Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zur Gefängnis-Reform

Es ist erstaunlich, dass es zwar gelungen ist, Menschen auf den Mond zu transportieren, nicht aber, sichere Gefängnisse zu bauen.

In jeder Haftanstalt finden sich alle Formen der Kriminalität, wie es sie auch «draußen» gibt. In Berlin ist das besonders augenfällig, sind doch die allermeisten Gefangenen in Gebäuden untergebracht, die noch aus Kaisers Zeiten stammen. Die Diskrepanz wird in den kommenden Jahren noch wachsen, da Berlin den Strafvollzug modernisieren will. Es geht darum, auch die Haftanstalten zu digitalisieren. Sei es, um das noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Meldewesen für Gefangene zu reformieren oder insgesamt auszuloten, wie viel Digitalisierung sich in den Haftanstalten realisieren lässt. Dabei sind Rückschläge programmiert, denn mit zunehmender Digitalisierung der Anstalten wird auch die Internetkriminalität Einzug halten. Ein Spagat für alle Beteiligten, der nur schwer gelingen kann.


«Frankfurter Rundschau» zu Astrazeneca/Der 1 b-Impfstoff

Geradezu abstoßend wirkt das unwürdige Gezerre mit der EU.

Die Politik mag unprofessionell agiert, zu wenig und falsch bestellt haben. Aber Astrazeneca gibt ein Bild ab, das alle Negativklischees bedient und dazu angetan ist, jene zu bestärken, die der Pharmaindustrie grundsätzlich misstrauen. Dieser Eindruck reiht sich ein in eine Serie von - diplomatisch formuliert - suboptimal gehandhabten Geschehnissen, die bereits die klinischen Studienphasen des Impfstoffs begleitet haben. Angefangen bei der versehentlichen halben Dosis, die einigen Teilnehmer:innen gespritzt wurde über den unüblichen Weg der Ermittlung der Wirksamkeit bis hin zur Studiengruppe, in der Hochbetagte so gut wie gar nicht und schon Menschen im etwas fortgeschrittenen Lebensalter nur zu einem geringen Prozentsatz vertreten waren.


«Stuttgarter Zeitung» zur Impfstrategie der EU

Deutsche Politiker sind häufig stolz auf die Dinge, die laufen, und machen Brüssel für alles verantwortlich, was schiefgeht.

Mit dieser Aufgabenteilung sollte endlich Schluss sein. In einigen Monaten wird klar sein: Die Operation Impfen muss als einer der ganz großen Erfolge in der Geschichte der EU gelten.


«Münchner Merkur» zu Gamestop/Kurskapriolen an den Börsen

Die Geschichte ist zu schön, um wahr zu sein: Zehntausende Kleinanleger verbünden sich auf Facebook und treiben die bösen Börsenhaie in den Ruin.

Sie tun das, indem sie auf Handelsplattformen wie Robinhood gemeinsam Kurse angeschlagener Unternehmen hochtreiben, gegen die große Hedgefonds zuvor gewettet hatten. Doch die «Robinhoods» sind nicht so putzig, wie sie scheinen. Im Internet organisierte Börsen-Flashmobs verursachen Kurskapriolen, die nicht den wahren Wert von Unternehmen widerspiegeln. Übermäßige Spekulationsneigung geht nicht selten Abschwüngen voraus. Viele Junganleger haben in der öden Coronazeit die Börse für sich entdeckt. Hunderttausendfach haben sie Online-Depots eröffnet. Das ist gut für die Aktienkultur. Aber nur, solange sie die Börse nicht mit einer Zockerbude verwechseln.


«Corriere della Sera»: Druck auf die EU im Impfstoff-Streit ist hoch

ROM: Zum Streit zwischen der EU und den Impfstoffherstellern um Corona-Vakzine und eine Exportbremse schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» aus Mailand am Freitag:

«Die Anspannung ist hoch. In Spanien machte das Gesundheitsministerium - so berichtet es El Mundo - die EU für Verzögerungen bei der Versorgung verantwortlich. Der Druck ist stark. (...) Der sogenannte Mechanismus für Transparenz der Impfstoff-Exporte ist nicht neu. Im vergangenen Frühjahr wurde ein ähnlicher Mechanismus für medizinische Geräte wie Masken eingeführt. (...) Humanitäre Lieferungen sind ausgenommen. Der Mechanismus, der Impfstoffe und nicht Komponenten betrifft, war aufgrund fehlender Impfstoffdosen notwendig, er zielt darauf ab, mehr Klarheit zu schaffen und die europäischen Bürger zu schützen.»


«Lidove noviny»: EU-Staaten durchbrechen Grenztabu

PRAG: Die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien schreibt am Freitag zur Errichtung von Grenzbarrieren im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus:

«Noch vor kurzem hieß es, dass die EU die Grenzen offen halten möchte. Doch dann kündigten erst Norwegen, das im Schengen-Raum, aber nicht in der EU ist, und dann Belgien Restriktionen an ihren Grenzen an. Damit reihen sie sich in einen wachsenden Kreis geschlossener Staaten ein, wie etwa Finnland, Dänemark und Ungarn. Ähnlich könnte sich bald Deutschland entscheiden. Im Vergleich mit dem Jahr 2015 und der Migrationskatastrophe drängt sich ein deutsches Sprichwort auf: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Damals hatte es von offizieller Seite geheißen, dass die Grenzen nicht geschlossen werden könnten - wegen der europäischen Werte, wegen der Bedeutung des Schengen-Systems, oder weil es schlicht nichts bringen würde. Wenn die EU-Staaten nun so schnell dazu bereit sind, das Grenztabu zu durchbrechen, dann werden auch andere Tabus der EU nicht mehr sicher sein, deren Missachtung schmerzhafter wäre.»


«Aftonbladet»: Arbeitspartei in Israel kurz vor dem Verschwinden

STOCKHOLM: Die sozialdemokratische schwedische Tageszeitung «Aftonbladet» (Stockholm) wirft am Freitag einen Blick auf die im März anstehende Parlamentswahl in Israel:

«Am 23. März schreitet Israel zur Wahl. Schaut man auf die Umfragen, dann kann Ministerpräsident Benjamin «Bibi» Netanjahu sehr wohl verlieren. Das wäre historisch. Netanjahu ist zusammengenommen fast 15 Jahre Ministerpräsident gewesen und hat die israelische Politik von Grund auf verändert. Noch historischer ist aber, dass die Arbeitspartei, Israels Sozialdemokraten und die Partei, die den jüdischen Staat aufgebaut hat, aus der Knesset ausscheiden kann. Sie hat derzeit nur drei Abgeordnete und liegt in den meisten Umfragen unter der Schwelle von 3,25 Prozent. Das Schicksal der Arbeitspartei zeigt einmal mehr, dass Parteien ihren Ideen treu bleiben müssen und nicht nur ihre Machtposition schützen sollten.»


«Libération»: EU muss im Kampf gegen das Virus standhaft bleiben

PARIS: Über die Herausforderung für die Europäische Union bei den Covid-19-Impfstoffen schreibt die französische Tageszeitung «Libération» am Freitag:

«In Frankreich, Deutschland und Spanien sind die Impfstoff-Kühlschränke in einigen Regionen leer. (...) Die EU bekräftigt (...), dass es jetzt an der Zeit ist, sich zu beeilen, neue Produktionswege aufzubauen, neue Abkommen zu unterzeichnen und die Zusammenarbeit zwischen Gewinnern und Verlierern dieser schrecklichen Krise zu erzwingen. All das ist mittelfristig richtig, aber mit den neuen mörderischen (Virus-)Varianten, die auf diesem wirklich alten Planeten einfallen, drohen die nächsten drei Monate, schrecklich zu werden. Die EU muss standhaft bleiben, denn ihr Image würde schwere Schäden nehmen, wenn die Solidarität unter den Mitgliedsstaaten zu Bruch geht.»


«de Volkskrant»: Ein Schlag in das Gesicht von Frauen weltweit

AMSTERDAM: Zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes gegen Abtreibung in Polen meint die niederländische Zeitung «de Volkskrant» am Freitag:

«Polens neues Anti-Abtreibungsgesetz, das am Mittwoch trotz heftigen Widerstands in Kraft trat, ist ein Schlag ins Gesicht von Frauen weltweit. Das Recht, über den eigenen Körper zu verfügen, ist ein Grundrecht, für das Frauen sich jahrzehntelang mit Erfolg eingesetzt haben.

Dass polnischen Frauen dieses Selbstbestimmungsrecht durch eine rechtskonservative - männliche - Minderheit im eigenen Land mit einem Federstrich genommen wird, ist äußerst besorgniserregend und verstößt zudem gegen europäische rechtsstaatliche Prinzipien. Polens rechtskonservative PiS-Regierung, die das Land seit 2015 immer weiter von modernen europäischen Werten wegführt, schert das bedauerlicherweise nicht.»


«El País»: Verständigung zwischen USA und China nötig und möglich

MADRID: In der spanischen Zeitung «El País» kommentieren der frühere Nato-Generalsekretär Javier Solana und der frühere Botschafter Eugenio Bregolat am Freitag die künftigen Beziehungen zwischen China und den USA unter deren neuem Präsidenten Joe Biden:

«Trotz ihrer offensichtlichen Rivalität sind die Vereinigten Staaten und China dazu verdammt, sich zu verständigen. Und Biden wird sicherlich mit mehr Geschick, Verantwortung und Weitsicht handeln als sein Vorgänger. Ob Washington und Peking ihre bilateralen Beziehungen reparieren können, davon hängt in hohem Maße Frieden und Wohlstand der Menschheit im 21. Jahrhundert ab.

Konkurrenzkampf in den Bereichen Handel, Technologie, Weltraum oder Sport ist dabei unvermeidlich. Dafür müssen sich beide Seiten aber auf Spielregeln einigen, statt ihre eigenen durchsetzen zu wollen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Förderung von Demokratie und Menschenrechten ruhig, konsequent und vernünftig erfolgt. Der beste Weg ist es dabei, mit gutem Beispiel voranzugehen. Ein Schritt in diese Richtung würde es den USA ermöglichen, ihre unterbewertete «Soft Power» zu verstärken, die historisch eine der Hauptpfeiler ihres Einflusses im Ausland darstellt.»


«Wall Street Journal»: Gamestop ist keine Krise des Aktienmarktes

NEW YORK: Zu der Aufregung um die extremen Kurskapriolen der Aktien des Videospielhändlers Gamestop am US-Finanzmarkt schreibt das «Wall Street Journal»:

«Der Aktienwahn um Gamestop hat Marktspekulanten, Zuschauer, Politiker und sogar das Frühstücksfernsehen in den Bann gezogen. Es ist gewiss ein großes Finanzdrama, wenn Armeen von Kleinanlegern auf Reddit die sogenannten Wölfe der Wall Street jagen. Dies mag ein neues Beispiel für die Macht der sozialen Medien sein, aber es ist keine Krise des Kapitalismus oder des Aktienmarktes.»


«The Times»: Johnson muss an Herzen und Köpfe der Schotten appellieren

LONDON: Der britische Premierminister Boris Johnson hat ein Ende der Debatte über ein zweites Unabhängigkeitsreferendum in Schottland verlangt. Dazu meint die Londoner «Times» am Freitag:

«Ohne Zweifel sind die wirtschaftlichen Argumente für die Unabhängigkeit heute schwächer als vor dem Brexit. Wenn Schottland der EU wieder beitritt, wäre eine Voraussetzung dafür eine harte Grenze zu England, mit dem es mehr als 60 Prozent seines Handels abwickelt. Schlimmer noch, Schottland müsste als Vorstufe zur Einführung des Euros zunächst eine eigene Währung haben, wie das für alle neuen EU-Mitglieder gilt. Das lenkt den Fokus auf Schottlands großes Haushaltsdefizit, das drastisch reduziert werden müsste, um das Vertrauen von Investoren zu erhalten.

Ungeachtet dessen wird Premierminister Boris Johnson wissen, dass wirtschaftliche Argumente allein nicht ausreichen, nachdem er derartige Themen beim Brexit erfolgreich verdrängt hat. Der Kampf muss durch einen Appell an die Herzen und Köpfe gewonnen werden, insbesondere indem man dem Anspruch der Schottischen Nationalpartei (SNP) auf eine ausschließlich schottische Identität mit einer inklusiven britischen Identität entgegentritt.»


«Tages-Anzeiger»: Schritte gegen Gefahr von rechts überfällig

ZÜRICH: Im Zusammenhang mit dem Urteil gegen den Mörder des CDU-Politikers Walter Lübcke beschäftigt sich der Schweizer «Tages-Anzeiger» am Freitag mit dem Rechtsextremismus in Deutschland:

«Auf rund 13.000 schätzt der deutsche Inlandsgeheimdienst derzeit die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten. Viele von ihnen sind Waffennarren und gelten deshalb als besonders gefährlich. (...)

Politik, Geheimdienste, Polizei und Justiz haben die Gefahr endlich erkannt und die Herausforderung angenommen. Während sein Vorgänger die terroristische Bedrohung von rechts noch verharmlost hatte, nahm der neue Chef des Verfassungsschutzes sie entschlossen ins Visier. Thomas Haldenwang ließ nicht nur rechtsextremistische Gefährder stärker überwachen, sondern setzte auch deren politisches Vorfeld unter Druck. Seit zwei Jahren werden nicht nur neue rechtsextremistische Medien und Vereine wegen verfassungsfeindlicher Tätigkeiten beobachtet, sondern auch Teile der Alternative für Deutschland, Deutschlands größter Oppositionspartei.

Die Schritte sind rechtsstaatlich und politisch heikel. Als Lehre aus dem Mord an Walter Lübcke aber sind sie überfällig. Nur so kann Deutschland die «wehrhafte Demokratie» bleiben, als die sie das Grundgesetz von 1949 versteht.»


«NZZ»: Urteil kann nur der Anfang sein

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Freitag das Urteil gegen den Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU):

«Es ist das vorläufige Ende eines schwierigen Verfahrens, in dem sich einmal mehr gezeigt hat, wie weit der Weg zur Wahrheit sein kann. Ans Licht gekommen ist einiges, aber es gibt noch immer dunkle Flecken in dem Mordfall. Dennoch ist auf der Basis eines Geständnisses von Stephan E., mehrerer Versionen des Tathergangs und vieler Widersprüche eine erste strafrechtliche Würdigung der Tat erfolgt. Eine politische Bewertung, die deutlich weiter gehen muss, als es die Strafprozessordnung erlaubt, ist nun ebenso dringend nötig.(...)

Walter Lübcke war der erste von Rechtsextremen ermordete Politiker seit dem Ende der Nazidiktatur in Deutschland. Die einzige Bluttat in den vergangenen Jahren, die diesem Milieu zuzurechnen ist, ist der Mord nicht. Erst vor knapp einem Jahr erschoss ein Täter in Hanau aus rassistischen Motiven neun Menschen, und die Prozesse gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) und den Attentäter von Halle wurden erst vor kurzem abgeschlossen. In all diesen Fällen wurde der Vorwurf laut, dass die Sicherheitsbehörden «auf dem rechten Auge blind» seien - oder es zumindest viel zu oft zudrückten.»


«Gazeta Wyborcza»: Kaczynski hetzt die Polen gegeneinander auf

WARSCHAU: Zur Verschärfung des Abtreibungsrechts in Polen schreibt die linksliberale Zeitung «Gazeta Wyborcza» aus Warschau am Freitag:

«Die Entscheidung des Verfassungsgerichts ist ein Urteil über Frauen in einer tragischen Situation. Die (nationalkonservative Regierungspartei) PiS hat diese Änderung in einer Zeit eingeführt, wo hunderte Menschen wegen eines leistungsschwachen Gesundheitssystems und wegen Covid-19 sterben. Die Menschen verlieren ihre Firmen und ihre Arbeitsplätze, viele haben nichts mehr zum Leben. Die Regierung hat Versammlungen verboten, und die Frauen, die zu Recht ihre Wut über diese Niederträchtigkeit zum Ausdruck bringen, werden von der Polizei geschlagen und mit Bußgeldern bestraft.

So sieht heute die Realität in Polen aus. So hat (PiS-Chef) Jaroslaw Kaczynski die einen Polen gegen die anderen gehetzt. Und es ist nur zweitrangig, ob die PiS mit dem Abtreibungsthema ihre Unfähigkeit im Kampf mit der Pandemie überdecken wollte oder nicht. Mit Sicherheit geht es hier nicht um den Schutz von Menschenleben. Der Skandal um das Abtreibungsrecht wurde angezettelt, weil Kaczynski sah, dass sein politisches Lager zerfällt. Er brauchte also einen Krieg, um es wieder zu zementieren, und musste den Fundamentalisten in der Partei etwas zum Fraß hinwerfen. Aber eine Gemeinheit bleibt eine Gemeinheit.»


«Nowaja Gaseta»: Razzien sollen Nawalnys Team schwächen

MOSKAU: Nach den Protesten in Russland für eine Freilassung des Kremlkritikers Alexej Nawalny hat es Durchsuchungen bei dessen Team gegeben. Vorwurf: Verstöße gegen Corona-Hygieneauflagen. Dazu schreibt die Moskauer Zeitung «Nowaja Gaseta» am Freitag:

«Der «Hygiene-Fall», der sich von den eigentlichen Ermittlungen zu den Kundgebungen vom 23. Januar abgespaltet hat und nun von Durchsuchungen bei der Opposition geprägt war, ist ein Indiz dafür, dass es sich mit Sicherheit um eine absolute Täuschung handelt. Zunächst einmal wurden bei den Razzien bei Nawalnys Anhängern und Verwandten keine Beweise für mögliche Verstöße gegen die hygienischen und epidemiologischen Vorschriften beschlagnahmt, sondern - wie üblich - Ausrüstung und Elektronik. Die Ziele sind klar: die Arbeit zu erschweren und natürlich herauszufinden, wer mit wem in Verbindung steht, wer Mails verschickt - nur damit Fotos und Videos ganz rein zufällig im russischen Staatsfernsehen gezeigt werden können.»


«Nepszava»: Nach dem Brexit könnte Großbritannien zerfallen

BUDAPEST: Über die schwindenden Aussichten auf den Erhalt des Vereinigten Königreichs nach dem Brexit schreibt die Budapester Tageszeitung «Nepszava» am Freitag:

«Als erste könnten die Schotten gehen. Denn sie neigten schon 2014 zur Separation. Den Großteil von ihnen hielt nur der Gedanke davon ab, dass die Loslösung von Großbritannien damals aller Wahrscheinlichkeit nach auch den Verlust der EU-Mitgliedschaft bedeutet hätte. (...) Eine weitere Folge des Brexits wird die Schaffung der irischen Einheit sein. Denn (der britische Premier Boris) Johnson ließ sich mit der EU auf ein Austrittsabkommen ein, das die engen Handelsbeziehungen zwischen Irland und Nordirland einbetoniert, während es die zwischen Nordirland und dem Rest von Großbritannien aushöhlt. (...) In weiterer Folge könnte ein Dominoeffekt eintreten, auch Wales und die britischen Überseegebiete könnten Appetit auf Unabhängigkeit bekommen. (...) Das British Empire, das Jahrhunderte hindurch für unzerstörbar galt, könnte in wenigen Jahrzehnten in Stücke zerfallen.»


«Der Standard»: Zweierlei Kinderrechte in Österreich

WIEN: Zur umstrittenen Abschiebung von drei Schülerinnen aus Österreich schreibt die Wiener Zeitung «Der Standard»:

«Warum werden Minderjährige aus ihrem langjährigen Umfeld gerissen und in Länder zurückgebracht, die sie fast oder gar nicht kennen? Was müsste anders werden, um ihnen und ihren Angehörigen eine solche Misere künftig zu ersparen? Da ist etwa der Umstand zu nennen, dass die Kinderrechte in Österreich zwar im Verfassungsrang stehen, sich die Republik aber Vorbehalte ausbedungen hat: Das Kindeswohl von Minderjährigen mit ausländischem Pass hat einen geringeren Stellenwert als jenes von Kindern, die Österreicher sind. Konkret gelten manche Kinderrechte in Belangen der «öffentlichen Sicherheit» nicht. Das vereinfacht Abschiebungen Minderjähriger in der Praxis beträchtlich; denn zur «öffentlichen Sicherheit» gehört in Österreich auch das dem Innenministerium unterstehende Asyl- und Fremdenwesen.»

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Leserkommentare

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