Ein Leser präsentiert seine Gedanken zum touristischen Dilemma, in dem Thailand steckt:
Jetzt leben wir alle in Thailand bereits seit 1,5 Jahren mit dem Coronavirus. Einige sind geimpft, während andere noch warten. Dabei muss man wohl in einigen Fällen sagen, warten müssen, obschon eine Geldleistung vor einiger Zeit bereits erbracht wurde. Die privaten Hospitäler hatten Impfanmeldungen schon vor einiger Zeit angenommen und auch Rechnungen ausgestellt. Impfstoff war jedoch in einigen Fällen weder vorhanden, noch konnte ein definitiver Impftermin genannt werden.
Die Regierung hatte wohl das notwendige Maß aus den Augen verloren, weshalb es zu Impfterminen kam, die dann kurzfristig abgesagt werden mussten, mangels Impfstoff.
In der Zwischenzeit hat es funktionierende Online-Impfanmeldungen gegeben, bei denen – je nach Alter – unterschiedliche Impfstoffe injiziert wurden. Bei einem dieser Termine wurde offensichtlich für Thais aller Altersklassen Sinovac eingesetzt. Dann gab es für etwas ältere Thais den Impfstoff AstraZeneca und für über 60-jährige Farangs eine extra Registrierplattform mit Pfizer-Impfstoff.
Dank den Impfaktionen sind inzwische etliche Menschen geimpft worden und so gab es behördliche Aktivitäten in Bezug auf den Tourismus. Diese Maßnahme war sehr sinnvoll, da viele Beschäftigte, die bis zur Krise vom Tourismus gelebt haben, plötzlich arbeitslos geworden sind. In Thailand gibt es noch einen großen familiären Zusammenhalt und so wird man als erwerbslos und finanziell auf Null stehend in der Familie aufgefangen. Dies gelingt um so eher und einfacher, wenn die Familie auf dem Land lebt und über die Möglichkeit der Selbstversorgung verfügt. Wessen Familie jedoch in der Stadt wohnt und evtl. auch vom Tourismus abhängig ist, der hat es wirklich schwer und kann nur versuchen, mit den behördlichen Sozialgaben über die Runden zu kommen.
Phuket hatte mit der „Sandbox“ den Anfang gemacht, die trotz großer Ankündigung und Erstbegrüßung durch den Premierminister sehr holprig begann. Allerdings hatte man darauf geachtet, dass 70 Prozent der Bevölkerung auf der Insel geimpft waren und die eingeflogenen Touristen mussten sich einem strengen medizinischen Überwachungssystem unterstellen. Doch wie so oft steckt der Teufel auch hier im Detail. So brachten Wanderarbeiter das Virus vermehrt zurück auf die Insel, was weitere Anstrengungen erforderte. Kurze Zeit später öffneten sich Krabi und weitere Reisedestinationen für „Sandbox“-Touristen, die ebenfalls ein Stück vom Touristen-Kuchen abhaben wollen.
Inzwischen stecken weitere beliebte Touristenoret wie Koh Samui, Hua Hin, Pattaya und Chiang Mai in den Öffnungsvorbereitungen, vorausgesetzt, dass die erforderliche Impfquote erreicht wird. Bei einigen Orten wurde und musste ein Rückzieher gemacht werden, was den Eröffnungstermin anbelangt, was natürlich zu einer Planungsunsicherheit bei evtl. Urlaubern führt.
Leider muss man feststellen, dass Thailand selbst erheblich dazu beigetragen hat, dass diese Planungsunsicherheit herrscht. Immer wieder gab es Ankündigungen, die plötzlich widerrufen werden mussten und so wurden Quarantänezeiten, Beschränkungen und per Notstandserlass angeordnete Schließungen verkündet, so dass Interessierte den vielen Änderungen nicht mehr hinterherkamen. Wenn man bedenkt, was ein Urlauber noch in seinem Heimatland an Papieren und Tests zu erledigen hat, so muss man schon ein hartgesottener Thailandfan sein, wenn man sich auf dieses Abenteuer einlässt.
Für Urlauber, die das letzte Mal vor zwei oder drei Jahren in Thailand waren, hat sich vieles verändert und sie werden sich nach ihrer Ankunft verwundert die Augen reiben. Das trubelige Leben in den Touristenorten – sowohl bei Tag als auch speziell bei Nacht – ist vorbei, im Nachtleben herrscht „tote Hose“.
Die Stammbar ist geschlossen, das Lieblingsrestaurant hat den Rolladen heruntergelassen und der freundliche Thai mit dem Imbisswagen ist verschwunden. Gut, Sonne und Meer sind immer noch da. Aber z.B. mit einem Sundowner in der Hand am Strand sitzen, das ist nicht mehr möglich. Viele stellen sich dann die Frage, ob sie nach einem 10- bis 12-stündigen Flug diese Unwägbarkeiten auf sich nehmen möchten?
Haben sich die thailändischen Behörden jemals gefragt, ob es richtig sei, Notöffnungen vorzunehmen, nur um einige wenige Besucher anzulocken, die dann nach ein paar Wochen enttäuscht und unzufrieden zurück nachhause fliegen? Was sie daheim über diesen Urlaub berichten, dürfte bekannt sein, nachdem mehrere deutsche Printmedien darüber berichtet hatten.
Thailand wird sich neu erfinden müssen nach der Corona-Krise. Restaurants, die derzeit geschlossen sind, werden evtl. nicht mehr öffnent, mangels Geld und Kundschaft. Hotels geht es ebenso. Viele bleiben geschlossen oder werden günstig verkauft und bringen eine andere Klientel nach Thailand als zuvor. Etliche Thais, die bisher in der Tourismusbranche gearbeitet haben, mussten sich notgedrungen umorientieren. Fraglich, ob sie wieder an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren wollen, wenn ihnen ihr neuer mehr Sicherheit bietet. Es wird somit eine große Menge an Unwägbarkeiten geben, bevor in Thailand wieder Alltag herrscht.
Neben der thailändischen Wirtschaft, egal ob Automobil- oder Agrarindustrie, will man sicherlich auch den Tourismussektor wieder reaktivieren, da er einen erheblichen Anteil am BIP in Thailand hatte. Diese Reaktivierung setzt natürlich voraus, dass die Urlauber mitspielen und zurückkommen wollen. Es ist immer äußerst schwierig, verlorene Kunden wieder zurückzugewinnen. Es muss schon etwas besonders Lohnenswertes und Aufregendes geboten werden, um die Länder zu übertrumpfen, die derzeit auf der Urlaubswunschliste der Touristen stehen.
Thailand hat viele Magneten. Es ist immer die Frage des einzelnen, was er möchte. Das Land ist gut und breit aufgestellt, um alle Wünsche zu erfüllen – von Familien- über Kultur- bis hin zu Altherrenurlaub. Das Land des Lächelns hat jede Menge zu bieten und hoffentlich lächelt es dann auch wieder! Als Urlauber sieht man gerne in freundliche Gesichter und gibt dann leichter sein Geld aus.
Wünschen wir sowohl Thailand als auch den zukünftigen Urlaubern eine tolle Zeit, in der beide das bekommen, was sie sich vom anderen erhoffen.
Ingo Kerp, Nakhon Ratchasima
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