Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Donnerstag

Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Donnerstag

«Frankfurter Rundschau» zu Niedriglohn-Studie/Bertelsmann-Stiftung

Niedriglöhne sind für viele Menschen keineswegs der Einstieg in immer bessere Zeiten.

Ein großer Teil der schlecht Bezahlten kommt aus dieser Situation zumindest für Jahre nicht mehr hinaus. Wer nun glaubt, es handele sich nur um Mängel an einem insgesamt gerechten System, die sich leicht beheben ließen, irrt. Der Niedriglohnsektor ist aus Sicht dieses Systems kein Fehler, sondern ein erwünschter Bestandteil. Gerhard Schröder, der dem neoliberalen Modell mit seiner Agenda 2010 zum Durchbruch verhalf, hat das unumwunden zugegeben. Wollten sich Politik und Gesellschaft von diesem Armutszeugnis befreien, wäre mehr notwendig als ein paar Korrekturen. Sie bringen nichts, wenn der Reichtum nicht konsequent umverteilt wird. Woran sollten wir das Gemeinwohl messen, wenn nicht daran, dass möglichst alle auskömmlich leben können?.


«Duma»: Die USA gegen die Welt

SOFIA: Zum Remdesivir-Großeinkauf aus den USA schreibt die sozialistische bulgarische Oppositionszeitung «Duma» am Donnerstag:

«Die Verwaltung von (US-Präsident) Donald Trump kaufte alle 500.000 Dosen des Medikaments Remdesivir, das nachgewiesen (die Lungenerkrankung) Covid-19 kuriert. In den nächsten drei Monaten wird es dieses Medikament für Europa, Lateinamerika und Asien nicht mehr geben - also für die ganze Welt nicht mehr. Der Wahlslogan von Donald Trump war ja «Amerika über alles». Jetzt zeigt dieser Slogan seinen giftigen Stachel, weil er zu «Amerika über die Welt» oder «Amerika gegen die Menschheit» wird. (.) Amerika gibt sich aus als Richtungsstern für eine zivilisierte Entwicklung, für das Lebensmodell und den Fortschritt der anderen Völker. Doch in dem Fall mit Remdesivir wird der primitive Instinkt des Banditen aus dem Wilden Westen aktiv.»


«Pravo»: Trumps konfrontativer Kurs rächt sich

PRAG: Die linksgerichtete Zeitung «Pravo» aus Tschechien schreibt am Donnerstag zum Wahlkampf in den USA:

«Donald Trump scheint seine Wiederwahl vom falschen Ende her anzupacken, wenn man auf Umfragen und die Kurse der Wettbüros blickt. (...) Für den US-Präsidenten rächt sich sein konfrontativer Kurs. Die Coronavirus-Pandemie gibt er als Lappalie aus, die bald abklingt, und er macht Druck hin zu einer schnellen Wiederbelebung der Wirtschaft. Doch seine alternative Weltsicht droht wie ein Kartenhaus zusammenzufallen, denn in Arizona und anderen Bundesstaaten, die auf Trumps Rezept gesetzt haben, breitet sich die Infektion gefährlich aus.

Nach dem Mord an dem Schwarzen George Floyd hat der Präsident zwar Polizeireformen angeordnet, aber keine Worte gefunden, die zur nationalen Versöhnung beigetragen hätten. Umso schlimmer es für ihn steht, desto öfter behauptet Trump, dass die Briefwahl ein Einfallstor für Betrug sei und den Demokraten nütze. Das ist leider ein sehr destruktives Vorgehen. Denn sollte Trump das Ergebnis der Novemberwahlen nicht anerkennen, würde das zu einer Verfassungskrise führen.»


«Latvijas Avize»: Corona und unsere Einstellung zum Tod

RIGA: Zum Umgang mit dem Coronavirus meint die national-konservative lettische Zeitung «Latvijas Avize» am Donnerstag:

«Die Covid-19-Krise enthüllte viele neue Dinge - in der Wirtschaft, der Politik, den Medien und den internationalen Beziehungen. Auch zu unserer Einstellung zum Tod. Es stellt sich die Frage: Warum sorgt sich der moderne Mensch nicht um den Tod auf der Autobahn oder durch Ertrinken? Und ist darüber hinaus nicht besonders besorgt über alkoholbedingte Leberzirrhose, nikotininduzierten Lungenkrebs, von elementarer Fettleibigkeit ganz zu schweigen. Es zeigt sich, dass ihn am meisten der Tod in einem Krankenhausbett erschreckt, mit einer Sauerstoffmaske im Gesicht. Warum? Psychologen, Philosophen und Theologen suchen nach einer Antwort darauf. Doch lasst uns bis dahin jetzt den schönen Sommer genießen. Lasst uns an die frische Luft gehen, schwimmen, Fahrrad fahren, in den Wald und an den Strand gehen! Dies ist die beste Antwort auf den Virus!»


«La Vanguardia»: Merkel kann eine stärkere EU hinterlassen

MADRID: Zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft schreibt die spanische Zeitung «La Vanguardia» am Donnerstag:

«In diesen nächsten sechs Monaten wird (Bundeskanzlerin Angela) Merkel sich nicht auf die Rolle der Garantin der europäischen Stabilität beschränken können, wie sie es seit 2005 gemacht hat. Sie muss zum politischen Motor werden, der Abkommen wie jene über den Fonds zum Wiederaufbau oder über den Gemeinschaftshaushalt möglich macht. Wenn die Kanzlerin es schafft, die europäische Solidarität wiederherzustellen, wird sie zweifellos ein Stück Geschichte schreiben und uns eine stärkere und geeintere Europäische Union hinterlassen.»


«Dernières Nouvelles d'Alsace»: Struktureller Rassismus ist uralt

STRAßBURG: Belgiens König Philippe hat öffentlich Bedauern über die Gräueltaten im Kongo während der Kolonialzeit geäußert. Das kommentiert die französische Tageszeitung «Dernières Nouvelles d'Alsace» am Donnerstag:

«(...) Was uns der belgische König sagt, ist, dass der strukturelle Rassismus, der unsere Gesellschaften vergiftet (...) aus uralten Zeiten stammt. Einem so unermesslich großen und unbeschreiblichen Trauma wie diesem entgegenzutreten, ist der erste unentbehrliche Schritt eines langen Weges.»


«Nesawissimaja»: Russen haben Putin Vertrauen ausgesprochen

MOSKAU: Zur Volksbefragung über die neue Verfassung in Russland, die Kremlchef Wladimir Putin die Macht sichert, schreibt die Moskauer Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» am Donnerstag:

«Der letzte Tag der Volksabstimmung hat die Prognosen bestätigt, wonach der Machtapparat von Anfang an eine sichere Mehrheit - bis hin zur Dreiviertelmehrheit - für die Verfassungsänderungen hatte (...) Die Opposition hat darauf gebaut, dass sie noch Gegner mobilisiert, doch ihre Ressourcen haben sich als gering erwiesen. Es wird wahrscheinlich Beanstandungen geben dazu, mit welchen Mitteln diese Mehrheiten erreicht wurden, aber Präsident Wladimir Putin hat diese Vertrauensabstimmung gewonnen.

Diejenigen, die nicht einverstanden sind, haben sich bereits auf eine Antwort verständigt: In Moskau, in Sankt Petersburg und in einer Reihe von anderen Städten haben vereinzelte Proteste begonnen. Der Machtapparat wird nun entscheiden müssen, was er mit diesem Vertrauensvorschuss anstellt, sonst wird das die Opposition mit Protesten zerstören.»


«Diena»: Widersprüchliche wirtschaftliche Realitäten

RIGA: Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Krise in Lettland schreibt die lettische liberale Tageszeitung «Diena» am Donnerstag:

«Die neuen wirtschaftlichen Realitäten von Covid-19 sind ziemlich widersprüchlich. Sie erschweren es wahrscheinlich auch hartgesottenen Ökonomen, die Zukunftsaussichten der wirtschaftlichen Entwicklung vorherzusagen. Was wir heute sehen, sind einerseits weiterhin für die Öffentlichkeit geschlossene Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe. Anderseits erwecken die Warteschlangen und beladenen Einkaufskörbe in den Supermärkten keine Vorstellung über das Aufkommen einer Krise. Es wird sogar die Meinung vertreten, dass es zumindest vorerst keine Krise gibt, sondern nur kleine kurzfristige Schwierigkeiten, und das Schlimmste bereits hinter uns liegt. Natürlich nur unter der Annahme, dass es nicht zu einer neue Welle an Ausbrüchen kommt. In einem solchen Szenario werden sowohl Lettland als auch viele andere europäische Länder, insbesondere im Mittelmeerraum, mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert sein.»


«Hospodarske noviny»: Demokratie weltweit auf dem Rückzug

PRAG: Zum neuen chinesischen Sicherheitsgesetz für Hongkong schreibt die liberale Wirtschaftszeitung «Hospodarske noviny» aus Tschechien am Donnerstag:

«Die kommunistische Regierung Chinas macht sich augenscheinlich nichts daraus, dass sowohl die USA als auch die Europäische Union und Australien die Einschränkungen der Rechte der Bürger Hongkong verurteilen. Mit der Annahme des neuen Sicherheitsgesetzes gibt es in der früheren britischen Kronkolonie keinen funktionierenden Rechtsstaat als Pfeiler der Demokratie und des Wirtschaftslebens mehr. Und basta, heißt es aus Peking, das damit deutlich macht, dass es sich nicht an internationale Verpflichtungen hält. Stattdessen setzt China in seiner unmittelbaren Nachbarschaft auf mehr oder weniger brutale Machtdemonstrationen. Das erinnert irgendwie an die Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014. Die Demokratie ist in der Welt nach Einschätzung der US-amerikanischen Menschenrechtsorganisation Freedom House seit mehr als 14 Jahren auf dem Rückzug. In Hongkong zeigt sich das besonders anschaulich.»


«Kommersant»: Russlands Opposition uneins im Kampf gegen Verfassung

MOSKAU: Zur Volksbefragung über die neue Verfassung in Russland, die Kremlchef Wladimir Putin die Macht sichert, schreibt die Moskauer Tageszeitung «Kommersant» am Donnerstag:

«Die Opposition war sich schon von Anfang an uneinig darüber, wie sie gegen die Verfassungsänderungen kämpfen will. Sie konnte sich am Ende auch nicht einmal darauf einigen, gegen die Ergebnisse der Abstimmung zu protestieren. Der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny hatte das ganze Verfahren boykottiert und seine Anhänger nicht zu Straßenprotesten aufgerufen (.) Er hatte stets auf die Gefahr durch das Coronavirus hingewiesen und sich deshalb auch keinen Aktionen angeschlossen. Die Initiatoren der Kampagne «Njet!» (Nein) sind zwar auf den Puschkin-Platz gegangen, um zu demonstrieren, sie konnten aber nur etwa 300 Anhänger dort versammeln. Die Proteste gegen die Grundgesetzänderung verliefen friedlich.»


«De Standaard»: Westen hat Hongkongs Demokraten im Stich gelassen

BRÜSSEL: Zum neuen chinesischen Sicherheitsgesetz für Hongkong meint die belgische Zeitung «De Standaard» am Donnerstag:

«Die Demokratie-Aktivisten in Hongkong hatten auf Unterstützung des Westens gehofft. Doch sie wurden von den Ländern, mit denen sie ihre staatsrechtlichen Prinzipien und ihre demokratische Weltanschauung teilen, im Stich gelassen. Wenn es wirklich darauf ankommt, wagt es kein westliches Land, Peking in die Quere zu kommen. Europa lässt nun wissen, «besorgt zu sein». Dabei wird es wohl bleiben. Eigentlich ist das beschämend. Die Freiheit von 7,5 Millionen Hongkongern wog minder schwer als die wirtschaftliche Macht, die 1,4 Milliarden Einwohner der Volksrepublik China darstellen.

Die EU beruht auf den Idealen von Freiheit und Demokratie, aber im Zweifelsfall gehen die Handelsinteressen vor. Die wenig kampflustige Haltung der Europäischen Union ist umso schmerzlicher, als die USA und Großbritannien durchaus noch Widerstand leisten - wenngleich abgewartet werden muss, wie ernst das gemeint ist.»


«La Repubblica»: Putin will Phase als «lahme Ente» vermeiden

ROM: Zur Verfassungsabstimmung in Russland, in der es auch um einen Machterhalt von Kremlchef Wladimir Putin ging, schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» am Donnerstag:

«Putin, der 2024 nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit von sechs Jahren in Folge hätte abtreten müssen, kann sich erneut für zwei weitere bewerben und bis mindestens 2036, dem Jahr seines 84. Geburtstags, an der Macht bleiben. Aber es ist gar nicht gesagt, dass er das tun wird. Nach Einschätzung verschiedener Experten ist es nicht sein Ziel, ihm die Macht fürs Leben zu garantieren, sondern eine Mandatsphase als «lahme Ente» und - wie Putin selbst es in den vergangenen Tagen betonte - eine schädliche «Suchphase nach potenziellen Nachfolgern» zu verhindern. Neben der Stärkung der Vorrechte des Präsidenten und des Staatsrats, eines Organs, das bereits von Putin geleitet wird, werden in dem Paket mit 200 Änderungen verschiedene konservative Grundsätze eingeführt wie der «Glaube an Gott», die Ehe nur als «Vereinigung von Mann und Frau» und Russisch als «Sprache der ethnischen Gruppe, aus der der Staat besteht». Aber es gibt auch populistisch ausgerichtete Norm-Zusagen wie die jährliche Rentenanpassung und einen Mindestlohn über der Armutsgrenze.»


«Aftenposten»: China verstärkt die Unterdrückung

OSLO: Die konservative norwegische Tageszeitung «Aftenposten» (Oslo) kommentiert am Donnerstag die Verhaftung von Demonstranten nach der Einführung des neuen Sicherheitsgesetzes:

«Hier ist das Dilemma der Hongkong-Chinesen: Die Briten können ihnen nicht mehr helfen. Das kann auch kaum der Rest der Welt, außer indem er Unterstützung zeigt und Asyl anbietet. Die Oppositionellen müssen pragmatisch handeln, um nicht die Reste der Freiheit zu riskieren. Wenn die chinesischen Führer Hongkong mit Haut und Haaren verschlingen wollen, tun sie es. (...) Die Menschen in Hongkong genießen immer noch mehr Freiheit als andere Chinesen, aber der Unterschied wird allmählich geringer. Die Chinesen werden den Griff um Hongkong wohl kaum lockern. Im Gegenteil. Er wird fester. Die Welt kann wenig tun, um das zu verhindern.»


«The Times»: Westen muss China Grenzen setzen

LONDON: Großbritannien stellt Bewohnern seiner ehemaligen Kronkolonie Hongkong eine Einbürgerung in Aussicht. Dazu meint die Londoner «Times» am Donnerstag:

«Das ist der richtige und ehrenhafte Kurs. Das Recht auf Asyl, auf den Status eines British National Overseas (BNO) und auf einen Weg zur Erlangung der britischen Staatsbürgerschaft sollte auf alle Hongkonger ausgedehnt werden. Jedoch erfordert die gegenwärtige Krise mehr als eine Hand der Freundschaft auszustrecken. Peking agiert auf der internationalen Bühne mittlerweile ungestraft, weil westliche Demokratien und deren Anführer zu oft wirtschaftliche Motive vor ihre moralische und gesetzliche Pflicht zur Verteidigung und Aufrechterhaltung der Menschenrechte stellten und es erlaubt haben. (...)

Es ist ein trauriges Zeichen für Großbritannien und seine Verbündeten, dass US-Präsident Donald Trump als einziger nennenswerten Widerstand gegen Peking geleistet hat. Die Krise in Hongkong zeigt, dass die zwei Systeme von Demokratie und Totalitarismus nicht miteinander kompatibel sind. Wenn der Westen nicht handelt, wie schmerzlich das wirtschaftlich auch sein mag, wird China dies als grünes Licht für weiteres aggressives Verhalten betrachten.»


«de Volkskrant»: Peking setzt auf Abschreckung

AMSTERDAM: Zu Chinas Sicherheitsgesetz für Hongkong schreibt die niederländische Zeitung «De Volkskrant» am Donnerstag:

«Der umstrittenste Aspekt des Gesetzes ist die Einrichtung einer Behörde, des National Security Office, das unter Kontrolle der chinesischen Regierung steht. In Ausnahmefällen - die so vage definiert sind, dass «ausnahmsweise» auch häufiger vorkommen kann - ist die Behörde für eine Untersuchung zuständig. Dann würde ein Verdächtiger wohl nicht nach Hongkonger, sondern eher nach chinesischem Recht strafrechtlich verfolgt. (...)

Eine Null Toleranz für Unabhängigkeitsplädoyers war zu erwarten. Die Frage ist jedoch, ob das Gesetz auch gegen die breite Protestbewegung eingesetzt wird, die weniger für Unabhängigkeit eintritt als für Demokratisierung. Es wird erwartet, dass Peking nicht sofort gegen sie vorgeht, sondern vor allem auf Abschreckung setzt. Mit dem Sicherheitsgesetz, das wie ein Damoklesschwert über ihren Köpfen hängt, werden sie vielleicht weniger geneigt sein, auf die Straße zu gehen oder kritische Meinungen zu äußern.»


«NZZ»: KSK dient dem Staat, und nicht sich selbst

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Donnerstag die von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer angestrebte Reform des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr:

«Zu klären haben die KSK-Kämpfer vor allem, dass Kameraderie und Korpsgeist dort aufhören müssen, wo (Rechts-)Extremismus beginnt. Abzuschaffen sind «ein fehlgeleitetes Eliteverständnis sowie ein interner Personenkult», wie der Bericht des Ministeriums kritisiert. Denn die Truppe dient Staat und Gesellschaft, nicht sich selber.(...)

Die Bürger wären gut beraten, die Militärs in diesem Kampf nicht allein zu lassen. So richtig es ist, auf extremistische Umtriebe in der Bundeswehr hinzuweisen, so wichtig ist es, den KSK-Soldaten Anerkennung für ihren Einsatz von Leib und Leben zu zollen. Denn wer eine solche Wertschätzung hat, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich weniger anfällig für den Einfluss derjenigen extremistischen Rattenfänger, die eine Gesellschaft mit ausgeknipster Freiheit wollen.»


«Die Presse»: Beim EU-Vorsitz Deutschland geht es um die Wurst

WIEN: Zur deutschen Ratspräsidentschaft schreibt die Wiener Zeitung «Die Presse» am Donnerstag:

«Das Coronavirus ist nicht nur eine Gefahr für die Gesundheit der Europäer, es gefährdet auch den Fortbestand der Union selbst. Die Folgen der Pandemie werden die Abstände zwischen den EU-Mitgliedern derart vergrößern, dass im allerschlimmsten Fall das Bindegewebe des Binnenmarkts reißt. Auf Bundesdeutsch ausgedrückt: Diesmal geht es um die Wurst. Der Ruf nach einem Befreiungsschlag in drei- bis vierstelliger Milliardenhöhe wird immer lauter - in der Hoffnung, nach der Krise werde man zum Status quo ante zurückkehren können.

Das Motto des deutschen Vorsitzes trägt dieser Hoffnung Rechnung: "Europa wieder stark machen" - mit Betonung auf "wieder". Doch ein Zurück ist weder möglich noch wünschenswert. (...) Deutschland kann den Rahmen des europapolitisch Möglichen erweitern - eben weil die Coronakrise präzedenzlos ist und vor keinem Musterschüler haltmacht. Wie es der Zufall so will, verhandelt die EU parallel dazu über ihren Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027. Die normative Kraft des Faktischen, die Reformen in der EU so schwer macht, ist für die nächsten sechs Monate weitgehend außer Kraft gesetzt.»

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