Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Dienstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zur Gaspreisbremse

Die Gaspreisbremse kommt und soll Millionen Menschen in Deutschland sogar rückwirkend inklusive Januar und Februar noch in diesem Winter bei den Kosten entlasten.

Aber auch wenn die Gaspreisbremse Mehrkosten reduziert und aus Sicht von Verbrauchern zu begrüßen ist, bleibt sie leider ein teurer Schnellschuss, der trotz eines enormen Mitteleinsatzes weder nachhaltig bei den Preisen noch bei der Verbesserung der Umwelt wirkt. Denn mit der Gaspreisbremse wird der Verbrauch subventioniert, das heißt: Die 54 Milliarden Euro werden buchstäblich durch den Kamin gejagt. Wenn die Gaspreisbremse verabschiedet ist, lohnt es sich auch bei der Preisentwicklung beim Gas ganz genau hinzusehen. Es wäre ärgerlich und teuer für den Staat und die Kunden, sollten die Preise dann steigen, wenn auch die Gaspreisbremse greift.


«Frankfurter Rundschau» zum Bürgergeld

Der SPD und den Grünen ist das Kernstück aus ihrer Arbeitsmarkt-Reform herausgebrochen worden.

Die wichtigste Botschaft der Einigung zum Bürgergeld lautet: Von Januar an gibt es 53 Euro mehr für Bezieherinnen und Bezieher von Hartz IV. Damit enden die guten Nachrichten aber auch schon fast. Der SPD und den Grünen ist das Kernstück aus ihrer Arbeitsmarktreform herausgebrochen worden, mit dem sie den Abschied von Hartz IV umsetzen wollten. Die Vertrauenszeit fällt weg, also jene sechs Monate, während derer die Jobcenter auf die Drohung mit Sanktionen verzichten sollten. Die Hoffnung, dass sich Betroffene weniger gegängelt und stärker unterstützt fühlen, sinkt damit. (...) Die FDP hat sich unmissverständlich von SPD und Grünen abgesetzt. Sie findet das Gesetz jetzt besser als vorher. Sprich: Sie liegt auf Unionskurs. Das unterstreicht einmal mehr, dass die Ampelkoalition nicht mehr ist als ein Zweckbündnis.


«Münchner Merkur» zu Katar/DFB

In einer Disziplin ist dem FC Deutschland der WM-Titel schon jetzt nicht mehr zu nehmen: dem Backen aufblasen.

Doch mehr als eine Portion Gratismut war dem DFB die Sache mit den Menschenrechten am Ende dann doch nicht wert. Welch bodenlose Blamage für den Moral-Weltmeister noch vor Anpfiff des ersten Spiels! Die Klatsche tut so weh, weil sie so bezeichnend ist für ein Deutschland, das so gern vor der ganzen Welt mit dem Zeigefinger herumfuchtelt, aber nur, solange es nichts kostet. Vor dem peinlich gescheiterten Aufstand der Anständigen im DFB fand Bundesgasminister Habeck jedenfalls noch nichts dabei, einen tiefen Knicks vor dem katarischen Emir zu machen. Und wir war das 2015? Gar nicht genug konnten sich unsere Politiker in der Migrationskrise über die bösen Ungarn empören. Um dann doch erleichtert aufzuseufzen, als Orban den Zaun baute. Wer für Werte eintreten will, soll es tun, mit ganzer Kraft. Aber wer nur auf billigen Beifall aus ist, sollte den Ball lieber ein bisschen flacher halten.


«Gazeta Wyborcza»: Die unverschämten Deutschen wollen Polen helfen

WARSCHAU: Deutschland will Patriot-Raketenabwehrsysteme nach Polen verlegen. Dazu schreibt die polnische Tageszeitung «Gazeta Wyborcza» am Dienstag:

«Und was nun, Herr PiS-Vorsitzender Kaczynski? Die Deutschen wollen Patriot-Raketenabwehrsysteme nach Polen schicken, um uns vor fehlgeleiteten Raketen zu schützen. Unverschämt, nicht wahr? Die Deutschen haben nicht gehört, wie Sie am Sonntag in Kedzierzyn-Kozle noch allen mit dem deutschen Imperialismus Angst gemacht haben - und mit der finsteren Aussicht, dass Polen unter den «deutschen Stiefel» gerät. Sie haben die Tirade verpasst, bei der Sie vor einer Woche in Wadowice die «antisouveräne deutsche Agenda» zurückgewiesen haben. Keine Woche vergeht, ohne das Sie in beleidigender Weise die Bedrohungen beschwören, die hinter der Oder lauern.

Und jetzt bietet uns Deutschland moderne Raketenabwehrsysteme zum Schutz des polnischen Luftraums an. Ist das nicht eine Einmischung in unserer inneren Angelegenheiten? Nein, das kann man doch absolut nicht akzeptieren, dass sich Berlin trotz der andauernden antideutschen Kampagne der PiS-Regierung nun demonstrativ als Freund unseres Landes und als loyaler Bündnispartner erweist, der uns Hilfe in der Not anbietet.»


«Rzeczpospolita»: Verteidigung eint Polen und Deutschland

WARSCHAU: Deutschland will Patriot-Flugabwehrsysteme nach Polen verlegen. Dazu schreibt die Zeitung «Rzeczpospolita» aus Warschau am Dienstag:

«Auch nach sieben Jahren PiS-Regierung haben wir immer noch eine Gemeinsamkeit mit Deutschland: eine gemeinsame Verteidigung gegen Russland. Deutsche Patriot-Raketenabwehrsysteme werden daher den polnischen Himmel vor russischen Raketen schützen. Die deutsche Initiative ist kein Versuch einer neuen Öffnung der Beziehungen zu Warschau. Berlin steht voll und ganz hinter der Strategie der EU-Kommission, einen prinzipiellen Ansatz zur Rechtsstaatlichkeit zu verfolgen und die Mittel für Polen zurückzuhalten, bis die Unabhängigkeit polnischer Gerichte wiederhergestellt ist.

Wie Verteidigungsministerin Christine Lambrecht erklärte, ist die Stärkung der polnischen Luftverteidigung jedoch notwendig, um sicherzustellen, dass die Nato und damit auch Deutschland nicht in einen Krieg mit Russland hineingezogen werden. Es ist wahrscheinlich, dass sowohl das deutsche Angebot als auch die polnische Antwort darauf mit den USA abgestimmt waren. Deutschland ist bereit, mehr zu tun, einschließlich des Einsatzes der Bundeswehr in Polen. Solche Einheiten sind seit langem in Litauen stationiert. Für die polnische Regierung wäre dies jedoch zuviel. Es sei denn, die Feindseligkeiten in der Ukraine nehmen eine noch gefährlichere Wendung.»


«WaPo»: Irans Russland-Unterstützung bremst Atom-Verhandlungen

WASHINGTON: Über die iranische Unterstützung Russlands im Krieg gegen die Ukraine - und den möglichen Konsequenzen für die Atomverhandlungen mit Teheran - schreibt die «Washington Post»:

«Die Protestbewegung im Iran erschüttert die Legitimität der islamischen Theokratie (...). Gleichzeitig ist Irans Bereitstellung von Drohnen und deren Produktionskapazitäten an Russland, zum Einsatz gegen die Ukraine, eine neue, große Herausforderung für die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten. (...)

Dieses Zusammentreffen von innenpolitischem Aufruhr und Aggressivität im Ausland hat die Aussichten auf eine Wiederbelebung des Iran-Atomabkommens, das 2015 unter der Regierung von Barack Obama unterzeichnet wurde und aus dem Präsident Donald Trump 2018 ausgestiegen ist, ernsthaft getrübt. (...)

Wir waren lange der Ansicht, dass das Abkommen zur Eindämmung der iranischen Nuklearbemühungen zu wichtig war, um es wegen anderer Konflikte mit Teheran scheitern zu lassen. Aber jetzt wird immer klarer, dass die Wiederaufnahme der Gespräche mit einer iranischen Führung, die ihr eigenes Volk zuhause niedertrampelt und Russland bei der Zerstörung der Ukraine hilft, nicht fortgesetzt werden kann. Die durch diese anderen Ereignisse ausgelösten Turbulenzen lassen die Aussichten auf Verhandlungen, die die nuklearen Ambitionen des Irans stoppen könnten, immer geringer werden.»


«El País»: Sunak wird Bürger und Märkte nicht täuschen können

MADRID: Zum britischen Haushaltsplan mit Steuererhöhungen und Einschnitten bei den öffentlichen Ausgaben schreibt die spanische Zeitung «El País» am Dienstag:

«Die konservative Regierung Großbritanniens hat beschlossen, ihre Bürger einer kalten Dusche zu unterziehen, um ihr eigenes Überleben zu sichern. 55 Tage nach dem Versprechen einer gewaltigen und unverantwortlichen Steuersenkung, die die Märkte in Panik versetzt hatte und den Wert des Pfund einbrechen ließ, kündigte Finanzminister Jeremy Hunt eine generelle Steuererhöhung und Kürzungen der öffentlichen Ausgaben im Wert von gut 60 Milliarden Euro an. (...)

Um den Niedergang der Konservativen zu stoppen, geht (Premierminister Rishi) Sunak den leichtesten Weg. Er versucht, ein Bild der Glaubwürdigkeit und der Strenge abzugeben und sich so von seinen Vorgängern Boris Johnson und Liz Truss zu distanzieren. Doch weder die Bürger noch die Märkte lassen sich leicht täuschen. Erstens weil klar geworden ist, dass die Kurskorrektur Ergebnis des Leichtsinns ist, mit dem die Tory-Abgeordneten das Schicksal und das Wohlergehen ihrer Landsleute aufs Spiel gesetzt haben. Sie haben ja jüngst den Steuersenkungen ebenso überschwänglich applaudiert wie nun den neuen Ausgabenkürzungen. Und vor allem, weil dieselbe politische Partei zu Sparmaßnahmen zurückkehrt, die auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger ausgetragen werden, um ihre eigenen Fehler wieder gut zu machen.»

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Leserkommentare

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