Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Donnerstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«24 Tschassa»: Hackerangriffe kann es überall geben

SOFIA: Nach dem Hackerangriff auf die größte Benzin-Pipeline in den USA schreibt am Donnerstag die bulgarische Zeitung «24 Tschassa»:

«Wenn über Hacker die Rede ist, mag einer denken, dass dies sehr weit von seiner Welt entfernt ist und ihn nie treffen wird. (...) Hacker haben nun eine Hauptpipeline blockiert, so dass Amerika praktisch von einem Stillstand (der Fahrzeuge) bedroht ist. (...) Die Welt ist digitaler denn je geworden und ist mehr als jemals zuvor verwundbar durch Hackerangriffen. Die möglichen Ziele sind auf diversen Ebenen - von riesigen Datenbanken mit persönlichen Angaben über den höchstgeheimen Zugang zu Waffen jeden Kalibers bis hin zum einfachsten alltäglichen Level.»


«Corriere della Sera»: Europa ist in der Migrationsfrage blockiert

ROM: Zu den steigenden Zahlen von Bootsmigranten im Mittelmeerraum schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» aus Mailand am Donnerstag:

«An den Migranten verdeutlichen sich die weiterhin sehr tiefen Risse eines Europas mit 27 verschiedenen Empfindlichkeiten, wo die Besonderheit eines jeden alle anderen blockiert (...), und das ist etwas, was sich durch den gemeinsamen Schock der Pandemie nur teilweise gebessert hat; Europa offenbart seine Neigung zur eigenen Abschaffung, indem es die italienische Mittelmeergrenze außer Acht lässt. (...)

EU-Kommissarin Ylva Johansson forderte die anderen EU-Mitglieder auf, «Italien zu unterstützen», räumte aber ein, dass «wir nur langsam vorankommen». EU-Quellen erklärten dazu, dass es keine konkreten (Übernahme-)Verpflichtungen gibt, zumindest im Moment nicht.»


«Financial Times»: Keine Sicherheit ohne Zugeständnisse

LONDON: Die Londoner «Financial Times» kommentiert am Donnerstag die Eskalation im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern:

«Bei den Israelis sollte die schlimmste Gewalt seit sieben Jahren die von Premierminister Benjamin Netanjahu propagierte Vorstellung erschüttern, dass die Besetzung des Westjordanlandes und die Belagerung des Gazastreifens keine Konsequenzen für die Sicherheit Israels haben. Netanjahu hat ein Jahrzehnt darauf verwendet, die Wähler zu überzeugen, dass Israel sicher sein und gesunde internationale Beziehungen genießen kann, ohne Zugeständnisse an die Palästinenser zu machen. Es ist eine Strategie, die es ihm ermöglichte, Israels dienstältester Premierminister zu werden, während er das Land nach rechts steuerte. (...) Die Palästinenser sind heute mehr denn je an den Rand gedrängt. (...) Aber es gibt keinen Sieg für Israel. Stattdessen gießen seine Aktionen Öl in eine leicht entflammbare Umgebung. Explosionen können jederzeit passieren. Und wie die rasche Eskalation beweist, wird die Hamas Krisen schnell ausnutzen, um ihren Anspruch auf die palästinensische Führung zu untermauern.»


«Lidove noviny»: Israel ist Opfer und nicht Täter

PRAG: Die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien schreibt am Donnerstag zum wieder aufflammenden Nahostkonflikt:

«Für die einen ist die Hamas der Aggressor, denn sie feuert bewusst Raketen auf zivile Ziele ab. Für andere ist es Israel, weil auf seiner Seite weniger Opfer zu beklagen seien als im Gazastreifen. Doch wenn man letztere Logik auf den Zweiten Weltkrieg anwendet, würde man zu Unrecht die USA zum Aggressor und Deutschland und Japan zu Opfern stempeln. Israel zog sich im Jahr 2005 aus dem Gaza-Streifen zurück. Seither muss es zusehen, wie sich das Gebiet in ein Zentrum des Fanatismus und zu einer Gefahr für die Sicherheit des Landes verwandelt. Glaubt noch irgendjemand, dass sich Israel nach dieser Erfahrung auch aus dem Westjordanland zurückziehen wird?»


«The Times»: Zwei-Staaten-Lösung kann nicht aufgezwungen werden

LONDON: Die Londoner «Times» beschäftigt sich am Donnerstag mit der Haltung der USA im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern:

«Die USA glauben zu Recht nicht, dass unwilligen Parteien eine Zwei-Staaten-Lösung aufgezwungen werden kann. Die Biden-Regierung kann wenig tun, außer auf Einstellung der Feindseligkeiten zu drängen. Aber die Botschaft muss ständig wiederholt werden, vor allem weil in weiter Ferne zu liegen scheint, dass Amerika und seine Verbündeten eine Koexistenz zwischen einem souveränen Palästina und einem sicheren Israel anstreben. Beide nationalen Ansprüche sind angemessen. So unwahrscheinlich es auch aussehen mag, konstruktive Staatskunst auf beiden Seiten könnte dies eines Tages erreichen.»


«The Independent»: Kein Friedensprozess im Nahen Osten ohne die USA

LONDON: Zum Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern schreibt der Londoner «Independent» am Donnerstag:

«Es wird gesagt, kein Land müsse dieses Ausmaß an Bedrohung hinnehmen, und Israel habe das Recht, sich zu verteidigen. Das ist wahr. Und Israel zögert ja auch nur selten, auf Gewalt mit eigener, strafender Gewalt zu reagieren. Aber es funktioniert nicht immer. Das «Iron Dome»-Raketenabwehrsystem ist beeindruckend, aber nicht unüberwindbar. Die Hamas-Kräfte werden nicht zu eliminieren sein, egal wie hart Israel sie trifft. Wenn eine militärische Lösung möglich wäre, hätte man sie schon längst erreicht. (...)

Aber natürlich kann der Friedensprozess keine großen Fortschritte machen, ohne dass die USA bei der Netanjahu-Regierung intervenieren. Auch wenn Präsident Joe Biden dringendere Prioritäten hat als die meist vergebliche Suche nach einem dauerhaften Frieden im Nahen Osten und sich unbedingt aus Afghanistan und dem Irak zurückziehen will, sind die Szenen, die sich in Israel und im Gazastreifen abspielen, eine weitere Erinnerung für ihn, dass Amerika und die Welt es sich nicht leisten können, die Region auf Dauer zu vernachlässigen.»


«Kommersant»: Israel lehnt jegliche Vermittlungsversuche ab

MOSKAU: Zur Verschärfung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern und möglichen russischen Vermittlungen schreibt die russische Tageszeitung «Kommersant» am Donnerstag:

«Moskau ist sich durchaus bewusst, dass Israel jegliche Vermittlungsversuche in dem Konflikt ablehnen wird. In den vergangenen Jahren hat Russland wiederholt vorgeschlagen, Verhandlungen zwischen der palästinensischen und der israelischen Führungsebene auf der eigenen oder einer anderen Plattform zu organisieren. Aber die Israelis haben diese Ideen höflich, aber entschieden abgelehnt. Zudem haben sich die Israelis in der Vergangenheit immer wieder gegen den Einsatz einer Friedenstruppe ausgesprochen, egal wer solche Initiativen vorgeschlagen hatte.»


«Nepszava»: Akteure in Nahost müssen ihr Verhalten ändern

BUDAPEST: Zur Eskalation der Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern schreibt die sozialdemokratische Budapester Tageszeitung «Nepszava» in einem Kommentar am Donnerstag:

«Zahl und Reichweiten der Raketen aus Gaza steigen beständig. Noch vor wenigen Jahren galt es als spektakulär, wenn sie Tel Aviv errreichten, heute ist das keine Sensation mehr. Zur Zeit läuft (von israelischer Seite) die Militäroperation «Wächter der Mauern», nach mehreren Hundert Hamas-Raketen. Irgendwann geht auch dieser Schlagabtausch zu Ende. Es werden dann wieder humanitäre Hilfslieferungen für die im Elend lebende Bevölkerung von Gaza auf den Weg gebracht. Geld wird eingesammelt, das Volk von Gaza lebt weiterhin im Elend, das Raketenarsenal der Hamas wird hingegen erneut aufgestockt, mit noch neueren, noch reichweitenstärkeren Modellen. (...) Und wenn kein Wunder geschieht, das heißt, wenn sich an der Herangehensweise der internationalen Akteure und der betroffenen Seiten in der Region nichts ändert, wird das nahöstliche Pulverfass noch gewaltig detonieren.»


«El País»: Krieg zwischen Israel und Hamas jetzt stoppen

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Donnerstag die Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern:

«Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat in der israelischen Gesellschaft die kurzsichtige Illusion genährt, dass es möglich sei, jede Aussicht auf Frieden mit den Palästinensern und die Anerkennung ihrer Rechte zu begraben, die Kolonialisierung fortzusetzen und dass trotzdem nichts passieren würde. Dies war ein Irrtum. Es ist ein Rezept, um Hass zu schüren, der früher oder später explodiert. Auf der anderen Seite ist (Palästinenserpräsident) Mahmud Abbas ein fragiler Führer ohne demokratische Legitimation, während eine skrupellose Hamas diese wiederkehrenden Konfrontationen als nützlich für ihre Sache zu akzeptieren scheint. Internationaler Druck ist dringend erforderlich. Wer den größten Einfluss hat, die USA, ist aufgerufen, ihn jetzt auszuüben.»

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