Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Xi Jinping in Moskau

China [hat] kein Interesse daran ..., dass Russland den Krieg verliert.

Das würde dem Westen, allen voran den Vereinigten Staaten mehr Spielraum in der zunehmend globalen Rivalität mit Peking liefern. Schlecht für Xi wäre es auch, sollte das System Putin scheitern, denn das wäre ein weithin sichtbarer Rückschlag für das autoritäre Herrschaftsmodell, dem er sich ebenfalls verschrieben hat. Schließlich ist die Volksrepublik ein wirtschaftlicher Profiteur der neuen geopolitischen Umstände, weil sie nicht nur günstig an russisches Öl kommt, sondern auch die Ausfuhren ins Nachbarland in einer Zeit steigern kann, in welcher die Handelsbeziehungen mit dem Westen schwieriger werden. Kurzum, Xi hat gute Gründe, die Freundschaft mit Putin zu pflegen, aber wenige, als neutraler Vermittler zwischen Moskau und Kiew aufzutreten.


«Frankfurter Rundschau» zum Bericht des Weltklimarates

Die gute Nachricht des IPCC lautet: Eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad bis 2100 ist immer noch möglich, auch wenn ein zeitweises Überschießen der Temperatur über diese Schwelle toleriert werden muss.

Der Rat koppelt das mit zwei weiteren positiven Botschaften. Erstens, dass die dafür nötigen Technologien nicht erst erfunden werden müssen, sondern bereits verfügbar sind. Und zweitens, dass der Umstieg von den fossilen auf erneuerbare Energien automatisch auch die nachhaltige Entwicklung auf der Welt fördert. Dieses Mutmach-Mantra sendet der Weltklimarat nun schon seit Jahren aus, ohne dass es die Entscheider:innen wirklich beeindruckt. So hält der IPCC es für nötig, den globalen CO2-Ausstoß bis 2030 zu halbieren, um auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Derzeit liegt die einzige Hoffnung darin, dass die größte Volkswirtschaft der Welt, die USA, und der größte Binnenmarkt, die EU, mit ihren ambitionierte Klimaprogrammen. Und darin, dass sie den Rest der Welt mitziehen.


«Trud»: ICC-Haftbefehl gegen Putin schadet Russlands Image

SOFIA: Zu den möglichen Folgen des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin schreibt die bulgarische Zeitung «Trud» am Montag:

«Ob (der russische Präsident Wladimir) Putin in der Tat verhaftet werden wird, ist eine zweitrangige Frage. Höchstwahrscheinlich wird dies nicht erfolgen - zumindest solange er an der Macht ist. Wichtiger ist, dass die Vorwürfe ein vernichtender Schlag gegen das Ansehen der RF (Russischen Föderation) und ihre Versuche, eine bedeutende internationale Rolle zu spielen, ist. Die überwiegende Mehrheit der Staaten wird nicht an einem Tisch für Gespräche mit Personen sitzen, die wegen Kriegsverbrechen gesucht sind. (...)

Es versteht sich, dass ein Staat, unabhängig davon welcher es ist, nicht in der Lage wäre, eine geachtete Rolle auf der internationalen Arena zu spielen, wenn seine Staatsführung im globalen Ausmaß einer so schwerwiegenden Verbannung und Strafverfolgung ausgesetzt ist. Diese könnten nicht mit wahnsinnigen Atomdrohungen bewältigt werden, sondern nur durch ein unverzügliches Beenden des Krieges, Abzug aus den besetzten Gebieten (in der Ukraine) und Bestrafung der Kriegsverbrecher.»


«La Repubblica»: Das Gespenst der Krise von 2008 geht um

ROM: Zur Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die Schweizer Großbank UBS und mögliche weitere Auswirkungen schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Montag:

«Ein Gespenst geht um. Und das nicht nur in Europa. Das Gespenst der Krise von 2008. In weniger als zehn Tagen stürzten zwei Banken, die unterschiedlicher nicht sein könnten, in weit entfernten Teilen der Welt ab und wurden gerettet. In den noch kühlen Temperaturen eines aus dem Winter kommenden Zürichs schmilzt der Schweizer Koloss Credit Suisse dahin und landet zum Schnäppchenpreis und mit viel Hilfe in der interessierten Umarmung des Erzrivalen UBS.(...)

Es kann sein, dass die getroffenen Maßnahmen ausreichen und die Bankenkrise sich nicht ausbreitet. Die Regierungen und Zentralbanken werden den Sieg für sich beanspruchen, und wir werden alle besser dran sein. (...) Aber das Problem bleibt weiter dasselbe: Wer rettet den Kapitalismus vor den Kapitalisten? Oder genauer gesagt: Wer rettet ein bestimmtes Finanzwesen vor der hartnäckigen Versuchung, im Namen des Profits nach Abkürzungen zu suchen, übertriebene Risiken einzugehen mit dem Ziel, immer und in jedem Fall zu gewinnen, wohl wissend, dass eine andere Institution stattdessen immer bereit ist, Verluste hinzunehmen, um größeren Schaden zu vermeiden?»


«Lidove noviny»: China verfolgt nur chinesische Interessen

PRAG: Vor dem Besuch des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping in Moskau schreibt die Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Montag:

«Entsteht nun ein russisch-chinesischer Block gegen den, wie die Russen sagen würden, «kollektiven Westen»? Allein die Tatsache, dass Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Moskau den russischen Präsidenten Wladimir Putin trifft, der nach der Invasion in die Ukraine zumindest im Westen als Paria und Verbrecher gilt, muss als Ausdruck einer gewissen Unterstützung gewertet werden.

China könnte noch viel weiter gehen. Es könnte Russland helfen, die westlichen Sanktionen zu umgehen. Oder es könnte mit Waffenlieferungen beginnen. Doch wahrscheinlich wird die Unterstützung aus Peking nicht das Niveau erreichen, das sich Putin erhofft. (...) China hat nur einen Verbündeten - und das ist China. Es kennt nur chinesische Interessen. Und dazu zählt nach Ansicht vieler nur ein indirektes Bündnis mit Russland.»


«Neatkariga Rita Avize»: Putin-Haftbefehl belastet Xi-Besuch

RIGA: Zum Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin und dessen Auswirkungen auf den Staatsbesuch von Chinas Staatschef Xi Jinping in Moskau meint die lettische Tageszeitung «Neatkariga Rita Avize» am Montag:

«Das bedeutet, dass Genosse Xi in diesen Tagen einem international gesuchten Kriegsverbrecher die Hand schütteln und am selben Tisch mit ihm sitzen und verhandeln muss. (..) Auch wenn die Entscheidung des Den Haager Gerichts wahrscheinlich keinen der Pläne von Xi Jinping in Moskau grundlegend ändern wird, dürfte sie einen dunklen Schatten auf diesen Besuch werfen. Russland und China positionieren sich zwar als autarke Supermächte, die sich von niemandem (und schon gar nicht von irgendeinem Gericht) Regeln diktieren lassen. Doch schätzt Xi Jinping anders als Wladimir Putin das Geschehen um ihn herum in angemessener Weise ein und berücksichtigt die Reaktion der restlichen Welt. Dies gilt besonders, wenn es wirtschaftliche Folgen haben könnte. Und der Handelsumsatz Chinas mit den USA und der EU ist um ein Vielfaches höher ist als der Handelsumsatz Chinas mit Russland.»


«Washington Post»: US-Leitzins jetzt nicht weiter erhöhen

WASHINGTON: Vor der nächsten Sitzung der Federal Reserve am Mittwoch mahnt die «Washington Post» die US-Notenbanker am Sonntag zur Vorsicht:

«Die Vereinigten Staaten haben ein hartnäckiges Inflationsproblem. Die Kosten für Essen, Mieten und Transport bleiben hoch, und viele Bereiche des Dienstleistungssektors kühlen nicht ab. Das ist beunruhigend. Aber es gibt jetzt gerade eine größere Sorge: die Stabilität des Finanzsystems. Der schnelle Fall der Silicon Valley Bank und der Signature Bank haben das Vertrauen in kritische Teile des Bankensektors zerstört und Sorgen ausgelöst, was als nächstes zerbrechen wird. Die Federal Reserve sollte am Mittwoch bei den Zinserhöhungen eine vorübergehende Pause einlegen und dem Finanzsystem Zeit geben, sich an die neue Realität anzupassen (...) Das heißt nicht, dass die Zinserhöhungen vorbei sind, und die Fed sollte in ihren Vorhersagen andeuten, dass weitere kommen werden (...) Aber der wichtigste Job der Fed ist das Risikomanagement, und jetzt ist das größere Risiko, die finanzielle Stabilität weiter zu beeinträchtigen.»


«The Times»: Irak-Krieg war ein komplettes Desaster

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Montag den Irak-Krieg, der vor 20 Jahren begann:

«Der Sturz Saddam Husseins hat nicht dazu geführt, dass der Irak zu einer Demokratie wurde, und noch weniger hat er den Weg für eine Welle demokratischer Revolutionen im gesamten Nahen Osten geebnet und ein «neues amerikanisches Jahrhundert» eingeläutet. Der Krieg war ein komplettes Desaster. Er kostete rund 200.000 irakischen Zivilisten, 4.600 amerikanischen Soldaten und 179 britischen Soldaten das Leben. Die wirtschaftlichen Kosten für die USA beliefen sich auf etwa zwei Billionen Dollar. Doch die wahren Kosten dieser Torheit sind unermesslich und die Folgen wirken bis heute nach. (...)

Für die Verantwortlichen, auch in Großbritannien, wird das Urteil der Geschichte im Laufe der Zeit nur noch vernichtender. Die vielleicht schwerwiegendste Konsequenz des Krieges bestand darin, die Aufmerksamkeit des Westens von weitaus größeren Risiken für seine langfristige Sicherheit, die von China und Russland ausgehen, abzulenken. Wir alle leben heute mit dem Erbe dieses Krieges: eine weniger stabile und gefährlichere Welt als jemals zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg.»


«Público»: Neuer Kalter Krieg und Aufstieg Chinas im Nahen Osten

LISSABON: Die portugiesische Zeitung «Público» kommentiert am Montag die wachsende Macht Chinas:

«Es ist immer offensichtlicher, dass ein neuer Kalter Krieg beginnt. Es gibt einen Kampf zwischen liberalen Demokratien und verschiedenen Formen des Autoritarismus und multiplen Illiberalismen. Im Zentrum des neuen Kalten Krieges steht aber nicht die Rivalität zwischen den USA und Russland, das global zweitrangig ist. Im Mittelpunkt steht die Rivalität zwischen den USA und China. Es ist ein Kampf um die globale Vorherrschaft. Der Nahe Osten ist eine der Regionen, in denen dieser Kampf ausgeführt wird und wo die USA an Einfluss verlieren.

Die Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran unter Vermittlung Pekings ist ein Sieg Chinas. Dies gefiel weder Israel noch den USA, da sie von der Spaltung zwischen sunnitischen Arabern und schiitischen Persern profitierten, um den Iran und sein Atomprogramm einzudämmen. China präsentiert sich dabei als Friedensstifter, der sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischt. Das missfällt den USA und ihren Verbündeten, die demokratische Werte propagieren, aber viele Staaten sind für Chinas Strategie empfänglich. Gelingt es dem Westen nicht, China zu bremsen, wird er an Einfluss verlieren.»


«Volkskrant»: Gier ist noch immer nicht strafbar

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Montag die Schwierigkeiten einiger Banken:

«Eine mittelgroße Bank nach der anderen bekommt Probleme. Und obwohl sie vielleicht nicht «too big to fail» sind, können Regierungen sie anscheinend auch nicht einfach fallen lassen. Denn das könnte eine Panik auf den Finanzmärkten auslösen, die viele weitere Banken in Schwierigkeiten bringen würde.

Man hofft, dass nur schwächere Institute wie die Silicon Valley Bank (SVB) und - in Europa - die Credit Suisse von dieser Finanzkrise betroffen sein werden, aber das ist alles andere als sicher. Schon jetzt scheint klar zu sein, dass Banker und Anleger, die unverantwortliche Risiken eingegangen sind - und dafür in guten Jahren reichlich belohnt wurden - wie 2008 mit einem blauen Auge davonkommen werden. Andere Banken werden für die Ersparnisse bürgen, und die Zentralbanken werden wieder einmal mit Milliarden an Rettungsgeldern bereitstehen. Ungezügelte Gier ist immer noch nicht strafbar.»


«NZZ»: Ein schwarzer Tag für den Finanzplatz Schweiz

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Montag die Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse (CS) durch die Schweizer Großbank UBS:

«Dass Nationalbank und Finanzaufsicht auf die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS gedrängt haben, hatte zum einen mit der Furcht vor einer montäglichen Börsenpanik zu tun. Zum anderen kam internationaler Druck aus Washington und London dazu.

Die Schweiz hat sich jetzt zwar einer Zombie-Bank entledigt, wacht am Montag jedoch mit einer Monster-Bank UBS auf. «Monster» deshalb, weil ihre neue Bilanzsumme fast doppelt so groß sein wird wie die Schweizer Wirtschaftsleistung. Die neue UBS ist somit erst recht zu groß, um sie untergehen zu lassen - «too big to fail» ist also mit voller Wucht zurück. (...)

Der CS-Präsident Axel Lehmann hat recht: Dieser 19. März ist ein historischer und trauriger Tag. Es ist ein schwarzer Tag für den Finanzplatz, für viele Mitarbeitende der CS und auch für das Vertrauen in die Marktwirtschaft.»

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