Winnetous schöne Schwester - Marie Versini wird 80

French actress Marie Versini. Foto: epa/Tobias Hase
French actress Marie Versini. Foto: epa/Tobias Hase

PARIS: Als Winnetous Schwester Nscho-tschi eroberte die Französin das deutsche Publikum. Ihre Rolle ist untrennbar mit der legendären Karl-May-Filmserie verbunden - und untrennbar mit ihrem Leben.

Old Shatterhand nimmt sie in die Arme, geht mit ihr zu einem großen Stein. Plötzlich öffnet sie zum letzten Mal die Augen und sagt: «Ich liebe dich.» Dann stirbt sie mit einem Lächeln. Die berühmte Liebes- und Sterbeszene ging in die Filmgeschichte ein. Als Winnetous schöne Schwester Nscho-tschi wurde Marie Versini über Nacht in Deutschland zu einem Star. Das war 1963. Am Montag (10. August) wird die französische Schauspielerin 80 Jahre alt. Und noch immer bekommt sie Nscho-tschi-Fanpost.

Viele ihrer Fans würden bedauern, dass sie so schnell gestorben sei, erklärte sie in mehreren Interviews. Als Nscho-tschi hauchte sie ihren letzten Atem bereits in «Winnetou 1. Teil» aus, der am 11. Dezember 1963 in München Premiere hatte. Die damals 23 Jahre alte Schauspielerin stellte Pierre Brice als Winnetou und Lex Barker als Old Shatterhand in den Schatten.

Für Versini war es die schönste Rolle ihres Lebens, wie sie noch heute beteuert. In Filmen zu sterben, sei für sie normal gewesen. Doch Nscho-tschi verkörpere Liebe und Treue und das sei wunderbar, erklärte sie.

Der Karl-May-Experte Michael Petzel erklärte Versinis Erfolg unter anderem damit, dass das von ihr verkörperte Frauenbild perfekt in die Zeit passte: eine Übergangszeit zwischen dem Ende der konservativen Adenauer-Ära und der 68er Bewegung samt sexueller Revolution. Auch als Pubertätsfigur stehe Nscho-tschi für den Übergang: Sie verliebt sich in den erfahrenen Old Shatterhand, aber noch bevor es ernst werden kann, wird sie erschossen. «Diese aufkeimende Liebe, bei der noch keine rohe Sexualität im Spiel ist, hat die Mädchen natürlich angerührt», sagte Petzel 2013 der Deutschen Presse-Agentur.

Versini spielte noch in weiteren Karl-May-Filmen mit, unter anderem in «Der Schut» und «Im Reiche des silbernen Löwen». Als Nscho-tschi trat sie erneut in «Winnetou und sein Freund Old Firehand» auf. Sie liebe Karl-May, er habe ihr viel gegeben, erzählte sie. Beweis: Ihre 2003 erschienene Autobiografie «Ich war Winnetous Schwester: Bilder und Geschichten einer Karriere».

In dem Buch plaudert sie unterhaltsam über ihre Berufung zur Schauspielkunst, ihre Begeisterung für den deutschen Abenteuerschriftsteller Karl May, ihren frühen Wunsch, Winnetous Schwester zu spielen, sowie über schicksalhafte Begegnungen und Freundschaften wie die mit Lex Barker. In den 1973 verstorbenen Hollywoodstar hatte sich Versini während der Dreharbeiten verliebt.

Versini wurde am 10. August 1940 in Paris als Tochter eines Lehrers geboren, der ihr als Kind aus «Winnetou» vorgelesen hat. Von da an träumte sie von Nscho-tschi und schlüpfte schon als junges Mädchen in ein Indianerkostüm. Sie begann eine Ausbildung am Conservatoire national supérieur d'art dramatique, bevor sie mit 17 Jahren zum jüngsten Mitglied der renommierten Comédie-Française in Paris wurde. Mit Filmen wie «Mitsou und die Männer» und «Junge, mach dein Testament» begann sie ihre Karriere vor der Kamera.

Im Jahr 1962 trat sie in «Das schwarz-weiß-rote Himmelbett» an der Seite von Thomas Fritsch auf. Die Filmkomödie sollte ihr Leben verändern. Denn durch sie wurde der deutsche Produzent Horst Wendlandt auf Versini aufmerksam, die er für die Rolle der Nscho-tschi engagierte.

Im Jahr 1974 heiratete sie den Schriftsteller und Regisseur Pierre Viallet und wirkte in manchen seiner Filme mit, so in «Hommage an Robert Schumann» aus dem Jahr 2010. Ihre größten Erfolge feierte sie jedoch an der Seite von Pierre Brice als die schöne Häuptlingstochter Nscho-tschi (Schöner Tag). Erschossen wurde sie im Film übrigens von keinem Geringeren als Mario Adorf - er verkörperte damals den Schurken Santer.

In einer kleinen Rolle trat sie 2016 in der Neuverfilmung «Winnetou - der Mythos lebt» als ältere Dame auf, die sich mit Karl May über die Gefahren einer Reise ins Indianergebiet unterhält. «Ich war Nscho-tschi. Und ich bin es immer noch, nur etwas älter», sagte sie 2013 der «Badischen Zeitung».

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