Aus gegebenem Anlass hatte ich kürzlich mit meiner Herzallerliebsten über Korruption in Thailand diskutiert. Sie mag Bestechung nicht und ich schon gar nicht. Darin waren wir uns völlig einig. Aber in der Praxis sieht es dann doch manchmal ganz anders aus:
Heute morgen bat sie mich, sie nach Sattahip zu fahren, wo eine Cousine von ihr wohnt, die um ihre Hilfe gebeten hatte. Ich holte meine Honda aus der Garage und wir brausten los.
Kurz vorm Ambassador Hotel wurden wir von einer Polizeistreife gestoppt.
Das hatte uns gerade noch gefehlt!
Nai hatte keinen Schutzhelm auf, und ich war ohne Führerschein losgefahren. Der junge Polizist lächelte freundlich und forderte uns auf, an die Seite zu fahren.
"Kein Helm, das kostet 200 Baht", sagte er zu meiner Herzallerliebsten, bevor er mich nach meinem Führerschein fragte.
"Den habe ich leider zu Hause vergessen."
"Dann bleibt das Motorrad hier. Morgen früh kommen Sie mit Ihrem Führerschein aufs Revier, zahlen die Strafe und können die Honda wieder abholen."
"Callolo!" Meine Herzallerliebste zog mich ein paar Meter weiter und flüsterte mir zu:
"Biete ihm 500 Baht, und wir können weiterfahren."
"Bist du verrückt?" entfuhr es mir, "das ist Bestechung, üble Korruption!"
"Callolo, wenn du jetzt nicht zahlst, wird es viel teurer."
Ich überlegte einen Augenblick. Sie hatte ja recht. Ohne Motorrad waren wir auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Und morgen hätten wir aufs Revier fahren müssen. Das alles würde sicher mehr als 500 Baht kosten, die vergeudete Zeit und den Ärger nicht mitgerechnet.
"Also gut", sagte ich zu meiner Herzallerliebsten, "biete ihm 500 Baht an, und dann fahren wir weiter."
Nai und der junge Polizist redeten ein paar Schritte abseits miteinander. Dann kam sie zurück.
"Er verlangt 500 für den Führerschein und 200 für den Helm.
"500 für alles, oder ich zahle jetzt gar nichts", erwiderte ich aufgebracht. Meine Herzallerliebste ging wieder zu dem Polizisten. Sie redete auf ihn ein wie eine Marktfrau. Dann kam sie triumphierend zurück: "Er ist einverstanden mit 500 Baht."
Ich gab ihr das Geld und sagte: "Aber ich will eine Quittung dafür, sonst hält uns die nächste Streife wieder an."
Sie schaute mich an wie einen Irren: "Sag mal, Callolo, bist du nicht mehr ganz dicht? Diese 500 Baht sind ein kleines Zeichen der Freundschaft und ersparen uns viel Ärger. Das Geld ist für sein Baby. Und falls Du es noch nicht weißt: Bestechung heißt übersetzt auf Thai "essen", und essen muß schließlich jeder. Oder?"
Okay, wir fuhren weiter nach Sattahip, ohne Schutzhelm und Führerschein, aber mit dem Segen der Polizei.
Das war für mich wieder einmal eine lehrreiche Lektion über den Unterschied zwischen Theorie und Praxis in Thailand.
Callolo und seine HerzallerliebsteIn 130 heiteren Kurzgeschichten hat Autor Carolus in zwei Büchern sich mit unterschiedlichen Erfahrungen, die sich aus dem Zusammenleben zwischen Thais und Farangs ergeben, verfasst. Die humorvollen Geschichten behandeln das Eheleben zwischen Nai und Callolo. Im Leben der beiden wird viel Toleranz abverlangt. Dass es trotzdem immer wieder ein Happy End geben kann, beweist der Autor, im ersten Buch, in vielen unerwarteten Entwicklungen. Im zweiten Werk hat der Autor seine „rosarote Brille“ abgenommen und erzählt auf ehrliche und gewohnt charmante Weise über Probleme und Schwierigkeiten, die in seiner nicht mehr ganz taufrischen Beziehung zu Nai entstehen.
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"Gin" alleine bedeutet nicht Korruption. Nur in Kombination mit "gin sin bon"