Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Donnerstag

Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Donnerstag

«Times»: Politik muss sich auf nächste Virus-Krise besser vorbereiten

LONDON: Der frühere britische Premierminister David Cameron hat die Schaffung einer globalen Viruskontrollorganisation vorgeschlagen. Dazu meint die Londoner «Times» am Donnerstag:

«Ihre Aufgabe würde darin bestehen, Pandemien vorherzusehen und Regierungen bei der Bekämpfung neuer Krankheitserreger zu beraten. Dieser Plan verdient Unterstützung und die Regierung von Boris Johnson würde gut daran tun, sich dafür einzusetzen. Der Mangel an Vorbereitung auf die gegenwärtige Coronavirus-Krise sollte Politikern die Notwendigkeit klarmachen, besser auf die nächste Krise vorbereitet zu sein. Und es sicher, dass die nächste Krise kommen wird. (...)

Die WHO hat nur langsam auf das Coronavirus reagiert. Ihre Leistungsfähigkeit wurde durch Chinas Bemühungen beeinträchtigt, das Problem zu verschleiern und Schuld abzuwälzen. Eine Organisation, die nicht politisch beeinflusst, mit einem einzigen Thema befasst und von der Wissenschaft statt von Realpolitik getrieben ist, könnte einen Unterschied machen. Die Welt ständig auf neu entstehende Viren abzusuchen, könnte in den kommenden Jahrzehnten Millionen von Menschenleben retten.»


«Latvijas Avize»: Ligo = Lettland

RIGA: Zur Bedeutung des Mittsommerfestes - auf lettisch: Ligo - meint die national-konservative lettische Tageszeitung «Latvijas Avize» am Donnerstag:

«Ligo war, ist und bleibt ein wesentlicher Bestandteil der lettischen Identität und ein lebendiger Ausdruck ihrer Besonderheit. In der Nachkriegszeit im Exil in Nah und Fern - von Stockholm bis Sydney, von Lübeck bis Los Angeles - stärkte dieses Fest das ethnische Selbstbewusstsein der Exilanten und bewahrte deren jüngere Generation vor der Assimilation. Heutzutage, wenn Lettland bereits seit 30 Jahren wieder frei und der Eiserne Vorhang nur eine düstere Erinnerung geblieben ist, hat sich eine ziemlich große lettische Diaspora gebildet. Und man kann durchaus behaupten, dass Ligo weltweit gefeiert wird. (...) Ligo beschreibt gegenwärtig das echte globale Lettischsein. Trotz des verdammten Coronavirus.»


«Pravda»: Die Corona-Infektionsgefahr im Urlaub ist groß

BRATISLAVA: Die linksliberale slowakische Tageszeitung «Pravda» mahnt am Donnerstag zur Achtsamkeit gegenüber weiterhin bestehender Corona-Ansteckungsgefahren:

«Als Anfang Juni die epidemiologischen Maßnahmen gelockert wurden, atmeten die Menschen auf. Drei Monate strenger Quarantäne erschienen vielen furchtbar lang. Es wäre aber nichts falscher als zu glauben, nun sei alles überstanden. Da wir ja keinen Impfstoff gegen Covid-19 haben, ist noch nichts gewonnen.

In der Slowakei haben wir die Pandemie zwar bisher außerordentlich gut bewältigt, doch sollten wir im Auge behalten, dass es in mehreren europäischen Ländern wieder einen Anstieg der Infektionen gibt. Ähnliche Covid-19-Hotspots wie in Gütersloh (...) gibt es in Europa mehrere. Und da die Grenzen wieder offen sind, besteht natürlich die Gefahr, dass jemand eine Ansteckung auch zu uns einschleppt. Dann wäre alle bisherige Mühe vergeblich gewesen. (...)

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand aus dem Urlaub eine Infektion als unerwünschtes Souvenir mit nach Hause bringt, ist sehr hoch. Allein schon weil im bevorzugten slowakischen Urlaubsziel Kroatien die deutschen Touristen dominieren und Deutschland ja nach Spanien und Italien die höchsten Covid-19-Infektionszahlen in Europa aufweist.»


«La Repubblica»: Corona bringt Müllprobleme

ROM: Die italienische Zeitung «La Repubblica» (Donnerstag) sieht ein zunehmendes Problem mit Müllbergen in der Corona-Krise:

«Die Überlastung der Krankenhäuser ist nur einer der Gründe für die Zunahme des Mülls auf der ganzen Welt. (...) Die Pandemie hat die Bürger gezwungen, Schutzausrüstung wie Handschuhe und Masken zu benutzen, die nun oft nicht ordnungsgemäß entsorgt werden. (...) Die Pandemie wird wahrscheinlich auch alte Gewohnheiten wiederbeleben, die der Bevölkerung mühsam abtrainiert wurden: wie zum Beispiel den Verbrauch von Einwegplastik und Einwegverpackungen. Der ist wegen der Zunahme von Online-Einkäufen während der Ausgangssperren stark gestiegen.»


«Aftonbladet»: Palästinenser werden zu Trumps letztem Opfer

STOCKHOLM: Die sozialdemokratische schwedische Tageszeitung «Aftonbladet» (Stockholm) kommentiert am Donnerstag die Ankündigung der US-Regierung, Israel freie Hand bei der Entscheidung über Annexionen im Westjordanland zu lassen:

«Die Palästinenser seien Donald Trumps erstes Opfer gewesen, schrieben wir im Januar 2017 kurz nach seiner Amtseinführung. Jetzt, wenn im besten Fall nur noch wenige Monate übrig bleiben, bis eine neue Regierung übernimmt, können wir feststellen, dass die Palästinenser auch einige der letzten Opfer des US-Präsidenten werden können. Israel könnte bereits in der nächsten Woche große Teile des Westjordanlandes annektieren, das entspräche dem sogenannten Friedensplan von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Dagegen sprechen natürlich alle möglichen internationalen Gesetze. Als Russland die Krim annektierte, hat die Welt protestiert. Es gibt keine Begründung dafür, Israel in der Hinsicht anders zu behandeln.»


«Diena»: Kooperation statt Konflikt in Corona-Krise nötig

RIGA: Zum Streit in Lettland über ausbleibende Hilfen für die Tourismusbranche schreibt die lettische liberale Tageszeitung «Diena» am Montag:

«Natürlich arbeitet sowohl im öffentlichen Sektor als auch im Wirtschaftsumfeld eine Vielzahl unterschiedlicher Menschen - es gibt verantwortungsbewusste Beamte wie auch leichtfertig agierende Unternehmer. Unbestreitbar ist die Coronavirus-Krise eine große Herausforderung für alle. In dieser Krise könnten der öffentliche und der private Sektor jedoch endlich zusammenarbeiten, statt sich wie zwei kriegführende Armeen zu verhalten. Wenn viele Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit einstellen, werden die Steuerzahlungen sinken und dies könnte auch Vergütung der Beschäftigten im öffentlichen Sektor gefährden. Selbst die Fans von Bürokratie sollten das verstehen!.»


«Iswestija»: Das Heldentum der Sowjetunion nicht vergessen

MOSKAU: Zur Militärparade in der russischen Hauptstadt Moskau zum 75. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland schreibt die russische Tageszeitung «Iswestija» am Donnerstag:

«Die Parade in diesem Jahr wird als die größte in die Geschichte eingehen. Dass sie spektakulär und zugleich monumental war, sagten hochrangige Gäste aus dem Ausland und die geladenen Veteranen unisono. 14.000 Soldaten, darunter Vertreter aus 13 Ländern, und Hunderte Einheiten historischer und moderner Technik... Die Hauptsache ist aber nicht die Schau selbst, sondern wofür sie überhaupt veranstaltet wird: Es ist unsere Pflicht, an das Heldentum des sowjetischen Volkes zu erinnern, die die Hauptlast im Kampf gegen den Nationalsozialismus trug. Experten sind sich einig, dass es wichtig ist, die historische Wahrheit zu bewahren, damit sich so eine ähnliche Tragödie in der Zukunft nicht wiederholt.»


«de Volkskrant»: Lukaschenko sieht sich stärker bedroht denn je

AMSTERDAM: Zur bevorstehenden Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland) heißt es am Donnerstag in der niederländischen Zeitung «De Volkskrant»:

«Seit 1994 hat Staatschef Alexander Lukaschenko schon fünf Präsidentenwahlen gewonnen - oft, indem er Gegenkandidaten durch die Wahlkommission abweisen ließ und durch Tricksereien mit den abgegebenen Stimmen. 2010 ließ er fast alle seine Rivalen festnehmen, nachdem es Massenproteste gegen die Wahlfälschung gab. Diesmal sieht sich Lukaschenko noch stärker bedroht. Sein Umgang mit der Corona-Epidemie wird vielfach kritisiert. Obendrein hat die ohnehin nicht gerade florierende Wirtschaft des Landes einen schweren Schlag erlitten, unter anderem durch die sinkenden Preise für Ölprodukte, die Belarus (Weißrussland) an europäische Länder verkauft.»


«De Standaard»: Sträfliche Kurzsichtigkeit

BRÜSSEL: Finanzhilfen an Fluggesellschaften sollten mit Klimazielen verbunden werden, meint die belgische Zeitung «De Standaard» am Donnerstag:

«Noch sind die Flughäfen halb verwaist, die Anzahl der Flüge ist noch immer begrenzt und in den Maschinen sind nicht alle Plätze besetzt. Aber wenn wir nicht aufpassen, werden wir bald wieder Rekordzahlen verzeichnen, mit all dem dazugehörenden CO2-Ausstoß. (...) Die Finanzhilfen, mit denen Regierungen Fluggesellschaften zu retten versuchen, ohne diese an ehrgeizige Klimaverpflichtungen zu binden, zeugen von einer geradezu sträflichen Kurzsichtigkeit. Um Zehntausende Tote durch das neue Coronavirus zu verhindern, haben wir unsere Wirtschaft sowie das öffentliche und soziale Leben nahezu lahmgelegt. Und die Regierungen zauberten plötzlich Hunderte Milliarden aus dem Hut. Um jedoch eine vielfach höhere Anzahl Klimatote zu verhindern, haben wir kaum mehr übrig als leere Worte.»


«Le Parisien» : Mit dem Virus leben bedeutet Risiko

PARIS: Die anhaltenden Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie in Frankreich kommentiert die französische Tageszeitung «Le Parisien» am Donnerstag:

«Mit Covid-19 leben lernen: Diese Warnung, die am Ende der Ausgangssperre ausgesprochen wurde, wird nun Realität. (...) Bevor man ein Flugzeugticket kauft, muss man Nachforschungen über die gesundheitlichen Regeln des Ziellandes anstellen. Im Verlauf der Tage erfährt man, dass diese Schule in Frankreich oder jenes Bundesland in Deutschland einen Teil-Lockdown einleiten muss. Die Regierung lockert die Abstandsregeln in der Arbeit und es wird sich der Kopf darüber zerbrochen, wie die Rückkehr ins Büro organisiert werden kann. Damit leben lernen. (...) Während man auf die Impfung wartet, deren Markteinführungsdatum noch unklar ist, muss man mit dem Virus auskommen und akzeptieren, dass man dieses Risiko eingehen muss, wenn man den normalen Lebensgang wieder aufnehmen will.»


«Rzeczpospolita»: Polens Präsident lässt sich von Trump ausnutzen

WARSCHAU: Der Treffen von Polens Staatsoberhaupt Andrzej Duda mit US-Präsident Trump kommentiert die konservative polnische Zeitung «Rzeczpospolita» am Freitag:

«Genau das wollte Andrzej Duda vermeiden. Aber es ist ihm nicht gelungen. Donald Trump hat (Duda) ausgenutzt, um Angela Merkel ein weiteres Mal zu bestrafen. Es ist nicht wirklich klar, welchen Gewinn Polen daraus ziehen könnte. Im Ausschimpfen der Kanzlerin ist der US-Präsident seit langem geübt. Aber während der Pressekonferenz nach dem Treffen mit Duda bekam Polens wichtigster politischer und wirtschaftlicher Partner in Europa ganz besonders viel ab. Am Ende kam (Trump) zu der klaren Schlussfolgerung: Ja, die zusätzlichen Soldaten, die Polen bekommen soll, werden aus Deutschland abgezogen.

Polens Präsident, der alle zwei Minuten «Danke» in Richtung Trump sagte, versuchte in diesem Punkt, sich zu widersetzen. Aber nur ganz sanft. Er sagte, dass natürlich die Amerikaner darüber entscheiden würden, wo sie ihre Soldaten hinschicken. Es sei aber doch sehr wichtig, dass sie in Europa blieben. Zu der Äußerung, dass (die US-Truppen) in Deutschland bleiben sollen, fehlte Duda der Mut.»

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