Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Panzerlieferungen an die Ukraine

Glatt verstoßen muss die Bundesregierung nun gegen das ...

von ihr selbst aufgestellte Gebot, durch Lieferungen an die Ukraine nicht die eigenen Streitkräfte zu schwächen. Das aber geschieht mit jedem Panzer, den die «blanke» Bundeswehr abgeben muss, ob er Haubitze 2000, Marder oder Leopard heißt. Trotzdem ist es richtig, der schwer bedrängten Ukraine so schnell wie möglich die kampfkräftigste deutsche Panzerwaffe zu liefern. Auch die Sicherheit Deutschlands wird am Dnipro verteidigt. Wenn es den Ukrainern nicht mit der Unterstützung des Westens gelingt, Putin auf seinem revisionistischen Kriegszug aufzuhalten, werden noch andere dessen heißen Atem im Genick zu spüren bekommen. Und im Bündnisfall müsste Deutschland tun, was es, wie Scholz bekräftigte, im Ukrainekrieg keinesfalls tun will: eigene Soldaten schicken.


«Münchner Merkur» zu Kampfpanzern

Ganz egal, ob man das Handeln des Kanzlers nun «besonnen» oder «zögerlich» findet: Mit ihrem langen und öffentlichen Tohuwabohu haben die Verbündeten der Ukraine keinen guten Dienst erwiesen.

Für die Verteidiger ist wertvolle Zeit verstrichen, um sich gegen die nächsten Angriffswellen zu wappnen. Und Putin hat die Einladung, sich mit allerlei atomaren Drohungen in die Debatte einzumischen und vor allem den Deutschen Angst einzujagen, dankend angenommen. Dass jetzt ausgerechnet er, der Kriegsverbrecher - mit medialer Verstärkung durch AfD und Linkspartei -, die Bundesregierung der Kriegstreiberei bezichtigt, ist an Unverfrorenheit nicht zu überbieten. Die Wahrheit hinter den sorgsam inszenierten Wutausbrüchen des Kremls ist eine andere: Nur mit einer starken Ukraine wird Putin am Ende verhandeln müssen. Und dafür braucht es die Leoparden für die Ukraine.


«La Repubblica»: Panzerdeal ist «kleinster gemeinsamer Nenner»

ROM: Zu den erwarteten Panzerlieferungen aus Deutschland und den USA an die Ukraine schreibt die Tageszeitung «La Repubblica» aus Rom am Mittwoch:

«Der Panzerpakt, den Washington und Berlin ankündigen wollen, hat vor allem politische Ziele. Das deutsche Nein zur Lieferung der Leopard 2 barg die Gefahr, dass die Allianz, die den ukrainischen Widerstand militärisch unterstützt, einen Riss bekommt, der die osteuropäischen Länder vom Rest der Koalition trennt. Das Weiße Haus kann aber nicht zulassen, dass die Regierungen, die sich am stärksten von Russland bedroht fühlen, das Vertrauen in den NATO-Schutzschild verlieren oder - noch schlimmer - autonome Maßnahmen in dem Konflikt ergreifen und London und Warschau auf rücksichtslosere Kriegspfade folgen, die die Konfrontation mit Moskau weiter verschärfen könnten.

Dank dieses letzten Arguments scheinen die Amerikaner Bundeskanzler Scholz überredet zu haben, die Meinungsverschiedenheiten in der Koalition und die Befürchtungen hinsichtlich der Reaktion des Kremls zu überwinden und sich darauf vorzubereiten, gemeinsam die Übergabe von US-amerikanischen Abrams- und deutschen Leopard-2-Panzern an Kiew anzukündigen. Die Entsendung von Panzern wird somit zum kleinsten gemeinsamen Nenner unter den westlichen Partnern der Ukraine. Den Anfang machten die Briten, Polen und Finnen. Nun kündigt sich an, dass sich die Franzosen, Niederländer, Spanier und Schweden der amerikanisch-deutschen Initiative anschließen werden.»


«Rzeczpospolita»: Streit um Panzer zeigt die Ineffizienz der Nato

WARSCHAU: Zur Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard an die Ukraine schreibt die polnische Zeitung «Rzeczpospolita» am Mittwoch:

«Der Streit mit Deutschland über die Lieferung von Panzern an die ukrainische Armee hat die Ineffizienz der Nato deutlich gemacht. Die einzelnen europäischen Länder entscheiden selbst, womit sie die Ukraine unterstützen wollen, ohne dass die Nato daran beteiligt ist. Und das alles nur, weil die wichtigsten Nato-Mitglieder - Deutschland und Frankreich - von Anfang an Abstand davon gehalten haben, der Ukraine zu helfen. Der jüngste heftige Streit um die Entsendung von deutschen Panzern ist nur eines von vielen Beispielen dafür.

Alles deutet darauf hin, dass Paris und Berlin nicht mit einer zu großen Lieferung von Waffen in Verbindung gebracht werden wollen, mit denen die Ukrainer die Russen bekämpfen werden. Wahrscheinlich, weil sie immer noch auf ein schnelles Ende des Konflikts hoffen. In einem Kriegsjahr, das die Sicherheit des gesamten Kontinents unmittelbar bedroht, haben beide Länder ihre Rüstungsausgaben nicht erhöht. Wahrscheinlich in der Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr zum «business as usual». Dann wird das Geld für Investitionen in Russland nützlich sein.»


«Göteborgs-Posten»: Nett lächeln, um Erdogan bei Laune zu halten

GÖTEBORG: Die rechtsliberale schwedische Tageszeitung «Göteborgs-Posten» (Göteborg) meint am Mittwoch zum Nato-Streit mit der Türkei und der türkischen Präsidentschaftswahl am 14. Mai:

«Im Mai ist Präsidentschaftswahl in der Türkei. Darum hätten sich nicht viele in Schweden geschert, wenn türkische Innenpolitik nicht zur schwedischen Außenpolitik geworden wäre. Der türkische Präsident will so oft es geht zeigen und beweisen, dass er ein Machtspieler ist, der die internationale Politik dirigieren kann. In diesem Fall geht es um die schwedische Nato-Mitgliedschaft. Vergangenen Sommer ging es um die Vermittlung von Frieden zwischen der Ukraine und Russland. Was die schwedische Regierung versteht, ist, dass Schweden ein Maß an diplomatischem Fingerspitzengefühl zeigen muss. Man muss nett lächeln und sagen, was erforderlich ist, um Erdogan bei Laune zu halten. Der Preis für die Nato-Mitgliedschaft ist, dass man sich jetzt ein paar Monate zusammennimmt und bei Erdogans Scharaden mitspielt. Das ist es wert, denn viel steht auf dem Spiel.»


Internationale Presse blickt auf Deutschland wegen Panzer-Lieferung

BERLIN: Die geplanten Panzerlieferungen an die Ukraine sind hierzulande Gesprächsthema Nummer eins. Deutschland nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein - und wird so auch im Ausland genau beobachtet.

Deutschland will Kampfpanzer aus den Beständen der Bundeswehr in die Ukraine schicken - und die Lieferung auch anderen Ländern erlauben. Die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stößt in internationalen Medien auf ein breites Echo:

Als einen «willkommenen Durchbruch» nennt die Londoner «Financial Times» die Entscheidung der Bundesregierung, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. «Wenn sie den Konflikt zu ihren Bedingungen beenden will, muss sie - bei allem Respekt vor den Risiken - mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden.»

Die Einwilligung Deutschlands verbessert die Erfolgschance der Ukraine auf eine erfolgreiche Gegenoffensive, kommentiert die belgische Zeitung «De Standaard». «Wenn die Ukraine die Panzer tatsächlich erhält, dürften in Moskau noch mehr Alarmglocken läuten. Russland hat in den letzten Tagen erklärt, dass es Panzer als eine weitere Eskalation betrachtet. Auch das wurde als Grund dafür gesehen, dass die deutsche Regierung sich nicht blindlings an der Waffenlieferung beteiligen wollte.»

Die spanische Zeitung «La Vanguardia» konzentriert sich auf eine mögliche Eskalation des Krieges, weil Russland vor dem Einsatz von westlichen Kampfpanzern warnt. «Wir stehen also möglicherweise vor einer weiteren möglichen Eskalation des Krieges, wie es immer der Fall ist, wenn NATO-Länder ihre militärischen Aktionen ausweiten. Das Ende ist noch lange nicht in Sicht.»

Aus Sicht der niederländischen Zeitung «De Telegraaf» war Deutschland in der Frage um die Panzerlieferungen immer mehr unter Druck geraten. «Der Druck auf Deutschland war von verschiedenen Seiten aus erhöht worden. So verspottete der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erst letzte Woche in Davos Bundeskanzler Scholz, indem er erklärte, er brauche keine Erlaubnis Berlins, um polnische Leoparden nach Kiew zu liefern.»

Die katholische französische Tageszeitung «La Croix» erklärt, die Umstände setzen Deutschland in eine entscheidende Position und damit unter Druck. «Die Europäer bereiten sich darauf vor, in ihrer Unterstützung eine neue Schwelle zu erreichen. Das ist ein Schritt ins Ungewisse. Doch dieser Schritt ist besser als die Perspektive einer Vernichtung der Ukraine durch die Armee von (Russlands Präsident) Wladimir Putin.»

Ein Grund für die wochenlange Zurückhaltung Berlins sei «Deutschlands Nazi-Vergangenheit» und die damit einhergehende «historische Verantwortung» gewesen, kommentiert die britische Zeitung «The Guardian». «Die Entscheidung ist bahnbrechend für Deutschland und beendet eine monatelange schmerzhafte Debatte und Gewissensprüfung. Dass deutsche Kampfpanzer auf einem Schlachtfeld in Europa eingesetzt werden, ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg.»

Die «Neue Züricher Zeitung» schreibt, die Stimmung in der Bevölkerung könne ein weiterer Grund für das Zögern von Scholz gewesen sein. «In einer aktuellen Umfrage waren 46 Prozent der Deutschen für die Lieferung von Kampfpanzern, doch fast genauso viele dagegen.» Doch obwohl Scholz wiederholt hatte, bei dem Thema keinen Alleingang machen zu wollen, stand Deutschland spätestens nach dem Treffen in Ramstein «mit seiner Verweigerungshaltung nahezu alleine da».

Der Tageszeitung «La Repubblica» zufolge verfolgen Deutschland und die USA mit dem gemeinsamen «Panzerpakt» politische Ziele. «Der Panzerpakt, den Washington und Berlin ankündigen wollen, hat vor allem politische Ziele. Das deutsche Nein zur Lieferung der Leopard 2 barg die Gefahr, dass die Allianz, die den ukrainischen Widerstand militärisch unterstützt, einen Riss bekommt, der die osteuropäischen Länder vom Rest der Koalition trennt.»

Zur Debatte schreibt die polnische Zeitung «Rzeczpospolita», der Streit um die Panzer zeige die Ineffizienz der Nato. «Alles deutet darauf hin, dass Paris und Berlin nicht mit einer zu großen Lieferung von Waffen in Verbindung gebracht werden wollen, mit denen die Ukrainer die Russen bekämpfen werden.»


«Stuttgarter Zeitung» zu Scholz und den Panzerlieferungen

Es bleiben viele Ungewissheiten: Wie nachhaltig ist der Flurschaden, den Scholz mit seiner zögerlichen Politik unter den Verbündeten angerichtet hat? Wie wird Russland auf das provokante Panzer-Versprechen reagieren? Und was wird als Nächstes erforderlich sein, um Putins Angriff zu stoppen? 14 Waffen vom Typ Leopard 2, irgendwann vielleicht auch 90, samt der zugesagten 31 Abrams-Panzer werden wohl nicht genügen.

Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, kein Freund von Scholz, hat schon Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge ins Gespräch gebracht. Solange kein Frieden in Sicht ist, wird dieser Rüstungswettlauf weitergehen. Er hat, so oder so, einen hohen Preis.


«La Vanguardia»: Es droht eine neue Eskalation des Krieges

MADRID: Zur Entscheidung der deutschen Regierung für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine schreibt die spanische Zeitung «La Vanguardia» am Mittwoch:

«Der interne und der externe Druck haben schließlich den Widerstand von Bundeskanzler Olaf Scholz gebrochen (...) Damit hat sich die Strategie der Alliierten durchgesetzt, die davon überzeugt sind, dass der einzige Weg, Russland zu Friedensverhandlungen zu zwingen, darin besteht, das Land zunächst auf dem Schlachtfeld zu bezwingen. Das Problem ist, dass Russland schon seit Tagen davor warnt, dass ein eventueller Einsatz von Leopard2-Panzern «extrem gefährlich» wäre, weil er der Ukraine erlauben würde, Gebiete anzugreifen, die (Kremlchef) Wladimir Putin als russisch betrachtet. Und dass das Russland dazu zwingen würde, ebenfalls seine Angriffe zu verstärken. Wir stehen also möglicherweise vor einer weiteren möglichen Eskalation des Krieges, wie es immer der Fall ist, wenn NATO-Länder ihre militärischen Aktionen ausweiten. Das Ende ist noch lange nicht in Sicht.»


«Financial Times»: Panzer-Entscheidung ist ein willkommener Durchbruch

LONDON: Die Londoner «Financial Times» kommentiert am Mittwoch die Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 an die Ukraine:

«Ein weiteres Zögern hätte die Gefahr mit sich gebracht, dass der Ukraine im Frühjahr ein entscheidendes Kampfmittel gefehlt hätte. Zusammen mit den leichteren Schützenpanzern, die Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA zur Verfügung stellen, sind Panzer für mobile Operationen, an denen Infanterie und Artillerie beteiligt sind, unerlässlich. Westliche Modelle verfügen über eine bessere Panzerung, Bewaffnung und Steuerungssysteme als die russischen Panzer. (...)

Dies ist ein willkommener Durchbruch. Die Ukraine führt einen Krieg, um nicht nur ihr eigenes Land zu verteidigen, sondern auch die Demokratie und Sicherheit in ganz Europa. Wenn sie den Konflikt zu ihren Bedingungen beenden will, muss sie - bei allem Respekt vor den Risiken - mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden.»

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