Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Stuttgarter Zeitung» zu Weihnachtsurlaub/Österreich/Skisaison

Für passionierte Skifahrer bedeutet das einen Winter des Missvergnügens.

Vergnügen ist aber kein Kriterium verantwortlicher Politik, zumal existenzielle Interessen dem entgegenstehen. Außerdem muss der Pistenbann ja nicht zwangsläufig bis zur Schneeschmelze gelten. Bei entsprechender Disziplin ließe sich die Infektionsdynamik schneller bändigen. Daraus könnte die Chance erwachsen für schöne Abfahrten in der Frühlingssonne.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Impfstoff/Großbritannien

Dass die Verfügbarkeit eines Impfstoffs gegen das Coronavirus die Hoffnung auf eine rasche Rückkehr zum «normalen» Leben beflügelt - öffentlich wie privat -, ist allzu verständlich.

In diesem Sinne ist im Vereinigten Königreich die Notfallzulassung des Impfstoffs der Unternehmen Biontech und Pfizer mit großer Vorfreude aufgenommen worden. Premierminister Johnson nannte sie «phantastisch», schließlich ist damit die Aussicht verbunden, dass die Infektions- und Sterbezahlen sinken und die Beschränkungen wegfallen, welche die Wirtschaft niederhalten, so dass diese wieder Fahrt aufnehmen kann. Zweifellos frohe Botschaften! Im britischen Fall stünde das Krisenmanagement der Regierung Johnson in helle(re)m Lichte da. (...).


«Handelsblatt» zu Markus Söder/K-Frage in der Union

Wenn die Union bei der Bundestagswahl im Herbst 2021 das Kanzleramt verteidigen will, ist sie gut beraten, Söder zu ihrem Spitzenkandidaten zu machen.

Nach dem derzeitigen Stand der Umfragen gäbe es dann nur noch wenig, was Söder davon abhalten könnte, als erster Kanzler der CSU in die Geschichte einzugehen. (...) Söders Blitzaufstieg zum Reservekanzler wäre ohne die Coronakrise undenkbar gewesen. Bereits seit die ersten Fälle in Bayern auftraten, positionierte sich Söder als kompromissloser Hardliner, dem Infektionsschutz im Zweifel wichtiger ist als das ein oder andere Grundrecht.


Neatkariga Rita Avize»: Friedliche Machtübergabe

RIGA: Die national-konservative lettische Zeitung «Neatkariga Rita Avize» schreibt am Mittwoch zur Übergabe der Amtsgeschäfte nach der US-Präsidentenwahl von Donald Trump an Joe Biden:

«Trump selbst scheint sich auch mit dem Verlust abgefunden zu haben und hat durch die Zuweisung von Mitteln, um die Übergabe der Präsidentschaft vorzubereiten, indirekt Bidens Sieg anerkannt. Dies bedeutet, dass die weit vor den Wahlen aufgekommenen Befürchtungen übertrieben waren, wonach Trump im Falle eines Niederlage das Weiße Haus nicht so leicht verlassen und seine Anhänger aufrufen würde, auf die Straße zu gehen - und damit die Gefahr eines Bürgerkrieg besteht. Vielmehr muss gesagt werden, dass gemessen daran, was gerade passiert, die Machtübergabe (zumindest vorerst) auf so friedliche Weise wie nur möglich stattfindet, wenn man Trumps Persönlichkeit und seine früheren Aussagen berücksichtigt.»


«La Stampa»: Die Nato kann wichtiger denn je sein

ROM: Zur Debatte um eine Reform der Nato und zur Rolle Chinas dabei schreibt die italienische Zeitung «La Stampa» aus Turin am Mittwoch:

«Aktuell sind internationale Stabilität und Gleichgewicht Themen von strategischer Bedeutung: Dazu gehört zwingend, China mit zu denken. Warum mit der Nato darüber sprechen? Es gibt drei gute Gründe. Erstens ist die Nato das einzige Dach, in dem US-Amerikaner, Kanadier (...) und praktisch alle Europäer (...) zusammengeschlossen sind. Zweitens ist es ein Beweis für Solidarität und Nähe zu den USA, die ansonsten die volle Last der strategischen Herausforderung Pekings alleine schultern müssten. (...) Und schließlich ist da die Rolle der Allianz und die Frage der Sicherheit vor Herausforderungen und Bedrohungen nicht-territorialer Art, die Italien direkt betreffen, denn hier will man keine nur antirussische Nato. Der Weltraum und der Cyberspace werden jetzt als militärische «Felder» angesehen - in beiden sticht China hervor. (...) Das Bündnis ist aktueller denn je, so dass sich wichtige - und unruhige - Hauptstädte aus der Pazifikregion begeistert in die Warteschlage stellen.»


«Lidove noviny»: Führung in Teheran steckt in Dilemma

PRAG: Zur Ermordung des iranischen Atomphysikers Mohsen Fachrisadeh schreibt die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Mittwoch:

«Rache ist süß, kann aber eine Menge Probleme verursachen. Das spürt auch die Führung des Gottesstaates Irans, die Israel mit Rache für die Ermordung des Atomphysikers Mohsen Fachrisadeh droht. (...) US-Präsident Donald Trump ist pro-israelisch und anti-iranisch gesinnt. Daher ist nicht auszuschließen, dass er nach einer großen Attacke auf seinen Verbündeten Israel den Iran angreifen würde. Trump scheidet aus dem Amt und muss sich nicht mehr um seine Popularität sorgen. Er kann tun und lassen, was er will. Es wäre besser, ihm keinen Vorwand für eine militärische Aktion zu geben. Andererseits kann das iranische Regime seine öffentlich gegebenen Racheversprechen nicht einfach zurücknehmen. Für Teheran ist es ein unlösbares Dilemma, das nicht gut enden kann.»


«La Vanguardia»: Biden setzt auf eine soziale Wirtschaft

MADRID: Der gewählte US-Präsident Joe Biden hat sein Wirtschafts- und Finanzteam vorgestellt. Dazu schreibt die spanische Zeitung «La Vanguardia» am Mittwoch:

«Biden scheint sehr klar zu sein, dass man zur Reaktivierung von Wirtschaft und Beschäftigung in erster Linie den Binnenkonsum wieder ankurbeln muss. Dazu ist es wiederum unerlässlich, dass man die sozialen Ungleichheiten bekämpft und die soziale Wohlfahrt wiederherstellt, die während der Pandemie in breiten Bevölkerungsschichten verloren gegangen ist. Im Einklang mit diesen Zielen steht die Nominierung des gestern vorgestellten Wirtschaftsteams, das, wie Biden betonte, «unermüdlich daran arbeiten muss, dass jeder Amerikaner eine faire Entlohnung für seine Arbeit bekommt und Chancengleichheit genießt». Das Team wird vor allem von Frauen und Vertretern von Minderheiten gebildet, was auch den Wunsch Bidens widerspiegelt, die offenen sozialen Spannungen in den Vereinigten Staaten angesichts des Wiederauflebens des Rassismus während der Amtszeit von (dem im Januar scheidenden Präsidenten Donald) Trump abzubauen.»


«Magyar Nemzet»: Wer wird noch der EU den Rücken kehren?

BUDAPEST: Zu den Konflikten in der Europäischen Union (EU) in Zeiten des Brexits und den von Ungarn und Polen blockierten Haushaltsbeschlüssen schreibt die regierungsnahe Budapester Tageszeitung «Magyar Nemzet» in einem Kommentar am Mittwoch:

«Die Briten braucht man natürlich nicht zu bemitleiden. Denn ihre 47 Jahre währende EU-Mitgliedschaft erinnerte eher an den Besuch eines entfernten Verwandten als an eine immerwährende Freundschaft. Doch der Brexit weist in seiner Bedeutung weit über sich selbst hinaus. (...) Denn vor unseren Augen spielen sich die effektive Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten, der Versuch der Umgestaltung unserer Rechtsordnung und der Vormarsch in Richtung einer zentralisierten Macht statt. Die «ever closer union» (der immer engere Zusammenschluss) ist enger geworden denn je und schwebt wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen. (...) Heute werden Polen und Ungarn angegriffen, zwei Länder, die sich an das Vetorecht als letzten Halt klammern, doch morgen können es andere Länder sein. Und dann wird nicht nur der entfernte Verwandte den Hut nehmen.»


«Expressen»: Glaube nicht Chinas Corona-Propaganda

STOCKHOLM: Die liberale schwedische Boulevardzeitung «Expressen» (Stockholm) kommentiert am Mittwoch Chinas Umgang mit der Pandemie:

«Die chinesische Führung hat lange versucht, das Bild zu vermitteln, man hätte die Verbreitung des Virus viel effektiver bekämpft als in der westlichen Welt. Und natürlich kann China derzeit eine sehr geringe Anzahl von Covid-19-Infizierten im Land vorweisen. Und viele westliche Führer haben allen Grund, ihr Handeln während der Pandemie zu untersuchen. Aber die Fehler, die Vertuschungen und die Lügen zeigen, dass Chinas totalitärem System selbst in Bezug auf die Infektionskontrolle wirklich nicht zu trauen ist. (.) Wenn die westliche Welt Vorbilder im Kampf gegen Pandemien sucht, sollte man asiatische Demokratien wie Taiwan und Südkorea studieren.»


«Le Monde»: Impfstoffe könnten medizinische Revolution bringen

Paris (dpa)- Über die Entwicklung von Corona-Impfstoffen und die Bedeutung von freier Forschung schreibt die französische Tageszeitung «Le Monde» am Dienstagabend:

«Es wird noch viele wachsame Monate dauern, bis versichert werden kann, dass ein mRNA-Impfstoff, (wie ihn Biontech und Pfizer sowie Moderna entwickeln), effektiv und unschädlich ist. Die Zukunft wird auch zeigen, ob die Corona-Krise dank dieser neuen Technik, in die viel Zeit und Energie gesteckt wurde, eine größere medizinische Revolution hervorbringen wird. Die Saga der Boten-RNA, des Schlüssels zu diesen riesigen Versprechen, bestätigt die oft entscheidende Rolle von Liebhabern (...) wissenschaftlicher Schlendereien und damit die Notwendigkeit, Mittel und Strukturen zu mobilisieren, um die Freiheit der Forscher sicherzustellen.»


«The Times»: Verfügbarkeit von Corona-Impfstoff wirft Probleme auf

LONDON: Zur absehbaren Verfügbarkeit von Corona-Impfstoffen meint die Londoner «Times» am Mittwoch:

«Auch wenn ein Impfstoff gegen Covid-19 einen Schlüssel für die Rückkehr zur Normalität bietet, steht zunächst eine lange und schwierige Übergangszeit bevor, in der Teile der Bevölkerung geimpft wurden und andere nicht. Ihre relativen Freiheiten und Möglichkeiten könnten sich als eines der größten politischen Themen des Jahres 2021 erweisen. (...)

Es ist bereits üblich, dass internationale Reisende informelle Gesundheitspässe mit sich führen, und viele afrikanische Nationen verlangen Gelbfieber-Impfbescheinigungen als Einreisebedingung. Wahrscheinlich werden viele Länder, darunter auch dieses, mit Covid-19 ähnlich verfahren. Fluggesellschaften könnten zu den ersten Unternehmen gehören, die einen Impfnachweis fordern.

Größere Probleme werden sich für Kneipen, das Nachtleben, Theater und Sportstätten ergeben, wo es möglicherweise schwierig sein wird, Zugangsbeschränkungen durchzusetzen. Und einige Veranstaltungsorte könnten sogar einen Vorteil daraus ziehen, dass sie das nicht tun, und sich dadurch zu Infektionsherden in den Gemeinden entwickeln.»


«Nesawissimaja»: Iran gefährdet Dialog mit neuer US-Regierung

MOSKAU: Der Iran hat ein Gesetz zu Erhöhung der Urananreicherung beschlossen. Dazu schreibt die russische Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» am Mittwoch:

«Das iranische Parlament hat auf die Ermordung des Atomphysikers Mohsen Fachrisadeh reagiert. Die Abgeordneten verabschiedeten ein Gesetz, wonach das Land auf seine Verpflichtungen aus dem internationalen Atomabkommen verzichtet. Damit wird der Dialog mit der neuen US-Regierung unter Joe Biden ernsthaft behindert. Zudem behauptet das offizielle Teheran, der amtierende US-Präsident Donald Trump sei an der Ermordung Fachrisadehs beteiligt gewesen (...). Das Parlament hatte einen Tag früher als geplant über das neue Gesetz abgestimmt. Diese Eile liegt wohl in den Umständen des Mordes an dem Physiker begründet.»


«De Standaard»: Nun sind Strategien zur Impfstoff-Verteilung gefragt

BRÜSSEL: Zur Bereitstellung eines Corona-Impfstoffes meint die belgische Zeitung «De Standaard» am Mittwoch:

«Im Kampf gegen das Coronavirus verlagert sich der Fokus von der Impfstoff-Entwicklung hin zu Strategien, um diese so schnell wie möglich so vielen Menschen wie möglich zu verabreichen. Zum Glück. Die ersten Schritte können bereits in den kommenden Wochen unternommen werden, auch wenn Unsicherheiten über die Wirksamkeit bestehen bleiben. In normalen Zeiten würde eine Genehmigung noch auf sich warten lassen, aber die Zeiten sind nicht normal. Es wird die beispiellose logistische Herausforderung sein, die den größten Teil des nächsten Jahres in Beschlag nehmen könnte. Und es ist immer noch unklar, wie und wie schnell die verschiedenen restriktiven Maßnahmen der Länder zurückgedreht werden können.»


«Tages-Anzeiger»: High-Noon-Stimmung in der Knesset

ZÜRICH: Israels Regierung steht erneut auf der Kippe. Dazu schreibt der Zürcher «Tages-Anzeiger» am Mittwoch:

«Freunde werden Premierminister Benjamin Netanjahu und sein Verteidigungsminister Benny Gantz bestimmt nicht mehr. Auch in Sachfragen sind sich die Chefs der beiden großen Parteien in Israels sogenannter Einheitsregierung selten einig. Nur sieben Monate nach der Amtseinführung steht die Koalition deshalb nun vor dem Kollaps. Es herrscht High-Noon-Stimmung in der Knesset. (...)

Das Ende dieser fast von Beginn an dysfunktionalen Regierung dürfte dabei kaum jemand bedauern. Das Dilemma ist allerdings, dass sich Israel angesichts der aktuellen Herausforderungen von der Corona-Krise bis zum Konflikt mit dem Iran weder eine Regierung wie diese noch einen Bruch dieser Regierung mit anschließender Konzentration auf den Wahlkampf wirklich leisten kann.»


«Wall Street Journal»: Trumps Betrugsvorwürfe verlaufen im Nichts

NEW YORK: Das US-Justizministerium hat nach Angaben von Ressortchef William Barr bislang keine Beweise für den von Präsident Donald Trump behaupteten Wahlbetrug im großen Stil gefunden. Dazu schreibt das «Wall Street Journal» am Mittwoch:

«Nein, Pennsylvania zählte nicht mehr Briefwahlstimmen als es verschickte. Nein, Wisconsin hatte keine Wahlbeteiligung von 89 Prozent. Nein, in der Wahlnacht hörten nicht mehrere Staaten gleichzeitig mit der Auszählung von Stimmzetteln auf. Nein, mit Filzstiften ausgefüllte Stimmzettel in Arizona wurden nicht unberücksichtigt gelassen. Bei einer Wahl mit 155 Millionen Stimmen gibt es zweifellos Unregelmäßigkeiten und vielleicht etwas Betrug. Aber für eine Entscheidung des Wahlkollegiums zu seinen Gunsten müsste Herr Trump Zehntausende von Stimmen in mehreren Bundesstaaten zugeschlagen bekommen.

Wir sind offen für Beweise für einen größeren Wahlbetrug, aber wir haben keine glaubwürdigen Anschuldigungen gesehen. Nun kommt Herr Barr ins Spiel, der keinen Grund hat, sich einer Vertuschungsaktion anzuschließen. Er mag seinen Job. Er wollte, dass Herr Trump gewinnt. Mit der Schließung des Zeitfensters für die Wahl sollte sich Herr Trump darauf konzentrieren, sein Vermächtnis zu bewahren, anstatt es durch Betrugsvorwürfe, die er nicht beweisen kann, zu schmälern.»

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