es zu spät sein.

Emmanuel Macron setzt auf die Impfung, um die Epidemie einzudämmen. Der Präsident der Republik spielt auf Zeit und geht dadurch ein großes Risiko ein, während die (Virus-)Welle über einen Teil des Landes hereinbricht. Die Öffentlichkeit würde es ihm nur schwer verzeihen, wenn das Krankenhauspersonal erneut zu einer Triage unter den Kranken gezwungen wäre.»


«The Irish Times»: Spannungen mit China erschweren Umgang mit Nordkorea

DUBLIN: Die in Dublin erscheinende «Irish Times» kommentiert am Montag die US-Politik gegenüber Nordkorea:

«Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit Nordkorea direkt mit US-Vertretern gesprochen hat. Die Beziehungen haben sich nach dem Scheitern der chaotischen Verhandlungen zwischen Kim und dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump in Hanoi im Jahr 2019 verschlechtert.

Während dieser Mangel an Kontakt Washingtons Optionen einschränkt, besteht das größere Problem darin, dass die USA in gegenseitige Schuldzuweisungen mit dem Land verstrickt sind, das den meisten Einfluss auf Pjöngjang hat: China. Auch wenn Peking und Washington ein gemeinsames Interesse daran haben, Kim einzudämmen und die Stabilität auf der koreanischen Halbinsel zu gewährleisten, werden die derzeitigen Spannungen zwischen ihnen die Bemühungen um ein gemeinsames Vorgehen erschweren.»


«The Washington Post»: Schärfere Waffengesetze retten Leben

WASHINGTON: Nach den jüngsten Schusswaffen-Angriffen in den USA weist die «Washington Post» gängige Argumente der Gegner von Waffenkontrollen zurück:

«Eine alte Leier der Gegner von Waffengesetzen ist, dass ein einzelnes Gesetz nicht einen einzelnen Schusswaffen-Angriff oder nicht jeden Schusswaffen-Angriff stoppen würde. Nun gut, natürlich wird kein einzelnes Gesetz jedes Schießen verhindern. Und natürlich kommen andere Faktoren, wie die geistige Gesundheit, mit ins Spiel.

Aber Gesetze können einen Unterschied machen, und sie tun dies auch, wenn es darum geht, einige Schusswaffen-Angriffe zu verhindern. Wartezeiten bei Waffenkäufen führen zu sinkenden Suizid- und Tötungsraten. Länder, die so klug waren, Angriffswaffen zu verbieten, haben nicht die in den Vereinigten Staaten grassierenden Massenschießereien. Solide Überprüfungen des persönlichen Hintergrunds verhindern, dass Waffen in die Hände von Leuten fallen, die keine haben sollten. Und es sind Leben gerettet worden, wenn ein Angehöriger die Mittel hatte, einen Selbstmordgefährdeten unter seinen Liebsten daran zu hindern, eine Waffe zu bekommen. Einige Schusswaffen-Angriffe verhindern, einige Leben retten. Wäre das nicht gut?»


«Tages-Anzeiger»: Myanmars Generälen ist jedes Mittel recht

ZÜRICH: Zur Lage in Myanmar nach dem Militärputsch schreibt der Zürcher «Tages-Anzeiger» am Montag:

«Was immer die Generäle in Burma über eine angeblich geplante Rückkehr zur Demokratie erzählen - es ist blanker Zynismus. Diese Clique hat nur eines im Sinn: Kontrolle und den Schutz ihrer Pfründe. Sie wollen über ein Volk aus Knechten herrschen, und dafür ist ihnen jedes Mittel recht. Sie wollen Gefügigkeit erzwingen, und dafür töten sie, wahllos. (...)

Europa und die USA haben einzelne Sanktionen verhängt, weitere müssen folgen. Und es ist wichtig, dass auch asiatische Nachbarn ihre Zögerlichkeit aufgeben und mitziehen. Mehr Mut, Wille und Geschwindigkeit sind nötig, damit die Junta auf möglichst breiter Front zu spüren bekommt, dass sie nicht folgenlos im eigenen Land morden kann. Doch wird das ausreichen, um das Militärregime zu Fall zu bringen? Mit schnellen Erfolgen ist nicht zu rechnen; Sanktionen wirken, wenn überhaupt, langfristig. Außerdem geht es für die Militärs um alles: um ihre Pfründe und ihre Macht - und natürlich auch um die Frage, was mit ihnen und ihren Familien einmal geschehen wird, wenn sie die Kontrolle über das Land verlieren.»


«Kommersant»: «Protestfrühling» in Belarus ist gescheitert

MOSKAU: Zu den neuen Protesten in Belarus (Weißrussland) gegen Machthaber Alexander Lukaschenko schreibt die russische Tageszeitung «Kommersant» am Montag:

«Der Versuch der Oppositionellen in Belarus, die Proteste im gleichen Umfang wieder aufzunehmen (wie im vorigen Jahr), ist gescheitert. Die Aktion am vergangenen Samstag, die als «Beginn des Protestfrühlings» im Vorfeld angekündigt worden war, musste am Ende als «gewaltsame Aufklärung» neu bezeichnet werden. Die Demonstranten schafften es nicht einmal, sich in einer Gruppe zusammenzufinden. Alle, die mit den weiß-rot-weißen Symbolen der Opposition gesichtet wurden, fanden sich sofort in Gefängnistransportern wieder. Somit liegt die Arbeit an einer Verfassungsreform in den Händen der Behörden.»


«NZZ»: China und Russland mit demonstrativem Schulterschluss

ZÜRICH: Zur Annäherung zwischen Russland und China schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am Montag:

«Je selbstbewusster China sich auf der Weltbühne bewegte und je stärker der Kreml seine geopolitischen Ambitionen auslebte, desto mehr fanden sich seither die beiden ungleichen Mächte gemeinsam in der Rolle von Gegnern des westlichen Anspruchs, die Weltordnung zu definieren. Das spiegelt sich auch im Abstimmungsverhalten im Uno-Sicherheitsrat. (...)

Die europäische und amerikanische Sanktionspolitik gegenüber China und Russland weckt in Moskau und Peking trotz Bedenken das Bedürfnis nach demonstrativem Schulterschluss. Die Europäer haben dem wenig entgegenzusetzen. Russland mag immer noch darauf hoffen, irgendwann von Europa wieder umworben zu werden. Die Zusammenarbeit mit Peking ist auch dem Pragmatismus geschuldet: Hier findet Moskau Anerkennung und trotz manchen unterschwelligen Differenzen viele Gemeinsamkeiten, die mit dem Westen fehlen. Eine kurzfristige Laune ist das nicht.»

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