Yad-Vashem-Direktor mahnt zu Wachsamkeit vor Antisemitismus

TEL AVIV/BERLIN: Der Leiter der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Dani Dajan, hat zu einer wachsamen Erinnerung an die NS-Verbrechen gemahnt. «Es gibt keinen Zweifel daran, dass Antisemitismus wieder zunimmt», sagte Dajan der Deutschen Presse-Agentur. «Meine Lehre aus der Schoah ist, dass Antisemitismus beim ersten Anzeichen gestoppt werden muss.»

Dajan ist erstmals in Deutschland. Am Dienstag will er im Bundestag eine Ausstellung mit 16 Objekten aus Yad Vashem eröffnen. Sie gehörten deutschen Juden, die während des Holocaust vertrieben oder ermordet wurden.

In Berlin sagte Dajan am Montag: «Wir sind nicht im Europa der 1930er Jahre, wir sind nicht im Deutschland der 1930er Jahre, Gott sei Dank weit davon entfernt.» Die heutige Generation unterscheide sich in einem wichtigen Punkt von den Menschen damals: «Wir haben die Erfahrung, die sie nicht hatten», sagte Dajan. Die Menschen damals hätten wohl nicht geglaubt, dass die Nationalsozialisten Millionen von Juden vergasen würden. «Wir wissen, dass es passieren kann.»

Seine Botschaft an die Menschen und die Politiker in aller Welt sei: «Wenn sie Antisemitismus sehen, handeln Sie sofort, warten Sie nicht ab.» Wenn der Judenhass erst «monströse Dimensionen» erreicht habe, sei es zu spät, betonte Dajan.

Eigentlich hatte der 67-Jährige sich geschworen, nie deutschen Boden zu betreten. «Es war mein Weg, um sicherzustellen, dass ich nicht vergesse, dass ich mich erinnere, was mit den jüdischen Menschen in Deutschland passiert ist», sagte Dajan im dpa-Interview. Die Entscheidung habe er bereits als Jugendlicher getroffen. «Es hatte nichts mit Hass zu tun, es hat nur mit Erinnern zu tun.»

Auf die Frage, warum er sich dennoch entschlossen habe, nach Deutschland zu reisen, sagte Dajan: «Der gleiche Grund: das Erinnern». In Deutschland stehen auf Dajans Programm auch politische Gespräche, unter anderen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Dajan betonte, die Ausstellung im Bundestag sei etwas ganz Besonderes: «Es ist wahrscheinlich das erste Mal, dass die Objekte aus unserer Sammlung Jerusalem und Yad Vashem verlassen.»

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