Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Süddeutsche Zeitung» zu Corona-Beschränkungen von Bund und Ländern

Wenn wirklich jedes Restaurant und jedes Café schließen muss, unabhängig vom Hygienekonzept, so wirkt dies zerstörerisch.

Der Einkaufsbummel, den man nicht für einen Cappuccino unterbrechen kann, ist auf Dauer keiner. So zerstört man Motivation, Existenzen und Innenstädte. ... Um die Wirkung der Corona-Politik in den Kategorien von Verfassungsrechtlern zusammenzufassen: Der Meinungsfreiheit droht keine Gefahr, aber der Berufsfreiheit eine sehr große.


«Handelsblatt» zu Debatte um die Fiskalunion

Die Finanzmärkte haben die Fiskalunion längst eingepreist.

Wegen all der Beschwörungen sehen sie die EU bereits als implizite Haftungsunion, in der die deutsche Kreditwürdigkeit hinter denen der anderen Länder steht. Das ist der Grund - neben der Politik der Europäischen Notenbank -, warum die Euro-Staaten trotz Rekordverbindlichkeiten quasi umsonst Schulden machen können. Wenn diese Erwartungen erschüttert werden, droht ein böses Erwachen. Dann drohen die ökonomischen Kosten den politischen Nutzen von Beschwörungen eines Einstiegs in die Fiskalunion schnell zu übersteigen. Schwerwiegende Turbulenzen an den Finanzmärkten wären womöglich die Folge, schlimmstenfalls eine Euro-Krise 2.0.


«Le Parisien»: Macrons Ankündigungen sind enttäuschend

PARIS: Über die vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Dienstagabend angekündigten Lockerungen der Corona-Beschränkungen schreibt die französische Tageszeitung «Le Parisien» am Mittwoch:

«Macron verlangt uns das Unmögliche ab, und er weiß das. Die Franzosen haben von einem weihnachtlichen Waffenstillstand im Kampf gegen Covid-19 geträumt. Aber den werden sie nicht haben. Es ist noch zu früh, und die Ergebnisse sind noch zu instabil. Sicher: Die Geschäfte werden am Samstag wieder öffnen, aber das ist auch schon alles. (...) Die anderen Ankündigungen sind zwangsläufig enttäuschend. Der Lockdown dauert mindestens bis zum 15. Dezember (...), die (nächtlichen) Ausgangssperren werden zu Weihnachten wieder eingeführt, Bars und Restaurants bleiben bis mindestens 20. Januar geschlossen (...).

Die Strategie ist simpel: Alles muss getan werden, um einen dritten Lockdown zu verhindern (...). Trotz der traurigen Ankündigungen hat Emmanuel Macron auch ein Weihnachtsgeschenk vorbereitet: Die Impfungen beginnen Ende Dezember (oder) Anfang Januar. Ein kleiner Stich, der gut tun wird.»


«Jyllands-Posten»: Biden meldet die USA in der Welt zurück

AARHUS: Die rechtsliberale dänische Tageszeitung «Jyllands-Posten» kommentiert am Mittwoch die Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten und dessen Auswahl erster Kabinettsmitglieder:

«Es wird vielleicht etwas langweiliger in Washington. Das ist genau, was wir brauchen. Europa sehnt sich vor allem nach Ruhe, Umsicht und Vorhersehbarkeit, wenn Joe Biden in sieben Wochen ins Weiße Haus einzieht. Im Grunde alle europäischen Hauptstädte jubeln ihm zu, und da macht es weniger aus, dass ihm mit seinen 78 Jahren nicht gerade nachgesagt werden kann, er personifiziere einen großen Aufbruch zu neuen Horizonten.

Biden repräsentiert eine USA, die Europa in den vier Trump-Jahren vermisst hat. Die ersten Ankündigungen zu Bidens außenpolitischem Team werden in Europa gut aufgenommen: bekannte, bewährte Kräfte mit internationaler Erfahrung und Unterstützung für das transatlantische Verhältnis und internationale Organisationen, gegen die Trump Krieg geführt hat. Das Signal geht in Richtung einer Art Reparatur und einem Versprechen, den Dialog in einen gewöhnlicheren - ja, zivilisierten - Rahmen zu bringen. Man kann den Seufzer der Erleichterung auf dem alten Kontinent beinahe spüren.»


«De Telegraaf»: Biden setzt auf Insider

AMSTERDAM: Zur künftigen US-Administration heißt es am Mittwoch in der niederländischen Zeitung «De Telegraaf»:

«Die Namen, die Joe Biden bisher genannt hat, zeigen, dass er sich für Insider aus Washington entscheidet. Menschen, die selbst mit verbundenen Augen den Weg ins Machtzentrum der USA finden könnten. Dass Biden auf Erfahrung und Kontakte Wert legt, ist ein großer Kontrast zu Trump, der einen frischen Wind wehen lassen wollte und deshalb Leute von außerhalb der Washingtoner Politik auswählte. (...) Für Biden ist zudem die persönliche Verbundenheit mit seinen Kabinettsmitgliedern wichtig. Mit vielen seiner Kandidaten arbeitet er seit Jahrzehnten zusammen. Als Senator, Vizepräsident - und zuletzt in seinem Wahlkampf.»


«Rzeczpospolita»: Trump hinterlässt viel Böses

WARSCHAU: Die konservative polnische Zeitung «Rzeczpospolita» schreibt am Mittwoch zur Übergabe der Amtsgeschäfte nach der US-Präsidentenwahl von Donald Trump an Joe Biden:

«Trump hinterlässt viel Böses. Vermutlich ist das größte Übel das arg zertrampelte Image eines Land, das seit Zeiten seiner Gründerväter immer «die Stadt auf einem Hügel» sein wollte: ein Beispiel für die Welt. Die rassistischen Kommentare des Präsidenten, seine Verachtung für die Demokratie und die Institutionen des Rechtsstaats müssen auf große Freude bei China gestoßen sein, das der Menschheit sein eigenes Entwicklungsmodell aufzwingen will. Die katastrophale Bilanz der Pandemie hat eine weitere Schwäche der USA aufgezeigt. Wenn Biden endlich ein allgemeines Krankenversicherungssystem aufbaut, dann beginnt er damit erst den mühseligen Prozess, diese Schwäche zu überwinden.»


«Nesawissimaja»: Trump erhält sich Chance für Einfluss auf US-Politik

MOSKAU: Zur Freigabe des Verfahrens für eine geordnete Amtsübergabe nach der US-Präsidentenwahl schreibt die russische Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» am Mittwoch:

«Amtsinhaber Donald Trump hat den Weg freigemacht für eine Zusammenarbeit der Verwaltung mit Joe Biden. Damit erhält der gewählte Präsident des Landes nun offiziell jene Befugnisse, die per Gesetz für ihn vorgesehen sind. Für die amerikanische Presse und Millionen Menschen in aller Welt ist das gleichwertig mit einem Eingeständnis Trumps, dass er die Wahlen verloren hat.

In diesem Fall kann der Misserfolg aber zu einem Sieg werden. Indem sie das Weiße Haus aufgeben, erhalten sich Trump und seine Republikaner die Chancen oder - nicht ausgeschlossen - verbessern sie sogar, die zwei Kammern des US-Kongresses - das Repräsentantenhaus und den Senat - unter ihre Kontrolle zu bekommen.

So könnte Trump im besten Fall Biden in die Zange nehmen (.) Trump bleibt jetzt nur, die Führung in der Partei zu halten. Dann kann er, obwohl er die Wahlen verloren hat, die Innen- und die Außenpolitik des Landes zwar nicht mehr bestimmen, aber doch starken Einfluss auf sie ausüben.»


«Washington Post»: Bidens Kandidaten sind Schritt zur Besserung

WASHINGTON: Der gewählte US-Präsident Joe Biden hat seine Kandidaten für außen- und sicherheitspolitische Schlüsselposten vorgestellt. Dazu schreibt die «Washington Post» am Mittwoch:

««Amerika ist zurück und bereit, die Welt anzuführen», sagte Herr Biden am Dienstag bei der Bekanntgabe der Ernennungen. Wie die Nominierten wissen, wird die Umsetzung dieser Worte in Herrn Trumps Fahrwasser eine gewaltige Aufgabe sein. Er hinterlässt tiefe Zweifel an der Fähigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Entschlossenheit der USA. Sollten sie jedoch (vom Senat) bestätigt werden, werden die Vereinigten Staaten ab dem nächsten Jahr über Führungskräfte im Bereich der nationalen Sicherheit verfügen, die fähig und gewissenhaft sind, sich in den Angelegenheiten gut auskennen, mit denen sie sich auseinandersetzen werden, und nicht anfällig dafür sind, von Tweets des Präsidenten unterminiert zu werden. Das ist ein großer Schritt auf dem Weg zur Besserung.»


«Tages-Anzeiger»: Machtwechsel in den USA kann nun beginnen

ZÜRICH: Der Zürcher «Tages-Anzeiger» schreibt am Mittwoch zur Übergabe der Amtsgeschäfte nach der US-Präsidentenwahl von Donald Trump an Joe Biden:

«Mehr als zwei Wochen lang hatte sich Trump geweigert, seine Niederlage gegen Biden einzuräumen, mehr als zwei Wochen lang hatte er den Machtwechsel blockiert. Es war ein beispielloses Manöver, und in den Augen seiner Gegner war es ein Anschlag auf die Wahl - ein Putschversuch sogar. Doch nun hat Trump eingelenkt, auf seine Art zwar, sofort verbunden mit neuen Behauptungen, Angriffen und Relativierungen, aber doch: Er hat eingelenkt.(...)

Machtwechsel also. Tatsächlich blieb Trump nach den Ereignissen der vergangenen Tage kaum mehr eine andere Wahl, als den Prozess zuzulassen. Seine juristischen Optionen hat er so gut wie ausgeschöpft, nachdem seine Anwälte vor keinem Gericht Beweise für einen großflächigen Wahlbetrug vorlegen konnten - und für ihre Auftritte von Richtern und Rechtsexperten teils sogar gerügt wurden.»


«El Mundo»: Biden setzt auf Erfahrung und Mäßigung

MADRID: Die spanische Zeitung «El Mundo» befasst sich in einem Kommentar am Mittwoch mit der künftigen US-Regierung des gewählten Präsidenten Joe Biden:

«Die bisher bekanntgewordenen Personalvorschläge bestätigen den Willen des gewählten Präsidenten, eine Regierung zusammenzustellen, die auf Erfahrung und Mäßigung setzt. Antony Blinken als designierter Außenminister stellt eine drastische Kursänderung im Vergleich zu Trumps waghalsiger Geopolitik dar. Er ist ein resoluter Befürworter des Multilateralismus sowie der europäischen Idee und zögert nicht, den Brexit als Katastrophe zu bezeichnen.

Ein Latino (Alejandro Mayorkas) soll zum ersten Mal als Heimatschutzminister für die Sicherheit zuständig sein, während der ehemalige Präsidentschaftskandidat John Kerry die Klimapolitik leiten wird. Janet Yellen, die erste Frau an der Spitze der US-Notenbank, ist als Finanzministerin vorgesehen. Sie setzt sich für einen ausgeglichenen Haushalt ein und steht einer unkontrollierten Verschuldung ablehnend gegenüber. Ihre Nominierung erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem der Wiederaufbau der US-Wirtschaft, die von der Pandemie und hoher Arbeitslosigkeit schwer getroffen wurde, eine zentrale Herausforderung für die Biden-Regierung werden wird.»


«De Standaard»: Wirtschaft und Republikaner setzen Trump unter Druck

BRÜSSEL: US-Präsident Donald Trump will die Übergabe der Amtsgeschäfte an Wahlsieger Joe Biden nicht länger blockieren. Dazu schreibt die belgische Zeitung «De Standaard» am Mittwoch:

«Obwohl für Trump die Möglichkeiten, Widerstand zu leisten, weiter versiegen, teilte der Präsident am Montagabend über Twitter mit, dass er den Kampf nicht aufgibt und weiterhin damit rechnet, am Ende zu gewinnen. In Wirklichkeit aber stand Trump selbst zunehmend unter dem Druck aus der Wirtschaft und von republikanischen Experten für nationale Sicherheit, die formelle Übergabe an Joe Bidens Team nicht länger zu behindern. (...)

Am 20. Januar 2021 wird Joe Biden den Amtseid als Präsident ablegen. Bidens Berater halten es für höchst unwahrscheinlich, dass Trump bei dieser Zeremonie anwesend sein wird, geschweige denn, dass er vorher mit seinem Nachfolger Tee trinkt oder es irgendwelche Bilder geben wird, die zeigen, wie er dem Mann zusieht, der ihm die Niederlage beigebracht hat.»

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