Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

«Süddeutsche Zeitung» zu Rücktritt/französische Regierung

Lange wurde spekuliert, was Philippes Erfolg für Macron bedeutet.

Sieht sich der Präsident von seinem Premier in den Schatten gestellt? Oder profitiert er von der Stabilität seines Regierungschefs? Diese Fragen hat Philippe obsolet werden lassen: Er trat zurück. Er kehrt nach Le Havre zurück und zieht dort wieder ins Rathaus ein. Ein Rückschritt ist das nicht. Eher die Vorbereitung der nächsten Etappe. Auf Macron kommen harte Monate zu. Der Einbruch der Wirtschaft hat erst begonnen, im Parlament wandern seine Abgeordneten nach links und rechts ab, bei den Kommunalwahlen war Macrons Partei unsichtbar. Philippe hingegen geht ohne Makel und Reue. Es gibt keinen Skandal, der ihm nachgetragen werden könnte. Das rückt ihn für die Präsidentenwahl 2022 ins Zentrum der Spekulationen. Seit seinem Eintritt in Macrons Regierung ist Philippe offiziell parteilos. Doch er verkörperte die vom Präsidenten geforderte Links-rechts-Gleichzeitigkeit, indem er einfach klar erkennbar Konservativer zwischen Ex-Sozialdemokraten blieb.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Ausstieg/Kohleverstromung

Ein guter Kompromiss ist angeblich einer, mit dem alle unzufrieden sind.

So betrachtet, sind die Gesetze zum Ausstieg aus der Kohleverstromung und zur Stärkung der Revierregionen durchaus gelungen: Klimaschützern gehen sie nicht weit genug, die Kohleländer hätten sich Staatsverträge gewünscht, die Wirtschaft fürchtet steigende Strompreise. Tatsächlich weist das Ergebnis der langen Hängepartie in eine zweifelhafte Richtung. Parallel zum Atomausstieg und darüber noch hinausreichend werden bis 2038 alle Kohlekraftwerke stillgelegt. Für die Braunkohle bedeutet das, dass man sich von einem verlässlichen heimischen Energieträger verabschiedet, für die Steinkohle, dass sogar die jungen Meiler vom Netz gehen, deren Bau die Regierung vor wenigen Jahren noch begrüßt hatte. (.).


«Lidove noviny»: Mangel an Alternativen in Russland

PRAG: Zum Ja der Russen zu einer neuen Verfassung, die Präsident Wladimir Putin das Regieren bis 2036 ermöglicht, schreibt die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Freitag:

«Man muss sich auch in den Kopf des russischen Wählers versetzen. Wen sonst hätte er im Jahr 2000 am Ende der relativ freien, aber chaotischen Jelzin-Ära wählen sollen? Welche Wahl hat er jetzt? Mehr als um Wladimir Putin allein geht es darum, was 30 Jahre nach dem Kommunismus an Alternativen angeboten wird. Kann sich denn der russische Wähler zwischen klar profilierten Parteien entscheiden, die seine Sorgen widerspiegeln und zugleich eine Chance auf Erfolg haben? Da dem nicht so ist, spielt er die Karte lieber Putin zu, was auch immer er über den Kremlchef denken mag. (...) Ein schwerwiegenderes Problem als der Autokrat selbst ist die Frage der Perspektiven nach ihm. Wer kann sich vorstellen, dass Putin im Jahr 2030 oder 2036 abtritt und auf ihn ein erfolgreiches Regierungssystem folgt, in dem sich linke und rechte Parteien an der Macht abwechseln? Darauf würde niemand wetten.»


«Neatkariga Rita Avize»: Realistische Prognose oder Planerfüllung?

RIGA: Zum Verfassungsreferendum im benachbarten Russland schreibt die national-konservative lettische Tageszeitung «Neatkariga Rita Avize» am Freitag:

«Offiziell wurde bekanntgegeben, dass insgesamt 67,97 Prozent der berechtigten Bürger an der einwöchigen Abstimmung teilgenommen haben. Davon haben 77,92 Prozent für eine Verfassungsänderung gestimmt, die es dem derzeitigen russischen Präsidenten Wladimir Putin erlaube, 2024 zum fünften Mal als Präsident zu kandidieren. Die Ergebnisse des Referendums passen in das 70/70-Schema, das vom ersten Moment an bekannt war, als die Abstimmung überhaupt angekündigt wurde: 70 Prozent der Stimmberechtigten müssen wählen gehen und 70 Prozent von ihnen müssen dafür sein. Es kann nun jeder für sich selbst entscheiden, was die offiziellen Ergebnisse bedeuten. Waren diese Zahlen eine realistische Prognose oder ein Plan, den die direkten Organisatoren der Abstimmung zusammen mit dem Rest des öffentlichen Verwaltungsapparates befolgen sollten.»


«Libération»: Hongkong - Chinas Macht weitet sich ungehindert aus

PARIS: Das umstrittene neue Sicherheitsgesetz Chinas für Hongkong kommentiert die französische Tageszeitung «Libération» am Freitag:

«(...) Nachdem die chinesische Regierung im Jahr 1997 ein Abkommen unterzeichnete, das die Autonomie Hongkongs bis 2047 garantierten sollte, hat sie es nun gebrochen, indem sie über ein frevelhaftes Gesetz, das in seinem Wortlaut vage, aber ganz klar repressiv ist, abstimmen lassen hat. Ein Beispiel: Die chinesische Prozessordnung wird nunmehr auch in Hongkong angewendet. Unter anderem sieht sie vor, dass der Staat einen Beschuldigten sechs Monate lang einsperren kann, ohne dass dieser ein Anrecht auf einen Anwalt oder Besuch hätte. «Ein Land, zwei Systeme», sagte man. Das ist vorbei: Der Markttotalitarismus, der seit Ewigkeiten in China etabliert ist, kann sich nun bis in die ehemalige britische Kolonie ausweiten.(...)»


«Dennik N»: Russland hat sich für weiteren Stillstand entschieden

BRATISLAVA: Die liberale slowakische Tageszeitung «Dennik N» schreibt am Freitag zum Verfassungsreferendum in Russland:

«Wladimir Putin kann Russland jetzt theoretisch bis 2036 regieren. (...) Das ermöglichte ihm eine Wählermehrheit von 78 Prozent in einem von der Regierung orchestrierten Referendum. Da die Teilnahme 65 Prozent erreichte, konnte Putin erneut bestätigen, dass ihn die Mehrheit der Russen unterstützt. Mit Demokratie hat das dennoch nichts zu tun, denn viele entschieden nur aufgrund der Propaganda, mit der staatliche Medien das riesige Land füttern.

Auch wenn die Kreml-Fans wieder jubeln werden, dass eine Feier der Demokratie gelungen und Russland auf dem Weg zum ewigen Ruhm sei, ist die Wahrheit, dass sich das Land für einen weiteren Stillstand entschieden hat. (...)

Zwar stimmt es, dass Russland unter Putin auf den ersten Blick reicher geworden ist. Aber das gilt nur für einen Teil des Landes. Und der Grund für den Reichtum liegt obendrein nicht in einer Modernisierung, sondern einfach nur an den meist guten Preisen für Gas und Öl. Gerade jetzt gilt das wieder einmal nicht. Ansonsten ist fast der einzige Bereich, in dem Russland noch auf dem Weltmarkt mithalten kann, die Waffenproduktion. Selbst im Weltraum, wo es immer eine Großmacht war, fällt Russland zurück. (...) Putin hat das Land in den zwei Jahrzehnten seiner Herrschaft überhaupt nicht voran gebracht.»


«Nesawissimaja»: Die Abstimmung war eine Vertrauensfrage für Putin

MOSKAU: Über den Ausgang von Russlands historische Verfassungsänderung schreibt die «Nesawissimaja Gaseta» am Freitag in Moskau:

«Alle Zahlen der Abstimmung toppen im Grunde auch die Resultate der Präsidentenwahl 2018. Nur die Zahl derer, die Putin nicht vertrauen, ist eine Ausnahme. Im Kreml versichert man weiter, dass man nicht mit so einem Sieg gerechnet habe. Doch tatsächlich war das Referendum eine Abstimmung über das Vertrauen in Putin. Und das war in dieser Hinsicht ein Wahlergebnis, mit dem nun eine aktualisierte Version der Verfassung in Kraft tritt. (...)

Im Prinzip rankten sich alle Reden und Worte Putins um die «Nullstellung» seiner Amtszeiten als Präsident. Darum hat sich die ganze Wahlkampagne gedreht, die gerade beendet wurde. Und auch die Opposition hat ihre ganze Agitation darauf gebaut. Und jetzt hat der Kreml aber entschieden, dass er nach dem Referendum endlich auch an der Wiederherstellung der Einheit der Gesellschaft arbeiten wird.»


«Rossijskaja Gaseta»: Es war eine moralische Abstimmung für Russland

MOSKAU: Zum Erfolg für Präsident Wladimir Putin bei der Volksabstimmung über Russlands Verfassungsänderung schreibt die russische Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta» am Freitag:

«Für die Verfassungsänderungen haben doppelt so viele Russen gestimmt wie 1993, als die Verfassung selbst angenommen wurde. Eine derart hohe Zustimmung bringen Experten mit dem Zusammenrücken der Bevölkerung im Kampf gegen die Pandemie in Zusammenhang. Es war also eine moralische Abstimmung für Russland und die Menschen haben das unterstützt. Aber es ging auch um die Figur des amtierenden Präsidenten. Wenn man sich nicht die rechtliche, sondern die menschliche Dimension ansieht, dann war die gesamtrussische Abstimmung eigentlich ein Referendum über das Vertrauen in Wladimir Putin.»


«Diena»: Simple Sanktionslogik

RIGA: Zu möglichen neuen US-Sanktionen gegen die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 meint die lettische liberale Tageszeitung «Diena» am Freitag:

«Das Wesen der Idee ist sehr simpel. Da US-Sanktionen offensichtlich wenig Einfluss auf Russland haben und den Bau von Nord Stream 2 nur bremsen, aber nicht aufhalten können, müssen die Einschränkungen nun gegen die andere am Projekt beteiligte Seite gerichtet werden - Deutschland und mehrere andere Länder des sogenannten alten Europas. Besonders in Deutschland geht es nicht nur um die milliardenschweren Investitionen, die verloren gehen, wenn Berlin das Projekt aufgeben würde. Hauptsächlich geht es um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, einer deren Eckpfeiler die billigen Energieressourcen Russlands sind.»


«Financial Times»: Wiederaufbaufonds Maßstab für Berlins EU-Erfolg

LONDON: Zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft meint die Londoner «Financial Times» am Freitag:

«Berlins EU-Ratspräsidentschaft wird wahrscheinlich bestimmt werden durch den Erfolg oder Misserfolg von zwei großen Verhandlungskomplexen: ein Abkommen mit Brexit-Britannien sowie ein geplanter 750-Milliarden-Wiederaufbaufonds und der neue EU-Haushalt mit einer Laufzeit von bis zu sieben Jahren. Bei Ersterem wird Berlin kaum die Rolle spielen, die sich einige Brexiteers im Stillen erträumen, und Druck auf seine Partner ausüben, einen für Großbritannien günstigen Deal zu akzeptieren. Doch bei Letzterem wird Berlins Part ausschlaggebend für die Besiegelung eines zeitnahen Abkommens sein. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass dieser Fonds äußerst wichtig für Europas Stabilität ist. (...)

Auch ein transatlantischer Handelskonflikt wird Deutschlands Aufmerksamkeit erfordern. Doch der Maßstab für den Erfolg der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands - ebenso wie ein angemessenes Vermächtnis für seine Bundeskanzlerin - ist das Zustandekommen des EU-Wiederaufbaufonds.»


«The Irish Times»: Brexiteers legen Axt an den öffentlichen Dienst

DUBLIN: Der ranghöchste britische Beamte, Mark Sedwill, hat seinen Rücktritt für September angekündigt. Britische Medien erwarten eine Neubesetzung führender Beamtenposten. Dazu meint die in Dublin erscheinende «Irish Times» am Freitag:

«Die Revolution der Brexiteers geht weiter. Genauer gesagt: die Revolution des (Beraters von Premierminister Boris Johnson) Dominic Cummings. Nachdem sie das EU-Referendum gewonnen, in der Tory-Partei die Führung übernommen und auch die Zügel der Regierung in die Hand genommen hat, legt die Brexit-Führung mit Boris Johnson als Galionsfigur die Axt an die Wurzel der Verwaltungssäule des Staates, an den unabhängigen öffentlichen Dienst. (...)

Die Kompetenz eines angesehenen Beamtenapparats ist für das Johnson/Cummings-Regime offensichtlich weniger wichtig als Ratschläge von Funktionären zu bekommen, die mit ihren Vorurteilen übereinstimmen. Die Vorstellung, dass der öffentliche Dienst stets Teil eines europafreundlichen Establishments war und gegen das Brexit-Projekt konspiriert, hat sich schon immer wie ein roter Faden durch ihre Propaganda gezogen.»


«Bergens Tidende»: China hat Hongkong im Würgegriff

BERGEN: Die liberale norwegische Tageszeitung «Bergens Tidende» (Bergen) kommentiert am Freitag Chinas Hongkong-Politik:

«Chinas wachsende wirtschaftliche und politische Macht ist erschreckend. Der etwas naive Glaube des Westens, dass Kapitalismus zu Demokratie führt, ist tot. Unter Xi Jinping ist das Land in eine totalitärere Richtung gegangen. Mit neuen Technologien wie Gesichtserkennung, DNA-Tests und digitalen sozialen Belohnungssystemen baut die Kommunistische Partei einen Überwachungsstaat mit orwellschen Dimensionen auf. Aber wirklich beängstigend ist, wie Norwegen und andere Länder vor China auf die Knie gehen, wenn das Regime mit Wirtschaftssanktionen droht. (...) Die Geschichte hat gezeigt, was passiert, wenn man angesichts mächtiger totalitärer Regime feige wird. Das darf nicht wieder passieren.»


«Nepszava»: Putins letztes großes Gestaltungsmoment

BUDAPEST: Über das russische Verfassungsreferendum schreibt die Budapester Tageszeitung «Nepszava» am Freitag:

«Es ging um nicht weniger als 206 Verfassungsänderungen. Die westlichen Medien hoben nur eine von ihnen hervor, diejenige, wonach (Präsident Wladimir) Putin seine derzeitige, 2024 endende Amtszeit um zwei weitere, jeweils sechsjährige Perioden zu verlängern vermag, das heißt, regieren könnte, bis er 83 Jahre alt ist. Die unter staatlicher Kontrolle stehenden russischen Medien hingegen erwähnten diesen einen von 206 Punkten so gut wie nie, was darauf hindeutet, dass Putin nicht mehr so selbstsicher ist wie früher. Nach der Einverleibung der (ukrainischen Halbinsel) Krim (im Jahr 2014) hätten ihn die Russen (theoretisch) zum Zaren oder auch Patriarchen der orthodoxen Kirche gewählt. Heute jedoch ist auch er verschlissen. Auch die russische Gesellschaft ist im Umbruch, und dies ist vielleicht der letzte Augenblick, in dem Putin in der Lage ist, den Lauf der Dinge langfristig zu beeinflussen - unabhängig davon, wie lange er wirklich Präsident bleiben möchte.»


«Corriere della Sera»: Trump kann die Wahl «in Uniform» noch gewinnen

ROM: Zu den Wahlaussichten von US-Präsident Donald Trump und seinen Möglichkeiten, seine geschwächte Position zu verbessern, schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» am Freitag:

«In allen europäischen Schaltzentralen werden geheime Gedankenspiele angestellt, die den Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen im November als keineswegs selbstverständlich ansehen: Um dabei auf die richtige Karte zu setzen, muss man die «Oktober-Überraschung» erkennen, die Donald Trump auswählt, um den Wahlausgang zu seinen Gunsten zu drehen. Die Wetten, was es sein wird, sind zahlreich, aber viele Experten sehen einen großen Vorsprung für die Hypothese eines kurzen militärischen Zusammenstoßes zwischen den USA und dem Iran. (...)

Ein Minikrieg, der jedoch in der Lage ist, Donald Trump in den klassischen «Oberbefehlshaber» zu verwandeln, der in Amerika, unabhängig vom Zustand der öffentlichen Gesundheit und sogar der Arbeitslosigkeit, normalerweise die Zustimmung einer Mehrheit erhält. Dies ist eine Option, die in streng vertraulichen Kanälen unter internationalen Experten für wahrscheinlich gehalten wird. Mit anderen Worten: Trump kann immer noch gewinnen, wenn er in Uniform an den Wahlen teilnimmt.»


«de Volkskrant»: Exodus aus Hongkong wäre Blamage für China

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «De Volkskrant» kommentiert am Freitag das umstrittene neue Sicherheitsgesetz Chinas für Hongkong:

«Aus Furcht vor einer lebenslangen Haftstrafe haben viele Aktivisten bereits beschlossen, ihre Proteste zu beenden. Andere wiederum erwägen, nach Großbritannien zu ziehen, das den Einwohnern Hongkongs eine Aufenthaltsgenehmigung versprochen hat.

Peking drohte London sofort mit «Gegenmaßnahmen». Ein Exodus aus Hongkong wäre eine Blamage für China. Es würde eine schmerzhafte Assoziation mit Ost-Berlin vor dem Mauerbau provozieren, als die DDR-Bürger sich en masse für den Westen entschieden. Eine neue «Chinesische Mauer», um die Hongkonger von einer Auswanderung abzuhalten, wäre ein demütigendes Zeichen der Schwäche.»


«Tages-Anzeiger»: Zeit der Anbiederung an Peking ist vorbei

ZÜRICH: Die Bereitschaft Großbritanniens, drei Millionen Bürgern aus Hongkong die Staatsbürgerschaft anzubieten, sei «vor allem ein symbolischer Akt», schreibt der Zürcher «Tages-Anzeiger» am Freitag. Weiter heißt es:

«China drohte umgehend, man werde die Menschen nicht ausreisen lassen. Großbritannien kann dagegen wenig tun, das räumte auch der Außenminister ein. Und es darf unterstellt werden, dass er das auch mit einer gewissen Erleichterung tat - trotz der starken Geste. Denn es hatte sich Unmut in Teilen der (regierenden Konservativen) Partei und der Bevölkerung breitgemacht, weil drei Millionen Ausländer ins Land kommen könnten, wo man doch gerade in Erwartung des Brexit das Ende der Freizügigkeit feiert.

Trotzdem ist das Angebot gut und richtig. Die Regierung zeigt damit, dass die Anbiederung an Peking wie unter Johnsons Vorvorgänger David Cameron vorbei ist. (...) Aber wird das Königreich angesichts einer drohenden schweren Rezession und des Brexit auch auf die Milliarden chinesischer Direktinvestitionen verzichten, auf wichtige Technikimporte und auf den riesigen chinesischen Markt?»


«NZZ»: Trügerischer Liebesbeweis für Putin

ZÜRICH: Zum russischen Verfassungsreferendum meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Freitag:

«Den haushohen Sieg wird Putin als Legitimitätsbeweis interpretieren. Er gibt ihm eine Carte blanche für einen noch stärkeren Durchgriff auf Staat, Gesellschaft und Justiz. Auch das Ausland könnte das zu spüren bekommen. Autoritäre Systeme verstehen die Mehrheit immer absolut: Sie gibt ihnen die Rechtfertigung, in deren Namen zu handeln ohne Rücksicht auf die Minderheit.

Der Liebesbeweis für Putin ist aber ein trügerischer. Die Durchführung der Abstimmung mit all ihren Spielräumen für Manipulationen und Willkür setzt hinter das offizielle Resultat ein Fragezeichen. Demokratische Prozesse wurden so endgültig diskreditiert. Vor allem aber steht die Gesellschaft längst nicht so geeint hinter der Führung, wie das Ergebnis suggeriert. Die Zustimmung zu Putin zeigte in den vergangenen zwei Jahren Ermüdungserscheinungen.»

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