Es gibt Menschen, die suchen stets nach Unterschieden zwischen sich und Personen, die aus anderen Gegenden der Welt zu uns gekommen sind, Leute die anders aussehen und anders sprechen. Das ist für sie dann der Grund dafür, diese Fremden abzulehnen, gegen sie zu hetzen oder sie zu bekämpfen, denn Ausgrenzung bedeutet für sie auch Abwertung.
Diese Menschen halten sich für den gesunden Maßstab, der an Menschen anzulegen ist, und ahnen nicht einmal, wie krank ihr Menschenbild geraten ist, das in der Vergangenheit immer wieder zu Konflikten, Hass und Terrorismus geführt hat. Sie leben in einer Gemeinschaft der Gleichberechtigten. Ihr Zusammenhalt ist durch das Wort „Wir“ geprägt. Die anderen sind anders und gehören nicht dazu. Im Gegensatz zu jenen, die das Trennende suchen, versuche ich, in allen Menschen das Verbindende zu entdecken. Mein erster Auslandsaufenthalt führte mich 1955 zur Weltausstellung nach Brüssel.
Als ich zurückkam, schwärmte ich von der bunten Welt, der ich in Belgien begegnet war. Es waren Menschen aus aller Welt und alle gingen freundlich miteinander um. Vieles hat sich seitdem verändert. Aber nicht für mich. Ich kenne weder Ossis noch Wessis, weder gelbe, braune oder schwarze Personen, stattdessen Mitbewohner dieses kleinen Planeten, denen ich so freundlich begegne wie sie mir. Eine Freundin aus Deutschland fragte mich einmal: „Wie kannst du nur in einer so anderen Umwelt leben, in der Diaspora, als Fremder unter Fremden“? Ich antwortete ihr: „Es macht mich froh und glücklich, in ihnen meinen Anteil an dieser Welt zu sehen. Wir gehören doch alle zusammen, auch wenn die Welt immer weiter auseinanderdriftet. Ich will daran keinen Anteil haben.“ Sie schüttelte verständnislos ihren Kopf. Dabei ist es so einfach, sich hier in Thailand heimisch zu fühlen. Auch wenn wir Farangs von Haus aus lieber Kartoffeln essen als Reis, lieber Bier trinken als Whisky, so kann das einer Entfremdung keinen Vorschub leisten. Auch anderes Aussehen, andere Sprache und anderer Glaube sind ungeeignet für irgendeinen Vorbehalt gegenüber Thais oder den Langnasen.
Sie sind, wenn man ihnen die Möglichkeit einräumt entsprechende Bildungseinrichtungen zu besuchen, nicht weniger klug und scharfsinnig als Intellektuelle in anderen Ländern. Und was ihnen an Sparsamkeit fehlt, machen sie durch Großzügigkeit wett, mangelnde Pünktlichkeit durch ein Lächeln, und gelegentliche Unzuverlässigkeit wird durch einen tiefen Wai, dem ein leise angefügtes „khor todt“ folgt, gerne verziehen. Die Thais sind uns, trotz einiger äußerer Unterschiede, ähnlicher als viele glauben mögen. Sie sind hilfsbereit, heimatverbunden und stolz auf ihr Land, auch wenn es kein Wohlfahrtsstaat ist. Hier muss jeder selbst sehen, wie er zurechtkommt, und darin haben die Thais es geradezu zur Meisterschaft gebracht. Außerdem sind sie ehrlich, solange sie dadurch nicht etwas preisgeben müssen, das gegenüber den Gästen zum Gesichtsverlust führen kann. Außerdem sind sie mindestens genauso neugierig wie wir. Auch wenn das Land, gemessen am europäischen Standard, auf einigen Gebieten der Technik hinter der Entwicklung herhinkt, ist das Tempo seiner Aufholjagd doch beeindruckend. Schon bald werden die Thais den Anschluss an die hochentwickelten Länder erreicht haben und selbstbewusst in der internationalen Gemeinschaft mitreden. Außerdem gibt es auch einiges von den Thais zu lernen: Ihre Toleranz gegenüber Fremden ist sehr ausgeprägt.
Der Buddhismus hat sie Gleichmut und Gelassenheit gegenüber Schicksalsschlägen gelehrt, ihre Friedlichkeit haben ihre Könige ihnen über viele Generationen vorgelebt. Wer als Zuwanderer in Thailand eine neue Heimat sucht, der wird sie hier finden, selbst wenn er die Landessprache nicht beherrscht. Er wird akzeptiert und findet Unterstützung von Nachbarn bei Problemen, die in einer fremden Kultur nicht ausbleiben. Jeder Mensch ist gleich an Würde. Diese Tatsache ist für die Thais selbstverständlich. Deshalb haben sie auch nichts gegen Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben, die gerne nach Thailand kommen, weil sie sich hier angenommen fühlen. Großzügig schauen Thais über kleine Patzer der Urlauber hinweg. Wenn die aber das Königshaus, den Buddhismus oder das Militär beleidigen, dann gibt es kein Pardon. Auch eine Entschuldigung oder Nichtwissen wird sie nicht vor Strafe bewahren. Eigentlich ist es ganz einfach für Touristen, in Thailand nicht anzuecken.
Wer sich an die ungeschriebenen Gesetze seiner Heimat hält, ist auch fast immer auf der richtigen Seite – bis auf den Linksverkehr! Leider glauben einige Urlauber, hier können sie mal richtig die Sau rauslassen, jedoch das kann sie teuer zu stehen kommen oder zur vorzeitigen Abschiebung führen. Wer sich hier nicht zu benehmen weiß, stößt schnell auf Ablehnung, was den Urlaub nicht angenehmer macht. Auch Sextouristen sind nicht gerade beliebt – außer bei denen, die davon leben – aber die Thais lassen sich ihren Unmut kaum anmerken. Man muss schon sehr genau hinsehen, um ihre Verachtung zu bemerken gegenüber den Opas, die Händchen haltend mit den Thai-Enkeln öffentlich herumschmusen. Ich meine, Thailand ist ein Land, von dem man sagen kann: Gäbe es einige mehr von dieser Art in der Europäischen Union, ginge es der Union besser und damit uns allen.
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