Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Münchner Merkur» zu Ramstein

Nach monatelanger Debatte um die Kampfpanzer kommen der Kanzler und sein neuer Verteidigungsminister auf die tolle Idee, mal prüfen zu lassen, wie viele der ollen Dinger bei Bundeswehr und Industrie überhaupt herumstehen.

Ein Zählappell, nach fast einem Jahr Krieg in Europa? Im Ernst? Bis heute wartet der Hersteller Rheinmetall auf einen Auftrag zur Instandsetzung der dort lagernden Panzer. Bei so viel Trägheit muss einem angst und bange sein, nicht nur um die Ukraine, aber um die ganz besonders. Scholz und Pistorius spielen weiter auf Zeit, doch genau die haben die Verteidiger in der Ukraine nicht mehr. Putins Rüstungsschmieden laufen auf Hochtouren, während sich im westlichen Bündnis deutlich erkennbar Risse auftun. Daran ist allerdings nicht nur der Kanzler schuld. Es ist schade, dass Washington sich in der Frage der Lieferung von Abrams-Kampfpanzern nicht bewegt hat.


«Stuttgarter Zeitung» zur Debatte um Panzerlieferungen an die Ukraine

Es gibt eine Reihe europäischer Länder, die Kampfpanzer liefern wollen - und es ist auch Deutschlands Verantwortung, dass die Europäer sich über diese Frage nicht zerstreiten, während Putin amüsiert zuschaut.

Scholz sollte sich einen doppelten Ruck geben. Der Kanzler muss den Weg frei machen, dass andere Länder den Leopard 2 an die Ukraine liefern können. Wenn er dies tut, muss es - mit dem Segen der USA - eine gemeinsame Initiative der Europäer geben. In ihr sollte auch Deutschland den Leopard 2 an die Ukraine liefern. Es ist an der Zeit.


«Pravda»: Tschechische Wahl ist geprägt von Feindseligkeit

BRATISLAVA: Zur Präsidentschaftswahl im Nachbarland Tschechien schreibt die linksliberale slowakische Tageszeitung «Pravda» am Freitag:

«Ob (der ehemalige tschechische Nato-General Petr) Pavel oder (der populistische Ex-Regierungschef Andrej) Babis gewinnt, wird auf der europäischen Bühne keine wichtige Rolle spielen. (...) Zum Kandidaten der städtischen Demokraten, Intellektuellen, der Künstler-Gesellschaft und Europa-Anhänger wurde ein bekehrter kommunistischer Geheimdienstler, während den Arbeitenden, der ländlichen Bevölkerung sowie den linken und rechten Heimatbewussten und Euroskeptikern nichts anderes übrig bleibt, als einen Milliardär zu unterstützen, ebenfalls Ex-Kommunist und angeblich Stasi-Spitzel.

Mitverantwortlich für die Absurdität, dass die eine Seite sich selbst einredet, ein knallharter Kapitalist sei eigentlich ein großer Menschenfreund, während die Gegenseite so tut, als würde ein uniformierter Karrierist das Ethos von Vaclav Havel auf die Prager Burg (Anm.: den Präsidentensitz) zurückbringen, ist die Atmosphäre der blinden Feindseligkeit. Die Eliten kompensieren ihre Frustration über wiederholte Wahlsiege der ländlichen Plebs, und ebendiese Plebs grenzt sich hasserfüllt von ihrer Vorstellung arroganter Prager Elitärer ab. Wegen dieser gegenseitigen Feindseligkeit müssen die tschechischen Wähler den Kelch der Bitterkeit bis zum Boden austrinken, obwohl jedem vernünftigen Beobachter klar ist, dass dabei alle verlieren, unabhängig davon, welcher Kandidat gewinnt.»


«Hospodarske noviny»: Westen muss Rüstungsproduktion ankurbeln

PRAG: Zur Ukraine-Geberkonferenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein schreibt die liberale Zeitung «Hospodarske noviny» aus Tschechien am Freitag:

«Der Frühling wird wahrscheinlich eine entscheidende Phase für die weitere Entwicklung des Ukraine-Kriegs sein, der nach Ansicht der meisten Experten noch lange andauern wird. Es zeigt sich, dass der Westen langsam seine Lagervorräte an Waffen, Munition und weiterem Kriegsmaterial aufbraucht. Er hat während des zurückliegenden Jahres Zeit mit Diskussionen vergeudet, statt die Rüstungsproduktion auf volle Touren zu bringen. Zudem orientieren sich Umfang und Schnelligkeit der Hilfe für die Ukraine nicht an den Bedürfnissen der ukrainischen Armee. Sie hängen vielmehr von innenpolitischen Erwägungen in den Geberländern ab. Was wir brauchen, ist eine grundlegende Übereinstimmung unter allen europäischen Verbündeten, dass wir uns auf eine Kriegsproduktion von Rüstungsgütern ausrichten. Das muss rasch in der Praxis umgesetzt werden. Gestern war es schon zu spät.»


«Politiken»: Schickt Kampfpanzer in die Ukraine

KOPENHAGEN: Die liberale dänische Tageszeitung «Politiken» (Kopenhagen) kommentiert am Freitag das Treffen in Ramstein über die weitere Unterstützung der Ukraine:

«Deutschland hat gezögert und Entschlüsse verschleppt, ist heute aber militärisch wie wirtschaftlich der größte europäische Geber für die Ukraine, ebenso wie es sich von seiner unglückseligen Abhängigkeit von russischer Energie befreit hat. Frankreich hat sein eigenes Spiel gespielt, um Moskaus Vertrauen zu erlangen. Entscheidend für die Nato ist aber, dass die Allianz auch beim Treffen in Ramstein Zusammenhalt und Willen demonstrieren kann, die Ukraine weiterhin zu unterstützen, bis (Russlands Präsident Wladimir) Putin bereit ist, seinen Krieg zu beenden und seine Soldaten aus dem Land abzuziehen.

Heute steht Russland einer kampfbereiten Ukraine gegenüber, die mit westlichen Waffen in der Lage ist, Putins Truppen zu vertreiben. Das erfordert unter anderem eine Raketenabwehr mit den Patriot-Batterien, die auf dem Weg sind, und die Leopard-Panzer, die nun wohl folgen sollen. Die Russen müssen wissen, dass die Nato und die EU nach dem Ende von Putins Invasion in die Ukraine zu einer friedenserhaltenden Zusammenarbeit bereit sind. Nicht vorher.»


«Le Figaro»: Rentenreform sollte trotz Protest durchgesetzt werden

PARIS: Zu den landesweiten Streiks und Demonstrationen gegen die geplante Rentenreform in Frankreich schreibt die konservative französische Tageszeitung «Le Figaro» am Freitag:

«Jedes Mal, wenn es um die Renten geht, bietet sich das gleiche Schauspiel. Das Land bäumt sich auf. (...) Doch was sind schon eine Million Demonstranten bei rund 30 Millionen Erwerbstätigen? Ein Tropfen Wasser, der bei den Aufläufen der Gewerkschaften immer aus den gleichen Menschen besteht: Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes und ähnliche Personen, die übrigens am wenigsten von den Veränderungen betroffen sind. Es stimmt, die Mehrheit der Franzosen ist mit der Verlängerung des gesetzlichen Renteneintrittsalters nicht einverstanden, aber nur diejenigen, bei denen nicht viel auf dem Spiel steht, können es sich leisten, zu demonstrieren. (...)

Dennoch hat diese Reform nichts Revolutionäres ... Aus dem einen oder anderen Grund (...) werden 40 Prozent der Franzosen von der Erhöhung des Rentenalters auf 64 Jahre verschont. Besser noch, die Reform berücksichtigt zum ersten Mal die niedrigsten Renten und wertet sie auf. Die Exekutive sollte daher angesichts des Drucks von der Straße keinen Grund haben, nachzugeben.»


«De Tijd»: Scholz' Haltung in der Panzerfrage ist nicht abwegig

BRÜSSEL: Zur Debatte um die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine meint die belgische Zeitung «De Tijd» am Freitag:

«Infolge des Gerangels zwischen Deutschland und den USA wird die Lieferung ohnehin nicht bald erfolgen. Die Leopard-Panzer sind zwar einfacher zu bedienen als die amerikanischen Abrams-Panzer, aber auch sie erfordern eine Ausbildung. Fachleute sind sich einig, dass die Panzer ohnehin nur mit Verspätung geliefert werden und frühestens im Frühjahr, vielleicht sogar erst im Sommer, eingesetzt werden können. (...)

Zudem gibt Russland nicht einfach klein bei. Der Kreml versichert, dass die Panzer zerstört werden und droht mit weitreichenden Gegenmaßnahmen, sollte der Westen Langstreckenraketen in die Ukraine schicken. Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew droht bereits mit einem Atomkrieg, sollte sein Land in dem konventionellen Konflikt auf eine Niederlage zusteuern.

Die Angst vor einer solchen Eskalation macht Olaf Scholz zu einem vorsichtig agierenden Bundeskanzler, der von seinem mächtigsten Verbündeten Garantien verlangt. Das ist gar nicht so abwegig.»


«The Telegraph»: Putin darf nicht im Nachhinein Recht bekommen

LONDON: Zur Debatte um die Lieferung von Panzern des Typs Leopard 2 an die Ukraine meint die britische Zeitung «The Telegraph» am Freitag:

«Amerikanische Präsidenten haben immer wieder beklagt, dass sich europäische Länder weigern, mehr Verantwortung für ihre eigene Verteidigung zu übernehmen. Seit Jahren drängt Washington darauf, die Militärausgaben in Europa auf das Nato-Minimum zu erhöhen, und stößt dabei oft auf den Widerstand der reichsten Länder des Kontinents. Es gibt kein ungeheuerlicheres Beispiel für diese Haltung als die Weigerung Deutschlands, die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine zu gestatten, solange die Amerikaner nicht zu einem ähnlichen Schritt bereit sind. (...)

Natürlich ist dies eine Angelegenheit der Nato, und die USA sind das größte und mächtigste Mitglied. Aber es war wohl das Versagen, Russland in den vergangenen Jahren die Stirn zu bieten - insbesondere Deutschlands Abhängigkeit von russischer Energie -, das Wladimir Putin in dem Glauben bestärkte, er könne ungestraft in sein Nachbarland einfallen, weil der Westen sich nicht gegen ihn verbünden würde. In dieser Hinsicht hatte sich der russische Staatschef geirrt, aber Deutschland darf ihm jetzt nicht im Nachhinein noch Recht geben.»


«La Vanguardia»: Erster großer Test in Macrons zweiter Amtszeit

BARCELONA: Die spanische Zeitung «La Vanguardia» kommentiert am Freitag die Streiks in Frankreich gegen die geplante Rentenreform:

«Frankreich hat einen Tag massiver Demonstrationen und Streiks erlebt. Es war eine Machtdemonstration der Gewerkschaften gegen das Vorhaben, das Rentenalter von derzeit 62 auf 64 Jahre anzuheben und die Zahl der Beitragsjahre zu erhöhen, die für die volle Rente erforderlich sind. Die große Mobilisierungsfähigkeit der französischen Gewerkschaften erklärt sich zu einem großen Teil daraus, dass diese Ablehnung der Rentenreform laut Umfragen von der Mehrheit der Bürger geteilt wird.

Die Franzosen sind zusammen mit den Schweden die europäischen Bürger mit dem niedrigsten Rentenalter und einem der besten Verhältnisse zwischen Beiträgen und Leistungen, und sie verteidigen diese Position als eine ihrer großen sozialen Errungenschaften. Der gestrige Protesttag ist der erste große Test in Macrons zweiter fünfjähriger Amtszeit. Er verteidigt die Reform als notwendig, um die generationsübergreifende Solidarität aufrechtzuerhalten. Aber obwohl Macron die Federführung des Projekts an seine Premierministerin Elisabeth Borne delegiert hat, wird er sich kaum der mit der Reform verbundenen politischen Abnutzung entziehen können.»


«de Volkskrant»: Ukraine muss alte Sowjetpanzer ersetzen

AMSTERDAM: Zur Debatte um die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine heißt es am Freitag in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:

«Nach Ansicht von Experten ist der Leopard 2 (von dem mehr als 2000 Stück in Europa bei mehr als 10 Nato-Verbündeten im Einsatz sind) ideal geeignet, um die zuvor gelieferten alten sowjetischen Panzer zu ersetzen. Wie bei der Munition und der Artillerie muss die Ukraine auch in diesem Bereich auf westliche Ausrüstung umsteigen, da die Bestände an sowjetischer Ausrüstung zur Neige gehen. (...)

Die Diskussion über die Lieferung moderner westlicher Panzer folgt einem mittlerweile bekannten Muster. Die westlichen Länder begannen ihre militärische Unterstützung vorsichtig und unternahmen im Laufe der Zeit Schritte, von denen sie zuvor gedacht hatten, sie würden damit zu weit gehen. Kritiker sagen, diese «selbst auferlegten roten Linien» führten dazu, dass die westliche Waffenhilfe den Realitäten auf dem Schlachtfeld hinterherlaufe, wofür die Ukraine einen hohen Preis zahle.»

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Leserkommentare

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