Warum 2021 ein entscheidendes Jahr wird

Foto: Orlando Bellini/Fotolia.com
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Die Welt verändert sich rasend schnell. Der von der halben amerikanischen Bevölkerung verachtete Präsident Trump hat das Weiße Haus verlassen und Präsident Biden hat Aufgaben vor sich wie noch kein anderer amerikanischer Präsident. Am weitreichends­ten werden wahrscheinlich die Konsequenzen aus der laufenden „Scheidung“ mit China sein. Aber nachdem die Zeiten der bewussten Provokation vorbei sind, muss man sich um die beiden Supermächte keine zu großen Sorgen machen. Sie werden sich einigen, im Zweifel auf Kosten Dritter.

Mit Blick auf Europa ist das Bild völlig unklar. Im deutschsprachigen Raum muss man sich über die Schweiz keine Sorgen machen. Sie ist krisenerprobt und wird grundsätzlich an ihrem erfolgreichen System festhalten. Die Österreicher sind derzeit vom schwachen Tourismus gebeutelt, werden aber nach Corona schnell zur Normalität zurückfinden.

Dunkle Wolken über deutscher Wirtschaft

Anders sieht es in Deutschland aus. Es kann einem mulmig werden. Die deutsche Autoindustrie ist im siebten Jahr unter Beschuss. Der deutsche Wirtschaftsminister freut sich über das Engagement von Tesla in Deutschland, ignoriert allerdings die damit verbundenen Risiken in seiner Einschätzung. Daimler will Hunderttausende Motoren in Zukunft in China bauen. Der Betriebsrat ist entsetzt. Daimler will die gemeinsam mit Geely entwickelten Motoren auch in Volvo Fahrzeugen verwenden (Volvo fährt ebenfalls unter chinesischer Fahne seit einigen Jahren). Diese Entscheidung ist genauso zweifelhaft wie die Entscheidung von Bayer, Monsanto zu kaufen. Thyssen Krupp ist praktisch am Ende und die Deutsche Bank berappelt sich mühsam und kommt nur langsam aus dem Tal der Tränen. Der einzige Lichtblick ist im Bereich Medizin und Medizintechnik zu sehen, der scheinbar bisher von den Abwrackern der deutschen Industrie übersehen wurde. Die Ergebnisse der Impfstoff­entwicklung in Deutschland überzeugen. Politisch erfreulich ist auch der Umstand, dass der erste Impfstoff gegen Covid-19 in Deutschland von Wissenschaftlern mit Migrationshintergrund entwickelt wurde. Dieses Beispiel illustriert, dass es bei der Frage, was jemand zu einer Gesellschaft beiträgt, nicht auf die Abstammung ankommt.

Politik glänzt weiter durch Untätigkeit

Derzeit bedrückend ist, dass die großen politischen und wirtschaftlichen Fragen zwar seit Jahren adressiert sind, aber nicht angegangen werden, und zwar weder national noch auf europäischer Ebene. Man lügt sich in die Tasche. Zwei Beispiele: Die europäische Union erlaubt es Polen und Ungarn die europäischen Werte mit Füßen zu treten und ist nicht in der Lage, im eigenen Haus für Ordnung zu sorgen. Dies wird sich rächen, denn es vernichtet Glaubwürdigkeit. Wirtschaftlich verwundert, dass die Batterieproduktion bei der CO2-Bilanz von Elektroautos offiziell ignoriert wird. Eine offensichtliche Manipulation, die Franzosen und andere Autobauer freut, aber in Deutschland Wohlstand kosten wird. Überhaupt fällt auf, dass vielen derzeit politisch Verantwortlichen überhaupt nicht bewusst ist, woher Wohlstand kommt. Auf die einfache Testfrage, wieso ein Busfahrer in Bangkok viel weniger verdient als einer in Berlin, obwohl er härter arbeitet, haben viele Verantwortliche in Politik und Wirtschaft keine Antwort.

Am wichtigsten wird jedoch die Frage sein, was in Europa im Bereich der Digitalisierung in nächster Zukunft passiert. Jetzt müssen die Weichen gestellt werden! Auch darum wird 2021 ein entscheidendes Jahr.

Cyberrisiken erfordern Handlung

Großartig bringt es Natalia Oropeza auf den Punkt. Sie ist Chief Cybersecurity Officer der Siemens AG und schreibt: „Cyberrisiken zu ignorieren könnte das Geschäft vernichten.“ Und: „Ohne Cybersicherheit würde Siemens die nächsten zehn Jahre kaum überstehen“. Was aber bedeutet und erfordert diese Erkenntnis für Handlungen auf politischer, wirtschaftlicher und persönlicher Ebene? Wie schütze ich mich oder meine Firma davor, von Big Tech einfach ausgeknipst zu werden? Ist es schlau, meine Daten ausschließlich in der Cloud aufzubewahren? Das Beispiel Trump hat viele Akteure wachgerüttelt und für diese Problematik sensibilisiert. Unsere Kanzlei, die diesen Bereich seit Jahren in Zusammenarbeit mit Syndacast, einer der führenden und ältesten Digital-Marketing-Firmen in Südostasien bearbeitet, stellt sprunghaft wachsendes Interesse fest. Zu Recht.

Nahende geopolitsche Bedeutungslosigkeit

Wie geht es nun weiter? In Europa darf man gespannt sein, ob sich die Akteure endlich zu einem wirklichen Miteinander aufraffen. Erste positive Anzeichen gibt es. Der Blick in den Abgrund bzw. die nahende geopolitische Bedeutungslosigkeit scheinen Wirkung zu zeigen. Panisch braucht man nicht zu werden, denn Deutschland und Europa sind schön, zur Not kann man auch postindus­triell mit „Bed and Breakfast“ überleben. Die Daimler rollen dann halt woanders.

Thailand wurschtelt sich durch die Krise

Für Thailand jedenfalls ist die Prognose positiv. Das Land wird nach Corona mehr oder weniger schnell zur Normalität zurückfinden. Die Regierung hat sich während der Pandemie mit Hilfen vornehm zurückgehalten, so dass die Kosten für den Staat im Zusammenhang mit Covid-19 auf ein Minimum beschränkt wurden. Wer nicht im weiteren Sinne im Gastgewerbe beschäftigt ist, wurschtelt sich so durch. In Bangkok jedenfalls konnte man es im letzten Jahr gut aushalten.


Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hongkong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting-Unternehmen CR Management Consulting, lebt und arbeitet in Hua Hin, Bangkok und Hongkong. Die Kolumne Nachgefragt“ beschäftigt sich vorwiegend mit aktuellen ökonomischen Fragestellungen, die es verdienen, etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Thomas Knauer 03.02.21 19:07
Es wäre sicher wünschenswert die Globalisierung einzuschränken oder zurück zu fahren, eine Illusion.
Nachdem der Westen oder die 1. Welt über 200 Jahre Gewinner und Fokus der Globalisierung war und sich jetzt dies nach Osten verlagert werden uns die Nachteile deutlich vor Augen geführt. Das 21 Jhdt gehört China und das 22 Jhdt Indien. Europa wird sich mit einer Rolle auf Ebene der Schwellenländer zurecht finden müssen.
Das Teile der Industrie die Entwicklung verschlafen haben und sich auf ihren Lorbeeren ausgeruht haben ist sicher nicht Schuld der Politik. Das hier falsche oder zu wenig Anreize zur Veränderung kamen dagegen schon.
Die Entwicklung bleibt sicher spannend, kommt doch noch zu der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung das Thema Umwelt/Klima hinzu welches für sicher ebenso gravierende Veränderungen sorgen wird.
Helmut Fritz 31.01.21 17:37
Mir kommt spontan der Titel eines Italo-Westerns in den Sinn: "Für eine handvoll Dollar..."
Und genau für eine handvoll Dollar Gewinnaussichten, die erstmal tatsächlich lukriert werden müssen, werden alle Bedenken hinsichtlich Demokratie, Meinungsfreiheit, Ethik usw. über den Haufen geworfen, nur damit man einen Fuß (eigentlich: Die Geldtasche) in der Tür behalten darf. China ist ja so weit weg. Stimmt! Das bedeutet aber auch, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts, von den investierten Milliarden jemals wieder nach Europa/Deutschland zurückfließen wird. Ganz im Gegenteil, diese Gelder werden in good old Europe bitter vermisst werden.
Wesentlich hilfreicher wäre da schon, wenn die hochgelobte Globalisierung wieder ein paar Gänge runtergeschraubt werden würde. Aber ich sehe in Europa weit und breit niemanden, der die Cochones dazu in der Hose hätte. Ich kann Donald Trump absolut nicht ab, aber mit seiner Kampfansage an China hatte er vollkommen recht: Die Chinesen nehmen sich alle Freiheiten, die die Globalisierung bietet, selbst aber schotten sie sich mit jedem erdenklichen Mittel ab. Und gerade passend hat die EU ein Handelsabkommen mit ihnen geschlossen. Ich sage da nur: Sehenden Auges ins Verderben. Oder wie würde die Kanzlerin sagen? Alternativlos.
Heiligs Blechle!
Pascal Schnyder 31.01.21 13:37
Er spricht
immer von "nach Corona....".
Wir stimmen zu, dass es nach Corona besser wird!
Entscheidend ist, ob und wie lange die Einzelnen und die Massen noch mit Corona leben müssen, bvor es mal "nach Corona" sein wird!? Hoffentlich dauert das nicht Jahrzente so wie es einige prophezeien....