Weniger Korruption, mehr Investitionen

Steinmeier besucht Kenia

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r) wird von Uhuru Kenyatta, Präsident von Kenia, mit militärischen Ehren am Amtssitz des Präsidenten begrüßt. Foto: Bernd von Jutrczenka/Dpa
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r) wird von Uhuru Kenyatta, Präsident von Kenia, mit militärischen Ehren am Amtssitz des Präsidenten begrüßt. Foto: Bernd von Jutrczenka/Dpa

NAIROBI (dpa) - Der Bundespräsident besucht Kenia. Warum eigentlich? Steinmeier verweist auf die wichtige Rolle des Landes als Stabilitätsanker in ganz Ostafrika, die es zu unterstützen gilt. Für seinen Staatsbesuch gibt es aber noch einen anderen triftigen Grund.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Anstrengungen der kenianischen Führung bei der Korruptionsbekämpfung gewürdigt und sie ermutigt, auf diesem Weg fortzufahren. Zum Auftakt seines Staatsbesuchs machte er am Montag nach einem Gespräch mit Präsident Uhuru Kenyatta in Nairobi deutlich, dass dies deutsche Unternehmen auch zur Voraussetzung für weitere Investitionen in Kenia machten. Steinmeier lobte Kenias Rolle bei der Flüchtlingsaufnahme und bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Er sprach von einer «großen Wertschätzung» für dieses Engagement.

Kenyatta hatte Steinmeier zuvor an seinem Amtssitz mit militärischen Ehren begrüßt. Ihr anschließendes Gespräch dauerte doppelt so lange wie ursprünglich geplant. Kenyatta bekundete im Anschluss großes Interesse an weiteren Investitionen aus Deutschland. «Wir freuen uns sehr über das Interesse, das deutsche Firmen gezeigt haben.» Kenia wolle die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland und der EU stärken, gerade in den Bereichen Landwirtschaft, verarbeitende Industrie und in der Startup-Szene, die in Kenia gewachsen sei.

Steinmeier nannte es dafür entscheidend, dass die Bekämpfung der Korruption - wie von Kenyatta angekündigt - «zu den Prioritäten der kenianischen politischen Führung gehört». «Es liegt im beiderseitigen Interesse, dass es im Kampf gegen die Korruption signifikante Fortschritte gibt.» Über das Korruptionsproblem hatten zuvor auch schon Vertreter der kenianischen Zivilgesellschaft in einem Treffen mit Steinmeier berichtet.

Der Bundespräsident rief die Unternehmen in Deutschland auf, sich mehr über die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in dem ostafrikanischen Land zu informieren. Unwissenheit sei ein häufiges Investitionshindernis, sagte er. «Häufig werden Hindernisse vermutet, die entweder so gar nicht mehr bestehen oder an denen mindestens gearbeitet wird.» Mehr deutsche Investitionen würden auch «zum Aufbau von Arbeitsplätzen führen, den Kenia mit Blick auf die wachsende junge Generation so dringend braucht».

Der Blick, mit dem das politische Berlin auf Kenia schaut, erklärt, warum Steinmeier hierhin gereist ist. «Deutschland schätzt den wichtigen Beitrag, den Kenia für die Stabilität der gesamten Region Ostafrika leistet», sagte er beim abendlichen Staatsbankett.

Das Land zeichnet sich für afrikanische Verhältnisse durch hohe politische Stabilität und Wirtschaftskraft aus. Für 2020 und 2021 werden Wachstumsraten des Bruttoinlandprodukts von 5,6 und 5,8 Prozent erwartet, im vergangenen Jahr waren es 5,7 Prozent. Auch für die deutsche Wirtschaft wird Kenia zunehmend interessanter. So exportierte sie 2018 Waren im Wert von rund 370 Millionen Euro - ein sprunghafter Anstieg von etwa 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

In der oft volatilen Region ist Kenia seit Jahrzehnten ein Zufluchtsort für Menschen, die vor Krieg und Hunger fliehen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks leben dort mehr als 490.000 Flüchtlinge, die meisten aus dem krisengebeutelten Nachbarland Somalia. Kenia hat auch rund 121.000 Flüchtlinge aus dem Südsudan aufgenommen, wo 2013 ein Bürgerkrieg ausbrach. Die meisten von ihnen leben im Flüchtlingslager Kakuma, das Steinmeier an diesem Mittwoch besuchen will.

Kenia mit seinen rund 47 Millionen Einwohnern hat der Weltbank zufolge das Potenzial, «eine von Afrikas Erfolgsgeschichten» zu werden. Das Land ist einer der weltgrößten Produzenten von Tee und Blumen, die es auch nach Deutschland exportiert. Der seit 2013 amtierende Kenyatta hat sich vorgenommen, die verarbeitende Industrie zu stärken. Zudem hat sich Kenia inzwischen den Ruf als «Silicon Savannah» erarbeitet - als Zentrum für lokale und internationale Start-ups vor allem im Digital- und Tech-Bereich, das zunehmend junge Gründer anzieht.

Steinmeier hatte noch einen ganz anderen Grund für seine Reise parat: «Dieser Besuch war überfällig», sagte er nach dem Gespräch mit Kenyatta und verwies darauf, dass er als erster Bundespräsident überhaupt hierher zum offiziellen Staatsbesuch gekommen ist. Und das, obwohl die Bundesrepublik 1963 als erster Staat das unabhängig gewordene Kenia völkerrechtlich anerkannte. Seit einer Arbeitsvisite Heinrich Lübkes 1966 war jedoch kein Bundespräsident mehr hier.

Seitdem hat sich vieles verändert - auch protokollarisch. Lübke wurde seinerzeit mit preußischen Militärmärschen und dem Karnevalsschlager «Wer soll das bezahlen?» begrüßt, wie Reporter berichteten. Obwohl Steinmeiers Besuch am Rosenmontag begann, verzichteten die Gastgeber auf eine Wiederholung. 21 Schuss Salut zur Begrüßung bekommt aber auch er nicht allzu oft zu hören. Ganz am Ende stimmte die Militärkapelle beim Wegmarschieren dann doch noch einen Gassenhauer an - «Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern». Da hatten sich Kenyatta und Steinmeier allerdings schon zum Gespräch zurückgezogen.

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