Was läuft da zwischen Merkel und Putin?

Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (r.). Foto: epa/Michael Klimentyev / SPUTNIK
Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (r.). Foto: epa/Michael Klimentyev / SPUTNIK

BERLIN (dpa) - Zwei Treffen binnen gut drei Monaten: Das hat es zwischen Merkel und Putin seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gegeben. Für das wieder wachsende Interesse der beiden aneinander gibt es drei Gründe.

Lange Zeit waren die Treffen zwischen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Seltenheit. Die russische Annexion der Krim und die anschließende Krise in der Ostukraine beschränkten die persönlichen Kontakte weitgehend auf Gipfelbegegnungen, Telefonate und nur zwei bilaterale Besuche Merkels in Russland innerhalb von vier Jahren.

Seit der Vereidigung Merkels für eine vierte Amtszeit und der Wiederwahl Putins im Frühjahr scheint nun aber wieder etwas in Gang zu kommen zwischen den beiden. Im Mai reiste Merkel in den Badeort Sotschi am Schwarzen Meer, um Putin zu treffen. Anschließend empfing sie Außenminister Sergej Lawrow und Generalstabschef Waleri Gerassimow im Berliner Kanzleramt - ein ungewöhnlicher Vorgang.

Jetzt reist Putin zum ersten Mal seit Beginn der Ukraine-Krise zu einem bilateralen Besuch nach Deutschland. Merkel wird ihn am Samstag auf Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Bundesregierung in Brandenburg, empfangen. Das schafft eine deutlich informellere Atmosphäre als bei reinen Arbeitsbesuchen im Kanzleramt.

Dass Putin und Merkel jetzt wieder stärker ins Gespräch kommen, liegt vor allem an zwei Krisen und einem Politiker: Syrien, Ukraine und Donald Trump.

Worum geht es bei Syrien?

Die syrische Regierung und Russland als ihre Schutzmacht wollen mit dem Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes beginnen. Sie hoffen, dass EU-Wirtschaftssanktionen gegen die Führung von Präsident Baschar al-Assad gelockert werden. Außerdem geht es um mögliche Finanzhilfen.

Deutschland und andere westliche Länder bestehen bislang darauf, dass vorher der Konflikt politisch gelöst werden muss. So weit ist es noch nicht, und es sieht immer weniger danach aus, als würde der Krieg mit einem Abdanken Assads enden. Russland hat ihm seine Macht erhalten, mittlerweile kontrolliert er wieder zwei Drittel des Landes.

Zugleich ist klar, dass den Syrern in diesen Gebieten schon jetzt geholfen werden muss, um das ärmliche Leben zu normalisieren. Als ein Hoffnungszeichen wurde in dieser Woche der traditionsreiche Basar der fast völlig zerstörten Stadt Homs wiedereröffnet. Gleichzeitig könnten erneut viele Menschen in die Flucht getrieben werden, wenn die Regierungstruppen gegen die letzte große Rebellen-Bastion in Syriens nördlicher Provinz Idlib vorgehen.

Können die beiden Fortschritte im Ukraine-Konflikt erzielen?

Das scheint eher unwahrscheinlich. Die Feuergefechte zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten im Osten der Ukraine gehen weiter - mal stärker, mal schwächer. Auf dem Tisch liegt Putins Vorschlag von 2017, eine internationale Friedenstruppe in den Donbass zu schicken. Aber eine Einigung gibt es nicht. Deutschland und Frankreich sind im Ukraine-Konflikt zwar die europäischen Verhandlungsführer, doch vor allem müssten sich die UN-Vetomächte Russland und USA einigen.

Die Bundesregierung bemüht sich aber zusammen mit Frankreich, den Vermittlungsprozess zwischen Russland und der Ukraine wieder anzuschieben. Heiko Maas hatte dazu vor wenigen Wochen zum ersten Außenministertreffen seit mehr als einem Jahr nach Berlin eingeladen - aber zunächst einmal ohne zählbaren Erfolg.

Gibt es noch andere Themen?

Ja, vor allem die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee zwischen Russland und Deutschland. Beide Länder halten an dem Milliarden-Projekt fest - gegen Kritik aus den osteuropäischen EU-Staaten und trotz drohender Sanktionen der USA. Deshalb dringt Berlin darauf, dass Moskau Erdgas weiterhin auch durch die Ukraine leitet und dem Nachbarland Einnahmen aus dem Transit verschafft. Darüber sprachen Merkel und Putin schon bei ihrem Treffen in Sotschi, doch Verträge zwischen dem russischen Gasriesen Gazprom und der ukrainischen Naftogaz gibt es noch nicht.

Rücken die beiden wegen der Alleingänge Trumps nun enger zusammen?

Auf jeden Fall führt die ganz auf nationale Interessen ausgerichtete Außenpolitik Trumps dazu, dass sich Merkel wieder mehr um die Gesprächskanäle zu international maßgeblichen Ländern wie Russland oder China kümmert. Deutschland setzt sich - wie auch Russland - für die bestehende, auf internationalen Abkommen und Organisationen basierende Weltordnung ein, die durch Trump gefährdet wird.

Wie geht es nach dem Gipfel in Meseberg weiter?

Der Besuchsreigen wird weiter gehen. Mitte September wird der russische Außenminister Lawrow in Berlin erwartet. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Merkel und Putin zudem zu einem Syrien-Gipfel in die Türkei eingeladen, von dem man aber noch nicht weiß, ob und wann er stattfindet. Und Putin könnte auch recht bald wieder nach Deutschland reisen, allerdings aus privaten Gründen. In Berlin wird gemunkelt, dass er im Oktober bei der Hochzeitsfeier seines Freundes, des ehemaligen Kanzlers Gerhard Schröder, dabei sein könnte.

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Jürgen Franke 18.08.18 20:48
Obwohl einige bereits das Ergebnis des
Gespräches offensichtlich kennen, erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass es in erster Linie darum geht, dem Putin verständlich zu machen, dass Deutschland von Trump unter Druck gesetzt wird, Gas aus Amerika zu importieren, so dass eigentlich die zweite (Schröder) Leitung überflüssig ist. Abgesehen davon muss unter allen Umständen verhindert werden, dass sich eine neue Freundschaft zwischen Deutschland und Rußland entwickeln könnte. Da der Wiederaufbau Syriens viel Geld kosten wird, muß die Finanzfrage Frage geklärt werden. Entweder zahlt Deutschland für die Flüchtlinge oder für den Wiederaufbau des Landes.
Ingo Kerp 18.08.18 13:19
Sicher bin ich mir nicht aber hoffen darf man ja. Vielleicht erlebe ich es zu meinem Lebzeiten noch, das es eine Gemeinsamkeit der eurasischen Beziehungen gibt, EU, RUS und CHN.