Gleichberechtigung in Deutschland kommt kaum voran

Foto: epa/Jean-christophe Bott
Foto: epa/Jean-christophe Bott

COLOGNY (dpa) - 2017 nahm die Kluft zwischen Männern und Frauen erstmals seit Jahren wieder zu. Dieser Trend bestätigt sich nicht. Grund zur Freude sieht das Weltwirtschaftsforum dennoch nicht.

Die Gleichberechtigung in Deutschland kommt kaum voran. Das hat eine neue Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) ergeben. So habe etwa der Frauenanteil in den Parlamenten abgenommen, zudem gebe es Lücken zwischen den Geschlechtern im Bereich Bildung. Insgesamt rutschte Deutschland im jährlichen Index des WEF um zwei Plätze auf Rang 14 ab. Knapp 78 Prozent der Geschlechterkluft sind demnach hierzulande geschlossen. Beim ersten Ranking 2006 stand die Bundesrepublik noch auf Platz 5. Spitzenreiter bleibt Island.

Weltweit stagniere die Gleichberechtigung, in einigen Bereichen wachse die Kluft sogar wieder, warnte das WEF in seinem «Global Gender Gap Report 2018». So habe das Gefälle zwischen Männern und Frauen in den Bereichen Gesundheit und Bildung zugenommen. Lediglich bei der wirtschaftlichen Chancengleichheit sei die Kluft verringert worden, allerdings sei der Frauenanteil an der weltweiten Erwerbsbevölkerung zurückgegangen.

Gründe für diese «beunruhigende Entwicklung»: Die Automatisierung wirke sich unverhältnismäßig stark auf Bereiche aus, die traditionell von Frauen besetzt waren. «Gleichzeitig sind Frauen in wachsenden Beschäftigungsfeldern, die MINT-Fähigkeiten und -Wissen erfordern, unterrepräsentiert.» MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. So sei in Deutschland die Lücke zwischen Frauen und Männern bei der Künstlichen Intelligenz sehr groß: Nur 16 Prozent des Talent-Pools seien Frauen. Zudem seien weltweit vielerorts Kinder- und Altenbetreuung noch immer unterentwickelt; dies hemme die Rückkehr vieler Frauen in die Arbeit.

«Mehr denn je können es Gesellschaften sich nicht leisten, auf die Fähigkeiten, Ideen und Perspektiven der Hälfte der Menschheit zu verzichten», kommentierte WEF-Gründer Klaus Schwab den Bericht. Nur mit Teilhabe der Frauen lasse sich das Versprechen einer wohlhabenderen und menschlich orientierten Zukunft umsetzen.

Das WEF untersuchte für den jährlichen Bericht in 149 Staaten vier Bereiche: Wirtschaft - etwa Gehälter und Chancen auf Führungspositionen -, Zugang zu Bildung, politische Mitwirkungsmöglichkeiten sowie Gesundheit, etwa Lebenserwartung. Im Vorjahr hatten die Autoren erstmals seit Veröffentlichung der Studie 2006 eine Vergrößerung der Kluft zwischen Frauen und Männern festgestellt. Vor diesem Hintergrund sei die - wenn auch marginale - Verbesserung in diesem Jahr begrüßenswert. Weltweit ist die Geschlechterkluft demnach zu 68 Prozent geschlossen.

Probleme gibt es aber fast überall. Auch Spitzenreiter Island wurde mit einer zu 85,8 Prozent geschlossenen Lücke schlechter bewertet als im Vorjahr (88 Prozent). Dort habe sich die Kluft bei weiblichen Abgeordneten sowie Beamtinnen und Managerinnen vergrößert. Es folgen Norwegen, Schweden und Finnland sowie das mittelamerikanische Nicaragua und das ostafrikanische Ruanda. Die USA fallen um zwei Plätze auf Rang 51. Westeuropa bleibt die Region mit der höchsten Gleichstellung (75,8 Prozent), Schlusslicht sind der Nahe Osten und Nordafrika (60,2 Prozent).

Im jetzigen Tempo werde es länger dauern, die globale Lücke zwischen den Geschlechtern zu schließen, schreiben die Autoren. Sie rechnen für die 106 Länder, die bereits 2006 untersucht wurden, mit 108 Jahren - verglichen mit 100 beim vorigen Bericht. Bis zur Gleichstellung am Arbeitsplatz dauert es demnach noch 202 Jahre.

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Rüdiger Huber 18.12.18 22:20
Ja ,auch wichtig bei den Kinderbücher und Lieder
Nur geht es mir hier im obigen Artikel /Studie, auch nicht weit genug ! Es ist für mich so nicht hinnehmbar , es ist damit weder politisch korrekt dh es sind nicht vollständig alle wichtige Ziele enthalten wie auch z.B Gender ! noch vertritt es die wichtige Gleichstellung ( nicht nur Gleichberechtigung !! ) und enthält auch keine Quotenregelung ( nicht nur für Frauen sondern auch für Rassen, Religionen. Sex Neigungen usw usw ) und auch die wichtige LGBT wurde vergessen , und keine Frühsexualisierung ! Das ist rassistisch und Diskriminierung pur und nicht PC ! Und hiermit schliest sich der Kreis !! Dies alles wurde in der obigen Studie bzw Artikel vollkommen vergessen :-)
Mike Dong 18.12.18 22:17
@Hr.Riedlberger / Frauen
Haben Sie auch erkannt, daß die hier im Strassenverkehr arbeitenden Frauen bis auf wenige Ausnahmen keine Thais sind, sondern billige Arbeitskräfte aus den Nachbarländern ?
Johann Riedlberger 18.12.18 19:01
Zum ersten Mal in Thailand,
ist mir gleich aufgefallen, dass hier die Frauen auf Baustellen deutlich mehr vertreten sind. Vielleicht sollte man gerade in diesem Bereich ein Quote einführen.