Zahl der Todesopfer bei Protestensteigt auf über 300

Foto: epa/Murtaja Lateef
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BAGDAD (dpa) - Bei regierungskritischen Massenprotesten im Irak sind seit Anfang Oktober nach offiziellen Angaben mindestens 319 Menschen ums Leben gekommen.

Das erklärte die vom Parlament gewählte Menschenrechtskommission am Sonntag laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur INA ohne Details zu nennen. Die drei ranghöchsten Politiker des Landes versprachen am Sonntag in einer gemeinsamen Mitteilung, Korruption zu bekämpfen und auf eine Reform des Wahlrechts hinzuarbeiten.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von «blutigen Tagen übermäßiger Gewalt» im Irak. Die Proteste hätten sich in «nichts weniger als ein Blutbad» verwandelt. Irakische Behörden müssten dem «unrechtmäßigen Einsatz tödlicher Gewalt unmittelbar ein Ende bereiten. Amnestys Recherchen zufolge setzten Sicherheitskräfte neben scharfer Munition auch Tränengasgranaten ein, die eher töten sollen als Proteste auflösen.

Amnesty zählte seit Beginn der Proteste landesweit mindestens 264 Tote. Unter anderem seien am Samstag bei Protesten vier Demonstranten erschossen worden. Zwei weitere seien an den Folge von Tränengasgranaten ums Leben gekommen, die sie am Kopf getroffen hätten.

Die politischen Anführer des Landes müssten «positive» Veränderungen annehmen, erklärten Präsident Barham Salih, Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi und der Parlamentsvorsitzende Mohammed al-Halbusi. Als Teil dieser Neuerungen müsse die Regierung «aufgeschüttelt» und damit effizienter gemacht werden. In einem landesweiten Dialog müssten das bestehende politische System und die Verfassung überarbeitet werden, teilten die drei Politiker nach einem Treffen in Bagdad mit. Der Vorsitzende des Obersten Justizrats, Faik Sidan, nahm ebenfalls teil.

Das Internet ist der Organisation NetBlocks zufolge im Irak seit fast einer Woche nur noch teilweise zugänglich. Seit Monat hätten über längere Zeiträume nur 20 bis 35 Prozent der Nutzer Zugang gehabt. Auf Twitter sprach NetBlocks am Sonntag von einer zuletzt achtstündigen «Informationskontrolle», die einer «Ausgangssperre» gleiche.

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