Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«El País»: Ex-Präsident Uribe muss sich Verantwortung stellen

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Montag den Bericht einer offiziellen Kommission über die Tötung Tausender Zivilisten in Kolumbien durch das Militär, die anschließend als feindliche Guerillakämpfer ausgegeben wurden:

«Die kolumbianische Sonderjustiz für den Frieden (JEP) hat eine Untersuchung über die Zahl der vom Militär getöteten Zivilisten vorgelegt, die als im Kampf getötete Guerillas ausgegeben wurden. Diese Enthüllungen beziehen sich auf die Politik des damaligen Präsidenten Álvaro Uribe zwischen 2002 und 2008. Er ist der große Gegner des Friedensprozesses und der Übergangsjustiz. Im Senat setzte er sich dafür ein, die Arbeit des Gerichts zu verwässern oder zu beenden. Die Richter haben sich trotz Uribes Einfluss als standhaftes und unabhängiges Gremium erwiesen.

Statt zur Klärung beizutragen, beschuldigte Uribe erneut seine Kritiker und bezeichnete Menschenrechtsorganisationen als Feinde. Aber die JEP hat mir ihrem Bericht gezeigt, dass Uribe den Schlüssel für die Wahrheit in der Hand hält. Der bewaffnete Konflikt in Kolumbien, der nach mehr als fünf Jahrzehnten endete, wird weiter Wunden hinterlassen, solange Leute wie Uribe sich nicht ihrer Verantwortung stellen.»


«Duma»: Biden sprach mit gespaltener Zunge

SOFIA: Zum Auftritt von US-Präsident Joe Biden auf der Münchner Sicherheitskonferenz schreibt die russlandfreundliche sozialistische Oppositionszeitung «Duma» in Bulgarien am Montag:

«Die Rede von Joseph Biden auf der Münchner Sicherheitskonferenz war ein neues Beispiel der Doppelzüngigkeit und Heuchelei der (US-)amerikanischen Geopolitik. Als er über Russland sprach, sagte er, dass die Herausforderung aus Russland nicht wie die aus China sei, weil es sich nicht um eine Gegenüberstellung von Ost und West handele, die aber genauso real sei. (...) Der US-Präsident sagte weiter, dass wir zur Konfrontation und zu den harten Einschränkungen des Kalten Krieges nicht zurückkehren können und dazu auch kein Recht haben. Was sind dann die Sanktionen gegen Russland, gegen ihre Gasprojekte wie Nord Stream 2 oder Turkish Stream? Es ist schwierig, Biden Glauben zu schenken, dass Amerika auf der internationalen Bühne eine Taube und kein Falke sein wird.»


«Pravo»: Europa emanzipiert sich von den USA

PRAG: Zur Rede des US-Präsidenten Joe Biden bei einer Sonderausgabe der Münchner Sicherheitskonferenz schreibt die linksgerichtete Zeitung «Pravo» aus Tschechien am Montag:

«Amerika ist zurück. Das transatlantische Bündnis ist zurück. - Das waren die Kernaussagen aus der Rede Bidens, die einen Schlussstrich unter die unvorhersehbare Außenpolitik seines Vorgängers Donald Trump ziehen sollte. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron werden zweifellos froh sein, dass die USA wieder zu einem berechenbaren Partner werden. Doch ihre Reaktionen fielen nicht so aus, wie es sich die US-Amerikaner erhofft hatten. Denn Europa beabsichtigt nicht, sich wieder in die Rolle eines Untergebenen der USA zu fügen, der sich an allen Konflikten der Großmacht beteiligen muss. (...) China hat die USA längst als größten Handelspartner der EU abgelöst. Ein übermäßiges Maß an Feindseligkeit und Konfrontation gegenüber dem Reich der Mitte kann nicht im europäischen Interesse sein. Das weiß man auch in Berlin und Paris.»


«Jyllands-Posten»: Facebook beweist seine Skrupellosigkeit

AARHUS: Die rechtsliberale dänische Tageszeitung «Jyllands-Posten» (Aarhus) kommentiert am Montag den Streit mit Facebook um das neue Mediengesetz in Australien:

«Nach mehreren Jahren fruchtloser Appelle an Facebook, Verantwortung als Medium zu übernehmen, ist es an der Zeit für gesetzliche Eingriffe. In Australien sorgte die Meldung zum neuen Gesetz, das voraussichtlich diese Woche verabschiedet wird, dafür, dass Facebook alle australischen Nachrichtenmedien blockiert hat - mitten in einer Pandemie, in der entscheidend ist, dass alle Nachrichtenkanäle offen sind. Dem Medium ist damit gelungen, sein wahres und brutales Gesicht zu zeigen, das sich für nichts anderes verantwortlich fühlt als für sich selbst. Es hat nochmals bewiesen, dass es nicht nur eine gemütliche Plattform für Katzenvideos und Urlaubserinnerungen ist, sondern ein skrupelloser Akteur auf einem verletzlichen und wichtigen Markt. Um es dazu zu bringen, seine Verantwortung und die Folgen seines Verhaltens einzusehen, ist eine Gesetzgebung offenbar notwendig.»


«Sme»: Der russische Impfstoff soll nur einen Keil in die EU treiben

BRATISLAVA: Die liberale slowakische Tageszeitung «Sme» warnt am Montag vor dem russischen Impfstoff Sputnik V:

«Während die westlichen Regierungen alles Mögliche und Unmögliche dafür tun, die Durchimpfung ihrer Bevölkerung zu beschleunigen, klappert Russland mit seinen Angeboten für Sputnik V die ganze Erdkugel ab. Was anderes als Geopolitik ist das denn, wenn sich der Produzent des Impfstoffs wie ein Handelsreisender verhält, anstatt zur Rettung russischer Menschenleben massenhaft für den Inlandsmarkt zu produzieren?

Und was ist das Ergebnis? In der Durchimpfungsrate rangiert Russland mit rund zwei Prozent bei den schwächsten Ländern und liegt noch weit hinter der angeblich so versagenden EU. Was die Produzenten von Sputnik V bisher in Russland verimpften, das schafften die USA in drei Tagen. (...) Es gibt nichts geopolitischer Ausgerichteteres, als Covid-19 nur deshalb im eigenen Land nicht zu bekämpfen, weil man stattdessen lieber einen weiteren Keil in die EU treiben will. In (dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor) Orban hat der Kreml dafür ja schon einen zu allem fähigen Hybridkrieger gefunden.»


«Le Monde»: Impfstoffverteilung fordert Multilateralismus heraus

PARIS: Über die Herausforderung den Covid-19-Impfstoff weltweit verfügbar zu machen, schreibt die französische Tageszeitung «Le Monde» am Wochenende:

«Während sich die Menschen in den reichen Ländern darüber beschweren, den so sehr erwünschten Impfstoff nicht schnell genug zu bekommen, haben die in den armen Ländern - mit einigen Ausnahmen durch Lieferungen aus China - noch gar nichts davon gesehen. (...) Wenn wir der Pandemie zuvorkommen wollen, müssen wir ernsthaft Gas geben. Um eine weltweite Produktion und eine Politik der erschwinglichen Preise zu ermöglichen, müssen die westlichen Pharmaunternehmen zusammenarbeiten. Eine echte Herausforderung für den Multilateralismus.»


«Nepszava»: EU darf keine Trojanische Pferde in ihrer Mitte dulden

BUDAPEST: Über die europäische Politik nach dem Machtwechsel in den USA schreibt die links-liberale Budapester Tageszeitung «Nepszava» am Montag:

«Es war erfrischend zu hören, wie sich (der neue US-Präsident Joe) Biden (auf der Münchener Sicherheitskonferenz) gegenüber den europäischen Partnern zur traditionellen Werteordnung bekannte. (...) Doch er wird nicht ewig Präsident bleiben, und es gibt keine Garantie dafür, dass die USA für immer mit der EU verbündet bleiben. Natürlich ist es leicht dahingesagt (...), dass die EU ihren eigene Ton finden möge. Insofern war der jüngste, zur äußersten Peinlichkeit geratene Besuch des Kommissionsvizes Josep Borrell in Moskau sehr lehrreich: Die EU wird so lange zu keinem maßgebenden Faktor in der Welt werden können, so lange sich einzelne Mitgliedsstaaten (wie Ungarn unter seiner moskau-freundlichen Führung) wie Trojanische Pferde verhalten. Bleibt Brüssel weiterhin zu nachsichtig gegenüber seinen Mitgliedsländern, wird es sein eigenes Todesurteil unterschreiben.»


«De Tijd»: Impfkampagne in Europa muss schneller vorankommen

BRÜSSEL: Die Corona-Impfungen in der EU müssen unbedingt schneller vorankommen, meint die belgische Zeitung «De Tijd» am Montag:

«Der Impfstoff muss die Erlösung bringen. Wenn der größte Teil der Bevölkerung geimpft ist, werden allmählich Erleichterungen möglich. In Großbritannien, wo man schneller begonnen hat, sind bereits 17 Millionen Menschen gegen Corona geimpft worden. (...)

Es gibt verschiedene Gründe - interne wie externe - dafür, dass der Impfzug in den EU-Staaten nur langsam in Gang kommt. Klar ist aber, dass ein hoher Immunisierungsgrad der einzige wirkliche Schlüssel zu bedeutenden und anhaltenden Erleichterungen ist. Und dabei sollten wir nicht wählerisch sein. Auch ein Impfstoff, der keinen hundert- oder achtzigprozentigen Schutz bietet, ist besser als kein Impfstoff. Die Impfkampagne muss viel besser organisiert werden und rasch Fahrt aufnehmen. Denn das ist die einzige Möglichkeit, die Ausgangstür zu öffnen.»


«The Times»: Nato-Verbündete sollten Sorgen der USA berücksichtigen

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Montag die Rede von US-Präsident Joe Biden bei der Münchner Sicherheitskonferenz:

«Zu Recht sieht Joe Biden die Nato nicht als eine Geschäftsbeziehung an, bei der einzelne Mitgliedsstaaten jeweils bekommen, wofür sie bezahlen. Sie ist eine vertragliche Verpflichtung zur kollektiven Verteidigung. Die europäischen Regierungen sollten sich jedoch an ihren Geist und nicht nur an den Wortlaut halten. Das bedeutet, dass sie ihre Verteidigungsausgaben schrittweise erhöhen und die Sorgen der USA über Probleme wie die Ausweitung des russischen Einflusses durch die Nord-Stream-Gaspipeline mit Deutschland berücksichtigen müssen. Die europäischen Regierungschefs haben einen Verbündeten im Weißen Haus. Dennoch dürfen sie nicht davon ausgehen, dass Amerika für den Erhalt des transatlantischen Bündnisses in seiner jetzigen Form für immer jegliche Last tragen oder jeden Preis zahlen wird.»


«de Volkskrant»: Corona-Viren werden nicht verschwinden

AMSTERDAM: Die Amsterdamer Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Montag die Corona-Schutzmaßnahmen:

«Noch etwas durchhalten. Gemeinsam bis zur Ziellinie. Mit solchen Ermutigungen versuchen Politiker, die Bürger noch ein wenig länger bei der Stange zu halten. (...) Die Frage ist nicht nur, ob diese Herangehensweise an das Problem noch effektiv ist - zunehmende Rufe nach mehr Bewegungsfreiheit lassen eher das Gegenteil vermuten -, sondern auch, ob sie dem Wesen der Corona-Pandemie gerecht wird. Es wird immer wahrscheinlicher, dass Corona-Viren, wie andere Atemwegsviren auch, dauerhaft vorhanden sein werden. Vielleicht nicht in ihrer jetzigen, alles durcheinanderbringenden Form, sondern als endemische Krankheit, die - wie die Grippe - immer wieder auftreten und virulent werden kann. Und die dazu führen wird, dass Maßnahmen, die wir jetzt noch als zeitweilig betrachten, dauerhaft werden: Tests, Screening, Impfung, Einhaltung bestimmter Lebensregeln.»


«Tages-Anzeiger»: Meinungsfreiheit ist Spaniens Jugend wichtig

ZÜRICH: In Spanien wurde der Rapper Pablo Hasél festgenommen, weil er staatliche Institutionen und den König beleidigt und den Terrorismus verherrlicht haben soll. Zu den Protesten dagegen schreibt der Zürcher «Tages-Anzeiger» am Montag:

«2015 hat der damals regierende Konservative Mariano Rajoy sowohl das Strafrecht zur «Verherrlichung von Terrorismus» verschärft als auch ein Gesetz durchgesetzt, das schönfärberisch «zum Schutz der Sicherheit der Bürger» beitragen soll. Der Volksmund hat es längst umgetauft in «Maulkorbgesetz».(...)

2018 kam der Machtwechsel. Direkt nach Amtsantritt kündigte der Sozialist Pedro Sánchez an: Das Gesetz aufzuheben oder zumindest zu entschärfen, habe für ihn Priorität. Passiert ist dann allerdings: nichts.(...) Dieses Versäumnis führt nun dazu, dass gewaltbereite Krawallmacher die Regierung vor sich hertreiben können. Die Proteste gegen die Verhaftung des Rappers, die größtenteils friedlich ablaufen, zeigen, dass für junge Spanier die Freiheit der Kunst keine Nebensächlichkeit ist. Jene Tausende von Menschen, die Abend für Abend auf die Straßen gehen, zeigen, was die Regierung jahrelang ignoriert hat: dass Meinungsfreiheit auch bedeutet, jene zu tolerieren, die lustvoll die Grenzen genau dieser Freiheit austesten.»


«La Repubblica»: Proteste in Spanien haben viele Gründe

ROM: Zu den Krawallen im Zusammenhang mit der Inhaftierung des Rappers Pablo Hasél in Spanien schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Montag:

«Hasél ist der Vorwand, aber dahinter verbirgt sich ein Unmut, in dem sich mehrere Elemente mischen: von der Frustration über die langen Monate des Lockdowns mit dessen schweren wirtschaftlichen und sozialen Folgen bis zur zunehmenden Ablehnung der Monarchie als Institution (...). In Katalonien kommt der Wunsch hinzu, den Geist aus dem Oktober 2019 aus der Zeit der gewalttätigen Proteste gegen die Verurteilungen der regionalen politischen Führer wieder zu beleben. Diesmal keine Esteladas, also Unabhängigkeitsflaggen, und viel mehr Wut auf die Polizei. Nun mit den sehr jungen Leuten in der ersten Reihe - das Durchschnittsalter der Verhafteten liegt zwischen 16 und 25 Jahren - und allen Randgruppen der extremen Linken, die auf den Plätzen mitmischen. Studenten, die freie Meinungsäußerung fordern, junge Menschen aus den sozialen Zentren, die genug haben von Räumungen und Job-Unsicherheit, Anarchisten, die am aktivsten Läden plündern und Geldautomaten zerstören. «Wir sind müde» steht auf dem Plakat eines Demonstranten. Es ist eine Müdigkeit, von der niemand weiß, welche Konsequenzen sie haben kann.»


«Washington Post»: Kann Biden neuen Migrantenansturm vermeiden?

WASHINGTON: Zum Richtungswechsel der neuen US-Regierung unter Präsident Joe Biden in der Migrationspolitik schreibt die «Washington Post»:

«Die Biden-Regierung übt an der Grenze der USA zu Mexiko einen Hochseilakt, indem sie versucht, die von ihr zurecht als unmenschlich angesehene Einwanderungspolitik des früheren Präsidenten Donald Trump zu demontieren und zugleich zu vermeiden, den verzweifelten Migranten ein Signal zu geben, dass sich die Türen zu den Vereinigten Staaten während einer Pandemie geöffnet haben. Diese Haltung ist von Natur aus widersprüchlich - kein Wunder, dass sie schon wenige Tage, nachdem der neuen Präsident sein Amt antrat, begann leckzuschlagen. Wenngleich das Weiße Haus starke Warnungen aussprach, dass Migranten nicht versuchen sollten, ins Land einzudringen, mussten die Behörden zugeben, dass es mehr als 1000 unerlaubte Grenzübertritte gegeben hat (...) Insgesamt läuft diese Politik auf einen gleich mehrfachen Versuch der Quadratur des Kreises durch die neue Regierung hinaus.»

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Leserkommentare

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