Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu Tarifverhandlungen

Es ist gut möglich, dass die kommenden Monate für die Bürger größere Unannehmlichkeiten mit sich bringen werden.

Am Dienstag beginnen die Tarifverhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen. Die Gewerkschaft Verdi hat schon vorab klargestellt, dass sie notfalls auch zu Streiks bereit sei. 10,5 Prozent mehr Geld fordern die Gewerkschaften, mindestens aber 500 Euro mehr pro Monat. Gemessen an den Tarifrunden der Vergangenheit ist das rekordverdächtig. Richtig ist aber auch, dass die Beschäftigten nicht nur einen Ausgleich für die hohe Inflation brauchen, sondern auch einen Gewinn an Kaufkraft. Dies hinzubekommen, ohne die öffentlichen Kassen zu überfordern, wird die Aufgabe der Tarifparteien sein.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Unterstützung Ukraine/Korruption

Die nun bekannt gewordenen Affären sind kein Argument gegen die weitere westliche Hilfe für die Ukraine.

Im Gegenteil: Dass die ukrainischen Medien sogar unter den jetzigen Umständen über Machtmissbrauch recherchieren und dass Präsident Wolodymyr Selenskyj ihnen dafür dankt, ist ein positives Zeichen. Auch darin unterscheidet sich die Ukraine fundamental von Russland: Dort dient dem Regime der von ihm selbst begonnene Krieg als Begründung dafür, dieser Tage die letzten Reste Transparenz über Einkünfte von Politikern und Beamten abzuschaffen. Wer der Ukraine wohlwill, sollte sie nicht idealisieren. Ein nüchterner, realistischer Blick auf das Land und seinen Feind zeigt erst recht, warum der Westen noch viel mehr für die Ukraine tun müsste.


«Handelsblatt» zur Panzer-Debatte

Jetzt sind es wieder Stimmen aus der SPD, die Waffenstillstandsverhandlungen fordern und vor einem neuen kalten Krieg warnen, sollte Berlin die Leopards liefern.

Ein neuer kalter Krieg? Es ist längst ein heißer - und zwar begangen von einem Aggressor, der eindeutiger nicht zu identifizieren sein könnte. Selten war die Lage in völkerrechtlicher, ja moralischer Hinsicht eindeutiger als in diesem Krieg. Es gehe im Kern um die «Frage, ob Macht Recht brechen darf», hatte Scholz bei seiner Zeitenwende-Rede richtig festgestellt. Es gehe darum, Kriegstreibern wie Putin Grenzen zu setzen. Das wiederum setzte eigene Stärke voraus, so der Kanzler. Es ist genau die Stärke, die der Kanzler und seine Partei derzeit vermissen lassen.


«Münchner Merkur» zu SPD/Klingbeil/Führungsrolle

«Deutschland muss eine starke Führungsrolle einnehmen», verlangt SPD-Chef Klingbeil in seiner neuen außenpolitischen Standortbestimmung für die Partei.

Das klingt wie ein freundlicher Schubser für seinen zaudernden Kanzler und wie ein kräftiger Tritt in den Allerwertesten von Fraktionschef Rolf Mützenich, und so ist es wohl auch gedacht. Denn da, wo Offizierssohn Klingbeil seine SPD haben will, in der neuen Realität nach der Zeitenwende, sind viele in seiner Partei noch längst nicht angekommen. Mützenich, mittlerweile eine tragische SPD-Figur, träumt noch immer von einer Sonderverständigung mit dem alten Freund Russland. Die SPD schwankt zwischen Ostalgie, Putin-Panik und neuem Realismus. Das ist nicht nur für die Ukraine, die in Putins Schwitzkasten zu sterben droht, ein großes Problem. Wieder erkennt die Welt, dass Europa nicht in der Lage ist, sein Schicksal zu gestalten. Ein drittes Mal in nur 105 Jahren muss Amerika für Frieden auf dem alten Kontinent sorgen.


«Pravda»: Die Bürger der Slowakei wollen Neuwahlen

BRATISLAVA: Die linksliberale slowakische Tageszeitung «Pravda» kommentiert am Montag die an zu geringer Beteiligung gescheiterte Volksabstimmung, die vorgezogene Neuwahlen in der Slowakei ermöglichen sollte:

«Mehr als eine Million Wähler hat sich beim Referendum klar geäußert. Sie wollen vorgezogene Neuwahlen. Dass das Referendum nicht gültig ist, weil die Teilnahme unter den notwendigen 50 Prozent der Wahlberechtigten blieb, ist im Augenblick zweitrangig. Wesentlicher ist, dass so viele gekommen sind, um ihre Unzufriedenheit mit der Regierung und dem Chaos im Parlament auszudrücken. Und das trotz schlechten Wetters, mancherorts sogar Schneestürmen.

Aus Umfragen wissen wir, dass nicht nur die teilnehmenden 1,2 Millionen Bürger, sondern eine große Mehrheit sich geradezu dafür schämt, was sich in der Politik abspielt. Darum wollen sie Neuwahlen. Dass das Referendum trotzdem nicht erfolgreich war, ist vor allem Ergebnis davon, dass es von Anfang an zu sehr als eine parteipolitische Initiative, statt einer Bürgerinitiative angelegt war.»


«Sme»: Westen soll nicht streiten, sondern rasch liefern

BRATISLAVA: Zur Diskussion über Panzer-Lieferungen der westlichen Verbündeten an die Ukraine schreibt die liberale slowakische Tageszeitung «Sme» am Montag:

«Angesichts russischer Pläne, an der Donezker Front modernste Panzer einzusetzen, steht das deutsche Zögern bei Leopard-Lieferungen im Widerspruch zum Versprechen, alles zu liefern, was die Ukraine braucht. Auch wenn in Ramstein nicht direkt über die Leopard-Panzer entschieden wurde, sind sich alle Beobachter einig, dass Berlin dem Druck doch nachgeben wird. Allerdings muss das schneller gehen. (...)

Der Westen macht aber tatsächlich alles, was er kann - oder genauer: alles, was sich die einzelnen Regierungen politisch erlauben können. Daher ist der polnische Aufruf, notfalls auch ohne deutsche Zustimmung Leopard-Panzer zu liefern, ein unnötiges Riskieren von Streit. Und das wäre jetzt das Schlimmste gerade für die leidende Ukraine.»


«Svenska Dagbladet»: Ankara zeigt Mangel an Respekt für Demokratie

STOCKHOLM: Die konservative schwedische Tageszeitung «Svenska Dagbladet» (Stockholm) meint am Montag zum Streit mit der Türkei über die Nato-Norderweiterung um Schweden und Finnland:

«Drei Regierungen müssen eine Zusammenarbeit gegen russischen Imperialismus, von der PKK und dem IS initiierten Terrorismus und eine religiöse Intoleranz pflegen, die unsere Gesellschaften vergiftet. Um dies zu erreichen, taugt es nichts, auf Provokationen hereinzufallen, die diesen Prozess töten wollen. Bisher ist Schweden am weitesten gegangen, wenn es darum geht, Verständnis und Respekt für die Ambitionen der Türkei in dem Abkommen der drei Länder zu zeigen. Finnland hat diplomatisches Schweigen bewahrt. Die Tonlage in Ankara ist dagegen geprägt von einem grundsätzlichen Unwillen, die Tatsache zu respektieren, dass ein Rechtsstaat nicht nur eine Demokratie ist, sondern eine konstitutionelle Demokratie, in der alle öffentliche Macht auf der Grundlage der Gesetze ausgeübt wird.»


«DNA»: Deutsch-französische Beziehungen bleiben ein Kampf

STRAßBURG: Zur Feier des 60. Jubiläums des Élyséevertrags zur Aussöhnung von Deutschland und Frankreich schreibt die französische Zeitung «Les Dernières Nouvelles d'Alsace» am Montag:

«Als kriegsgeschundene Grenzregionen wissen Elsass und Moselle, dass man sich bei der deutsch-französischen Zusammenarbeit nicht in Worten ergehen darf. Die Bürger, Abgeordneten und Wirtschaftsakteure wissen nur zu gut, wie weit große Reden von der Realität entfernt sind. Auf halbem Weg zwischen Paris und Berlin weiß man, dass es nicht reicht, auf seinem Stuhl herumzuspringen und «Europa, Europa» zu rufen, um die europäische Integration voranzutreiben. (...)

Die feierlichen Reden in der Sorbonne an diesem Sonntag weniger als ein Jahr nach der Aggression Putins gegen die Grenzen Europas erinnern daran, dass die deutsch-französischen Beziehungen ein Kampf bleiben. Das macht ihre ganze Größe aus. Der Geist des Élyséevertrags bleibt aktueller denn je angesichts nationalistischer Ausbrüche, expansionistischer Wahnvorstellungen und Angriffen auf die Rechtsstaatlichkeit. (...)»


«Correio da Manhã»: Leopard-Panzer keine Garantie für Ukraine-Sieg

LISSABON: Zur Debatte um die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine schreibt die portugiesische Zeitung «Correio da Manhã» am Montag:

«Wenn die Zahl der Panzer die einzige Bedingung für einen Sieg wäre, hätte Russland wahrscheinlich schon alle ukrainischen Verteidigungsanlagen vernichtet, so groß ist die Überlegenheit Moskaus in diesem Bereich. (...) Präsident Wolodymyr Selenskyj setzt die westlichen Länder unter Druck und versucht diese davon zu überzeugen, dass es keine Alternative zur Lieferung der Leopard-Panzer nach Kiew gibt. Aber selbst diese garantiert nicht unbedingt die von so vielen herbeigesehnte Niederlage Moskaus. (...)

Die Entsendung von Panzern durch verschiedene Länder in die Ukraine würde eine differenzierte Ausbildung und differenzierte Teams, spezialisierte Wartungswerkstätten sowie nicht militärische Versorgungslinien erfordern. Selbst wenn die verschiedenen Panzer Munition desselben Kalibers verwenden, würde eine solche Operation Mittel und eine Logistik erfordern, über die die dezimierte ukrainische Armee nicht verfügt. Und wenn dies nicht gewährleistet ist, könnte der Schuss nach hinten losgehen.»


«WSJ»: Geheimdokumente bedrohen Bidens Kandidatur für zweite Amtszeit

NEW YORK: Auf der Suche nach Regierungsunterlagen sind Ermittler im Haus von US-Präsident Joe Biden auf weitere Geheimdokumente gestoßen. Dazu schreibt das «Wall Street Journal» am Montag:

«All dies deutet darauf hin, dass sich Bidens Umgang mit Dokumenten letztlich gar nicht so sehr von jenem Trumps unterscheidet. (...) Der Hauptunterschied besteht darin, dass Trump sich weiterhin weigerte, die von ihm aufbewahrten Dokumente an das Nationalarchiv zu übergeben. Bidens Verteidiger wollen sich auf diesen Unterschied konzentrieren, was den Vorteil hat, dass der leichtfertige Umgang mit den Dokumenten heruntergespielt wird. Dies ist wiederum das eigentliche Vergehen und hat andere ihre Karriere gekostet. (...)

Nach den Regeln des Justizministeriums kann Biden als amtierender Präsident nicht angeklagt werden, aber die Bedrohung ist hier eher politischer als strafrechtlicher Natur. Die Öffentlichkeit kann die Doppelmoral sehen, mit der das Weiße Haus seine Handlungen zu erklären versucht, auch wenn die meisten Pressevertreter dies nicht tun. Der Präsident sollte besser hoffen, dass es (...) nicht noch mehr gibt, sonst könnte seine Hoffnung auf eine zweite Amtszeit in Gefahr geraten.»


«De Telegraaf»: Ukraine braucht die Unterstützung des Westens

AMSTERDAM: Zum Kriegsverlauf in der Ukraine meint die niederländische Zeitung «De Telegraaf» am Montag:

«Inzwischen dauert dieser Krieg schon elf Monate, und Militärexperten erwarten im Frühjahr eine neue russische Offensive. Um auch diesem erneuten Angriff standhalten zu können, ist die Ukraine auf die Unterstützung des Westens angewiesen. (...) Unsere Regierung hat mit der Bereitstellung von zwei modernen Patriot-Flugabwehrsystemen einen großen Schritt zur Unterstützung der Ukraine getan. Und da Deutschland die Lieferung von polnischen Leopard-Panzern wohl nicht mehr blockieren wird, wächst die westliche Unterstützung für die Ukraine immer weiter. Angesichts der bevorstehenden russischen Frühjahrsoffensive kann diese Unterstützung nicht früh genug kommen, denn Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen.»


«Financial Times»: USA und EU müssen zusammenarbeiten

LONDON: Die Londoner «Financial Times» kommentiert am Montag die Auseinandersetzung zwischen den USA und der EU um US-Industriesubventionen im Zuge des Inflation Reduction Act (IRA):

«Der größte Streitpunkt im Zusammenhang mit dem IRA sind die Subventionen und Steuergutschriften für in den USA hergestellte Produkte, von Solarzellen bis hin zu Elektrofahrzeugen. Die geforderten inländischen Anteile an solchen Produkten scheinen den Regeln der Welthandelsorganisation für einen diskriminierungsfreien Handel zuwiderzulaufen. Sie verzerren die Wettbewerbsbedingungen, fördern das Streben nach Autarkie und bergen das Risiko, einen Subventionswettlauf in Gang zu setzen, der zu Vergeltungsmaßnahmen führt. (...)

In einem auseinanderbrechenden geopolitischen Umfeld müssen die USA und die EU zusammenarbeiten und dürfen sich nicht auf einen sinnlosen Kampf einlassen, um sich gegenseitig Geschäfte und Investitionen abspenstig zu machen. (Die EU muss auch für gleiche Wettbewerbsbedingungen in ihrem eigenen Binnenmarkt sorgen.) Ein Handelsstreit könnte die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in Fragen von globaler Bedeutung wie dem Klimawandel, der Schuldenkrise und der Haltung gegenüber China beeinträchtigen.»


«Stuttgarter Zeitung» zum Streit um den Leopard-Panzer

Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen hat gesagt, Deutschland würde nicht im Weg stehen, wenn Drittstaaten ihre Leopard-Panzer liefern wollten.

Das ist eine Unverschämtheit gegenüber Kanzler Olaf Scholz, der in dieser Frage noch keine Festlegung getroffen hat. Auch wer Baerbocks Haltung teilt, steht fassungslos vor einem so unprofessionellen Verhalten. Die Frage, ob die Bundesregierung anderen Ländern den Export des in Deutschland gebauten Kampfpanzers genehmigt, lässt sich vernünftigerweise nicht von der trennen, ob sie selbst bereit ist, den Leopard 2 an die Ukraine zu liefern. Scholz ist noch dabei, sich mit Verbündeten abzustimmen und seine Entscheidung zu finden. Baerbock kann das zu langsam finden. Dann muss sie mit dem Kanzler darüber sprechen - hinter verschlossenen Türen. Solospieler werden jetzt nicht gebraucht.

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