Weltmeister überrennt Norwegen

Foto: epa/Armando Babani
Foto: epa/Armando Babani

STUTTGART (dpa) - Nach dem rauschenden und friedlichen Fußballfest genossen Timo Werner und seine Kollegen vor den jubelnden deutschen Anhängern die Ehrenrunde, Mats Hummels überreichte einem Fan sein Trikot.

Angetrieben vom umjubelten Doppel-Torschützen Werner hat Weltmeister Deutschland das Stuttgarter Publikum und Millionen an den TV-Geräten überzeugt. Beim 6:0 (4:0) der Nationalmannschaft am Montag in Stuttgart gegen völlig überforderte Norweger fehlte nur die Krönung der vorzeitigen Qualifikation für die WM im kommenden Sommer in Russland, da der Tabellenzweite Nordirland (19 Punkte) gegen Tschechien 2:0 gewann.

Nach dem achten Sieg in der aktuellen Ausscheidungsrunde kann die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw aber am 5. Oktober in Nordirland das WM-Direktticket schon mit einem Unentschieden perfekt machen. Mesut Özil (10. Minute), Julian Draxler (17.), der neue Torjäger Werner (21. und 40.) sowie die in der zweiten Halbzeit eingewechselten Leon Goretzka (49.) und Mario Gomez (79.) sorgten für ein rauschendes Torefestival des Tabellenersten (24 Punkte). Und 53.840 Fans in der voll besetzten Mercedes-Benz Arena setzten nach den schockierenden Vorkommnissen von Prag ein friedliches und stimmungsvolles Zeichen.

«Es zeigt, wie schön der Fußball sein kann. Es war ein tolles Publikum und es hat Spaß gemacht vor ausverkauftem Haus. Wir haben unseren Teil dazu beigetragen mit guten Kombinationen und tollen Toren», sagte Löw und Torschütze Werner war ebenfalls überglücklich: «Ich freue mich, dass ich auch in der Nationalelf treffe. Das war heute etwas Besonderes in der Heimat. Klasse, wie mich die Fans unterstützt haben. Da spielt man doppelt so gern Fußball. Das bedeutet mir sehr viel.»

Drei Tage nach dem unrühmlichen Vorkommnissen von Tschechien war es ein rundum gelungener Fußballabend. Waren in Prag noch Chaoten durch rechtsradikale Parolen und Schmähgesänge unangenehm aufgefallen, herrschte diesmal eine prächtige Stimmung. Sogar «Timo Werner»-Sprechchöre waren zu hören, was keineswegs selbstverständlich war. Schließlich hatte der Torjäger den VfB nach dem Abstieg 2016 in Richtung des ungeliebten Clubs RB Leipzig verlassen.

Schon vor dem Spiel war ein großes Plakat mit der Aufschrift «Gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung - der Fanclub ist bunt und steht hinter der Mannschaft» in der Mercedes-Benz-Arena zu lesen. Dazu wurde das Publikum vom Stadionsprecher aufgefordert «ein klares Zeichen» zu setzen.

Die gute Atmosphäre hatte auch mit dem begeisternden Spiel der deutschen Mannschaft zu tun. Mit tollem Kombinationsfußball spielten der gut aufgelegte Özil und Co. die Norweger regelrecht schwindlig und erarbeiteten sich eine Vielzahl an Torchancen.

Nach dem wenig berauschenden Auftritt in Tschechien war Bundestrainer Joachim Löw nicht nur zum bewährten 4-2-3-1-System zurückgekehrt, sondern hatte auch drei Änderungen vorgenommen. Antonio Rüdiger, Sebastian Rudy und Julian Draxler kamen neu in die Mannschaft. Das Grundgerüst bildeten aber weiterhin die prominenten Weltmeister Mats Hummels, Toni Kroos, Özil und Thomas Müller. Dagegen musste sich Confed-Cup-Lichtblick Leon Goretzka bis zu seiner Einwechslung zur zweiten Halbzeit gedulden.

Löws Marschroute ging auf: Der Weltmeister präsentierte sich mit großer Spiellust und ging aggressiv zu Werke. So sahen die begeisterten Zuschauer Chancen im Minutentakt. Schon nach 80 Sekunden wurde es durch Werner und Joshua Kimmich erstmals gefährlich. So war das erste Gegentor nach zehn Minuten für die völlig überforderten Norweger die logische Folge. Nach Flanke von Hector überwand Özil den Hertha-Torwart Rune Jarstein.

Und der norwegische Keeper war weiter im Dauereinsatz. Kroos (11.), Müller (13.) und Werner (14.) hatten die nächsten Chancen. Das zweite Tor war aber Draxler nach einer feinen Drehung vorbehalten. Dabei hatte die DFB-Auswahl aber Glück, da Werner bei der Vorbereitung knapp im Abseits stand. Und es ging weiter nur in Richtung des norwegischen Tores, insbesondere Werner drehte mächtig auf und war fast an jeder gefährlichen Aktion beteiligt. Dem Leipziger waren auch die nächsten Tore vorbehalten. Erst schob der Stürmer den Ball nach Flanke von Kroos ein (21.), dann traf er per Kopf nach einer präzisen Müller-Hereingabe (40.). Werner war neben Rüdiger, Kimmich und Rudy einer von vier ehemaligen Stuttgartern in der Startelf.

Und die Norweger? Ein Distanzschuss von Jo-Inge Berget über das Tor (24.), ansonsten war ter Stegen im ersten Durchgang beschäftigungslos. So konnte Löw bereits frühzeitig die Partie entspannt beobachten.

Zumal seine Mannschaft auch in der zweiten Halbzeit weiter brillierte. Nach einer schnell ausgeführten Ecke brachte Draxler den eingewechselten Goretzka in Szene. Der Schalker traf per Kopf (49.). Erst danach schaltete die DFB-Auswahl einen Gang zurück. So durfte sich der überragende Werner einen Extra-Applaus abholen, als er für Mario Gomez das Spielfeld verließ. Und auch der Wolfsburger fügte sich gleich gut ein. Nach Flanke von Kimmich machte der Stürmer das halbe Dutzend voll und markierte sein 31. Länderspiel-Tor.

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Jürgen Franke 05.09.17 16:47
Ein Fußballstadion war immer schon ein
Ventil für Pöbler, um den Frust der Woche rauszulassen. Die berittene Polizei diente lediglich als Staffage und unterstrich nur ihre Bedeutung als Störenfriede. Glücklicherweise hat sich durch Hamburg G20 in diesem Fall die Gesetzeslage deutlich geändert, so dass Angriffe gegen Ordnungsdienste zukünftig schärfer geahndet werden.