Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Donnerstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

«La Repubblica»: London setzt beim Impfen auf schnelle Erst-Dosis

ROM: Zur Zulassung eines zweiten Corona-Impfstoffes in Großbritannien, der von der Universität Oxford und Astrazeneca kommt und für den London die zweite Impfung nach zwölf Wochen empfiehlt, schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Donnerstag:

«Der Punkt ist, dass Großbritannien (...) beschlossen hat, das Zeitfenster zwischen der ersten und der zweiten Dosis maximal auszuweiten, um so viele Menschen wie möglich zu impfen, auch mit einer einmaligen Dosis, um damit insbesondere für die Schwächsten in kürzester Zeit eine Immunisierung zu erreichen, wenn auch nur teilweise. Das Ziel: der Versuch, die neue ultra-ansteckende Variante des Virus einzudämmen, die sich in London und im englischen Südosten ausbreitet (...), und den Boom der Krankenhausaufenthalte zu stoppen, insbesondere in der Hauptstadt, durch den ein Zusammenbruch des britischen Krankenhaussystems droht.

Inzwischen sind 80 Prozent des Landes wieder gesperrt, und viele Schulen werden nächste Woche nicht wieder öffnen. Aus diesem Grund hat die Regierung von (Premierminister Boris) Johnson große Eile und plant, bis Februar mindestens 15 der 25 Millionen stark gefährdeten Menschen mit einer oder zwei Dosen zu impfen.»


«De Standaard»: Militär könnte Trumps Atomkoffer deaktivieren

BRÜSSEL: Zur Amtseinführung des gewählten US-Präsidenten Joe Biden, die am 20. Januar stattfinden soll, heißt es am Donnerstag in der belgischen Zeitung «De Standaard»:

«Wird Donald Trump anwesend sein? Er will das bislang nicht bestätigen. Gerüchten zufolge plant er für den Moment, in dem Joe Biden seinen Amtseid ablegt, eine eigene Massenkundgebung. Es wäre das erste Mal seit 1869 - als der verschmähte Andrew Johnson keine Lust hatte, der Vereidigung seines Nachfolgers Ulysses S. Grant beizuwohnen -, dass ein amtierender Präsident nicht dazu erscheint. Ein pikantes Detail: Unmittelbar nach der Vereidigung übergibt der bisherige Präsident dem neuen den Koffer mit dem Code für die Atomwaffen. Was geschieht, wenn Trump das nicht tut? Anonym gebliebenen Quellen im Verteidigungsministerium zufolge wäre das kein Grund zur Beunruhigung: Man könnte sehr wohl einen weiteren solchen Koffer anfertigen und den bisherigen deaktivieren.»


«The Times»: Großbritannien hat Mittel zur Überwindung der Pandemie

LONDON: Zur Zulassung eines weiteren Corona-Impfstoffs in Großbritannien meint die Londoner «Times» am Donnerstag:

«Damit stehen nun die Mittel zur Überwindung der Pandemie zur Verfügung. Die Herausforderung für die Regierung von Premierminister Boris Johnson besteht darin, dafür zu sorgen, dass die größte Impfkampagne in der britischen Geschichte systematisch und schnell vollendet wird. Wenn es der Regierung gelingt, diese äußerst komplexe Aufgabe effektiv zu erfüllen, wird man es ihr als Verdienst anrechnen können, eine Krise beendet zu haben, mit der sie insgesamt auf kontroverse und manchmal beklagenswerte Art und Weise umgegangen ist. Doch möglich ist das nur, wenn genügend Menschen geimpft werden, um Herdenimmunität zu erreichen und die Übertragung des Virus zu beenden. Bisher hat die Regierung im Umgang mit dem Coronavirus zu viel versprochen und zu wenig gehalten.»


«De Telegraaf»: Nach einem Jahr zum Vergessen kommt Hoffnung auf

AMSTERDAM: Zum Jahreswechsel meint die niederländische Zeitung «De Telegraaf» am Donnerstag:

«Es ist ein Jahr zum Vergessen. 2020 geht in die Geschichtsbücher als das Corona-Jahr ein. (...) Allein in unserem Land forderte Corona bereits mehr als 10.000 Menschenleben. Die Pflegekräfte gehen auf dem Zahnfleisch, die Krankenhäuser sind überfüllt, ganze Branchen wie etwa die Gastronomie stehen trotz staatlicher Unterstützung vor dem Zusammenbruch. Das tägliche Leben von Millionen von Bürgern ist völlig durcheinander geraten. Aber 2020 war auch das Jahr, in dem es Wissenschaftlern gelang, in Rekordzeit einen allem Anschein nach vertrauenswürdigen Impfstoff gegen das Coronavirus zu entwickeln. In der kommenden Woche beginnt endlich auch in unserem Land das Impfprogramm. Und damit kommt Hoffnung auf.»


«Tages-Anzeiger»: EU fehlt langfristige Strategie im Umgang mit China

ZÜRICH: Zum geplanten Investitionsabkommen zwischen der EU und China schreibt der Zürcher «Tages-Anzeiger» am Donnerstag:

«Pekings Sorge vor einer transatlantisch koordinierten China-Politik ist groß. Diese Verunsicherung wollte man in Brüssel anscheinend nutzen. Damit droht die EU genau das zu wiederholen, was sie dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump selbst vorgeworfen hat: übereilte Handelsdeals, undurchdachte Abkommen und Alleingänge, die mehr politisches Schauspiel sind als eine langfristige Strategie für einen Umgang mit China.(...)

Mit dem Abschluss des Abkommens verspielt die EU wichtiges politisches Kapital. Denn möglich wären zwei Szenarien: China garantiert weitestgehend gleiche Regeln für beide Seiten, oder die EU sorgt dafür, dass für chinesische Unternehmen in Europa ähnlich schwierige Bedingungen herrschen wie für europäische Konzerne in China. Genau davor hat Peking Angst. China braucht den Zugang zum europäischen Markt für Investitionen und um Zugriff auf europäische Technologie zu behalten. Mit dem neuen Investitionsabkommen hat die EU weder ihre Unabhängigkeit gegenüber den USA bewiesen noch ihre Stärke. Sie hat die europäische China-Politik nicht neu geordnet, sondern geschwächt. Peking freuts.»


«Libération»: Wir lieben die Briten auch nach dem Brexit

PARIS: Zum Brexit, der heute Nacht endgültig abgeschlossen wird, schreibt die französische Tageszeitung «Libération» am Donnerstag:

«Viereinhalb Jahre hat es gedauert und nun, ein Tag vor dem Tag X, herrscht ein seltsames Durcheinander der Gefühle. Seit dem Tag des Referendums am 23. Juni 2016, der den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union markierte, haben sich Anglophile und Europhile unentwirrbare Knoten in ihren Gehirnen geknüpft. Geben wir es zu: Auch uns geht es so. (...)

Und wir sagen uns: Alles, was wir an diesen lustigen Nachbarn lieben (...), wird auch nach diesem dunklen 31. Dezember weiter bestehen. Also ja, liebe Roastbeef-Bande, wir lieben euch. Wir trauern um euch und um Europa. Und wir sagen euch «bye bye» in der heimlichen Hoffnung, dass dieses historische «the end» vielleicht nicht das letzte Wort ist.»


«NZZ»: Systemwettbewerb braucht Spielregeln

ZÜRICH: Die EU und China sind grundsätzlich einig über einen Investitionspakt. Dazu meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Donnerstag:

«Das neue Abkommen verspricht mehr Transparenz bei staatlichen Beihilfen. Es öffnet Märkte. Ausländische Firmen werden künftig Cloud-Dienste und mehr Finanzdienstleistungen anbieten oder eigenständig Elektroautos bauen und in Großstädten private Spitäler betreiben können. Das Abkommen zeigt allerdings auch Grenzen auf. Informationsdienstleistungen, die Luftfahrt oder große Teile des Agrar- und Gesundheitssektors müssen vorläufig in chinesischen Händen bleiben. Beide Seiten behalten sich vor, mit Investitionskontrollen die Übernahme von «sensitiven» Firmen zu verhindern. Und schließlich sollte man sich auch keinen Illusionen hingeben: Das chinesische Regime wird immer Wege finden, seine Vorstellungen gegen private Interessen durchzusetzen, wenn es dies wirklich will.(...)

Dialog ist effektiver als Verweigerung. Damit der Systemwettbewerb friedlich und produktiv bleibt, braucht es Kooperation und die Einigung auf gewisse Spielregeln. Die EU und China haben mit ihrer Einigung zum Jahresende ein erfreuliches Bekenntnis dazu abgegeben.»


«El País»: Argentiniens Frauen haben Recht auf Abtreibung erstritten

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Donnerstag die Legalisierung von Abtreibungen im katholisch geprägten Argentinien:

«Die soziale Mobilisierung von Frauen zugunsten des Rechts, über ihren eigenen Körper zu entscheiden, hat die Überwindung eines überkommenen Tabus ermöglicht und die Parlamentarier überzeugt, ein anachronistisches und ungerechtes Gesetz zu ändern. (...) Argentinien gehört damit zu den wenigen Ländern Lateinamerikas, die die Abtreibung legalisiert haben. Anderswo sind jedes Jahr weiter Millionen Frauen gezwungen, eine Schwangerschaft im Geheimen zu unterbrechen und in vielen Fällen ihr Leben zu gefährden. Es bleibt zu hoffen, dass der Erfolg den Kampf der Frauen im Rest des Kontinents verstärken wird, frei entscheiden zu können, ob sie Mütter werden wollen oder nicht. Gegen dieses Recht stehen in Lateinamerika die katholische Kirche und evangelikale Gruppen, die aus dogmatischen religiösen Gründen überzeugt sind, allen anderen ihren besonderen Glauben aufzwingen zu dürfen.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.