Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu Sportkurse in Parks

Es ist gut, dass Friedrichshain-Kreuzberg jetzt klare Regeln schafft: Wer im Park kostenpflichtige Sportkurse anbieten will, muss dafür Geld an den Bezirk zahlen.

Das ist nur gerecht. Immerhin müssten die Organisatoren für die Nutzung einer Sporthalle oder einen -platz auch eine Gebühr entrichten. Die Einnahmen könnten wiederum gut genutzt werden, um die Grünflächen zu pflegen und zu erhalten. Während zu Coronazeiten nur vereinzelte Sportgruppen auf den Grünflächen zu sehen waren, wird es mittlerweile immer voller. Das wirkt sich auch auf die Rasenflächen aus. Deshalb ist es wichtig, dass die Kurse vom Bezirk zentral geordnet werden, sodass die Grünflächen nicht zu sehr übernutzt werden. Wichtig wäre jedoch eine berlinweit einheitliche Regelung. Denn wenn die anderen Bezirke nicht mitziehen, besteht die Gefahr, dass die Trainer in Friedrichshain-Kreuzberg ihre Kurse in anderen Parks anbieten - und damit das Problem verlagern, anstatt es zu lösen.


«Stuttgarter Zeitung» zu Wechsel an der DGB-Spitze

Existenziell wird es, wenn die Koalition im neuen Lichte ihr Versprechen infrage stellt, das Rentensystem ohne große Veränderungen stabil zu halten.

Anlass dazu gäbe es durchaus: Selbst in konjunkturell günstigen Zeiten müsste sich die Ampel diese Baustelle wegen der demografischen Entwicklung vornehmen. Je größer die Löcher in der Rentenkasse ausfallen, desto dringlicher wird eine Revision. Wenn aber der Eindruck entsteht, dass Rüstung und Rente gegeneinander ausgespielt werden, dann muss die neue Vorsitzende sogar einen Rückfall in alte Agenda-Zeiten fürchten. Eine solche Finsternis will im DGB niemand wieder erleben.


Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu EU-Überlegungen für den Wiederaufbau der Ukraine

Sie (die Kriegsschäden) dürften schon jenseits von einer Billion Euro liegen.

Auf die internationale Gemeinschaft kommt deshalb eine gigantische Aufgabe zu, sobald der Krieg vorüber ist. Die EU-Kommissionspräsidentin hat die Debatte darüber jetzt eröffnet. Sie sieht die Wiederaufbauhilfe in der Pandemie als Vorbild - im Gegenzug mussten sich die Staaten zu Reformen verpflichten. So wäre es auch für die Ukraine. Das könnte der Hebel sein, um das Land tatsächlich an einen EU-Beitritt heranzuführen. Für die Mitgliedstaaten hieße es, dass die Kommission abermals Schulden aufnimmt, um einen Wiederaufbau zu bezahlen. Es gäbe gute Gründe dafür, aber es wäre auch ein Systemwechsel. Die Europäer tun gut daran, sich dieser Debatte jetzt zu stellen. Denn niemand sollte darauf setzen, dass der Krieg noch lange dauert.


«Frankfurter Rundschau» zu Kommunalwahl in Großbritannien

(Es gab) für die Torys nicht viel Verwunderliches, als ein wichtiger Magistratssitz nach dem anderen verloren ging - nicht alle an Labour, manche an die Liberaldemokraten, manche gar an die Grünen.

Man könnte daraus einen nachhaltigen Politikwandel in dem vom Brexit gepeinigten Königreich lesen wollen: weg von den «großen» Parteien, hin zu mehr Demokratie. Fehlanzeige. Einmal steht dagegen die schiere Bräsigkeit des für das Debakel ausgemachten Hauptschuldigen Johnson. Dann weiß man lange schon, dass alle Anstalten von interner Revolte bei den Torys genau dann verpuffen, wenn wer die Frage nach dem Machterhalt stellt. Und schließlich tun die Verluste in England (Wales, Schottland und Nordirland haben die Torys noch nie interessiert) zwar weh, aber Labour, Liberale und Grüne bleiben disparate Häuflein. Schade.


«Pravda»: Atomare Abschreckung funktioniert nicht mehr

BRATISLAVA: Die linksliberale slowakische Tageszeitung «Pravda» warnt am Freitag vor dem Risiko eines Atomkrieges:

«Der Krieg in der Ukraine lässt sich teilweise auch mit dem Glauben des Westens erklären, dass Moskau unter keinen Umständen Atomwaffen einsetzen werde, und teilweise mit der Überzeugung Moskaus, dass der Westen sehr wohl Atomwaffen gegen Russland einsetzen wolle. Ohne diesen Glauben, dass die Russen ihre Atomwaffen sicher nicht einsetzen, hätten die Amerikaner keine Nato-Osterweiterung gewagt. Und wenn die Russen nicht überzeugt wären, dass die Amerikaner sie früher oder später mit Atomwaffen angreifen werden, hätten sie sich nicht zu ihrer "Verteidigung durch Angriff", wie ihre Version des Ukraine-Kriegs lautet, entschlossen. (...)

Auf beiden Seiten wird bereits mit der Möglichkeit eines Atomwaffeneinsatzes kalkuliert. Mit konventionellen Waffen führt der Konflikt in der Ukraine nämlich zu keinem Ende. Die Russen sind schon bis an die Zähne bewaffnet und die Ukrainer werden gerade von den Amerikanern bis an die Zähne bewaffnet. Die Dynamik einer sich immer weiter drehenden Konfliktspirale ist unerbittlich. Da funktioniert nicht einmal mehr der Selbsterhaltungstrieb als letzte Abschreckung. Die Gefahr einer Apokalypse wird von der Unsicherheit befeuert, ob die Politiker sich wirklich der Wirkung dieser Waffen bewusst sind, über die sie verfügen.»


«Aftonbladet»: Putin ist dabei, seine besten Kunden zu verlieren

STOCKHOLM: Die sozialdemokratische schwedische Tageszeitung «Aftonbladet» (Stockholm) kommentiert am Freitag das geplante EU-Embargo gegen russisches Öl:

«Europa wird von den Sanktionen gegen Russland betroffen sein, aber die Konsequenzen für den Kreml können noch größer sein. Und das gilt nicht nur für die unmittelbaren Auswirkungen während des Krieges. Wladimir Putin ist dabei, den Ast abzusägen, auf dem er oder eigentlich der gesamte russische Staatsapparat sitzt. Die russische Fossilindustrie verliert ihren wichtigsten Markt, und die Frage ist, ob er zurückkommen wird. Wird man dazu gezwungen, sein Energiesystem umzubauen, dann ist es nicht wahrscheinlich, dass man zurückkehrt, selbst dann nicht, wenn Russland seine Ansprüche in der Ukraine aufgeben würde. In einem Bereich nach dem anderen suchen die Länder der EU nach Möglichkeiten, sich von der Abhängigkeit von Russland zu lösen. Letztendlich kann die russische Fossilindustrie ohne ihre besten Kunden dastehen.»


«El País»: Die Unterwerfung der französischen Sozialisten

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Freitag die Entscheidung der geschwächten französischen Sozialisten, dem euroskeptischen Bündnis gegen Präsident Emmanuel Macron beizutreten:

«Das Bündnis der Sozialisten mit der Partei La France Insoumise (LFI, Das aufsässige Frankreich) unter Führung von Jean-Luc Mélenchon bricht mit der pro-europäisch geprägten Tradition des französischen Sozialismus. Der Pakt schlägt eine Bresche für einen Nationalpopulismus, der bisher nicht zur sozialistischen Identität gehörte. Mélenchons Programm für die Präsidentschaftswahl im April sprach von einem «Bruch» und einer «Konfrontation» mit den EU-Verträgen. Die Vereinbarung mit den Sozialisten verwässert die Wucht dieser Sprache zwar ein wenig, die Absicht aber bleibt. Es werde notwendig sein, bestimmte EU-Regeln zu missachten, während man sich für deren Änderung einsetze. Also nationales Recht vor EU-Recht, so ähnlich wie in Ungarn oder Polen. Eine riskante Unterwerfung der Sozialisten unter die euroskeptische Führung Mélenchons und seine nationalen Abenteuer.»


«NZZ»: Söder hat keinen Koffer mehr in Berlin

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» beschäftigt sich am Freitag mit der politischen Karriere des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder:

«Vor einem Jahr war Markus Söder bereit, München zu verlassen und sein Glück in Berlin zu versuchen. Damals schien es, als habe die Bundesrepublik auf ihn gewartet. (...) Stattdessen ging Armin Laschet ins Rennen um die Kanzlerschaft und verlor. Heute steht Söder als zerzauster Regionalpolitiker vor den Trümmern seiner Ambitionen - und die CSU entwickelt sich zur Chaospartei. (...)

Die CSU steckt ebenso in einer Identitätskrise wie der Ministerpräsident. Beide wissen nicht, wofür sie gegenwärtig gebraucht werden. Die Bühne der Bundespolitik ist ihnen weitgehend verschlossen, weil dort andere den Takt bestimmen. Je stärker Außenpolitik zum zentralen Feld der Innenpolitik wird, desto weniger kann eine Regionalpartei punkten. Auch aus der Abgrenzung zur CDU kann die CSU kein programmatisches Profil mehr gewinnen. Wahlsiege demnächst in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen verschöben die Gewichte weiter zugunsten der CDU. Schlechtes Regierungshandeln in Bayern und persönliche Fehler kommen hinzu. So gibt Söder das traurige Bild eines Stimmungspolitikers ab, der keine Stimmung zu entfachen weiß - und keinen Koffer mehr in Berlin hat.»


«Le Monde»: Nur stärkere Sanktionen können Ukraine-Krieg beeinflussen

PARIS: Zu einem möglichen Öl-Embargo der Europäischen Union gegen Russland schreibt die französische Tageszeitung «Le Monde» am Freitag:

«Russland ist essenziell für die Energieversorgung (der Europäischen Union). Während die USA recht komfortabel ein Embargo gegen Moskau verhängen können, ist die Situation nicht die gleiche für die Europäer, die deutlich heftigere Konsequenzen zu tragen hätten. Aber genau unter dieser Bedingung kann eine Sanktionspolitik Erfolge erzielen. (...)

Doch die Gefahr von Unstimmigkeiten innerhalb der EU besteht. Während Deutschland sich hat überzeugen lassen, droht Ungarn, das wie die Slowakei sehr abhängig von russischem Öl ist, und keine kurzfristige Alternative hat, sein Veto einzusetzen. Die 27 können nicht das Risiko eingehen, alles für zwei Länder zu kippen, die letztlich nur einen geringen Anteil an den europäischen Ölimporten aus Russland haben. Budapest schätzt, dass die Ausnahmeregel, die ihr bis 2023 zusteht und erlauben würde, weiter (Öl) von Russland zu beziehen, nicht ausreicht. Diese Regel zu verlängern, könnte die Energiesicherheit garantieren, ohne die Effizienz des Embargos in Frage zu stellen.

Es gibt wenig Hoffnung, dass die bisher verhängten Sanktionen (den russischen Präsidenten) Wladimir Putin davon abhalten werden, seine Ziele zu verfolgen. Nur wenn sie intensiviert werden, können sie den Verlauf dieses dramatischen, völkerrechtswidrigen und für die Interessen der EU gefährlichen Krieges beeinflussen.»


«The Guardian»: Gemeinsame Front gegen Russland erfordert Solidarität

LONDON: Zum geplanten Ölembargo der EU gegen Russland meint der Londoner «Guardian» am Freitag:

«Eine Einigung auf ein Ölembargo wäre der bisher deutlichste Beweis dafür, dass Putins Krieg für die rasche Entstehung eines neuen Europa sorgt. Noch vor einem Monat schien es zweifelhaft, dass die EU so schnell so weit gehen könnte. Vor allem Deutschland hat innerhalb weniger Wochen jahrzehntealte Prämissen der Wirtschafts- und Außenpolitik über den Haufen geworfen.

Die Entwöhnung der EU-Länder von Russlands Öl und Gas wird den notwendigen Übergang zu sauberer Energie beschleunigen. Wenn eine gemeinsame Front aufrechterhalten werden soll, ist auch die Art von wirtschaftlicher Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten erforderlich, die während der Pandemie wegweisend war.

Italiens Ministerpräsident Mario Draghi sagte in dieser Woche, dass angesichts der Krisen, mit denen der Westen konfrontiert ist - vom Konflikt in der Ukraine bis zum Klimanotstand - die Integration und Koordination der EU schneller vorankommen muss. Die Vorschläge der EU-Kommission sind nicht nur eine wichtige Unterstützung für die Ukraine, sondern auch ein weiterer Schritt in Richtung eines autonomeren Europa, das stärker zusammenhält.»


«Sydney Morning Herald»: Legitimität ist für Republikaner irrelevant

SYDNEY: Zum möglichen Ende des liberalen Abtreibungsrechts in den USA schreibt die australische Zeitung «Sydney Morning Herald» am Freitag:

«Diese Entscheidung ist zutiefst antidemokratisch und steht im Widerspruch zu den Ansichten von 60 bis 70 Prozent (je nach Umfrage) der Amerikaner (...), aber die Legitimität ist für die Republikaner irrelevant, wenn es um das Verbot von Abtreibungen geht. (...) Obwohl die Entscheidung selbst völlig vorhersehbar ist, ist das Durchsickern des Dokuments eine große Sache, da noch nie zuvor ein vollständiger Gesetzentwurf veröffentlicht wurde. Das ist ein Zeichen dafür, was hier auf dem Spiel steht und wie weit das jetzt völlig politisierte Gericht gehen wird, um Frauen daran zu hindern, ihren Körper zu kontrollieren. (...)

Leider scheinen die Demokraten ratlos zu sein. Nachdem sie jahrzehntelang von äußerst zielorientierten Republikanern ausmanövriert wurden, scheinen sie nun völlig machtlos. Vielleicht drückt sich die Wut der Wähler in der Unterstützung der Demokraten bei den Halbzeitwahlen im November aus, aber solange es keine Lösungsangebote gibt, scheint diese Umkehrung der Frauenrechte nicht aufzuhalten zu sein.»

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