Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Pandemie

Und das nicht allein der Politiker, sondern der Gesellschaft und ihrer Bürger.

Denn Maskenaffäre hin, die strengen Mahnungen Steinmeiers an die Politiker her, gerade jetzt das Wohl ihrer Parteien nicht über das Gemeinwohl zu stellen: Dass die Corona-App ein Fehlschlag wurde, ist ebenso wenig ein Politik- oder gar ein Staatsversagen wie der schleppende Verlauf der Impfkampagne. Es waren mächtige Stimmen aus der sogenannten Zivilgesellschaft, die aus dem Datenschutz über Jahre hinweg jenen Fetisch gemacht haben, der am Ende über den Lebensschutz obsiegte. Und es waren nicht zuletzt Fragen des Haftungsrisikos, die die Verhandlungen mit den Impfstoffherstellern so in die Länge zogen, dass Länder wie die Vereinigten Staaten und das Vereinte Königreich an Europa vorbeigezogen sind.


«Süddeutsche Zeitung» zu politischen Entwicklungen in Baden-Württemberg

Ein Überraschung ist es nicht, dass die Grünen in Baden-Württemberg nun gemäß Winfried Kretschmanns Wunsch wohl weiter mit der CDU regieren werden.

Die überparteiliche Popularität Kretschmanns war der entscheidende Grund dafür, dass die Grünen zum dritten Mal hintereinander die Regierung in Stuttgart anführen. Kretschmann will wegen der Seuche, aber auch wegen der nötigen Weichenstellungen in Sachen Klimapolitik, eine stabile Regierung. Die würde er mit SPD und FDP, zwei Ungefähr-zehn-Prozent-Parteien, die gegeneinander konkurrieren und dies in der Regierung fortsetzen würden, kaum bekommen; zumal die FDP die Grünen nicht nur im Wahlkampf als ihren Hauptgegner verstanden hat. Dass sich nun linke und junge Grüne darüber aufregen, dass Kretschmann nicht mit der FDP koalieren will, ist nahezu absurd: Die FDP versucht sich fast überall als Gegenpol zu einer «bevormundenden» Politik zu zeichnen - und die politische Verkörperung dieser Politik sind für Christian Lindner und viele FDP-Wähler eben die Grünen.


«Guardian»: Kongressmehrheit für Bidens Billionen-Programm ist fraglich

LONDON: US-Präsident Joe Biden will ein Infrastrukturprogramm im Umfang von zwei Billionen Dollar auch mit Steuererhöhungen finanzieren. Dazu meint der Londoner «Guardian» am Freitag:

«Der Spitzensatz der Einkommenssteuer soll von 37 auf 39,6 Prozent steigen. Das würde nur eine durch Donald Trump veranlasste Senkung exakt rückgängig machen. Dennoch stellt Joe Bidens Initiative eine enorme ideologische und fiskalische Herausforderung für Anhänger des Glaubens an einen schlanken Staat und niedrige Steuern dar, der die Politik in den USA und darüber hinaus seit der Ära von Ronald Reagan vor 40 Jahren geprägt hat.

Auch aus diesem Grund wird es für Biden noch schwieriger sein, die Unterstützung des Kongresses zu erlangen. Während viele Demokraten sagen, dieser Plan gehe nicht weit genug, bemängeln andere seinen Umfang und seine Auswirkungen. Angesichts nur hauchdünner Mehrheiten der Demokraten in beiden Häusern und der hartnäckigen Opposition der Republikaner ist es wenig wahrscheinlich, dass der Präsident seinen Willen ohne Zugeständnisse auf beiden Seiten durchsetzen kann.»


«La Stampa»: Unterschiede zwischen Orban, Morawiecki und Salvini

ROM: Zum Treffen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban mit seinem polnischen Amtskollegen Mateusz Morawiecki und dem Chef der rechten Lega aus Italien, Matteo Salvini, schreibt die italienische Zeitung «La Stampa» aus Turin am Freitag:

«Natürlich gibt es viele Unterschiede zwischen den drei Politikern, insbesondere auf geopolitischer Ebene. Angefangen von Russland - Feind Nummer eins für den Polen, aber nicht für die anderen beiden - bis hin zu China und der Türkei, mit denen Orban kein Problem hat, im Namen des Pragmatismus Geschäfte zu machen. Morawiecki bestand eindringlich auf das Konzept des «Atlantismus». Es war unmöglich zu erahnen, wie sich die neue Allianz zu diesen Themen positionieren will, da das Treffen mit einer Pressekonferenz endete, die in Wirklichkeit keine war: Die drei gaben vor den Kameras Erklärungen ab, ohne jedoch Fragen von Journalisten zu beantworten.

Um sie zu vereinen, müssen sicherlich die «jüdisch-christlichen Wurzeln» Europas ebenso wie die traditionellen Werte verteidigt werden, die laut Morawiecki die Grundlage der Konferenz über die Zukunft Europas sein sollten. Orban bezeichnete Salvini als «unseren Helden, um die Einwanderung zu stoppen», als er Innenminister war. Heute ist Salvini ein einfacher Senator, aber in Budapest wird er wie ein Regierungschef begrüßt.


«Gazeta Wyborcza»: Der Club von Putins Marionetten

WARSCHAU: Ungarns Regierungschef Viktor Orban, sein polnischer Amtskollege Mateusz Morawiecki und der ehemalige italienische Innenminister Matteo Salvini wollen ihre Zusammenarbeit ausbauen. Dazu schreibt die Zeitung «Gazeta Wyborcza» aus Warschau am Freitag:

«Wenn in Budapest ein neuer polnisch-ungarisch-italienischer Club von Populisten entsteht, dann wird Wladimir Putin sein Schirmherr. Das Ungarn von Viktor Orban ist zu Russlands trojanischem Pferd in EU und Nato geworden. Orban protestierte gegen die EU-Sanktionen gegen den Kreml. Und jetzt ist er Hauptbefürworter einer Anwendung des russischen Impfstoffs Sputnik. Salvini verbirgt nicht einmal, dass er von Putin fasziniert ist, und nimmt von ihm Geld.

Es ist eine wirklich verdrehte Logik, von der sich (der Vorsitzende von Polen nationalkonservativer Regierungspartei PiS) Jaroslaw Kaczynski leiten lässt. Vor einem Jahr hat er der «Bild»-Zeitung gesagt, Russland müsste Polen Reparationen für den Zweiten Weltkrieg zahlen. Heute drängt er Polen in den Club von Putins Marionetten. Und das ist sicherlich nicht sein letztes Wort.»


«Le Parisien»: Macrons Strategie muss reibungslos ablaufen

PARIS: Zu den neuen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie in Frankreich schreibt die französische Tageszeitung «Le Parisien» am Freitag:

«Mit der jüngsten Salve an Maßnahmen ist es (Präsident) Emmanuel Macron in einem Kraftakt endlich gelungen, die Gemüter zu beruhigen und seine Kritiker zu entwaffnen (...). Um aber die Früchte für die Strategie zu ernten, muss alles reibungslos ablaufen: Die Krankenhäuser müssen Personal für die versprochenen 10.000 Intensivbetten finden. Und vor allem müssen die Impfstoffe pünktlich geliefert werden. Bisher lief die Lieferung der kostbaren Dosen immer chaotisch ab - eine beharrliche Schwachstelle im Plan des Präsidenten.»


«Rossijskaja»: Findige Ideen der Reiseveranstalter in Corona-Zeiten

MOSKAU: Zu möglichen Reisen für eine Impfung gegen das Coronavirus in Russland schreibt die russische Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta» am Freitag:

«Da die Impfkampagne in den italienischen Apenninen äußerst langsam und mit endlosen Unterbrechungen voranschreitet, spielen viele Italiener angesichts der dritten Welle der Epidemie mit dem Gedanken, sich in Russland impfen zu lassen. Vielleicht haben sie schon bald Gelegenheit dazu. Wegen der Pandemie und der geschlossenen Grenzen haben die italienischen Reiseveranstalter seit über einem Jahr kaum noch etwas zu tun. Jetzt stehen sie am Rande ihrer Existenz. Ein Reisebüro aus Bologna, das sich auf Reisen nach Russland spezialisiert hat, will den Moment nutzen, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: sich selbst wieder auf die Beine zu helfen und die Menschen in Italien - sich selbst und ihre Lieben zu schützen.»


«El País»: Brasiliens Militär muss sich von Bolsonaro distanzieren

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Freitag die Regierungsumbildung durch Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro:

«Bolsonaro wollte mit der Regierungsumbildung die Unzufriedenheit mit seiner katastrophalen Corona-Politik besänftigen, hat aber eine Krise mit unvorhersehbaren Folgen ausgelöst. Die Entlassung des Verteidigungsministers und der beispiellose Rücktritt der obersten Militärs erhöhen die Besorgnis über die Richtung, in die der Präsident sein Land im schlimmsten Augenblick der Pandemie treibt.

Das Ausscheiden des Verteidigungsministers und der Armeeführung ist schwerwiegend, da sie Folge des Drucks des rechtsextremen Präsidenten ist. Bolsonaro wollte, dass die Streitkräfte seine extremistische Politik unterstützen. Die Militärführung schlug mit ihrem Rücktritt Alarm über die autoritäre Haltung des Präsidenten, der 2022 wiedergewählt werden will.

Bolsonaro hat viele Militärs in die Regierung geholt. Aber die Armee sollte keine politische Kraft sein. Der Rücktritt der Militärführung kann als Geste zur Verteidigung der verfassungsmäßigen Rolle der Armee als staatliche Institution gesehen werden. Aber das Militär muss sich stärker von Bolsonaros autoritären Allüren, die die Demokratie systematisch untergraben, distanzieren.»

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