Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

«Frankfurter Rundschau» zu geplanten Verbot des Kükenschredderns

Selten kann man den Unterschied zwischen dem, was im Koalitionsvertrag steht, und der Realität so klar messen: 45 Millionen geschredderte Küken pro Jahr gäbe es weniger, wenn Julia Klöckner ihren Job gemacht hätte.

Es ist schwer zu ertragen, die Agrarministerin mit kummervoller Miene verkünden zu hören, dass es «ethisch nicht zu vertreten» sei, Tiere aufgrund ihres Geschlechts zu töten. Es lag einzig an ihr, das Verbot früher umzusetzen. Ihr Konzept der Freiwilligkeit war wirkungslos. Trotz Druck aus den Betrieben, trotz Gerichtsurteil hat sie sich bis Zeit gelassen und dann auch noch Hintertüren bis 2024 eingebaut. Die Vorreiterrolle Deutschlands dokumentiert auch das Versagen, eine europäische Lösung zu erzielen. Die Verbraucher sind längst sensibel, aber sie können nicht erkennen, ob Eier aus Brütereien importiert werden, die immer noch Tiere massenhaft häkseln. Die Zeit für folgenlose Entrüstung ist vorbei. Jetzt brauchen wir klare Gesetze.


«Trud»: USA sind kein vereinigtes Land

SOFIA: Zum Zustand der USA vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Joe Biden schreibt am Mittwoch die bulgarische Zeitung «Trud»:

«Vereinigte Staaten von Amerika oder Auseinanderfallende Staaten von Amerika? Mit wem haben wir es jetzt zu tun? Mit einem Amerika oder mit zwei? Oder sind es etwa mehr? Es klingt wie ein Scherz, ist es aber nicht ganz. (...) In der Praxis sind die USA nach sozial-politischen Linien geteilt - und zwar nicht seit heute oder gestern: Arm-Reich, Weiß-Nichtweiß, Süden-Norden usw. Die größte Trennlinie ist wohl die ethnische - zwischen Afroamerikaner und Latinos einerseits und weißen Männern und Frauen andererseits.»


«La Repubblica»: Biden muss zum Start große Hürden nehmen

ROM: Zum Wechsel im Präsidentenamt von Donald Trump zu Joe Biden in den USA schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Mittwoch:

«Donald Trump sagt den Kampf an, sein neustes Video vor dem Verlassen des Weißen Hauses ist alles andere als ein Abschied: Es ist ein Versprechen und eine Drohung. Bis zuletzt will er seinem rechtmäßigen Nachfolger noch einen kleinen Schaden zufügen, er schickt die Air Force One nicht, um Joe Biden in Wilmington, Delaware, abzuholen. Der 46. Präsident ist gezwungen, ein Privatflugzeug zu benutzen (...) Das Alter des «Großvaters» der Nation bringt für diesen das Risiko mit sich, dass viele ihn als Kurzzeit-Präsidenten sehen, der nur eine Amtszeit macht, und bereits auf seine Stellvertreterin Kamala Harris blicken. Doch auf ihn selbst warten ab jetzt drei gewaltige Herausforderungen: Massenimpfungen, wirtschaftliche Erholung und der Wiederaufbau eines Dialogs mit fast der Hälfte Amerikas, die nicht einmal die Rechtmäßigkeit der Regierung anerkennt.»


«Washington Post»: Vereidigung Bidens ist Grund zum Feiern

WASHINGTON: Zur Vereidigung des gewählten Präsidenten Joe Biden schreibt die «Washington Post» am Mittwoch:

«Nun, wir haben es geschafft. Etwa 1461 Tage, nachdem Donald Trump sein Amt als Präsident angetreten hat, muss er es verlassen. Nachdem er im Kampf um die Wiederwahl am 3. November Joseph R. Biden Jr. unterlag, wird dieser am Mittwochmittag als 46. Präsident vereidigt. Viele Amerikaner, die den Schaden begutachten, den Mr. Trump angerichtet hat - am spektakulärsten durch die Aufwiegelung des Mobs am Kapitol am 6. Januar - sind verständlicherweise nicht geneigt, etwas viel Positiveres als Erleichterung zu empfinden. Sie sollten jedoch dieses bedeutsame Ereignis nicht unter Wert verkaufen.

Gemessen an dem, was hätte schiefgehen können (...), ist die bevorstehende Amtseinführung Bidens ein Grund zum Feiern. (...) Auch für unsere Institutionen ist das Glas halb voll. (...) Das notwendige Minimum zur Aufrechterhaltung der Republik wird in der Tat getan werden, ungeachtet all der Belastungen, dem das System in vier Jahren politischen Zwists, der durch den Präsidenten verschärft wurde, und in einem Jahr, in dem Krankheit und Tod das soziale Gefüge destabilisiert haben, ausgesetzt war. (...) Mr. Biden hat gesagt, dass er auch der Präsident derer sein wird, die ihn nicht gewählt haben. Dieses Versprechen steht in der besten amerikanischen politischen Tradition, die trotz allem nicht gestorben ist.»


«The Times»: Der Westen braucht Amerikas Führung

LONDON: Zum Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden meint die Londoner «Times» am Mittwoch:

«Joe Biden geht zu Recht davon aus, dass Amerika immer dann am stärksten ist, wenn es mit Verbündeten zusammenarbeitet. Er muss zeigen, dass Amerika seinen Führungswillen nicht verloren hat. Nirgendwo wird diese Führung so gebraucht, wie bei den zwei vordringlichsten Herausforderungen, mit denen westliche Demokratien konfrontiert sind: China und der Klimawandel. Biden ist zwar weniger konfrontativ als sein Vorgänger, doch er hat klargemacht, dass auch er China als strategischen Rivalen des Westens betrachtet. (...) Derweil begrüßen die europäischen Staaten insbesondere Bidens Versprechen, dem Pariser Klimaabkommen wieder beizutreten. Doch sein Ziel eines neuen globalen Klimavertrags erfordert stärker auf Kooperation ausgerichtete Beziehungen zu Peking. Wie er die Spannung zwischen diesen zwei außenpolitischen Zielen überwinden will, ist noch unklar.»


«Neatkariga Rita Avize»: Wer ist hier der Clown?

RIGA: Zum Umgang der russischen Führung mit dem Kremlkritiker Alexej Nawalny meint die lettische Tageszeitung «Neatkariga Rita Avize» am Mittwoch:

«Nawalnys Rückkehr nach Russland ist zweifellos ein historisches Ereignis, dessen Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Die Stabilität des Putin-Regimes basiert darauf, dass es völlig frei von politischem Wettbewerb ist. Es kann nur einen Politiker im System geben, der die Agenda festlegt: Putin. Mit seiner Rückkehr bricht Nawalnys die vom Regime diktierte Agenda und setzt sein eigene. Putin und seine Anhänger können so oft wiederholen, wie sie wollen, dass Nawalny ein Nichts ist, ein unbedeutender «Clown», eine aufgeblasene Figur. Doch die wahren Handlungen der Machthaber zeigen das Gegenteil.

Der «kaputte» Schneepflug auf der Flughafen-Landebahn, die Umleitung des Flugzeug von Wnukowo nach Scheremetjewo, das Entfernen der Anhänger Nawalnys vom Flughafen und die Ansammlung bezahlter «Olga-Buzowa-Fans» an deren Stelle - all dies zeigt, dass die wahren Clowns diejenigen sind, die dies ausführen lassen. Und nicht der Mann, der nicht nur seine Freiheit, sondern auch sein Leben riskiert»


«Lidove noviny»: Biden muss auf Trump-Anhänger zugehen

PRAG: Kurz vor dem Amtsantritt des US-Demokraten und künftigen US-Präsidenten Joe Biden schreibt die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Mittwoch:

«Es ist schwer, der Anführer eines Landes zu sein, das in zwei unversöhnliche Lager gespalten ist. Joe Biden wird keine völlige Aussöhnung zuwege bringen, denn dafür müsste er 74 Millionen US-Amerikaner umerziehen, die für Donald Trump gestimmt hatten. Sicherlich wird er erreichen können, dass eine Mehrheit der Bevölkerung ihn als legitimen Präsidenten anerkennt. Doch Biden wird niemals alle US-Amerikaner davon überzeugen können, dass kein Unterschied zwischen legaler und illegaler Migration gemacht werden sollte. In dieser Frage werden die USA nie einig sein. Für den Anfang würde es vielleicht reichen, wenn Biden gegensätzliche Meinungen als legitim anerkennen würde - und nicht als einen Ausdruck von Fanatismus, Populismus oder gar Faschismus, also als etwas, was es auszutreiben gilt.»


«De Tijd»: Biden muss Vertrauen der Verbündeten wieder herstellen

BRÜSSEL: Zum Verhältnis zwischen den USA und Europa unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden meint die belgische Zeitung «De Tijd» am Mittwoch:

«Die Gestaltung der Beziehungen zu Europa wird eine delikate Übung. Militärisch sollen sie durch die Nato verstärkt werden. Doch auch unter Biden werden die USA verlangen, dass die Mitglieder der Transatlantik-Organisation ihre Militärausgaben erhöhen. Ein scharfer Konflikt mit China und Russland zeichnet sich ab. Dafür sind höhere Verteidigungsausgaben erforderlich. Wird Europa bei der Aufrüstung mitmachen? Und werden die Sanktionen, die Donald Trump verhängt hat, aufgehoben? Das ist nicht sicher. (...)

Der wichtigste Auftrag für den neuen Präsidenten besteht darin, das Vertrauen der traditionellen Verbündeten wieder herzustellen. Jüngsten Umfragen zufolge wird das nicht einfach. Das Vertrauen in Joe Biden ist in Europa zwar groß, doch das Vertrauen in die USA ist dramatisch gesunken.»


«De Telegraaf»: Gegenseitiges Misstrauen sitzt in den USA tief

AMSTERDAM: Die Amsterdamer Zeitung «De Telegraaf» zieht am Mittwoch eine Bilanz der Amtszeit des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump:

«Das Misstrauen in der amerikanischen Gesellschaft sitzt tief. Die gegenseitigen Vorbehalte sind Teil des Vermächtnisses des scheidenden Präsidenten Trump. Seit seiner Wahlniederlage hat er sich von seiner schlechtesten Seite gezeigt. Das hat dem Land geschadet und die Präsidentschaft befleckt.

Obwohl linke Politiker und Medien vier Jahre lang kübelweise Kritik über Trump ausschütteten, deutet vieles darauf hin, dass die Geschichte letztlich milder über ihn urteilen könnte. Der Wirtschaftsboom, das wiedergewonnene Selbstvertrauen und die Friedensinitiative im Nahen Osten sprechen beispielsweise für ihn. In der Corona-Krise ging jedoch einiges schief.

Doch es sind vor allem sein irrationaler Widerstand gegen die verlorenen Wahlen und sein Flirt mit der Gewalt im Vorfeld der Erstürmung des Kapitols, die Trump übel mitspielen. Sie erschweren ein Comeback im Jahr 2024. Andererseits bleibt abzuwarten, wie lange der Optimismus über den «frischen Wind» beim Antritt von Joe Biden andauern wird.»


«Nepszava»: Wie lange wird der Propaganda Putins noch geglaubt?

BUDAPEST: Zum Umgang der russischen Führung mit dem Kreml-Kritiker Alexej Nawalny schreibt die Budapester Tageszeitung «Nepszava» am Mittwoch:

«(Russlands Präsident) Wladimir Putin war bisher kaum bereit, auch nur seinen Namen auszusprechen - meist begnügte er sich (im Zusammenhang mit Nawalny) mit herabwürdigenden Metaphern. Doch jetzt könnte der Kontrast nicht augenscheinlicher sein und müsste selbst denen auffallen, die sonst an so gut wie alles glauben, was aus den Propagandakanälen auf sie einströmt. Während Putin sich aus seiner Residenz in Nowo-Ogarjowo kaum herauswagt, um sich ja nicht mit dem Coronavirus zu infizieren, nimmt Nawalny alle Plagen und Gefahren bewusst auf sich. Wenn das die russische Bevölkerung, die jede Behauptung der Machthabenden kritiklos schluckt, nicht nachdenklich stimmt, dann gibt es wohl nichts, was dies sonst bewirken würde.»


«L'Alsace»: Joe Biden ist ein Übergangspräsident

MÜLHAUSEN: Anlässlich der Amtseinführung des gewählten US-Präsidenten Joe Biden schreibt die ostfranzösische Regionalzeitung «l'Alsace» am Mittwoch:

«Joe Biden (...) ist ein Übergangspräsident, der vor allem aus Ablehnung der Person und der Politik des (Vorgängers) Donald Trump gewählt wurde. Der neue Mieter des Weißen Hauses verkörpert mit 78 Jahren nur die Gegenwart - und nicht die Zukunft. (...) Es ist illusorisch zu glauben, dass sich die Politik der Vereinigten Staaten radikal ändern wird. Prioritäten bleiben die Bewältigung der Gesundheitskrise, die Eindämmung der Wirtschaftskrise mittels eines umfassenden Konjunkturprogrammes (und) die Unterstützung der Amerikaner, die Opfer der Krise sind. Der Ton wird sich auch auf diplomatischer Ebene ändern, aber grundsätzlich wird Trumps Slogan «America first» (Amerika zuerst) wohl kaum verschwinden.»


«Kommersant»: EU-Abgeordnete verurteilen Vorgehen zu Nawalny

MOSKAU: Zur Inhaftierung des nach Russland zurückgekehrten Kremlgegners Alexej Nawalny schreibt die Moskauer Tageszeitung «Kommersant» am Mittwoch:

«Das Europaparlament ist die erste große Bühne, auf der die Verhaftung des Oppositionellen Alexej Nawalny erörtert wurde. Aber was als Debatte angelegt war, wurde keine: Die Europaabgeordneten haben beinahe einstimmig das Vorgehen des russischen Machtapparats verurteilt und Brüssel zu harten Schritten gegen Russland aufgerufen. An diesem Donnerstag wird das EU-Parlament wohl eine Resolution mit einem Aufruf für eine weitere Verschärfung der Sanktionen annehmen. Danach haben dann die Außenminister der EU das Wort.

In der russischen Staatsduma gab es zum Auftakt der Frühjahrssitzung eine Serie von Auftritten, die dem Politiker Alexej Nawalny gewidmet waren: Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin und die Chefs der anderen Fraktionen werfen ihm eine Destabilisierung der Lage in Russland im Interesse des Westens vor.

Ein solches Informationsfeuerwerk kam doch ziemlich unerwartet, da sich bis dahin aus der Führung des Landes lediglich Außenminister Sergej Lawrow öffentlich geäußert hatte. (.) Der Oppositionelle legt es indes auf eine Verschärfung der Konfrontation an, indem er Recherchen zu einem geheimen Palast von Präsident Wladimir Putin veröffentlichen ließ, die der Kreml dann als «unwahr» bezeichnete.»


«Rzeczpospolita»: Der erste Tag einer neuen Ära

WARSCHAU: Vor der Vereidigung von Joe Biden als 46. US-Präsident schreibt die konservative polnische Zeitung «Rzeczpospolita» am Mittwoch:

«Wir beginnen eine neue Ära. Die Ära von Joe Biden. Sie wird anders sein als die, die jetzt zu Ende geht. Aber nicht alles Schlechte, was Trump angerichtet hat, lässt sich so leicht zurückdrehen. Und nicht alles, was er getan hat, war schlecht für die Interessen Amerikas und die Sicherheit auf der Welt.

Das Schlimmste für das Image des wichtigsten Landes und Trendsetters des Westens war das, was Trump getan hat, als er die Wahl schon verloren hatte, sich aber damit nicht abfinden wollte. Die Gräben lassen sich nicht so leicht zuschütten, und nicht nur in Amerika gibt es viele, die das Ergebnis der Wahl nicht akzeptieren. Aber es gibt die Chance, dass in der Zeit bis zur nächsten Wahlentscheidung Ende 2022, wenn sich die Kräfteverteilung im Kongress ändern könnte, die Spaltung der Amerikaner in den Hintergrund rückt. Jetzt hat Amerika das Gesicht Bidens. Das muss erst mal reichen.»


«Die Presse»: Würde und Professionalität ziehen im Weißen Haus ein

WIEN: Vor der Vereidigung von Joe Biden als 46. US-Präsident schreibt die österreichische Tageszeitung «Die Presse» am Mittwoch in Wien:

«Joe Biden ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden, auf die er sich 50 Jahre vorbereitet hat. An Erfahrung fehlt es ihm nicht, allerdings womöglich an Energie und Kreativität. Dies sollte sein Team um Vizepräsidentin Kamala Harris kompensieren, die sich auf ihr Geschäft verstehen und Politik nicht mit Business verwechseln. Dass Biden die Würde und Professionalität für das Amt mitbringt, bestreitet niemand. Das unterscheidet ihn eklatant von seinem Vorgänger. Es sind nicht die schlechtesten Qualitäten, um die USA aus einer schweren Krise wieder in die Spur zu bringen.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.