Wenn das Paradies stirbt

Wenn das Paradies stirbt

Wenn das Paradies stirbt

Erinnern Sie sich noch, als Sie zum ersten Mal nach Thailand kamen, ins sonnendurchflutete Urlaubsparadies?

Eine neue Welt eröffnete sich den Besuchern damals, goldene Tempel, goldene Strände und die Hoffnung auf eine goldene Zukunft.

Das ist jetzt schon lange her.

Heute möchte ich über meine Bekannten, über Hans und seine Frau Bärbel berichten, denen das Paradies zum Alptraum wurde und sie immer näher an den Abgrund zog. Sie nahmen eine Entwicklung, die ich mir bis dahin nicht vorstellen konnte. Zwar hatte ich auch schon von Farangs gehört, die sich von ihrer geschäftstüchtigen Thai-Freundin wie eine Weihnachtsgans ausnehmen ließen, bevor sie, völlig verarmt, mit Schimpf und Schande davongejagt wurden, aber was Hans und Bärbel erlebten, erschien mir unglaublich. Dabei ist es reine Realität:

Sie sind Deutsche, 60 und 56 Jahre alt, kamen 1998 hierher, nachdem sie ihr altes Familienunternehmen in Bochum verkauft hatten und glaubten, mit dem erlösten Gewinn hier bis ans Lebensende gut leben zu können. Die erhofften Zinsen gingen kurz danach in den Keller. Trotzdem bauten sie insgesamt zehn Häuser, von deren Vermietung sie sich eine gute Rendite versprachen.

Wenn die Realität Träume zerschlägt

Aber damit begann das Fiasko: Mieter zogen ein und zogen aus, zahlten keine Miete und hinterließen demolierte Räume. Rechtsanwälte kassierten, konnten aber nicht wirklich helfen. Längst gab es in Pattaya zu viele leerstehende Wohnungen und Häuser. Die Immobilien wurden zu Kostenträgern. Das erhoffte schöne Leben wurde für Hans und Bärbel schon nach wenigen Jahren zur Utopie. Das Paradies bekam erste Sprünge. Dann meldete sich ein Makler und empfahl eine Luxus-Sanierung, wobei er bereit war, sich mit 50% zu beteiligen. Alles schien ganz legal, aber danach gehörten Hans und Bärbel nur noch fünf Häuser. Allerdings ließen die sich an die erhofften reichen Farangs so gut wie gar nicht vermieten, denn sie lagen weitab vom Zentrum der Stadt, wo kaum ein Urlauber hinkam. Hans und Bärbel hatten keinen guten Tag mehr in Thailand. Täglich mussten sie mit ansehen, wie ihr Vermögen schrumpfte, und sie sahen keine Möglichkeit, dagegen anzugehen. Als sie schließlich merkten, dass der Makler, mit dem sie die Luxus-Sanierung durchgeführt hatten, sie nach Strich und Faden betrog, schalteten sie einen höchst angesehenen Anwalt ein. Aber der war, das konnten sie ja nicht wissen, ein guter Freund des Maklers. Sie verloren nicht nur alle Prozesse, sondern auch viel Geld. Der Glaube an Recht und Gerechtigkeit in diesem Land kam ihnen dabei schnell abhanden. Sie fühlten sich hilflos, rechtlos, ausgeliefert.

Traue niemandem außer Dir selbst

Sie bekamen von hier lebenden Landsleuten unseriöse Angebote, hatten noch nie den Spruch gehört: "Gott schütze uns vor Feuer und Wind und Deutschen, die im Ausland sind." Man unterbreitete ihnen angeblich todsichere Geldanlagen und Beteiligungen. Trotzdem, Hans und Bärbel waren inzwischen gebrannte Kinder und wollten kein Risiko mehr eingehen. Bis sie Kurt trafen, einen ehemaligen Banker aus Frankfurt, gut situiert, gebildet, hilfsbereit und bestens informiert. Mit ihm freundeten sie sich an, denn er machte einen Vertrauens erweckenden Eindruck auf sie. Sie folgten seinem guten Rat, und der wurde für sie teuer. Nach dieser Transaktion besaßen sie nur noch zwei Häuser.

Hans und Bärbel tun mir wirklich leid. Ihr Schicksal erinnert mich an das Märchen von Hans im Glück. Eigentlich haben sie nichts falsch gemacht. Sie wollten nur hier leben, ihr Geld anlegen und vom Profit ihr Leben finanzieren.

Das ist gründlich daneben gegangen. Die letzten beiden Häuser stehen jetzt zum Verkauf, zum Schnäppchen-Preis. Hans und Bärbel werden demnächst nach Deutschland zurückfliegen. Ihr Paradies ist gestorben. Und zu Hause in Deutschland werden sie deutlich bescheidener leben müssen als hier in Thailand zu der Zeit, als es noch das sonnendurchflutete Paradies war.

Carlos meint, vielleicht waren sie zu blauäugig, vielleicht hatten sie versäumt, sich vorher über die rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten in Thailand zu informieren.

Und er wüsste gerne, ob das, was Hans und Bärbel hier widerfahren ist, ein Einzelschicksal war oder ob es häufiger vorkommt. Kennen Sie ähnliche Tragödien oder ist Ihnen gar Ähnliches passiert? Und wie kann man neu ankommende, ahnungslose Farangs davor schützen?

Auf ihre Zuschriften ist Carlos echt gespannt.

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