Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Donnerstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Corona

Wer vor Wochen die Prognose der Physikerin Angela Merkel von täglich 20.000 Covid-19-Fällen bis Weihnachten als Panikmache belächelte, wird nun eines Schlechteren belehrt.

Dieser dramatische Wert könnte schon angesichts eines exponentiellen Wachstums der Infektionszahlen Mitte November erreicht oder gar übertroffen sein. Doch auch ohne zweiten Lockdown hat es Deutschland wie im Frühjahr noch in der Hand, ein Bergamo-Szenario abzuwenden: durch eigenverantwortliches, verantwortungsvolles Handeln seiner Bürger. Maske, Abstand, weniger gesellige Kontakte und Vermeiden von Risikosituationen bleiben der Goldstandard zur Eindämmung der Seuche. Selbst der im Umgang mit dem Virus vorsichtige Gesundheitsminister Spahn hat sich nun infiziert - Corona kann jeden treffen, Corona ist keine Verschwörung der Politik.


«24 Tschassa»: Schwieriges Gleichgewicht bei der Corona-Politik

SOFIA: Die bulgarische Zeitung «24 Tschassa» setzt sich am Donnerstag mit den politischen Entscheidungen zur Einführung neuer Corona-Einschränkungen auseinander:

«Nach dem Beginn der zweiten Welle der (Corona-) Ansteckungen versuchen die Regierungen in aller Welt ein empfindliches Gleichgewicht zu bewahren, wobei die Ausbreitung des Virus eingeschränkt wird, ohne dass dabei das Unternehmertum und die Wirtschaft leiden. (...) Unterschiedliche Parteiinteressen und eigennützliche Bewegungsgründe wollen aber wohl so viel wie möglich von dem Thema der Pandemie profitieren. Sie wollen so viel wie möglich die Besorgnis der Menschen missbrauchen. Die einen rufen auf, das Volk nicht unnötig zu beängstigen und nicht übermäßig zu reagieren. Andere verurteilen die Sorglosigkeit in Bezug auf das Virus und die nicht ausreichende Reaktion. Oft stecken hinter beiden Lagern die gleichen Wahlsieg-Kandidaten.»


«Kommersant»: Russland und China gegen Militarisierung des Weltraums

MOSKAU: Zur Konferenz der Verteidigungsminister der Nato-Staaten schreibt die Moskauer Tageszeitung «Kommersant» am Donnerstag:

«Die Nato bereitet sich auf den Widerstand gegen «Gefahren aus dem Kosmos» vonseiten Russlands und Chinas vor. Wenn die Verteidigungsminister der 30 Nato-Mitgliedsstaaten am Donnerstag und am Freitag Schlüsselfragen der Sicherheitsrisiken erörtern, dann geht es dabei fast schon traditionell auch um Russland. Um gegen das Land auch im Weltall gerüstet zu sein, beabsichtigt die Allianz auf dem Militärstützpunkt in Ramstein ein spezielles Weltraumzentrum zu gründen. Das Geld dafür hat die Nato, nachdem das erste Mal in der Geschichte der Allianz gleich zehn Länder ihre Verteidigungsausgaben - wie von US-Präsident Donald Trump gefordert - auf zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht haben (.)

Dabei sei daran erinnert, dass das Nordatlantik-Bündnis 2019 das erste Mal in seiner Geschichte eine Rahmenvereinbarung über eine Weltraumstrategie getroffen hatte. Das Weltall wurde dort als neuer Operationsraum festgelegt (.) Russland und China dagegen werfen den USA und ihren Nato-Verbündeten vor, den Kosmos zu einem neuen Schlachtfeld machen zu wollen. Auch deshalb schlagen Moskau und Peking den Vereinten Nationen vor, eine juristisch verbindliche Vereinbarung zu treffen, die eine Militarisierung des Weltraums verbietet. Allerdings ist es bisher nicht gelungen, sich auf universelle Verhaltensregeln im All zu einigen.»


«Le Figaro»: Frankreich muss die Werte des Rechtsstaates verteidigen

PARIS: Über die Ermordung des Lehrers Samuel Paty in Frankreich schreibt die konservative französische Tageszeitung «Le Figaro» am Donnerstag:

«Von nun an müssen wir immer, überall und jederzeit den Mut haben zu sagen, was wir sehen, was wir erleben, wovor wir uns fürchten. Denn genau darum geht es in einem Rechtsstaat. Samuel Paty wurden diese Rechte aberkannt. Einschränkung der Meinungsfreiheit durch soziale, gerichtliche und physische Einschüchterung. Sicherheit? Widerstand gegen Unterdrückung? Wir kennen das abscheuliche Ende dieser französischen Tragödie.»


«Washington Post»: Klage gegen Google nicht präzise genug

WASHINGTON: Die «Washington Post» kommentiert am Donnerstag die Klage der US-Regierung wegen unfairen Wettbewerbs gegen Google:

«Der Schaden durch Googles Vormachtstellung bei der Suche beruht nicht allein auf dieser Dominanz selbst. Er beruht vielmehr auf dem, was diese Vormachtstellung Google ermöglicht. Google kann die Suche verwenden, um auf umsatzschwächeren Märkten seine eigenen Produkte anzuschieben, etwa mit Restaurantbewertungen oder Übersetzungen, oder um seine Macht über digitale Werbung auszuweiten.

Bei der Überarbeitung der Kartellgesetze sollte der Kongress sich mit diesen Verhaltensweisen befassen und die Behörden sollten diese genau unter die Lupe nehmen, wenn es darum geht, die Gesetze durchzusetzen. Es gibt tatsächlich Dinge, die Monopole nicht tun dürfen sollten. Die Kunst besteht darin, diese Dinge klar zu identifizieren.»


«The Guardian»: Nigerianer haben gute Gründe zu protestieren

LONDON: Zu den Schüssen auf Demonstranten in Nigerias Wirtschaftsmetropole Lagos meint der Londoner «Guardian» am Donnerstag:

«Die Schüsse an der Lekki-Mautstelle deuten darauf hin, dass eine Aktion, bei der es um das Vorgehen der Polizei ging, nun aufgrund einer tiefer liegenden Wut über die Behandlung der Bürger durch den Staat in regierungsfeindliche Proteste umschlägt. Rufe nach dem Rücktritt der Regierung von Präsident Muhamed Buhari werden laut. Im weiteren Sinne bringen die Menschen die Reaktion des Staates mit dessen Versagen bei der Befriedigung grundlegender Bedürfnisse in Verbindung. Die steigende Arbeitslosigkeit, die durch die Corona-Pandemie noch verschlimmert wurde, hat die Wut geschürt. (...)

Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa, der den Vorsitz der Afrikanischen Union (AU) innehat, und Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo, der Vorsitzende des westafrikanischen Staatenbündnisses Ecowas, hatten sich zwar nachdrücklich zum Tod von George Floyd (in den USA) geäußert. Sie scheinen aber weniger daran interessiert zu sein, die Polizeibrutalität in ihrer Nachbarschaft anzusprechen. Die Nigerianer haben jedoch gute Gründe für ihre Proteste. Sie müssen beschützt werden.»


«Diena»: Unvorbereitetsein führt zu Unzufriedenheit

RIGA: Zur Debatte über die neuen Corona-Schutzmaßnahmen in Lettland schreibt die lettische liberale Tageszeitung «Diena» am Donnerstag:

«Wenn die Regierung in solch primitiven Kategorien denkt, dass die Gesellschaft mit den Beschränkungen unzufrieden ist, ist dies falsch. Die meisten Menschen sind sich des Ernstes der Lage bewusst. Die Woge der Unzufriedenheit ist mit Inkonsistenz, selektiver Behandlung und offensichtlichem Unvorbereitetsein auf die zweite Coroa-Welle verbunden. Die Vermittler zwischen Bürgern und Fachleuten im Fall von Covid-19 sind Politiker. Und die Arbeit dieser Vermittler ist unbefriedigend. Zu viele Politiker haben sich an der «Erfolgsgeschichte» (im Kampf gegen die erste Corona-Welle) ergötzt. Die Woge der Unzufriedenheit in der Gesellschaft erhebt sich, weil das Fehlen eines wirklichen Plans und die Unkontrollierbarkeit des Prozesses offensichtlich sind. Zudem ist die Krisenkommunikation trotz Hunderttausender Euros aus dem Haushalt für diesen Zweck katastrophal.»


«Adressavisen»: Meinungsfreiheit sollte Platz in der Schule haben

TRONDHEIM: Die konservative norwegische Tageszeitung «Adressavisen» (Trondheim) kommentiert am Donnerstag die Ermordung eines Lehrers in Frankreich:

«Der brutale Mord zeigt vor allem, dass es wichtig ist, sich für die Meinungsfreiheit als Grundwert der liberalen Demokratie einzusetzen, und dass es wichtig und natürlich ist, dies in der Schule zu lehren. Die Demonstrationen am Sonntag zur Unterstützung des ermordeten Lehrers, der Protest gegen den Mord, tragen hoffentlich die Botschaft, dass sich die Menschen nicht einschüchtern oder knebeln lassen von islamischen Fundamentalisten, die mit Terror und Hassreden Werte und Prinzipien angreifen, für die es sich lohnt zu kämpfen. (...) Der feige Mord an einem Lehrer in Frankreich, der offenbar durch Hassreden in den sozialen Medien entflammt ist, zeigt, dass mehr Unterricht über freie Meinungsäußerung erforderlich ist, nicht weniger.»


«de Volkskrant»: Tech-Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Donnerstag die Wettbewerbsklage der US-Regierung gegen Google:

«Die Gesetzgebung hat mit dem stürmischen Wachstum der Tech-Unternehmen nicht Schritt gehalten. Dieser Rückstand muss aufgeholt werden. Um die Marktmacht einzuschränken, sollten für die Größe der Unternehmen Grenzen gesetzt oder deren Ertragsmodell untergraben werden. Nur so bleibt genügend Raum für Wettbewerb und Wahlmöglichkeiten. Auch die soziale Verantwortung dieser Plattformunternehmen muss klar umrissen werden. Die Google-Tochter YouTube beispielsweise spielt bei der Verbreitung von Verschwörungstheorien eine wichtige Rolle, versteckte sich bis vor kurzem aber hinter einem Algorithmus (...) Jedes andere Medium kann verklagt werden, wenn es Botschaften verbreitet, die die «Elite» des Kindesmissbrauchs beschuldigt. Die Plattformen der Technologieunternehmen kommen damit durch. Es ist höchste Zeit, sie rechtlich zur Verantwortung zu ziehen, wenn der Algorithmus mit Begeisterung Desinformationen verbreitet, die Hass verursachen.»


«NZZ»: Gleiche Chancen für Google-Konkurrenten

ZÜRICH: Die US-Regierung wirft Google in einer Klage unfairen Wettbewerb vor. Dazu meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Donnerstag:

«Präsident Donald Trump und sein Justizminister William Barr wollen unmittelbar vor der Wahl Anfang November scheinbar ihrem Ärger über die Tech-Firmen aus dem Silicon Valley noch einmal Luft verschaffen. Tatsächlich werden die Protagonisten vielleicht gar nicht mehr im Amt sein, wenn sich die Gerichte ernsthaft mit der 64-seitigen Klageschrift befassen werden. Das Dokument hat es aber in sich. Denn die Klageschrift widerspricht praktisch in allen Punkten «dem Image vom guten, beinahe schon gemeinnützigen Unternehmen». (...)

Kann es sein, dass trotz Googles mutmaßlichem technologischem Vorsprung und seinen theoretischen Größenvorteilen noch bessere, noch günstigere und möglicherweise auch noch deutlich transparentere Angebote auf den Markt drängen könnten? In diesem Fall wären die Konsumenten bessergestellt als mit dem Status quo. Folglich muss sichergestellt werden, dass potenzielle Konkurrenten die Möglichkeit haben, mit gleich langen Spießen zu kämpfen.»


«Tages-Anzeiger»: Wirtschaftseinbruch beim Lockdown verhindern

ZÜRICH: Der Zürcher «Tages-Anzeiger» sucht am Donnerstag nach der richtigen Antwort auf steigende Corona-Infektionszahlen:

«Selbst wenn Lockdowns gesundheitlich und ökonomisch wieder angemessen sind, ist eine gute Analyse über ihr Ausmaß und ihre Dauer nötig. Kriterium dabei muss immer die möglichst effiziente Einschränkung der Virusausbreitung sein, so dass keine unnötigen Kosten entstehen. Gezielte und zeitlich beschränkte Lockdowns, wie sie diskutiert werden, sind aktuell sinnvoller als ein lang anhaltender für das ganze Land.(...)

Ein Lockdown oder ein Mini-Lockdown dürfte für einige dennoch sehr viel drastischer sein als für andere. Das gilt etwa für betroffene Firmen und für Arbeitnehmer, die nicht in ein Homeoffice ausweichen können oder ihren Job verlieren. Es braucht dann erneut Massnahmen, um jenen zu helfen, die unverschuldet in Existenznot geraten. Es geht nicht nur darum, einen Wirtschaftseinbruch zu verhindern. Noch wichtiger ist, gesellschaftliche und wirtschaftliche Schäden zu verhindern, die auch Jahre nach dem Sieg über das Virus spürbar bleiben würden.»


«La Vanguardia»: Lange überwunden geglaubte Spaltung Spaniens

MADRID: Die spanische Zeitung «La Vanguardia» kommentiert am Donnerstag den Misstrauensantrag der rechtspopulistischen Partei Vox gegen den linken Regierungschef Pedro Sánchez:

«In den Zeitungsarchiven wird später einmal nachzulesen sein, dass an dem Tag, an dem Spanien die dramatische Zahl von einer Million Corona-Infizierter erreichte, das Parlament über einen seltsamen und aussichtslosen Misstrauensantrag einer rechtsextremen Partei diskutierte. Die Abgeordneten wurden dabei in eine unangenehme Debatte zwischen den beiden alten Versionen Spaniens (Linke und Rechte in der Zeit des Bürgerkrieges) verwickelt, die in eine verbale Keilerei ausartete und von der wir dachten, dass sie eigentlich lange überwunden sei.

Der Vox-Antrag war ein Geschenk für Pedro Sánchez, der es nach Santiago Abascals radikaler Rede leicht hatte, sich als seriöse Alternative zu dem Spanien zu präsentieren, das uns der Ultra-Führer angeboten hatte. Der Sozialist hätte sich von einem anderen Regierungsmitglied bei der Antwortrede an Abascal vertreten lassen können, um ihn damit herabzusetzen. Aber er zog es vor, ihm von Angesicht zu Angesicht zu antworten, um sich vor der Öffentlichkeit als einziger Garant zu präsentieren, der das von Vox angestrebte Spanien verhindern könne. Je aggressiver und intoleranter Abascal war, desto glücklicher fühlte sich Sánchez auf seinem Platz. (...) Zurück in eine Vergangenheit zu gehen, die Vox vorschlägt, ist nicht die Lösung, egal wie schlecht oder gut die gegenwärtigen Herrscher sind.»

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Leserkommentare

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