TUNIS: Mehr als 90 Prozent der Wähler sollen sich für den zunehmend autoritär herrschenden Amtsinhaber entschieden haben. Die Konkurrenten waren weit abgeschlagen. Einer musste aus dem Gefängnis antreten.
Knapp eine Woche nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Tunesien hat die Wahlkommission in dem Land das amtliche Endergebnis bekanntgegeben. Es bleibt demnach beim haushohen Sieg des Amtsinhabers Kais Saied.
Saied habe nach Feststehen des amtlichen Endergebnisses knapp 90,7 Prozent der Stimmen erhalten, teilte die Wahlkommission ISIE mit. Die beiden Gegenkandidaten, von denen einer in Haft sitzt, waren mit 7,35 und knapp 2 Prozent der Stimmen weit abgeschlagen. Viele weitere - teils aussichtsreiche - Kandidaten waren erst gar nicht zugelassen worden. Opposition und Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Wahl als unfair.
Tunesien galt als einziges Land, das Übergang zur Demokratie vollzog
Saied, der seit einigen Jahren zunehmend autoritär herrscht, darf nun fünf weitere Jahre im Amt bleiben. Oppositionelle fürchten, dass der 66-jährige seine Macht noch weiter festigen wird. Nach den Massenprotesten von 2011, die Langzeitherrscher Zine al-Abidine Ben Ali zu Fall brachten, galt Tunesien als einziges Land der Region, das einen schrittweisen Übergang zur Demokratie vollzog. Saied scheint dies nun umzukehren.
Der Präsident versprach Tunesien von Korruption und «Verschwörern» zu befreien. Saied ist vor allem bei Geringverdienern beliebt. Mit knapp 29 Prozent lag die Wahlbeteiligung aber relativ niedrig - ein Ausdruck der Unzufriedenheit vieler Tunesier, die das Vertrauen in die Politik verloren haben.