Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu Heizkosten

Die Klimaschutz-Maßnahmen müssen auf eine breite Akzeptanz stoßen.

Vorgaben wie die neue Heizkostenverordnung helfen dabei niemandem. Es ist völlig absurd, dass nun einmal pro Monat Briefe verschickt werden, die in vielen Haushalten wohl zeitnah in die Papiertonne wandern werden. Für die vielen Haushalte, die das Internet nutzen, müsste es zudem sinnvollere Lösungen als die monatliche Mail geben. Ein digitales Portal, auf dem man sich über die Kosten informieren kann, wäre sehr viel zielführender. Das Ziel, mehr Transparenz beim Energieverbrauch zu schaffen und mit fernablesbaren Messgeräten endlich auch die Digitalisierung beim Wohnen voranzutreiben, mag gut und richtig gewesen sein. Die Umsetzung ist lebensfern.


«Stuttgarter Zeitung» zur Antrittsrede französischer Präsident bei EU

Macron hat sich in Straßburg wieder einmal als glühender Europäer präsentiert.

Der kühl kalkulierende Machtpolitiker wird seinen Einsatz für Europa in den kommenden Monaten davon abhängig machen, ob ihm das Thema beim erhofften Wiedereinzug in den Élysée-Palast nutzt oder schadet.


«Stuttgarter Nachrichten» zu Macrons EU-Rede

Hinter all den Initiativen des französischen Präsidenten steht ein sehr großes Fragezeichen.

Möglich ist, dass Emmanuel Macron im Mai nicht mehr Präsident Frankreichs ist. Die aussichtsreiche konservative Kandidatin Valérie Pécresse hat sich dafür schon in Stellung gebracht. In einem Gastbeitrag für die Tageszeitung "Le Monde" hat sie dargelegt, wie sie als Staatschefin die EU-Ratspräsidentschaft ausgestalten will. Allerdings konnte auch sie den Vorstellungen Macrons eines "stolzen Europas" nicht viel Neues hinzufügen. In Brüssel müsste man sich also auch angesichts eines Machtwechsels in Paris nicht auf eine Revolution einstellen.


«Dziennik»: Verbündete wollen von Berlin schärferen Kurs gegen Putin

WARSCHAU: Zum Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in Moskau schreibt die polnische Wirtschaftszeitung «Dziennik Gazeta Prawna» am Mittwoch:

«Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock gibt sich große Mühe bei ihren Versuchen, die deutschen Wirtschaftsverbindungen zu Russland in Einklang zu bringen mit Unterstützung für die Souveränität der Ukraine. Am Montag war die 41-jährige Grünen-Politikerin in Kiew, am Dienstag bereits in Moskau, wo sie mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow sprach.

Baerbock ist die Vertreterin der jüngeren Generation bei den Grünen, die in der Außenpolitik einen besonderen Schwerpunkt auf die Bedeutung der Menschenrechte legen. Sie haben die Absicht erklärt, Deutschland von seinem historisch begründeten Willen zum Kompromiss mit Moskau wegzuführen. Das Problem besteht aber darin, dass die SPD, die unter Führung von Kanzler Olaf Scholz mit den Grünen die Regierung bildet, weniger geneigt ist, mit diesem (bisherigen) Vorgehen zu brechen. Verbündete wie die USA, Großbritannien und Polen verlangen von Berlin eine Verschärfung des Kurses gegenüber Putin. Sollte Russland in die Ukraine einmarschieren, erwarten sie eine dauerhafte Einstellung der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 und die Einführung von Sanktionen gegen den Kreml.»


«Chicago Tribune»: USA sollten Sanktionen gegen Nord Stream 2 erwägen

CHICAGO: Zum Umgang westlicher Staaten mit Russland beim Ukraine-Konflikt schreibt die Zeitung «Chicago Tribune»:

«Biden sollte auch seine Zurückhaltung bei der Verhängung von Sanktionen gegen Russlands begehrte Nord-Stream-2-Pipeline überdenken, die Erdgas nach Deutschland transportieren soll. Für den Kreml ist das Projekt nicht nur ein wirtschaftlicher Gewinn, sondern auch ein weiteres wichtiges Instrument im Energiebereich, das es als politisches Druckmittel gegen Europa einsetzen kann. Deutschland sieht Nord Stream als unerlässlich für seine Wirtschaft an, aber führende deutsche Politiker sagen jetzt, dass das Aus von Nord Stream in Betracht gezogen werden sollte, falls Russland in die Ukraine einmarschiert. (...) Deutschland erwärmt sich für die Idee von Nord-Stream-Sanktionen, und Bidens Regierung sollte diesem Beispiel folgen. (...)

Alles andere als eine gemeinsame Front der USA und Europas gegen Putin gibt dem ehemaligen KGB-Agenten genau das, was er 2014 bei der Invasion der Krim erreichte - das Vertrauen darauf, dass der Westen sich über sein dreistes Verhalten empört, aber letztlich nachgibt. Nun steht jedoch zu viel auf dem Spiel, als dass dies noch einmal geschehen könnte. Die Sowjetunion gibt es schon lange nicht mehr, aber die Rivalität zwischen dem Westen und dem Kreml ist lebendig und heftiger denn je. Biden, die Nato und der Rest des Westens können es sich nicht leisten, Putin nachzugeben.»


«La Repubblica»: Metsolas Position ist zweideutig

ROM: Zur Wahl der neuen EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Mittwoch:

«Frau Metsola ist die jüngste der elf seit Beginn des Parlaments gewählten Präsidenten, vertritt die Republik Malta und ihre halbe Million Einwohner, und man kann sich vorstellen, wie viel Intelligenz, Studium, Ehrgeiz und Opfer sie nun auf diesen Sitz geführt haben mögen. Neben ihren Fähigkeiten hat sie alles, was für eine Frau, die Karriere machen will, unverzichtbar bleibt und was weit mehr ist, als von Männern verlangt wird, die fast immer einen Mann wählen. (...)

Die Probleme der Europäischen Union sind enorm, und was die Rechte der Frauen betrifft ist ein Problem, dass die Europaratskonvention über Gewalt gegen sie nicht ratifiziert werden kann, weil es Staaten wie Bulgarien, Ungarn, Tschechien und die Slowakei gibt, die sie ablehnen; und der Schwangerschaftsabbruch wird von Polen, Ungarn und Malta, wo sie geboren wurde, abgelehnt. Sie hat ihre Position dazu aufrichtig klargestellt, die jedoch ziemlich zweideutig ist. Sie wird über diese Frage nicht mehr abstimmen und sich an die Entscheidungen des Plenums anpassen.»


«Le Monde»: Neue EU-Parlamentspräsidentin im Widerspruch zu EU-Werten

PARIS: Die Wahl der neuen Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola aus Malta, kommentiert die französische Tageszeitung «Le Monde» am Mittwoch:

«Die neue Präsidentin des Europaparlaments vertritt bei einigen großen Themen progressive Positionen. Dies tritt etwa auf die Bereiche Immigration, Rechte der LGBT-Gemeinschaft, Rechtsstaat und Korruption zu. Sie gehört zu den weniger Konservativen ihrer parlamentarischen Gruppe. (...) Aber eine Frau zur Präsidentin des Europaparlaments zu wählen, die sich gegen das Recht auf Abtreibung ausspricht, (...) steht im krassen Widerspruch zu den humanistischen und aufklärerischen Zielen der Europäischen Union. Auch wenn das Recht auf Abtreibung durch das EU-Parlament nicht bedroht werden kann, da das Parlament in diesem Bereich keine Gesetzgebungskompetenz besitzt, steht die Wahl doch auch im Widerspruch zu der Meinung, die in diesem Gebäude vorherrscht, wo die Verteidigung von Frauenrechten Gegenstand mehreren Resolutionen war.»


«Lidove noviny»: Deutschland redet nur, statt zu handeln

PRAG: Die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien schreibt am Mittwoch zu den Spannungen zwischen der Ukraine und Russland:

«Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat gewarnt, dass Moskau im Falle einer Militäraktion in der Ukraine mit hohen politischen und wirtschaftlichen Kosten rechnen müsse. Doch das dürfte den russischen Präsidenten Wladimir Putin kaum in Schrecken versetzen. Während Großbritannien Panzerabwehrwaffen an die Ukraine liefert, wirft Kiew Deutschland vor, Nato-Waffenlieferungen an die Ex-Sowjetrepublik zu blockieren. Es zeigt sich, dass manche Politiker zwar gerne über Solidarität reden, aber das Handeln lieber anderen überlassen, sobald Taten gefragt sind.»


«Financial Times»: BBC ist eine Säule des britischen Kulturlebens

LONDON: Die Londoner «Financial Times» kommentiert am Mittwoch die erklärte Absicht der britischen Regierung, die Beitragsgebühren für die BBC zu streichen:

«Es ist keine Überraschung, dass eine Regierung, die darum kämpft, den Job des Premierministers zu retten, einen ihrer hartnäckigsten Quälgeister ins Visier genommen hat. Dennoch ist es eine Farce, dass die Frage der künftigen Finanzierung der BBC in die «Operation Red Meat» verpackt wurde, eine Reihe populistischer Ankündigungen, die darauf abzielen, unruhige Tory-Hinterbänkler zu beschwichtigen.

In einer sich rasch entwickelnden Medienwelt sollte das Gebührenmodell der BBC in den kommenden Jahren überprüft werden. Dieser Prozess sollte jedoch völlig losgelöst von Boris Johnsons persönlichen politischen Schwierigkeiten erfolgen. Trotz all ihrer Unzulänglichkeiten ist die BBC eine wesentliche Säule des britischen Kulturlebens und eine der bekanntesten Exportmarken des Landes. (...)

Zudem macht das Erstarken von «Fake News» die Rolle eines hochwertigen, unparteiischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks immer wichtiger. Die politische Polarisierung in den USA, wo kommerzielle Eigentümer den Rundfunk dominieren, ist ein abschreckendes Beispiel.»


«Dagens Nyheter»: Nicht ein Tag länger als nötig mit Beschränkungen

STOCKHOLM: Die liberale schwedische Tageszeitung «Dagens Nyheter» (Stockholm) kommentiert am Mittwoch die in Schweden geltenden Corona-Restriktionen und die Omikron-Verbreitung:

«Eine Corona-Pandemie ohne Beschränkungen hätte fatale Folgen gehabt. Viel mehr Menschen wären schwer krank geworden und gestorben. Die Frage ist, wo die Grenzen gezogen werden sollen und wie wir sicherstellen, dass die Maßnahmen verhältnismäßig bleiben. Wir haben noch kein Fazit zu den Effekten von Omikron. Das Gesundheitswesen befindet sich weiter unter starkem Druck. Es sind vor allem all die Ungeimpften, die nun schwer krank werden und auf die Intensivstation kommen. Wenn es uns gelingt, dass alle ihre drei Spritzen bekommen, dann könnte die Pandemie - mit dem Aufkommen von Omikron - vermutlich ohne allzu schwerwiegende Schäden durch die Gesellschaft fegen. Wir können kaum weiterhin die Freiheit für alle beschneiden, nur weil es einige gibt, die Wissenschaft und Verantwortung ignorieren. Jeder Tag mit unbegründeten Beschränkungen ist ein Tag zu viel.»


«NZZ»: Harte Sanktionen wären auch für den Westen teuer

ZÜRICH: Zum Vorgehen des Westens in der Ukraine-Krise meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Mittwoch:

«Würden die USA tatsächlich ihr ganzes Register von Sanktionsmöglichkeiten gegen russische Banken, Unternehmen und letztlich auch Konsumenten ziehen, hätte dies einschneidende Kosten nicht nur für Russland, sondern auch für westliche Volkswirtschaften zur Folge. Doch ein Blick auf die relative Gelassenheit an den Finanzmärkten in den USA und Europa zeigt, dass dort die Wahrscheinlichkeit eines Wirtschaftskriegs gegen Russland als gering eingeschätzt wird. (...)

Wollen die Nato-Staaten oder die EU tatsächlich wirksam abschrecken, müssen sie die zu erwartenden Kosten eines Angriffs für Moskau so weit wie möglich in die Höhe schrauben. Dazu gehören zwei Dinge: Erstens muss glaubhaft sein, dass der Westen einen ukrainischen Widerstands- oder Guerillakampf gegen den übermächtigen Gegner tatkräftig unterstützen würde - dazu gehören zwingend auch Waffenlieferungen. Zweitens muss der Westen seine Bereitschaft glaubhaft machen, im Rahmen eines wirksamen Sanktionsregimes gegen Russland auch selbst hohe und länger anhaltende ökonomische Einbußen hinzunehmen. Bei beidem könnten die westlichen Regierungen noch erheblich an Deutlichkeit zulegen.»


«Iswestija»: Erfolgreicher erster Besuch Baerbocks in Moskau

MOSKAU: - Zum ersten Treffen von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow schreibt die staatsnahe Moskauer Tageszeitung «Iswestija» am Mittwoch:

«Der erste Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Russland lässt sich als ziemlich erfolgreich bezeichnen, wenn die einigermaßen radikalen Positionen in Betracht gezogen werden, die ein Teil der neuen deutschen Regierung einnimmt (...) Trotz der «dicken Mappe» an Meinungsverschiedenheiten, die die Vertreterin Berlins mit nach Moskau brachte, ist es den Diplomaten gelungen, die Sichtweisen ihrer Länder klarzumachen und sogar den Weg für eine Zusammenarbeit aufzuzeigen. (...)

Dabei hat die Ministerin in der russischen Hauptstadt keine unüberlegten Schritte gemacht. Sie sagte während ihres Besuches, dass es keine Alternative gebe zu stabilen Beziehungen mit Russland (...). Die für ihre emotionale Rhetorik bekannte Baerbock legte das Augenmerk auf das Thema der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Russland. Noch vor den Verhandlungen legte die Politikerin Blumen am Grab des Unbekannten Soldaten nieder und fühlte dabei - wie sie sagte - «Scham und Ehrfurcht».»


«La Vanguardia»: Johnsons Untergang nur noch eine Frage der Zeit

MADRID: Die spanische Zeitung «La Vanguardia» kommentiert am Mittwoch die Aussichten des britischen Premiers Boris Johnson, sich trotz der «Partygate-Affäre» im Amt halten zu können:

«Wenn (der spanische Regierungschef) Pedro Sánchez mitten in der Pandemie unter Missachtung der eigenen Corona-Regeln am Vorabend der Beerdigung eines Mitglieds der königlichen Familie eine feuchtfröhliche Party im (Regierungssitz) Moncloa organisiert und dies schließlich im Parlament mit der Entschuldigung zugegeben hätte, «nur 25 Minuten dabei» gewesen zu sein, würde er sich kaum im Amt halten können. Aber Pedro Sánchez ist nicht Boris Johnson, und der Premierminister des Vereinigten Königreichs bleibt trotz der Tatsache, dass Umfragen zufolge 70 Prozent der Briten seinen Kopf fordern, unbeirrt in der Downing Street. Johnson könnte nur durch eine energische Reaktion seiner konservativen Partei gestürzt werden. Obwohl wir von der Fähigkeit des Premierministers überrascht sind, trotz allem im Amt zu bleiben, ist das Maß wohl voll. Er hat all sein Ansehen verloren und sein Untergang ist nur eine Frage der Zeit.»


«Der Standard»: Abschreckung statt Verhandlungen mit Russland

WIEN: Über westliche Waffenlieferungen an die Ukraine schreibt «Der Standard» am Mittwoch in Wien:

«In einer solchen Situation kann man mit Russland zwar reden, so wie es die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock am Dienstag in Moskau getan hat. Echte Verhandlungen aber haben wenig Sinn; das hat auch die erste Gesprächsrunde zwischen den USA und Russland in Genf gezeigt. (...) Eine offene Unterstützung der Ukraine mit allen Mitteln außer mit Kampftruppen ist der beste Weg, wie die USA und die EU Putin von seinem Kurs abbringen können. Wie einst im Kalten Krieg lässt sich heute Frieden eher mit Abschreckung als mit beschwichtigender Diplomatie bewahren. (...) Aber auch Deutschland hat ein Ass im Ärmel. Die Ostseepipeline Nord Stream 2 darf nicht in Betrieb gehen, solange die Ukraine bedroht wird. Das hat Baerbock in Moskau zu Recht signalisiert. Nun muss sie nur noch ihren Chef, Kanzler Olaf Scholz, davon überzeugen.»

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Bernd Lange 20.01.22 17:10
Tolle Sprüche
über Freiheit und Menschenrechte können die Deutschen ablassen- aber keinen Schulterschluss in Europa und den USA auf die Beine stellen-Wie Scholz hervorhebt in Money sein handeln--SPD und die Grünen
denken anders als sie den Anschein geben- Ex_SPD Kanzler Schröder führt den Schulterschluss mit Putin vor!
Rückgrad sieht anders aus!