Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

«Berliner Morgenpost» zum Bauprogramm der Linken

Um die Berliner nach der vermurksten Wahl erneut zur Stimmabgabe zu locken, lassen sich die Parteien so einiges einfallen.

Berlins Linke beispielsweise greift beherzt in die Mottenkiste und kramt alte Hüte hervor - wohl in der Hoffnung, dass sich heute kaum noch einer daran erinnert, was schon vor 34 Jahren nicht funktioniert hat. So wird nun ernsthaft vorgeschlagen, einen landeseigenen Bauträger zu installieren, der perspektivisch nicht nur Wohnungen, sondern auch Schulen, Kitas und Verwaltungsgebäude in Plattenbauweise errichten soll. Da kann einem angesichts der auch in allen anderen Bereichen überforderten Berliner Verwaltung wirklich angst und bange werden. Bei dem eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Berlin sollten wir den VEB Wohnungsbau dort lassen, wo er hingehört: in der Mottenkiste.


«Frankfurter Rundschau» zum Bildungsmonitor

Der Bildungsmonitor offenbart wie andere Studien zuvor nicht nur eklatante Schwächen des Bildungssystems, sondern zwingt die Verantwortlichen in den Ministerien dazu, endlich Antworten für die Herausforderungen zu geben.

Wenn Schulen nicht alle Schülerinnen und Schüler angemessen fördern und die Corona-Hilfen vielerorts verpufften, dann ist das mehr als ein Alarmsignal. Der dramatische Mangel an Lehrkräften von bis zu 80.000 bis 2030 wird es vielerorts unmöglich machen, verschiedene Versprechen einzulösen - wie etwa personalintensive Integration oder Ganztagsschulen. An vielen Lehranstalten wird es sogar schwierig werden, die Mindestanforderungen zu erfüllen, wenn fehlendes Personal sie dazu zwingt, die Klassengröße zu erhöhen, um alle Kinder und Jugendlichen unterrichten zu können. Leistungseinbußen sind programmiert. Zudem drohen vor allem Jungen und Mädchen aus bildungsfernen Haushalten noch weiter abgehängt zu werden, obwohl in Zeiten des Fachkräftemangels alle gebraucht werden.


«Stuttgarter Zeitung» zum Schulbarometer

Wenn etwas besser werden soll, geht es um zwei Lösungsansätze.

Erstens muss in den Haushalten mehr Geld für Bildung freigeschaufelt werden. Das ist - paradoxerweise - noch der eher einfache Job. Denn zweitens gilt: Das Problem des Lehrermangels lässt sich auch deshalb nicht einfach lösen, weil er mit dem generellen Fachkräftemangel einhergeht. Wenn Deutschland junge Menschen für diesen Beruf begeistern will, müssen die Arbeitsbedingungen attraktiver werden. Mehr Freiheiten, mehr Spielräume für Kreativität, weniger Druck, einem starren Lehrplan hinterherzuhecheln - das müssen wir hinbekommen. Andernfalls müssen sich die Schüler irgendwann gegenseitig unterrichten, weil es sonst keiner mehr tun will.


«Handelsblatt» zu Energiebranche/Regierung

Jetzt kommt es auf das richtige Maß an.

Es ist auf den ersten Blick nachvollziehbar, wenn die Branche sich gegen staatliche Eingriffe wehrt. Man kann aber nicht auf der einen Seite die Hand aufhalten und in der Krise nach staatlicher Hilfe rufen und dann, wenn sich die Lage wieder beruhigt, von Markteingriffen auf einmal nichts mehr wissen wollen. Die Energiewirtschaft ist so systemrelevant, dass sie nie wie der Markt für Brot oder Bananen funktionieren wird. Das ist die Realität.


«The Times»: Kultur bei Londoner Polizei muss sich gründlich ändern

LONDON: Die Londoner Polizei will aus einem neuen Skandal um Dutzende Vergewaltigungen durch einen ihrer Beamten Konsequenzen ziehen. Dazu meint die britische Zeitung «The Times» am Mittwoch:

«Die Öffentlichkeit erwartet, dass die Überprüfung angehender Polizeibeamter so streng wie möglich erfolgt. Doch die Metropolitan Police und andere Behörden haben wiederholt Warnungen ignoriert, dass ihre Verfahren nicht nur mangelhaft, sondern auch riskant sind. Wenn faule Äpfel es einmal in den Polizeidienst geschafft haben, versagt das System bei der Erkennung von Verhaltensmustern, wie zum Beispiel der frauenfeindlichen Behandlung weiblicher Beamter, die auf das Vorhandensein eines Sexualstraftäters hinweisen können. (...)

Wenn Polizeichef Sir Mark Rowley die faulen Äpfel entfernen und andere aus dem System fernhalten will, muss er die Kultur im Polizeiapparat komplett erneuern. Dies muss mit einer rigorosen Überprüfung bei der Auswahl beginnen, gefolgt von einer ebenso gründlichen Überprüfung in regelmäßigen Abständen während der Laufbahn eines Beamten.


«WaPo»: Deutschlands Panzer sind ein Schlüssel zum Erfolg der Ukraine

WASHINGTON: Panzer gelten für die Ukraine als wichtig für die Rückeroberung besetzter Gebiete. Insbesondere der deutsche Leopard 2, schreibt die «Washington Post»:

«(...) die Ukraine braucht mehr und schwerere Waffen. Oben auf der Liste stehen erstklassige Kampfpanzer - insbesondere Leopard 2 aus deutscher Produktion - in ausreichender Zahl, um im Krieg das Blatt zu wenden. Dazu ist die Zustimmung Deutschlands erforderlich. (...) Mehrere tausend dieser Panzer sind im Einsatz, vor allem in Osteuropa und anderswo. Polen ist bereit, sie in die Ukraine zu schicken, und andere könnten diesem Beispiel folgen - aber keiner kann ohne grünes Licht aus Berlin reexportiert werden.

Bislang ist Deutschland unentschlossen, die Regierungskoalition ist offenbar gespalten, und Umfragen legen nahe, dass auch die deutsche Öffentlichkeit in dieser Frage uneinig ist. Kanzler Olaf Scholz ist zögerlich, hat aber auch öffentlich mitgeteilt, auf Washingtons Beitrag zu warten. Zur Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine sagte er Anfang des Monats, [«Deutschland wird immer zusammenbleiben mit den Freunden und Verbündeten und] ganz besonders mit unserem transatlantischen Partner, mit den Vereinigten Staaten von Amerika».

Dies ist ein Plädoyer für eine verstärkte Führungsrolle der USA. Die Frage ist, ob Biden, der geschworen hat, einen russischen Sieg nicht zuzulassen, und der versprochen hat, an der Seite Kiews zu bleiben, «solange es nötig ist», bereit ist, noch mehr Entschlossenheit zu zeigen, während sich der Krieg in der Ukraine seinem wahrscheinlich entscheidenden Moment nähert.»


«Verdens Gang»: Russland kann an Putins Krieg zerbrechen

OSLO: Die norwegische Boulevardzeitung «Verdens Gang» (Oslo) kommentiert am Mittwoch die wirtschaftliche Lage Russlands:

«Wladimir Putin ist in den Krieg gezogen, um Russland wieder groß und stark zu machen. Jetzt müssen die Russen einen hohen Preis für seine größenwahnsinnigen Ambitionen zahlen. Der Krieg kostet Russland weit mehr, als es durch den Export von Öl und Gas wieder hereinholt. Alle wirtschaftlichen und sozialen Pfeile zeigen nach unten. Diese Krise ist ein Ergebnis von Putins verfehlter Politik. Der Niedergang dauert seit einigen Jahren an. Die Probleme haben sich gehörig durch Putins desaströse Entscheidung verstärkt, gegen die Ukraine in den Krieg zu ziehen. Russland könnte in wenigen Jahren zu einem gescheiterten Staat werden, wenn Putin den Kurs nicht ändert. Dass er das tut, ist höchst unwahrscheinlich.

Den höchsten Preis für Putins Krieg zahlt natürlich die Ukraine mit großen Verlusten an Menschenleben und enormer Zerstörung. Der Unterschied besteht darin, dass die Ukraine viele Freunde hat, die das Land finanziell, politisch und militärisch unterstützen. Russland ist dagegen wirtschaftlich und politisch geschwächt und isoliert.»


«de Volkskrant»: Der Bendlerblock ist eine Schlangengrube

AMSTERDAM: Zur Ernennung von Boris Pistorius zum Bundesverteidigungsminister heißt es am Mittwoch in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:

«Als Verteidigungsminister hat Pistorius die schwierigste Aufgabe in der deutschen Regierung: die Bundeswehr, der es aufgrund jahrelanger Kürzungen an allem fehlt, in eine effiziente und schlagkräftige militärische Organisation zu verwandeln. Dazu steht ihm das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen zur Verfügung, das Bundeskanzler Scholz am Tag nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zu diesem Zweck eingerichtet hat.

Das ist eine enorme Summe - der russische Verteidigungshaushalt für 2021 betrug etwa 60 Milliarden Euro -, aber die Herausforderungen sind ebenfalls enorm. Als Verteidigungsminister bekommt er es mit einem Ministerium zu tun, in dem sich viele der 265.000 Mitarbeiter (darunter 180.000 Militärangehörige) von der Öffentlichkeit und der Politik missverstanden fühlen, mit einer alptraumhaften Militärbürokratie und mit Spitzenbeamten, die sich jedweder Veränderung widersetzen. Der Bendlerblock in Berlin, der Sitz des Verteidigungsministeriums, ist eine berüchtigte Schlangengrube, aus der sich schon so mancher Minister resigniert zurückzuziehen musste.»


«Tages-Anzeiger»: Pistorius könnte in der Bundeswehr gut ankommen

ZÜRICH: Zur Ernennung von Boris Pistorius zum Bundesverteidigungsminister heißt es am Mittwoch im Schweizer «Tages-Anzeiger»:

«Pistorius' Wahl mag eine Überraschung sein, interessant ist sie aber gewiss. Der Politiker ist jedenfalls ein ausgewiesener Experte für Sicherheit, wenn auch bisher eher für die Polizei als für das Militär. Seit zehn Jahren amtiert Pistorius als Innenminister des Bundeslandes Niedersachsen, das etwa gleich groß und gleich stark bevölkert ist wie die Schweiz. Mit klarer Kante gegen Extremisten - handle es sich um Islamisten, Nazis, Hooligans, Reichsbürger oder Linksextreme - schuf er sich bundesweit einen exzellenten Ruf. (...)

Pistorius war durch seine bullige, direkte und dennoch warmherzig-verschmitzte Art bei seinen Polizisten und Polizistinnen außerordentlich beliebt. Anders als seine Vorgängerin Lambrecht könnte er auch in der Bundeswehr gut ankommen. Agiert er in Berlin ähnlich wie in Hannover, dürfte er sich vor allem als Anwalt der 180'000 Soldatinnen und Soldaten verstehen. Für sie wird er für bessere Ausrüstung und mehr Geld streiten und dabei - ebenfalls anders als Lambrecht - Konflikte weder mit Generälen noch Beamten noch dem Kanzler scheuen.»


«NZZ»: Haben SPD-Schwergewichte Scholz einen Korb gegeben?

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Mittwoch den Wechsel an der Spitze des Bundesverteidigungsministeriums:

«Der gesamte Vorgang des Lambrechtschen Zurückgetreten-Werdens trägt scholzeske Züge. Dass die Ministerin eine überschaubare Halbwertszeit im Amt hatte, musste der Kanzler spätestens seit ihrem exzentrischen Silvestervideo wissen, von ihrer fachlichen Performance einmal abgesehen. (...) Es brauchte auf jeden Fall Tage voller mehr oder weniger phantasievoller Vertröstungen, bis die (nicht überambitionierte) Lösung «Pistorius» verkündet werden konnte. Welche höhere Kanzler-Rationalität, die Normalsterbliche zu verstehen zu dumm sind, hätte Scholz daran hindern sollen, seinen neuen Mann früher zu präsentieren?

Oder war es so, dass Scholz doch noch keinen Nachfolger in petto hatte? Es ist ja vorstellbar, dass die sozialdemokratischen Schwergewichte, die immer wieder für das Amt genannt worden waren - der Parteichef Lars Klingbeil, der Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt und Arbeitsminister Hubertus Heil -, ihm aus guten Gründen einen Korb gaben. So etwas will niemand zugeben, schon gar nicht Olaf Scholz. Aber die seltsame Zeitverzögerung mit dem «Respekt» vor der Leistung einer Ministerin zu begründen, die man unbedingt wegen erwiesener Inkompetenz loswerden musste - das ist schon kühn.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Bernd Lange,Berlin 19.01.23 22:18
50/50% Frauen/Männer Leistung nach Geschlecht
Dieser Blödsinn ist bei der BW endlich gestoppt--aus der Lehre Flinten-USCHI und Hausfrau die zur Wüsten-Inspektion in Stöckelschuhe erschien! Es muss wieder gelten der Beste wird genommen--Mann oder Frau!!
Es gibt tolle begabte. durchsetzungsfähige auch Frauen, aber man muß das geschlechterneutral--sonst
gehts den Berg runter!!