Geringe Beteiligung bereitet vor Katalonienwahl Sorgen

Abschlusstag des katalanischen Präsidentschaftswahlkampfes. Foto: epa/Enric Fontcuberta
Abschlusstag des katalanischen Präsidentschaftswahlkampfes. Foto: epa/Enric Fontcuberta

BARCELONA: Kurz vor der Parlamentswahl am Sonntag in der spanischen Konfliktregion Katalonien wurde wegen der Pandemie eine historisch niedrige Beteiligung befürchtet. Der regionale Ministerpräsident und Spitzenkandidat der linksseparatistischen Partei ERC, Pere Aragonès, rief die Katalanen zum Abschluss des Wahlkampfes am späten Freitagabend daher zur regen Teilnahme auf.

Kein ERC-Anhänger und kein Befürworter der Unabhängigkeit der Region und der Gründung einer katalanischen Republik dürfe am Wahlsonntag zu Hause bleiben. «Dieses Volk wird den Kampf um die Freiheit fortsetzen», rief der 38-Jährige in Barcelona. Die Regionalregierung hatte die Abstimmung wegen Corona auf den 30. Mai verschoben. Die spanische Justiz hatte diese Entscheidung aber gekippt.

Seit der Wahl im Dezember 2017 bildet die ERC zusammen mit der liberal-konservativen und ebenfalls separatistischen JuntsxCat und kleineren Parteien eine Minderheitsregierung in Katalonien. ERC, JuntsxCat und auch die Sozialisten, die in Madrid regieren und Gegner einer Abspaltung Kataloniens von Spanien sind, können als stärkste Parteien jeweils auf gut 20 Prozent der Stimmen hoffen.

Die Separatisten hoffen auf eine absolute Mehrheit. Allen Umfragen zufolge wird das Parlament in Barcelona nach der Abstimmung aber weiter zersplittert bleiben. Beobachter befürchten eine politische Blockade und lange Verhandlungen über die Regierungsbildung.

Die separatistische Minderheitsregierung hatte die Neuwahl des Parlaments ausgerufen, nachdem der Regionalpräsident Quim Torra im September von der spanischen Justiz wegen Ungehorsams abgesetzt worden war und Aragonès das Amt interimistisch übernommen hatte. Bis zum Frühjahr 2022 darf Torra kein öffentliches Amt bekleiden. Der Grund: Der 58-Jährige hatte sich vor der spanischen Parlamentswahl vom April 2019 geweigert, am Sitz seiner Regierung und an anderen öffentlichen Gebäuden Symbole der Unabhängigkeitsbewegung zu entfernen, obwohl die Wahlbehörde dies angeordnet hatte.

Nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum war Katalonien im Herbst 2017 von der damaligen konservativen Zentralregierung von Mariano Rajoy unter Zwangsverwaltung gestellt worden. Der damalige Regionalpräsident Carles Puigdemont floh rechtzeitig nach Belgien ins Exil. Viele Separatisten wurden aber zu langen Haftstrafen verurteilt.

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Thomas Sylten 14.02.21 13:37
Wie so oft bei solchen Gelegenheiten schwebt mir als Lösungsansatz die alte Idee eines "Europa der Regionen" vor Augen, in welchem den Nationalstaaten sukzessive weniger, den einzelnen europäischen Regionendafür im Sinne der Bürgernähe zunehmend mehr Kompetenzen zugestanden werden, unter einem einheitlichen europäischen Dach.

Schlagartig wären viele anachronistische Konflikte entschärft, wie Baskenland und Katalonien, aber auch Nordirland, Schottland, Gibraltar, und der Gegensatz Wallonen-Flamen in Belgien - um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Quasi ein föderales Europa, in welchen nationale Egoismen zunehmend an Bedeutung verlieren.