Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu Sondierungen in Berlin

Die Berliner SPD lässt sich weiter Optionen offen.

Dieser Weg, den die auf Rot-Grün-Rot orientierten Grünen nur zähneknirschend mitgehen, lässt die Sozialdemokraten weiter in der Pole-Position. Wer sich in der zweiten Runde als zu halsstarrig erweist, kann ganz leicht ausgetauscht werden. Für Giffey war es unmöglich, ein Bündnis ohne die bei den Wahlen gestärkten Grünen in ihrer Partei zu vermitteln. Die Berliner SPD hat rechtzeitig die Reihen geschlossen. Der Verweis auf die mögliche Ampel im Bund tut ein Übriges, um FDP-Gegner in den eigenen Reihen verstummen zu lassen. Wenn es am Ende doch zu einer rot-grün-roten Koalition kommen sollte, dann kann diese nicht mehr so aussehen wie zuletzt. Denn ohne klare Zugeständnisse der Linken wird Giffey den Zuschlag an die Liberalen geben.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zum Fast-Rückzug Armin Laschets

Nach dem Fast-Rückzug Armin Laschets ist vieles möglich, aber nur wenig wahrscheinlich.

Jamaika? Niemand weiß, wer am Ende Kanzler dieser Koalition wäre. Laschet? Nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich. Söder? Ebenso unwahrscheinlich. Jemand anderes? Etwa der neue CDU-Vorsitzende, den es dann womöglich noch gar nicht gibt? Wie sollte das gehen? Das werden sich auch Grüne und FDP fragen. Sie werden kein gutes Gefühl bei dem Gedanken haben, dass Olaf Scholz die Sackgasse, die sich da auftut, für seine Zwecke nutzen kann. Zur gespenstischen Lage der Union gehört vor allem dies: Die CDU ist nicht nur Opfer ihrer selbst, sondern Spielball der CSU. Die Schmutze-leien gegen Laschet sind ein Tiefpunkt in der Geschichte die-ser Zweierbeziehung. Das wird das Verhältnis beider Parteien dauerhaft belasten.


«24 Tschassa»: Sofia und Skopje sollten über Probleme verhandeln

SOFIA: Nach dem EU-Westbalkan-Gipfel schreibt die bulgarische Zeitung «24 Tschassa» am Freitag zum Streit zwischen Sofia und Skopje und Bulgariens Veto auf den Beginn von EU-Aufnahmegesprächen mit Nordmazdonien:

«Auf höchster Ebene wollen die europäischen Lenker wirklich eine Entscheidung zum Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien. Die Frage liegt aber darin, dass mit Druck nichts erreicht werden kann - egal, wie präzise er sein mag. Selbst Angela Merkel ist wohl im Klaren darüber, dass solange die (Parlaments)wahlen in Bulgarien nicht vorbei sind, die Mazedonier kein «Ja» aus Sofia erhalten können. Klar ist auch, dass statt mit Druck - unabhängig auf welcher Ebene - die Probleme am Verhandlungstisch gelöst werden müssen. Nicht die Wissenschaftler sollten über Buchstaben und Artikel der Geschichte streiten, sondern die Staatsmänner sollten sich (an den Verhandlungstisch) setzen und sich wie Europäer über die Streitfragen einigen.»


«La Repubblica»: Corona-Psychodramen sind luxuriöser Zeitvertreib

ROM: Zur Nachricht über die Zulassung eines Impfstoffs gegen Malaria und die gleichzeitige Skepsis in vielen Teilen der Gesellschaft gegen Corona-Impfungen schreibt die Tageszeitung «La Repubblica» aus Rom am Freitag:

«Wenn wir intelligent wären, dann wäre die Impfung gegen Malaria eine derart große und wichtige Neuigkeit, dass tagelang über nichts anderes gesprochen würde. Seit Jahrhunderten sterben zig (wahrscheinlich sogar Hunderte) Millionen Menschen, vor allem armen Ländern und in den armen und kränkelnden Regionen der reichen Länder, an Malaria. Mehr als die Hälfte davon sind Kinder. Noch im Jahr 2020 gab es 400.000 Tote, vor allem in Afrika.

Im Angesicht des ewigen, gewaltigen Kampfes der Wissenschaft, der Regierungen, der Gesundheitsstellen gegen Malaria, wirken die derzeitigen Psychodramen bei Covid, vor allem der lächerliche Knatsch um die Impfungen, wie ein luxuriöser Zeitvertreib einer verwöhnten Gesellschaft, die vergessen hat, aus welcher Not, welchen Schmerzen, welchen Kämpfen wir kommen, wir ignoranten Urenkel jener Generationen, die leben mussten mit Kriegen, Plagen, Hungersnöten, Diktaturen, mit einem Mangel an allem und einer Sicherheit vor nichts. (...)

Wir kommen aus Spelunken aber führen uns auf, als ob wir schon immer im Hilton gewohnt hätten, mit unserem Hintern in Watte gehüllt. Und wenn uns der Staat (kostenlos!) die Möglichkeit gibt, uns gegen eine tödliche Lungenkrankheit zu impfen, dann fragen wir uns, ob «Ja, danke» uns untertänig erscheinen lässt und «Nein, danke» frei und cool. Wenn vor nicht allzu langer Zeit, als wir in der Schlange standen, um uns vor Polio oder Pocken beschützen zu lassen, einer aufgestanden wäre um zu sagen, dass keine Wissenschaft, keine Regierung das Recht habe, uns verdammten Individuen etwas vorzuschreiben, dann hätte man denjenigen im selben Moment verstummen lassen und er wäre vergessen worden im nächsten Augenblick.»


«Pravo»: Keine revolutionäre Stimmung vor Wahl in Tschechien

PRAG: Zur zweitägigen Parlamentswahl in Tschechien, die am Samstagnachmittag zu Ende geht, schreibt die linksgerichtete Zeitung «Pravo» aus Prag am Freitag:

«Ob es bei der diesjährigen Wahl zum Abgeordnetenhaus wirklich um alles geht, wie uns manche Parteien bis zum Überdruss erklären, wird vor allem die Beteiligung zeigen. Doch während der Kampagnenphase herrschte keine revolutionäre Begeisterung. Auf den Wahlausgang dürften wie üblich die disziplinierten Wähler den größten Einfluss haben, also besonders die mittleren und älteren Generationen. (...) Statt vergeblich auf eine Antwort auf die Frage zu warten, warum Regierungschef Andrej Babis Immobilien über ein Offshore-Konstrukt gekauft hat, interessierte diese Menschen eher, wie es mit den Energiepreisen, der Inflation, den Steuern und der sozialen Absicherung in der Post-Covid-Zeit weitergeht.»


«De Telegraaf»: Polen weiter auf Konfrontationskurs zur EU

AMSTERDAM: Polens Verfassungsgericht gibt nationalem Recht Vorrang vor EU-Recht. Dazu schreibt die niederländische Zeitung «De Telegraaf» am Freitag:

«Mit der umstrittenen Entscheidung der höchsten Richter Polens, die vollständig unter Kontrolle der nationalistischen Regierung stehen, ist eine kleine Bombe geplatzt. Seit Jahren wird befürchtet, dass der alternde Machthaber Jaroslaw Kaczynski, stellvertretender Premierminister und Vorsitzender der Regierungspartei PiS, auf einen «Pol-Exit», einen Austritt aus der EU, anspielt. (...)

Bereits seit fünf Jahren ist die Kommission in einen Rechtsstreit mit Polens rechtskonservativer Führung über Umgestaltungen des Landes verwickelt, die nach Ansicht Brüssels Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zunehmend aushöhlen und somit gegen die Normen und Werte der EU verstoßen. Warschau hat bereits mehrere Verfahren vor dem EU-Gerichtshof in Luxemburg verloren. Insider sagen, dass mit dem Urteil des Verfassungsgerichts nun eintritt, was viele Juristen seit Jahren befürchtet haben. Warschau setzt nicht nur seinen Konfrontationskurs fort, mit dem Urteil sind EU-Bürger und Unternehmen in Polen auch nicht mehr durch EU-Recht geschützt.»


«Sme»: Babis-Wahlsieg stärkt auch Orbans Visegrad-Strategie

BRATISLAVA: Die liberale slowakische Tageszeitung «Sme» schreibt am Freitag zu den möglichen Auswirkungen der tschechischen Parlamentswahl auf die ganze Visegrad-Region:

«Mehrere Strafverfahren haben (den tschechischen Regierungschef) Andrej Babis nicht daran gehindert, so zu regieren, als wolle er bestätigen, dass die Politik in der Visegrad-Gruppe (neben Tschechien auch Polen, Ungarn und Slowakei) nur etwas für Leute mit starkem Magen sei. Dem ehemaligen Agenten des (kommunistischen Geheimdienstes) StB ist bisher alles durchgegangen. (...) Das große Vorbild von Babis ist (der ungarische Regierungschef) Viktor Orban, der ihn auch persönlich auf einer pompösen Wahlkampfveranstaltung unterstützte. (...)

Orban sieht in Babis einen Verbündeten, den er mit solchen Gefälligkeiten an sich binden kann. Damit er ihm dabei hilft, die Visegrad-Gruppe in ein Länderbündnis umzuwandeln, das eine ganz eigene Definition von Rechtsstaat und Medienfreiheit beansprucht. Babis ist für Orban dabei ein idealer Partner. Schließlich «nervt» ihn die Europäische Union schon lange mit dem Verdacht, das Geld der EU-Steuerzahler in seinem riesigen Interessenskonflikt zu missbrauchen. Die tschechischen Wähler entscheiden daher jetzt nicht nur über das Schicksal ihres Landes, sondern zum Teil auch über die ganze Visegrad-Gruppe.»


«Irish Times»: EU in der Westbalkan-Frage gespalten

DUBLIN: Die in Dublin erscheinende «Irish Times» kommentiert am Freitag den Westbalkan-Gipfel der EU:

«Seit der Aufnahme Kroatiens im Jahr 2013 ist die Unterstützung für die Erweiterung unter den Wählern der EU-Mitgliedstaaten weitgehend eingebrochen. Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, räumte am Ende des Gipfels auch ein, dass die EU, die nur bei Einstimmigkeit vorankommen kann, in der Frage gespalten ist, ob sie die «Kapazität» hat, weitere Mitglieder aufzunehmen. (...)

Neben dem Zuckerbrot finanzieller Unterstützung - der Gipfel beschloss ein wirtschaftliches Investitionspaket für die Region im Umfang von 30 Milliarden Euro - hat die Union versucht, die Aussicht auf einen EU-Beitritt zu nutzen, um Reformen und eine westliche politische Orientierung zu fördern. Doch solche Versprechungen sind leicht gemacht und ebenso leicht auf die lange Bank geschoben, worauf die Türkei und die Ukraine nur allzu gern hinweisen.»


«Hospodarske noviny»: Kurz-Affäre schadet Ruf von Politik und Medien

PRAG: Über die Regierungskrise in Österreich schreibt die liberale Wirtschaftszeitung «Hospodarske noviny» aus Tschechien am Freitag:

«Sebastian Kurz ist zwar unter den Staats- und Regierungschefs bei EU-Gipfeln immer noch der Jüngste, doch haben die Razzien im Kanzleramt und in der ÖVP-Zentrale seine steile Karriere in ihren Grundfesten erschüttert. Zwei Aspekte sind an der ganzen Affäre am schlimmsten: Zum einen wird der Eindruck bestärkt, dass sich Politiker in der Alpenrepublik wohlmeinende Berichterstattung mit öffentlichen Geldern kaufen können. Zum anderen untergräbt die Kurz-Affäre nicht nur das Vertrauen in die Politik, sondern auch in die Medien, deren Aufgabe es eigentlich sein sollte, die Politiker zu kontrollieren.»


«Le Parisien»: Franzosen bewegen sich künftig mit Lastenrädern fort

PARIS: Zur verstärkten Fahrradnutzung in Paris schreibt die Tageszeitung «Le Parisien» am Freitag:

«Die Begeisterung für das Fahrrad ist kein neues Phänomen. Vor dem Aufkommen von Automobilen wimmelte es von Fahrrädern in den Straßen von Paris (...). Autos gab es damals noch nicht, Fahrräder dominierten den Asphalt. Heute sind die Zweiräder wieder im vollen Aufschwung. (...) Heutzutage fahren zur Rushhour auf manchen Hauptachsen der französischen Hauptstadt mehr Fahrräder als Autos. (...) Zum Glück steht die Anzahl der Unfälle in der Stadt nicht proportional zur Explosion des Fahrradphänomens. (...) In den kommenden Jahren werden die Behörden die Fahrradwege der Benutzung anpassen müssen. Die Straßen umbauen, um für Sicherheit zu sorgen. Zweifelsohne zum Nachteil der Autos. (...) Denn die Zukunft sieht so aus, dass die Franzosen sich mit Lastenrädern fortbewegen werden, deren Anzahl sich innerhalb nur eines Jahres vervierfacht hat. (...) Und das Auto (...) könnte dann nur am Wochenende zum Einsatz kommen.»


«Nesawissimaja»: FDP sieht viele Gemeinsamkeiten mit der Union

MOSKAU: Zu den Sondierungsgesprächen in Deutschland schreibt die russische Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» am Freitag:

«Die Grünen haben die Dreiergespräche mit der SPD initiiert, und die Liberalen haben diesem Vorschlag zugestimmt. FDP-Chef Christian Lindner (...) betonte aber, dass er im Gegensatz zu den Grünen viele Gemeinsamkeiten mit den Christdemokraten sehe und deshalb ein Bündnis mit der CDU/CSU eine Option bleibe. Er wird aber keine parallelen Verhandlungen mit der CDU/CSU führen. Deshalb, so heißt es, schließe sich die FDP einer Regierungskoalition der sogenannten Mitte an.

All diese ausweichenden Äußerungen können so interpretiert werden, dass Lindner eine Koalition mit den Christdemokraten anstrebt, die aber wegen der gravierenden Differenzen zwischen CDU/CSU und Grünen noch nicht möglich ist. Er ist daher bereit, über eine Beteiligung der Liberalen an der anderen Dreierkoalition zu sprechen. Ob eine solche Position opportunistisch oder pragmatisch ist, werden die Verhandlungen nun zeigen.»


«Dagens Nyheter»: Energiekrise zeigt Bedeutung schneller Klimawende

STOCKHOLM: Die liberale schwedische Tageszeitung «Dagens Nyheter» (Stockholm) kommentiert am Freitag die hohen Energiepreise:

«Eine Energiekrise erfasst die Welt. Überall steigen die Preise. Teils geht es dabei um die Pandemie. Die hat kräftige Schwankungen bei der Nachfrage geschaffen, auf die sich Produzenten schwer einstellen können. Die Auswirkungen der Pandemie dürften jedoch nur zeitweilig sein. Das gilt nicht für die Klimaumstellung, die ebenfalls eine wichtige Erklärung der hohen Preise ist. Sie erfordert trotz allem, dass fossile Brennträger teurer werden, damit sie von fossilfreien Alternativen in unserem Energiesystem ersetzt werden.

Der Klimawandel und die enormen Kosten, die er mit sich bringt, sind nicht weniger real geworden. Stattdessen unterstreichen die hohen Energiepreise, dass das Tempo der Umstellung gesteigert werden muss - die fossilfreie Produktion muss schnell größer werden. Und dass Atomkraft über absehbare Zeit einen Platz im europäischen Energiemix haben sollte. Die deutsche Abwicklung hat die Abhängigkeit von Gas und Kohle verstärkt. Vernünftigerweise werden mehrere EU-Länder die Haushalte unterstützen, die am härtesten von hohen Preisen betroffen sind. Dabei geht es nicht zuletzt darum, die Lasten der Umstellung gerecht zu verteilen.»


«Washington Post»: Nur kurzes Aufatmen beim Zoff um US-Schuldengrenze

WASHINGTON: Die Abstimmung des US-Senats zur Erhöhung der Schuldengrenze und den vorerst abgewendeten US-Zahlungsausfall kommentiert die «Washington Post»:

«Die Welt kann aufatmen - nur für ein Weilchen, und dann wird sie sich wieder sorgen, ob der staatliche Zahlungsausfall vor der Tür steht. Schumer und der Minderheitsführer (der Republikaner im Senat) Mitch McConnell (...) unterzeichneten keinen Friedensvertrag, sondern nur einen Waffenstillstand über die Schuldenobergrenze (...). Dabei gab McConnell etwas - aber immer noch sehr wenig - Boden auf, und die beiden Anführer schafften es lediglich, sich darauf zu einigen, ihren Konflikt (...) bis Dezember zu verschieben.

Demokraten können dennoch das Gefühl haben, diese Runde gewonnen zu haben, und dass McConnell klein beigeben wird, wenn sie das Land nur nahe genug an die Zahlungsunfähigkeit drängen. Das wäre die falsche Lektion. Demokraten und Republikaner sollten, wie der Rest der Welt, entsetzt darüber sein, wie nahe der Kongress die Nation an den Ruin gebracht hat - und sie sollten jetzt handeln, um in zwei Monaten eine weitere Schuldenkrise abzuwenden. (...)

Auch wenn der Senat die Katastrophe vorerst abgewendet zu haben scheint, war es dennoch ein traumatisches Ereignis. Das Vertrauen in die Regierung des Landes wurde erneut erschüttert. (...) Die Nation sollte keine weitere Runde erleben müssen.»


«NZZ»: Kurz wird kaum neue Bündnispartner finden

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Freitag die Korruptionsvorwürfe gegen Österreichs Kanzler Sebastian Kurz:

«Um den jungen Außenminister zum Kanzler zu machen, gingen seine Getreuen erstaunlich skrupellos vor; sie sahen den Staat als Selbstbedienungsladen. Diese Vorgänge sind nicht nur moralisch fragwürdig, sondern möglicherweise strafbar. (...)

Dass seine eigene Partei ihn fallenlässt, scheint zwar vorerst ausgeschlossen. Doch bricht unter seiner Führung zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren eine Regierung auseinander, wird es ihm schwerfallen, nach allfälligen Neuwahlen wieder Bündnispartner zu finden. Dafür hat Kurz mit seiner Politik im altbekannten Stil zu viel Geschirr zerschlagen.»


«NZZ»: Laschet sollte den Weg sofort frei machen

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Freitag die Ankündigung von CDU-Chef Armin Laschet zu einer personellen Neuaufstellung der Partei:

«Dieser Sturz war zum Schluss keine Überraschung mehr, aber er bleibt atemberaubend. Im Januar wurde Armin Laschet zum Vorsitzenden der CDU gewählt, im April zum Kanzlerkandidaten der Union. Er hatte gute Chancen, Angela Merkel zu beerben und von der Düsseldorfer Staatskanzlei ins Berliner Kanzleramt zu wechseln. Am Ende dieses Jahres wird er weder Parteivorsitzender sein noch nordrhein-westfälischer Ministerpräsident, weder Kanzler noch Oppositionsführer in Berlin. Der Politiker Laschet ist gescheitert, und er scheitert sogar im Abgang. Das gibt seinem Sturz eine tragische Note. Mit einer Erklärung an diesem Donnerstagabend bestätigte Laschet das Urteil, das die Geschichte über ihn fällen wird: Er wurde gewogen und für zu leicht befunden.(...)

Dem Menschen und Bundestagsabgeordneten Armin Laschet kann man nur alles Gute wünschen - und wenigstens im Abgang den Mut zur Grösse. Er sollte den Weg jetzt frei machen und sich von allen Führungsämtern zurückziehen.»


«El Mundo»: China demonstriert seine militärische Stärke

MADRID: Die spanische Zeitung «El Mundo» kommentiert am Freitag die Spannungen zwischen den USA und China wegen Taiwan:

«Experten sehen die Taiwanstraße als mögliches Pulverfass und halten sie für die gefährlichste Region der Welt. Jederzeit kann dort ein Funke einen Krieg auslösen, in den die Großmächte hineingezogen würden. Deshalb verwundert es nicht, dass die jüngsten Drohgebärden des chinesischen Regimes die internationale Gemeinschaft in Alarmbereitschaft versetzt haben. Bis zu 150 Pekinger Kampfjets sind in die Luftverteidigungszone Taiwans eingeflogen. Damit hat der asiatische Riese wieder einmal seine militärische Macht demonstriert. Peking stellt klar, dass es die Insel weiter beansprucht, trainiert sein Militär vor einer möglichen Konfrontation und sendet ein Signal der Stärke Richtung USA.

Die USA sind der wichtigste Verbündete Taipehs und wären von einem kriegerischen Konflikt zwischen der chinesischen Supermacht und der rebellischen Insel sofort betroffen. China ist ein immer mächtigerer Global Player, der unter Xi Jinping in einen Ultranationalismus verfallen ist und eine neoimperialistische Außenpolitik betreibt. China hat bereits die Autonomie Hongkongs rücksichtslos zerstört. Kein Wunder, dass diese Sorge auch die Taiwanesen umtreibt.»


«Der Standard»: Österreich braucht Stabilität

WIEN: Über die Regierungskrise in Österreich schreibt die Wiener Tageszeitung «Der Standard»:

«Die Grünen müssen nun sondieren, ob es möglich wäre, eine Art Übergangsregierung mit Experten zu führen, die von den Oppositionsparteien zumindest geduldet werden. Das ist insofern eine schwierige Übung, als man auch die FPÖ einbeziehen müsste - was bei deren Corona-Kurs nur schwer vorstellbar ist.

Dennoch: Eine Konzentrations-Duldungs-Experten-Minderheitsregierung erscheint derzeit als die demokratisch vernünftigere Variante als sofortige Neuwahlen mit einer ÖVP unter Sebastian Kurz, der sich vollends auf die Opferrolle des zu Unrecht Verfolgten verlegt. Politische Verantwortung und Stabilität - das ist es, was der Rechtsstaat Österreich derzeit braucht. Und Aufklärung. Diese kann die Justiz bringen - wenn man sie in Ruhe arbeiten lässt.»

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