Wer kann Hamiltons Serie stoppen? - Vettel als große Unbekannte

Der Drittplatzierte deutsche Formel-1-Pilot Sebastian Vettel von der Scuderia Ferrari (R) begrüßt den erstplatzierten britischen Formel-1-Piloten Lewis Hamilton. Foto: epa/Clive Mason
Der Drittplatzierte deutsche Formel-1-Pilot Sebastian Vettel von der Scuderia Ferrari (R) begrüßt den erstplatzierten britischen Formel-1-Piloten Lewis Hamilton. Foto: epa/Clive Mason

ISTANBUL: In der Formel 1 droht auch 2021 Langeweile. Dauersieger Lewis Hamilton kann im Mercedes zum achten Titel rasen. Doch dank eines neuen Rennstalls mit einem deutschen Ex-Weltmeister gibt es zumindest die kleine Hoffnung auf etwas mehr Spannung.

Nur zu gerne würde Sebastian Vettel 2021 den Angriff auf WM-Titel Nummer fünf starten, doch der unbändige Siegeshunger von Dauer-Champion Lewis Hamilton ist noch lange nicht gestillt. Ein Rücktritt ist für den britischen Mercedes-Piloten kein Thema - und sein Blick geht schon Richtung Weltmeisterschaft Nummer acht. «Ich will weitermachen. Wir haben noch viel Arbeit vor uns», sagte Hamilton nach seinem siebten Coup in Istanbul: «Ich denke nicht, dass ich in meinen Vierzigern noch hier bin, aber ich bin erst 35. Ich fühle mich jung und frisch.»

Die Konkurrenz wird es mit Schrecken hören, denn Hamilton dürfte bei den Silberpfeilen gleich für mehrere Jahre unterschreiben. Ein Deal könnte aber erst nach dem Saisonende in Abu Dhabi im Dezember verkündet werden. Die große Frage: Kann jemand 2021 den nächsten Triumphzug des Dauersiegers verhindern? - Eine Übersicht:

SEBASTIAN VETTEL: Der viermalige Weltmeister steht vor dem Neustart. Nach sechs Jahren ohne WM-Titel bei Ferrari geht es 2021 für den 33-Jährigen beim neuen Werksteam von Aston Martin weiter. Der Rennstall, Nachfolger von Racing Point, hat große Ziele und setzt auf technisches Know-how von Mercedes. Schon in diesem Jahr spielen sie eine ordentliche Rolle, mit Vettels Erfahrung kann es weiter nach vorne gehen. Für eine ganze Saison auf Augenhöhe kann es noch zu früh sein, aber das neue Auto dürfte ganz auf Vettels Stärken ausgerichtet sein. Er kann sicher wieder viel öfter auf dem Podest stehen - so wie am Sonntag als Dritter in Istanbul erstmals in diesem Jahr.

MAX VERSTAPPEN: Für einzelne Siege reichte es beim Niederländer in den vergangenen Jahren immer mal wieder. Kann der 23-Jährige nun endlich mehr als nur ein Spielverderber sein? Vor dem Ausstieg aus der Formel 1 Ende 2021 wird zumindest auch Motorenbauer Honda alles geben, um sich würdevoll zu verabschieden. Verstappen zeigte trotz einiger eigener Fehler schon oft sein Können, sein Wagen ist aber längst nicht so zuverlässig wie der Red Bull von 2010 bis 2013. Damals dominierte Red Bull mit den vier WM-Titeln von Vettel. In der Hybrid-Ära ab 2014 arbeiteten sie bislang vergeblich an der Rückkehr.

CHARLES LECLERC: Die Probleme von Ferrari mit einem offenbar völlig falsch konzipierten Auto sind so tiefgreifend, dass Besserung nicht in Sicht ist. Die Scuderia mit ihrem Hoffnungsträger Leclerc und Vettel-Nachfolger Carlos Sainz dürfte wieder nur hinterfahren und hat auch das nächste Jahr quasi schon vorher abgeschrieben. «Es wird keinen schnellen Wiederaufstieg für Ferrari geben», sagte Leclerc zuletzt der Zeitung «Die Welt» in Kooperation mit der italienischen «La Repubblica»: «Was die Leistung betrifft, so wird es 2021 schwierig sein, mit diesem Auto Wunder zu vollbringen.»

VALTTERI BOTTAS: Seit 2017 will er Weltmeister werden, hat gegen Ehrgeizling Hamilton aber in vier Jahren überhaupt keine Chance. Seinen oft zu braven Teamkollegen hat Hamilton voll im Griff. Ab und zu mal eine Pole Position, hier und da ein Rennsieg, doch wenn es darauf ankommt, kann der 30-jährige Finne nicht punkten und ist die klare Nummer zwei. Es gibt keinen schlüssigen Grund, warum sich daran etwas ändern sollte. Hamilton muss keinen teaminternen Kampf wie 2016 fürchten, als ihm Nico Rosberg den Titel wegschnappte und zurücktrat.

FERNANDO ALONSO: Mit Spannung wird die Rückkehr des zweimaligen Weltmeisters erwartet. Nach zwei Jahren Formel-1-Pause kehrt der Spanier zu Renault zurück. Mit den Franzosen hatte er 2005 und 2006 seine Titel geholt. Kann der Ausnahmepilot das im hohen Alter von 39 Jahren mit den Franzosen gleich wiederholen? Eher unwahrscheinlich - sagte auch Cyril Abiteboul, der Teamchef des Werksteams: «Es geht alles um 2022, er hat fast kein Interesse an 2021.»

Der Grund: Erst 2022 kommt es zu grundlegenden Änderungen des Formel-1-Reglements mit neuen Autos. 2021 dürfte es aufgrund gleicher Voraussetzungen ähnlich laufen wie in diesem Jahr. Hamilton geht als großer Favorit an den Start. Dass er den Fokus verliert und sich selbst schlägt, ist aufgrund seiner derzeitigen Form nicht zu erwarten. Es bleibt nur die Hoffnung, dass Chaosrennen wie am Sonntag in Istanbul - das am Ende aber auch Hamilton gewann - häufiger für mehr Spannung sorgen oder doch noch jemand eine Lücke im Regelwerk findet, um sich so einen technischen Vorteil zu verschaffen.

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