Wer holt die Krone des American Football?

Foto: epa/Tannen Maury
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MINNEAPOLIS (dpa) - Eine amerikanische Dynastie gegen den Underdog - trotz dieser klaren Favoritenrolle verspricht der 52. Super Bowl ein großes Spektakel. Die Philadelphia Eagles mit Quarterback Nick Foles wollen Seriensieger New England Patriots um Superstar Tom Brady unbedingt stürzen und sich zum ersten Mal die Krone des American Football holen. Rund um den Globus werden fast eine Milliarde Menschen dem Spektakel im arktisch kalten Minneapolis zusehen.

Für das größte Einzelsportereignis der Welt sehen die meisten Experten und Buchmacher die Patriots vorne. Brady will in der Nacht zum Montag (0.30 Uhr/ProSieben) als erster Spieler der Liga-Geschichte seinen sechsten Super-Bowl-Ring holen. Das Finale am 4. Februar ist Bradys achte Super-Bowl-Teilnahme - der gesamte Kader der Eagles kommt auf sieben. Deutsche stehen nicht auf dem Feld.

Angesichts seines fortgeschrittenen Quarterback-Alters sah sich Brady auch beim traditionellen Medientag im US-Bundesstaat Minnesota immer wieder mit Fragen zur Fortsetzung seiner ruhmreichen Karriere konfrontiert. «Ich denke nicht an einen Rücktritt - ich denke daran, diesen Super Bowl zu gewinnen», erklärte er leicht genervt. «Warum will jeder unbedingt, dass ich zurücktrete? Ich verstehe das nicht. Ich bin vielleicht älter als die anderen Jungs, aber ich habe immer noch Spaß. In diesen Spielen zu spielen, ist ein Traum.»

Auch der Hauptdarsteller der 30-minütigen Halbzeitshow schwärmt von Brady, der sich von einer Handverletzung nicht bremsen lassen will. «Tom ist definitiv der Kerl, den du zum Super-Bowl-Schauen einlädst. Das Problem ist nur: Er spielt immer im Super Bowl», sagte Superstar Justin Timberlake, der bereits zum dritten Mal auftreten wird. «Tom ist großartig, er ist einfach der Größte der Geschichte.»

Dem extrem gefährlichen Angriff der Patriots um Brady stehen dabei defensiv starke Eagles gegenüber. Philadelphia hat in seinen zwei Playoff-Spielen nur 17 Punkte zugelassen. Dabei überzeugte zuletzt auch Foles als Ersatz des verletzten Quarterbacks Carson Wentz. Eigentlich hatte der streng gläubige 29-Jährige schon mit seinem Rücktritt geliebäugelt, nachdem er in der Vorsaison von den Los Angeles Rams entlassen worden war. «Auf beiden Wegen hätte ich auf Gott vertraut», sagte Foles, der nach seiner Karriere Pastor werden will. «Ich hätte etwas anderes gemacht und Gott gepriesen.»

Die Eagles stehen nun zum dritten Mal im Super Bowl - 1981 gegen die Oakland Raiders und 2005 gegen die Patriots setzte es jeweils Niederlagen. Bei Betrachtung der jüngeren Vergangenheit ist eine knappe Partie zu erwarten. In den vergangenen acht von insgesamt zehn Teilnahmen der Patriots betrug der Unterschied maximal sechs Punkte. Brady & Co. sind dabei in der Lage, auch aussichtslos scheinende Partien noch zu drehen - das Finale 2017 gewannen sie nach 3:28-Rückstand noch gegen die Atlanta Falcons.

Die Patriots sind eine Erfolgsmaschine, sie werden geliebt oder gehasst. Ihr Coach Bill Belichick, der Mann mit der Kapuze, gilt als sportliches Genie und ist einer der erfolgreichsten Trainer überhaupt. Bei ihm wird spekuliert, dass er nach einem Sieg am Sonntag zurücktreten könnte. Dazu sagte er in Minneapolis: «Ich konzentriere mich nur auf Sonntag. Weiter denke ich nicht.»

Zuletzt gab es in US-Medien wie ESPN lauter werdende Gerüchte über einen Zwist zwischen Belichick und Brady, denen das Team nicht wirklich widersprach. Eine gute Nachricht für die Patriots: Rechtzeitig zum Finale wurde Rob Gronkowski nach seiner Gehirnerschütterung gesundgeschrieben. «Fühlt sich gut an», sagte er vor Medien in Minneapolis. «Gronk» (1,98 Meter, 120 Kilo) gilt als einer der besten Tight Ends, ist alleine kaum zu verteidigen.

Die Politik spielt 2018 beim Super Bowl eine geringere Rolle als noch im Vorjahr, als nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten dessen Nähe zu den Patriots oft thematisiert wurde. Auch die TV-Clips sind nach viel «Einheit» und «Gemeinschaft» in der aufgewühlten Nach-Wahl-Zeit 2017 wieder deutlich unpolitischer und klassischer. Ein Spot während des Finales soll etwa fünf Millionen Dollar kosten.

Im Vergleich zu anderen Mannschaften sind beide Teams in den USA nicht sonderlich beliebt. Die Patriots haben reichlich Edelfans und Berühmtheiten im Gefolge, die Eagles-Fans gelten als besonders rüpelhaft und ungezogen. Die - wahre - Geschichte, dass sie wegen schlechter Laune sogar den Weihnachtsmann im Stadion mit Schneebällen bewarfen, gehört zum Kernbestand der NFL-Historie.

Der Super Bowl ist ein Milliardenspektakel. Austragungsort ist das neue US Bank Stadion, eine der modernsten Arenen der Welt. Das Dach der Halle ist geschlossen, draußen herrschen am Spieltag Temperaturen von fast 20 Grad Celsius unter Null. Tickets im Oberrang kosteten bei Verkaufsplattformen zuletzt rund 4.000 Dollar, auf Höhe der Mittellinie am Spielfeldrand etwa 21.000 Dollar. Zimmerpreise in Minneapolis sind bis zu acht Mal so teuer wie sonst.

Das Siegerteam des Finales bekommt pro Spieler eine Prämie von etwa 100.000 Dollar, die Verlierer je 50.000. Finanziell ist der Super Bowl für die millionenschweren Stars eher ein Zubrot.

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